OGH 6Nc11/07f

OGH6Nc11/07f25.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** mbH, *****, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei o. Univ. Prof. Rudolf O. B*****, vertreten durch Mag. Christian Pilz, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 7.267,30 sA, AZ 24 C 1713/04a des Bezirksgerichts Graz-Ost, über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Delegierungsantrag wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die beklagte Partei, die bereits mehrfach erfolglos Richter abgelehnt hat, lehnt nunmehr die zuständigen Richter des Berufungsgerichts ab. In diesem Zusammenhang beantragt sie auch die Delegierung des Verfahrens an ein Gericht außerhalb des Gerichtssprengels Graz, hilfsweise an ein anderes Gericht innerhalb des Oberlandesgerichts-Sprengels Graz.

Der Antrag ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Bei einer Delegation aus Gründen der Zweckmäßigkeit nach § 31 JN ist zu berücksichtigen, dass diese den Ausnahmefall darstellen und nicht durch großzügige Handhabung der Möglichkeiten eine Durchlöcherung der Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden soll (JBl 1986, 53; Ballon in Fasching2 § 31 JN Rz 6). In diesem Sinne wurde etwa die Zweckmäßigkeit der Delegation bejaht, wenn die Delegation zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses beiträgt (Ballon aaO Rz 7). Hingegen kann nach ständiger Rechtsprechung ein Delegationsantrag nicht auf Ablehnungsgründe gestützt werden (8 Ob 3/95; Ballon in Fasching2 § 31 JN Rz 8).

Dabei besteht auch kein Anlass, im Sinne der Anregung der beklagten Partei die vorliegende Judikatur „durch einen verstärkten Senat einer Betrachtung im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, sowie der Europäischen Menschenrechtskommission aber auch der UN-Menschenrechtscharta zu überprüfen". Vielmehr verkennt die beklagte Partei den funktionalen Zusammenhalt der §§ 19 ff JN einerseits und der Bestimmungen über die Delegation andererseits. Die zitierten Entscheidungen besagen keineswegs, dass die Befangenheit eines Richters unerheblich wäre. Vielmehr bildet die Befangenheit aller Richter einen ausdrücklichen Delegierungstatbestand (§ 30 JN). Ob eine derartige Befangenheit vorliegt, ist allerdings im Wege des Ablehnungsverfahrens nach §§ 19 ff JN, und nicht im Delegierungsverfahren zu klären. Aus diesem Grund ist auch vom Obersten Gerichtshof im derzeitigen Verfahrensstadium auf die Ausführungen zur angeblichen Befangenheit einzelner Richter nicht einzugehen. Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf zu verweisen, dass die beklagte Partei in ihrer Eingabe die Rechtslage in mehrfacher Hinsicht verkennt. Weder trifft zu, dass ein Richter nur befangen ist, wenn dies offenkundig ist, noch trifft zu, dass - wie die beklagte Partei gleichfalls behauptet - eine tatsächliche Befangenheit nicht Voraussetzung für den Ausschluss vom Verfahren sei. Gerade wegen der Bedeutung des Rechts auf den gesetzlichen Richter kann die bloße unüberprüfte oder sogar erwiesen unrichtige Behauptung einer Prozesspartei nicht zum Ausschluss eines Richters von der Entscheidungstätigkeit führen.

Ein Zusammenhang zwischen den „Aussagen im Bankenausschuss des Parlaments über die Haltung der Gerichte zur Befangenheit", auf die die beklagte Partei zur Unterstützung ihrer Argumentation pauschal verweist, mit dem vorliegenden Verfahren ist nicht zu erkennen. Damit erweist sich der Delegierungsantrag aber als offensichtlich unbegründet, sodass es der Einholung einer Äußerung der klagenden Partei und des Gerichts (§ 31 Abs 3 JN) nicht bedurfte.

Stichworte