Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Verpflichtete ist Eigentümer von jeweils mit Wohnungseigentum verbundenen 1400/157220 Anteilen B-LNr 58 (Wohnung) und 110/157220 Anteilen B-LNr 91 (Garage) an einer Liegenschaft. Auf Grund eines Erbübereinkommens ist unter C-LNr 155 im Grundbuch ein nicht eingeschränktes, ausdrücklich so bezeichnetes Wohnungsgebrauchsrecht (usus; §§ 504 ff ABGB) für Brigitta J***** (Mutter des Verpflichteten) ob diesen Anteilen einverleibt.
Das Erstgericht wies den Antrag der betreibenden Gläubigerin, ihr zur Hereinbringung von 24.403,95 EUR s.A. auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs die Zwangsverwaltung dieser Liegenschaftsanteile zu bewilligen, ab. Zwecklose Exekutionen seien nicht zu bewilligen. Sei wie hier der Einstellungsgrund des § 129 Abs 2 EO aktenkundig, sei der Antrag abzuweisen. Das einverleibte uneingeschränkte und lebenslängliche Wohnungsrecht lasse das Erzielen von Erträgen nicht zu.
Dagegen bewilligte das Gericht zweiter Instanz in Stattgebung des Rekurses der Betreibenden gegen den erstgerichtlichen Beschluss antragsgemäß die Zwangsverwaltung. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht stimmte dem Erstgericht darin zu, dass an sich ein dingliches Wohnungsrecht, das dem Berechtigten ein umfassendes Gebrauchs- oder Nutzungsrecht gebe, das nicht auf die unentbehrlichen Wohnräume iSd § 105 Abs 1 EO beschränkt sei, der Zwangsverwaltung entgegenstehen würde. Es seien aber die Erfolgsaussichten einer Exekution nicht schon bei deren Bewilligung zu beurteilen. Nur wenn sich schon aus dem Exekutionsantrag zweifelsfrei ergebe, dass die Exekution ins Leere gehen müsse, also zwecklos sei, sei der Antrag abzuweisen. Auch die voraussichtliche Erträgnislosigkeit einer Zwangsverwaltung stehe deren Bewilligung nicht entgegen. Die Einverleibung eines Wohnungsgebrauchsrechts im Grundbuch schließe noch nicht aus, dass mit Zustimmung des Berechtigten die Wohnräume/die Garage (teilweise) im Rahmen der Zwangsverwaltung verwertet würden. Dass eine solche Zustimmung von der konkreten Berechtigten keinesfalls erteilt würde, sei nicht aktenkundig. Falls sich solches aber im Verfahren herausstelle, werde das Verfahren nach § 129 Abs 2 EO einzustellen sein.
Es fehle Rsp des Obersten Gerichtshof zu der über den Einzelfall hinaus bedeutenden Frage, ob ungeachtet eines im Grundbuch einverleibten Wohnungsgebrauchsrechts die Zwangsverwaltung zu bewilligen sei.
Der Revisionsrekurs des Verpflichteten ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass auf die mit dem der Entscheidung zweiter Instanz nachfolgenden Einstellungsantrag des Verpflichteten vorgelegte Erklärung der Wohnungsberechtigten nicht Rücksicht genommen werden kann, weil die Sach- und Rechtslage bei Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung maßgebend ist (RIS-Justiz RS0000019, zuletzt 3 Ob 168/06m; Jakusch in Angst, EO, § 3 Rz 26; Rassi in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, §§ 65-67 Rz 38, je mwN).
Die Qualifikation des ob den in Exekution gezogenen Liegenschaftsanteilen einverleibten Wohnungsrechts als (bloßes) Wohnungsgebrauchsrecht zieht der Verpflichtete nicht in Zweifel. Anders als beim Fruchtgenuss (s dazu RZ 1936, 293 = NZ 1937, 27), der nach § 509 ABGB zur umfassenden Nutzung der belasteten Sache berechtigt, stehen nach § 508 erster Satz ABGB beim bloßen (dinglichen) Gebrauchsrecht alle „Benützungen, die sich ohne Störung des Gebrauchsberechtigten aus der Sache schöpfen lassen," weiterhin dem Eigentümer zu. Daraus ist abzuleiten, dass etwa bei länger dauernden Hindernissen für eine Nutzung durch den Berechtigten (zB Auslandsaufenthalt oder Heimunterbringung) dem Eigentümer eine - auch fruchtbringende - Nutzung freisteht. Das folgt aus § 484 ABGB, wonach Servituten, soweit es ihre Natur und der Zweck der Bestellung gestattet, eingeschränkt werden. Demnach richtet sich bei ungemessenen Servituten deren Umfang nach den jeweils aktuellen Bedürfnissen (Koch in KBB, § 484 ABGB Rz 5 mwN). Verminderung der Bedürfnisse hat demnach auch beim (Wohnungs-)Gebrauchsrecht stets eine (umkehrbare) verhältnismäßige Einschränkung der Servitut zur Folge (§ 506 zweiter Satz ABGB e contrario; Klang in Klang² III 580). Bedarf daher der Berechtigte der Wohnung nicht oder nur teilweise, ist demnach auch die Verwertung der dem Eigentümer dann erlaubten Nutzungen und Einkünfte iSd § 97 Abs 1 EO durch Zwangsverwaltung möglich.
Wie schon das Gericht zweiter Instanz zutreffend darlegte, sind die Erfolgsaussichten einer Exekution bei deren Bewilligung nicht zu prüfen (3 Ob 118/76 = EvBl 1977/37 u.a.; RIS-Justiz RS0000101; Jakusch aaO § 3 Rz 22; Meinhart in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 3 Rz 20, je mwN). Nur wenn schon bei Bewilligung der Exekution das Nichtbestehen der gepfändeten Rechts (RIS-Justiz RS0000122) oder die mangelnde Pfändbarkeit des zu pfändenden Rechts (RIS-Justiz RS0001249) nach dem Antrag oder den Gerichtsakten feststünde, wäre der Antrag abzuweisen. Im Fall einer Zwangsverpachtung (wohl nach § 340 EO) sprach der Oberste Gerichtshof vor längerer Zeit bereits aus, dass ein - hier nicht zu prüfender - Antrag nach § 129 Abs 2 EO eine bereits bewilligte Zwangsverwaltung voraussetze (ebenso die zweitinstanzliche Entscheidung EvBl 1937/808) und die Verweigerung deren Einleitung nur nach (dem hier nicht vorliegenden Fall des) § 97 Abs 3 EO zulässig sei (RZ 1935, 99). Dem stimmen Heller/Berger/Stix (EO4, 1066 mwN) grundsätzlich zu, die auch ausführen, dass im Allgemeinen die Bewilligung wegen voraussichtlicher Ergebnislosigkeit nicht zu verweigern sei, sehen aber neben § 97 Abs 3 EO auch die dem Gericht bekannte völlig fehlende Eignung der Liegenschaft zur Bewirtschaftung und zur Erzielung von Erträgen als Abweisungsgrund an. Schreiber (in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 97 Rz 14, § 129 Rz 8) folgt sowohl der angeführten Entscheidung als auch dem grundsätzlichen Standpunkt der Vorgenannten. Angst (in Angst, EO, § 97 Rz 10) lehnt die Ansicht des Obersten Gerichtshof ab, jedoch nur für den Fall einer schon nach den Akten vorauszusehenden Ergebnislosigkeit. Da die von Angst und Heller/Berger/Stix vom Grundsatz der Nichtprüfung der Erfolgsaussichten der Zwangsverwaltung ausgenommenen Fälle hier nach der materiellen Rechtslage sowie den bei Beschlussfassung erster Instanz vorliegenden Akten nicht gegeben und daher nicht zu untersuchen sind, ist mit der Lehre auch bei der Zwangsverwaltung am Grundsatz festzuhalten, dass anlässlich der Bewilligung der Exekution deren Aussicht auf Erfolg idR nicht zu prüfen ist. Wenn sich danach aber die Unmöglichkeit, durch die Zwangsverwaltung überhaupt oder für längere Zeit (zumindest kostendeckende) Erträge zu erzielen (etwa wegen vollständiger Nutzung der in Betracht kommenden Räume durch die Wohnungsberechtigte und deren Weigerung, einer Vermietung aller oder einzelner Räume zuzustimmen), erweisen sollte, wäre die Exekution nach § 129 Abs 2 EO (auch von Amts wegen) einzustellen. Ein Widerspruch zur Rsp über die Zustimmung des Eigentümers als Bewilligungsvoraussetzung bei der Exekution auf ein Wohnungsgebrauchsrecht nach § 331 EO (3 Ob 88/04v = RpflE 2004/115 = EFSlg 109.209 mwN) liegt darin deshalb nicht, weil eben in diesem Fall die Zustimmung des Eigentümers der Sache das Recht erst verwertbar macht, während im vorliegenden nur die Verweigerung der Zustimmung ein zur Einstellung führendes Hindernis für das Erzielen von Erträgen bilden würde.
Dass ein einverleibtes Fruchtgenussrecht die Bewilligung jedenfalls hindert (RZ 1936, 293 = NZ 1937, 27), liegt daran, dass diese Dienstbarkeit nicht durch den persönlichen Bedarf des Berechtigten beschränkt ist (Hofmann in Rummel³, § 509 ABGB Rz 1; Koch aaO § 509 ABGB Rz 1), weshalb ihm die dargelegte Elastizität des Umfangs des Gebrauchsrechts mangelt.
Demnach hat das Gericht zweiter Instanz die Zwangsverwaltung der Liegenschaftsanteile des Verpflichteten zu Recht bewilligt. Dieser hat die Kosten seines Revisionsrekurses nach § 78 EO iVm §§ 50, 40 ZPO selbst zu tragen.
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