Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Mit rechtskräftigem und vollstreckbarem Teilanerkenntnisurteil vom 23. 11. 1984 und Endurteil vom 24. 10. 1985 des Landesgerichtes für ZRS Graz zu 6 Cg 160/84 wurde die Haftung der beklagten Parteien für jene bis dahin noch nicht bezifferbar entstandenen sowie künftig noch entstehenden Schäden festgestellt, die Gerhard G***** beim Verkehrsunfall vom 24. September 1983 auf der Bundesstraße Nr 76, bei Straßenkilometer 41,55 in Aibl, Bezirk Deutschlandsberg, erlitten hat. Dabei wurde die Haftung für jegliche Schmerzengeldforderungen des Gerhard G*****, soweit die Schmerzen auf den offenen Unterschenkelbruch links mit Komplikationen im Sinne eines Gasbrandes und mit verzögertem Heilungsverlauf im Bereich des Beinbruches zurückzuführen sind, dem Grunde nach mit insgesamt 75 % beschränkt. Die Zweitbeklagte haftet im Übrigen insgesamt der Höhe nach nur im Rahmen der zwischen ihr und dem Erstbeklagten für den unfallsbeteiligten PKW vertraglich vereinbarten Versicherungssumme. Am 23. 9. 1998 wurde zwischen dem Geschädigten Gerhard G***** und den beklagten Parteien ein außergerichtlicher Abfindungsvergleich geschlossen und von Gerhard G***** eine Generalabfindungserklärung mit folgendem Inhalt unterfertigt:
„VERGLEICHSBETRAG: S 2.000.000,--
Mit der Bezahlung dieses Betrages (ATS 2.000.000,00) sind alle gegenwärtigen und zukünftigen Schadenersatzansprüche endgültig und vorbehaltslos abgefunden.
Das Feststellungsurteil 6 Cg 160/84 verliert hinsichtlich der persönlichen Schadenersatzansprüche von Herrn G***** seine Gültigkeit.
Ich erkläre, daß nach Zahlung dieses Vergleichsbetrages alle Schadenersatzansprüche welcher Art immer aus diesem Vorfall, die ich gegen Sie oder andere Beteiligte stellen könnte, gemäß § 1389 ABGB endgültig bereinigt sind."
Die Zahlung des Pauschalbetrages von ATS 2,000.000 an den Geschädigten erfolgte im September 1998.
Die klagende Partei hat Gerhard G***** mit Bescheid vom 27. 8. 2003 Pflegegeld ab 1. 12. 2002 gemäß § 13 Steiermärkisches Pflegegeldgesetz (StPGG) bewilligt und seit diesem Zeitpunkt an Gerhard G***** auch diverse Zahlungen geleistet.
Gegenstand des Leistungsbegehrens sind die vom klagenden Land Steiermark laut Bescheid vom 27. 8. 2003 für Zeiträume ab 2002 geleisteten Pflegegeldbeträge nach dem Steiermärkischen Pflegegeldgesetz (StPGG).
§ 13 dieses Gesetzes mit der Überschrift „Übergang von Schadenersatzansprüchen" lautet wie folgt:
„(1) Kann ein Bezieher von Pflegegeld den Ersatz des Schadens, der ihm durch einen Unfall oder ein sonstiges Ereignis entstanden ist, aufgrund anderer Rechtsvorschriften beanspruchen, so geht dieser Anspruch ab dem Zeitpunkt der schriftlichen Anzeige an den Ersatzpflichtigen insoweit auf den Sozialhilfeträger über, als dieser aus diesem Anlass Pflegegeld leistet oder deren Leistung mit einer Mitteilung gemäß § 4 Abs 4 zugesagt hat. Dies gilt nicht für den Anspruch auf Schmerzensgeld.
(2) Ersatzbeträge, die der Ersatzpflichtige dem Bezieher von Pflegegeld in Unkenntnis des Anspruchsüberganges gemäß Abs 1 geleistet hat, sind auf das Pflegegeld anzurechnen. Im Ausmaß der Anrechnung erlischt der auf den Sozialhilfeträger übergegangene Ersatzanspruch gegen den Ersatzpflichtigen.
...."
Zur Auslegung dieser Bestimmung kann die Revisionswerberin auf die schon vom Berufungsgericht zutreffend zitierte ständige oberstgerichtliche Rechtsprechung verwiesen werden, wonach der Anspruchsübergang von der schriftlichen Anzeige an den ersatzpflichtigen Dritten abhängt (RIS-Justiz RS0072884, RS0072888, RS0059047).
Die diesen Entscheidungen zugrundeliegenden landesrechtlichen Vorschriften mögen zwar im Wortlaut nicht völlig mit § 13 StPGG übereinstimmen, wohl aber dem Sinn nach. Auch hier ist nach dem klaren Gesetzeswortlaut der Forderungsübergang frühestens „ab dem Zeitpunkt der schriftlichen Anzeige an den Ersatzpflichtigen" bewirkt.
Soweit die Revisionswerberin oberstgerichtliche Rechtsprechung anführt, wonach der Forderungsübergang von der schriftlichen Verständigung unabhängig ist, liegen diesen Entscheidungen jeweils anderslautende gesetzliche Bestimmungen zugrunde; diese Entscheidungen sind daher auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Revisionswerberin argumentiert, bei der vom Berufungsgericht vorgenommenen Auslegung von § 13 Abs 1 StPGG hätte dessen Absatz 2 keinen Anwendungsbereich: Wenn die Verständigung des Ersatzpflichtigen von der Zession für diese Wirksamkeitserfordernis wäre, wäre es nicht möglich, dass der Ersatzpflichtige dem Bezieher von Pflegegeld in Unkenntnis des (bereits erfolgten) Anspruchsüberganges leistete. Es könne daher (entgegen dem Wortlaut des Absatzes 1) die schriftliche Anzeige keine Wirksamkeitsvoraussetzung sein, die Wirksamkeit der Zession müsse vorverlegt werden, konkret sogar zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des StPGG mit 1. 1. 1994; dies wäre vor dem Generalvergleich, sodass der Forderungsübergang stattgefunden hätte und der Klage stattzugeben sei.
Der Revisionswerberin ist zuzugestehen, dass die Absätze 1 und 2 des § 13 StPGG in einem Spannungsverhältnis stehen.
Zunächst soll angemerkt werden, dass sich auch bei der vom Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der zitierten oberstgerichtlichen Rechtsprechung vorgenommenen Interpretation ein möglicher Anwendungsbereich für § 13 Abs 2 StPGG finden lässt:
Nach dem Vorbringen der Revisionswerberin hat sich der steiermärkische Landesgesetzgeber für § 13 StPGG § 332 ASVG zum Vorbild genommen. Tatsächlich lauten § 332 Abs 2 ASVG und § 13 Abs 2 StPGG ähnlich.
§ 332 Abs 2 ASVG soll es dem Sozialversicherungsträger ermöglichen, in Unkenntnis der Legalzession geleistete Ersatzbeträge auf einfache Weise hereinzubringen (Neumayr in Schwimann, ABGB3 VII, § 332 ASVG Rz 135 mwN).
Dieser Gesetzeszweck kann aber auch dann schlagend werden, wenn die Verständigung des Ersatzpflichtigen Wirksamkeitsvoraussetzung der Legalzession ist: Gerade der vorliegende Fall zeigt, dass die bescheidmäßige Zuerkennung von Pflegegeldleistungen durch das Land auch erst im Nachhinein für bereits verstrichene Zeiträume erfolgen kann. Es ist daher durchaus denkbar, dass ein Ersatzpflichtiger an den Geschädigten für gewisse Zeiträume Ersatzbeträge geleistet hat, für die später vom Land dem Geschädigten bescheidmäßig Pflegegeld zuerkannt wird, wovon der Ersatzpflichtige auch erst nach seiner Leistung verständigt wird. Solchermaßen leistet er in Unkenntnis der erst später zuerkannten Pflegegeldleistung (für denselben Zeitraum) und somit in Unkenntnis eines Sachverhaltes, der den Übergang der Forderung des Ersatzberechtigten auf das Land als Sozialhilfeträger bewirkt hätte, wenn die Forderung für diese vergangenen Zeiträume nicht schon durch Leistung erloschen wäre.
In solchen Fällen kann § 13 Abs 2 StPGG, ausgelegt nach dem Zweck des § 332 Abs 2 ASVG, die Anrechnung der kongruenten Leistungen des Ersatzpflichtigen auf die Pflegegeldleistung des Landes ermöglichen. Selbst wenn - wie die Revisionswerberin argumentiert - bei der vom Berufungsgericht zugrundegelegten Auslegung des § 13 Abs 1 StPGG dessen Absatz 2 keinen Anwendungsbereich hätte, könnte dies dennoch am insoweit völlig klaren Wortlaut von Absatz 1 („ab dem Zeitpunkt der schriftlichen Anzeige") und somit an der Verständigung des Ersatzpflichtigen als Wirksamkeitserfordernis der Zession nichts ändern.
Im möglichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Legalzession gemäß § 13 Abs 1 StPGG hatte somit der Geschädigte infolge vorheriger Abfindung längst keine Ansprüche mehr gegen die Beklagten, weshalb solche Ansprüche auch nicht auf das Land übergehen konnten. Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO war die Revision daher zurückzuweisen.
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