OGH 13Os18/07g

OGH13Os18/07g11.4.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. April 2007 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Mag. Lendl, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Kurz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz P***** wegen Verbrechens nach § 28 Abs 2 (zu ergänzen: vierter Fall) SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 28. November 2006, GZ 28 Hv 193/06k-14, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Franz P***** auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz P***** - im zweiten Rechtsgang erneut - des Verbrechens nach § 28 Abs 2 (zu ergänzen: vierter Fall) SMG schuldig erkannt.

Danach hat er zu einem datumsmäßig nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 10. Mai 2004 in Innsbruck den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in einer großen Menge (Abs 6) in Verkehr gesetzt, indem er zumindest 1 kg Cannabisharz an Arno C***** zwecks Aufbewahrung weitergab.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Angeklagten aus den Gründen der Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt schon aus dem ersten Anfechtungsgrund Berechtigung zu.

Die Mängelrüge (Z 5) zeigt nämlich zutreffend auf, dass die für die Annahme einer großen Menge Suchtgiftes (§ 28 Abs 6 SMG) und damit für die vorgenommene Subsumtion der Tat entscheidenden Feststellungen offenbar unzureichend begründet sind. Denn die Tatrichter haben ihre Konstatierungen, wonach der durchschnittliche Wirkstoffgehalt des in Verkehr gesetzten Cannabisharzes mindestens 5 % betrug (sodass hieraus eine die Grenzmenge von 20 Gramm übersteigende Quantität von 50 Gramm resultierte), bloß auf die „forensische Erfahrung" des Schöffensenates „im Hinblick auf den Reinheitsgehalt von im Deliktszeitraum öfter sichergestellten Cannabisharz" gestützt und unter Verweis auf ein Literaturzitat ausgeführt, „der durchschnittliche Reinheitsgehalt von Haschisch ist als gerichtsnototrisch anzusehen". Die Verurteilung des Angeklagten durch das Landesgericht Innsbruck als Schöffengericht vom 5. August 2004 zu AZ 35 Hv 116/04k wegen Verkaufs von ca einem Kilogramm Cannabisharz „mittlerer Qualität" an Romana G***** wurde als zusätzliches Indiz für die Richtigkeit der Annahme herangezogen (US 6). Der unter Einbeziehung der Gerichtsnotorietät vorgenommenen - insoweit grundsätzlich zulässigen (vgl RIS-Justiz RS0119257) - Schlussfolgerung auf den Wirkstoffgehalt des gegenständlichen Suchtmittels mangelt es an einer diese tragenden Prämisse. Insbesonders enthalten die den Beschwerdeführer belastenden Angaben der (ursprünglich) Mitangeklagten, die in der Hauptverhandlung verlesen wurden (S 143/II), keine Anhaltspunkte für den Reinheitsgehalt des tatverfangenen Suchtmittels. Eine Befragung zur Qualität der Substanz fand nämlich auch im ersten Rechtsgang nicht statt. Solcherart ist aber auch dem (zutreffend nur) stützend herangezogenen Argument, der Beschwerdeführer sei in einem anderen Strafverfahren schuldig erkannt worden, Cannabisharz durchschnittlicher Qualität verkauft zu haben, die Basis entzogen. Warum also das tatverfangene Suchtgift „durchschnittliche" Qualität aufgewiesen haben soll, blieb demnach gänzlich unbegründet. Der aufgezeigte Begründungsmangel zwingt - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - zur Aufhebung des Urteils bereits bei nichtöffentlicher Beratung (§ 285e StPO), zur Anodnung einer neuen Hauptverhandlung und zur Verweisung der Sache an das Erstgericht.

Die Kassation des gesamten Schuldspruches war deshalb erforderlich, weil nach Aufhebung eines Schuldspruches nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG bei Fraglichkeit der Beurteilung einer in Verkehr gesetzten Menge als groß (§ 28 Abs 6 SMG) auch jene Annahmen, die einen (insoweit nicht erfolgten) Schuldspruch wegen § 27 Abs 1 sechster Fall SMG allenfalls zu tragen vermögen, für sich alleine nicht bestehen bleiben (RIS-Justiz RS0115884; Ratz, WK-StPO § 289 Rz 16 ff). Die weitere Mängelrüge, die einen Begründungsmangel auch in Ansehung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite reklamiert, und die Subsumtionsrüge (Z 10) können damit auf sich beruhen. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Da beim Nichtigkeitswerber der gesamte Schuldspruch und damit auch der vom Erstgericht gefällte Kostenersatzausspruch nach § 389 StPO zu kassieren war, fallen ihm auch keine Kosten des Rechtsmittelverfahrens iSd § 390a Abs 1 StPO zur Last.

Stichworte