OGH 3Ob158/06s

OGH3Ob158/06s29.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Horst Winkelmayr, Rechtsanwalt, Wien 9, Porzellangasse 22A/7, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Dr. Norbert K*****, wider die beklagte Partei B***** B***** und ***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Preslmayer Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen 130.302,35 EUR s.A., infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 30. März 2006, GZ 21 R 134/06p-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Korneuburg vom 12. Jänner 2006, GZ 3 C 66/05k-14, bestätigt wurde, und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Klagebegehren, der vom Gemeinschuldner Dr. Norbert K***** an die beklagte Partei aufgrund der Exekutionsführung der beklagten Partei zu AZ 8 E 889/03d des Bezirksgerichts Korneuburg im März oder April 2003 geleistete Zahlung von 130.302,35 EUR werde gegenüber den Gläubigern im Konkurs über das Vermögen des Dr. Norbert K***** für unwirksam erklärt und die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 130.302,35 EUR samt 4 % Zinsen ab 1. Februar 2004 zu bezahlen,

abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen, und zwar an Kosten des Verfahrens erster Instanz 11.169 EUR (darin 1.861,50 EUR USt), des Berufungsverfahrens 5.975,76 EUR (darin 3.185 EUR Barauslagen und 465,13 EUR USt) sowie des Revisionsverfahrens 6.255,51 EUR (darin 4.247 EUR Barauslagen und 334,75 EUR USt).

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen eines früheren Notars (in der Folge nur: [späterer] Gemeinschuldner) wurde aufgrund des Antrags einer Bank mit Beschluss des Erstgerichts vom 30. Jänner 2004 das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Der Gemeinschuldner war im anfechtungsrelevanten Zeitraum objektiv zahlungsunfähig und nicht Kreditnehmer der beklagten Partei. Er war bis 30. April 2002 als öffentlicher Notar in Wien tätig. In den letzten Jahren seiner Tätigkeit fungierte er u.a. als Treuhänder für einige Liegenschaftseinkäufe einer näher genannten GmbH, woraus mehrere Haftungsfälle wegen treuwidriger Auszahlung von Treuhandgeldern bzw. Nichtherstellung der vereinbarten Grundbuchsordnung resultierten.

Am 24. Jänner 2001 brachte die beklagte Bank eine Klage gegen den späteren Gemeinschuldner und Johannes Gösta M***** (auch: M*****), den damaligen Geschäftsführer dieser GmbH (im Folgenden nur Geschäftsführer der GmbH), auf Rückzahlung von Krediten von insgesamt (umgerechnet) 224.216,98 EUR s.A. bzw. in Ansehung des späteren Gemeinschuldners wegen Haftungsübernahme ein. Die Vollstreckbarkeit des gegen beide Beklagte am 15. März 2001 ergangenen Versäumungsurteils wurde am 20. April 2001 bestätigt. Aufgrund dieses rechtskräftigen Urteils beantragte die beklagte Partei am 1. Juni 2001 Fahrnis- und Forderungsexekution zur Hereinbringung von 130.302,35 EUR gegen den späteren Gemeinschuldner, die am 26. Juni 2001 bewilligt wurde. Nach zwei erfolglosen Vollzugsversuchen wurden in der Kanzlei des späteren Gemeinschuldners am 16. Jänner 2002 diverse Einrichtungsgegenstände und Maschinen gepfändet, die beim freihändigen Verkauf einen Erlös von 8.212,50 EUR erbrachten. Dieser wurde in der Verteilungstagsatzung vom 20. Juni 2002 zwischen einer anderen Bank, die aufgrund eines weiteren Versäumungsurteils vom 5. Oktober 2001 über 114.795,31 EUR ebenfalls gegen den späteren Gemeinschuldner Exekution führte, und der beklagten Partei aufgeteilt. Der Verteilungsbeschluss wurde dem damaligen Rechtsvertreter der beklagten Partei am 24. Juni 2002 zugestellt.

Im Sommer 2001 anerkannte der Geschäftsführer der GmbH, dass dem späteren Gemeinschuldner eine Honorarforderung von 2,5 Mio S gegen die GmbH zustehe. Zur Besicherung dieses Anspruchs vereinbarte der Geschäftsführer der GmbH mit dem späteren Gemeinschuldner, dass die GmbH näher bezeichnete Liegenschaftsanteile ins Eigentum des späteren Gemeinschuldners übertrage und dieser sich zur Rückübereignung der Anteile gegen Zahlung von 2,5 Mio S verpflichte. In der Folge wurde ein Kaufvertrag mit einem nominellen Kaufpreis über diese Summe errichtet und der spätere Gemeinschuldner ob dieser Anteile als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

Mit 1. Mai 2002 trat der spätere Gemeinschuldner als Notar in den Ruhestand. Seit damals bezieht er eine monatliche Nettopension von etwa 2.000 EUR und Pflegegeld von 413,50 EUR. Abgesehen von den genannten Liegenschaftsanteilen verfügte er zu diesem Zeitpunkt über kein weiteres Vermögen mehr. Das Forderungsvolumen gegen ihn aufgrund der Haftungsfälle aus den Treuhandschaften betrug damals etwa 550.000 EUR und erhöhte sich bis Herbst 2002 um zumindest weitere 130.000 EUR. Am 1. Mai 2002 waren gegen ihn sechs Exekutionsverfahren von Banken anhängig, zwei davon von der beklagten Partei; im Herbst 2002 kamen zwei weitere Banken als Gläubiger hinzu. Spätestens mit Pensionsantritt war sich der spätere Gemeinschuldner bewusst, dass er selbst die gegen ihn fälligen Forderungen nicht mehr zur Gänze werde bezahlen können. Trotz Wissen um die Konsequenzen stellte er keinen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über sein Vermögen, weil er anfänglich den Zusagen des Geschäftsführers der GmbH vertraute, diese werde die offenen Schulden bei den Banken begleichen, und außerdem nach Pensionsantritt den Kostenvorschuss von 4.000 EUR (für ein Insolvenzverfahren) weder erlegen konnte noch wollte.

Über Antrag der beklagten Partei kam es im bereits beschriebenen Fahrnisexekutionsverfahren am 6. Februar 2003 zu einem weiteren Pfändungsversuch in der Privatwohnung des späteren Gemeinschuldners, der mangels pfändbarer Gegenstände erfolglos verlief. Damals gab er ein Vermögensverzeichnis nach § 47 Abs 2 EO ab, wonach ihm ein Pensions- und Pflegegeldanspruch sowie ein Liegenschaftsanteil zustünden.

Im Zuge eines Unternehmens-Reorganisationsprozesses sollte die Liegenschaft, an denen der Gemeinschuldner Anteile hatte, nach den Plänen der GmbH an eine neu zu gründende weitere Projektabwicklungs-GmbH (im Folgenden nur 2. GmbH) übertragen werden. Eine Bank hatte der 2. GmbH zur Finanzierung dieses Projekts 2,6 Mio S kreditiert. Mit diesem Betrag, der einer Rechtsanwältin als Treuhänderin (im Folgenden nur Drittschuldnerin) übergeben worden war, sollten den Miteigentümern der Liegenschaft ihre Anteile abgekauft werden. Im Februar 2003 erkundigte sich der spätere Gemeinschuldner, der damals noch im Grundbuch als Miteigentümer eingetragen war, bei der Drittschuldnerin, wann seine ausständige Forderung gegenüber der GmbH von 2,5 Mio S = 181.682,08 EUR endlich beglichen werde. Diese nahm daraufhin Kontakt mit dem Geschäftsführer der GmbH auf, der versprach, dies mit dem späteren Gemeinschuldner zu regeln.

Über Anweisung des Geschäftsführers der GmbH ersuchte die Drittschuldnerin in der Folge mit Schreiben vom 20. Februar 2003 den späteren Gemeinschuldner zwecks Rückübertragung der Liegenschaftsanteile um Übermittlung der Auflösungserklärung samt Löschungsquittung der finanzierenden Bank und der Zustimmungserklärung seiner Ehegattin zuzüglich der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung und verpflichtete sich, Zug um Zug gegen Übergabe dieser Urkunden 181.682,08 EUR zur Auszahlung zu bringen. Der Geschäftsführer der GmbH teilte der zuständigen Sachbearbeiterin in der Rechtsabteilung der beklagten Partei in der Folge telefonisch mit, dass dem späteren Gemeinschuldner eine Forderung für die Rückübertragung des Liegenschaftsanteils von 181.682,08 EUR zustehe. Daraufhin brachte die beklagte Partei am 7. März 2003 einen Antrag auf Bewilligung der Forderungsexekution nach § 294 EO gegen den späteren Gemeinschuldner ein, ohne vorher mit der Drittschuldnerin Kontakt aufzunehmen oder die Angaben des Geschäftsführers der GmbH sonst zu überprüfen. Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag mit Beschluss vom 12. März 2003.

Nachdem der Drittschuldnerin am 14. März 2003 der Exekutionsbewilligungsbeschluss zugestellt worden war, nahm sie telefonisch Kontakt mit dem Geschäftsführer der GmbH auf, der ihr mitteilte, dass er diese Vorgehensweise mit der beklagten Partei verabredet hätte, weil er der Meinung sei, dass der spätere Gemeinschuldner diese Treuhandschaft schlecht abgewickelt habe und deshalb die ausstehende Forderung begleichen solle. Weil ihr diese Vorgangsweise bedenklich erschien, zumal der Geschäftsführer der GmbH aufgrund des Versäumungsurteils ebenfalls zur Zahlung verpflichtet war, forderte sie ihn auf, die Angelegenheit innerhalb der Frist zur Abgabe der Drittschuldnererklärung mit dem späteren Gemeinschuldner abzuklären. Wenige Tage später teilte dieser ihr mit, dass er sich mit dem späteren Gemeinschuldner und der zuständigen Sachbearbeiterin bei der beklagten Partei darauf geeinigt hätte, dass von dem Gesamtbetrag von 181.682,08 EUR 130.302,35 EUR an die beklagte Partei und 51.379,73 EUR an den späteren Gemeinschuldner überwiesen werden sollten. Die Drittschuldnerin hielt daraufhin telefonisch mit dem späteren Gemeinschuldner Rücksprache. Da dieser die beklagte Bank als besonders lästigen Gläubiger empfand, bestätigte er ihr gegenüber, dass er mit der Vorgehensweise einverstanden sei und sie das Geld auszahlen solle, wenn er damit wenigstens diesen einen andrängenden Gläubiger zur Gänze befriedigen und damit loswerden könne.

Mit Schreiben vom 26. März 2003 fasste die Drittschuldnerin den Inhalt dieses Telefongesprächs zusammen und forderte den späteren Gemeinschuldner auf, sein Einverständnis zur Auszahlung auch schriftlich zu bestätigen. Er fügte dem Schreiben deshalb am 27. März 2003 den Satz an: „Ich bin mit der Vorgangsweise einverstanden und erwarte die Überweisung des Restbetrages von 130.302,35 EUR bis 30. April 2003". Bei einer nochmaligen Rücksprache erklärte ihm die Drittschuldnerin auch, dass die 130.302,35 EUR an die beklagte Partei überwiesen werden sollten und der an ihn auszuzahlende Restbetrag lediglich 51.379,73 EUR betrage. Da er damit einverstanden war, anerkannte die Treuhänderin mit Drittschuldnererklärung vom 1. April 2003 die Forderung der beklagten Partei und zahlte ihr den Betrag von 130.302,35 EUR aus. Im Juli 2003 wurde die 2. GmbH als Alleineigentümerin der Liegenschaft, an der auch der spätere Gemeinschuldner Anteile hatte, ins Grundbuch eingetragen.

Mit seiner Klage begehrte der Masseverwalter, den vom Gemeinschuldner an die beklagte Partei aufgrund der Exekution vom 12. März 2003 geleisteten Betrag von 130.302,35 EUR den Gläubigern gegenüber im Konkurs über das Vermögen des Gemeinschuldners für unwirksam zu erklären und die beklagte Partei schuldig zu erkennen, der klagenden Partei 130.302,35 EUR sA zu zahlen. Er brachte dazu im Wesentlichen vor, der spätere Gemeinschuldner sei aufgrund anhängiger Exekutionsverfahren geraume Zeit vor Konkurseröffnung, jedenfalls seit Mai 2002 nicht mehr in der Lage gewesen, seine fälligen Verbindlichkeiten in angemessener Zeit zu bezahlen. Jedenfalls seit Mai 2002 sei er überschuldet und zahlungsunfähig gewesen. Die aufgrund des durch die beklagte Partei gegen den späteren Gemeinschuldner erwirkten Versäumungsurteils geführte Exekution sei erfolglos verlaufen. In der weiteren Folge habe diese immer wieder exekutive Schritte gesetzt, die ergebnislos verlaufen seien. Bereits im Jahr 2002 hätten weitere Kreditinstitute sowie die Ehefrau des Gemeinschuldners gegen diesen exekutive Schritte veranlasst. Am 6. Februar 2003 habe er in einem weiteren Exekutionsverfahren der beklagten Partei gegen ihn ein Vermögensverzeichnis gemäß § 47 Abs 2 EO unterfertigt. Im März 2003 habe die beklagte Partei aufgrund von Informationen erneut exekutive Schritte gegen den späteren Gemeinschuldner eingeleitet. Es sei ihr auch am 12. März 2003 zur Hereinbringung einer ihm angeblich zustehenden Forderung (gemeint offenbar: durch Pfändung und Überweisung dieser Forderung) die Exekution bewilligt worden. Tatsächlich habe der spätere Gemeinschuldner einen Kaufpreis über Liegenschaftsanteile rückabgewickelt. Infolge dieser Rückabwicklung habe die Vertragserrichterin und Treuhänderin (für die Drittschuldnerin) den Klagsbetrag an die beklagte Partei bezahlt. Noch am 27. März 2003 habe der spätere Gemeinschuldner per Telefax sein Einverständnis mit der Überweisung der 130.302,35 EUR an die beklagte Partei erteilt. Diese habe seine Absicht gekannt bzw. diese habe ihr bekannt sein müssen, dass sie vor den anderen Gläubigern begünstigt werde. Die Zahlung werde daher gemäß § 30 Abs 1 Z 3 KO angefochten. Es seien damals zahlreiche Exekutionsverfahren gegen den späteren Gemeinschuldner anhängig gewesen. Mit Ausnahme der verfahrensgegenständlichen Forderungsexekution seien sämtliche von der beklagten Partei veranlassten exekutiven Schritte ergebnislos geblieben. Es sei ihr auch bekannt gewesen, dass die Vermögenshaftpflichtversicherung des späteren Gemeinschuldners die einzelnen Schäden nicht decke. Seine Ehefrau habe bereits am 2. August 2002 die Forderungsexekution gegen ihn aufgrund eines unmittelbar nach seiner Pensionierung als Notar mit ihr geschlossenen Unterhaltsvergleichs eingeleitet. Seit August 2002 sei der pfändbare Anteil seiner Pension an die Ehefrau bezahlt worden. Diese Zahlungen habe der Kläger außergerichtlich angefochten, sie seien zwischenzeitig zur Gänze an die Masse zurückgeflossen. Der spätere Gemeinschuldner, der infolge eines Schlaganfalls halbseitig gelähmt gewesen sei, habe damals nicht über sonstige Vermögenswerte verfügt. Sein Einkommen habe sich auf die zunächst von seiner Ehefrau gepfändeten Pensionsbezüge beschränkt. Im Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Zahlung sei ihm bewusst gewesen, dass er nicht über hinreichende Mittel verfügt habe, die übrigen bereits andrängenden Gläubiger mit einem Forderungsvolumen von etwa 1,15 Mio EUR zu befriedigen. Er hätte daher die Pflicht gehabt, unverzüglich Konkursantrag zu stellen. Spätestens bei Abschluss des Vergleichs mit seiner Ehefrau am 29. Juli 2002 sei ihm bewusst gewesen, dass er nicht mehr in der Lage gewesen sei und auch nicht mehr sein werde, seine fälligen Verbindlichkeiten in angemessener Frist zu zahlen. Er hätte daher spätestens im Herbst 2002 Konkursantrag stellen müssen, habe diese Pflicht aber auf das gröblichste verletzt. Daher sei die Zahlung im Bewusstsein der Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung des späteren Gemeinschuldners erfolgt. Er habe nicht nur die Drittschuldnerin aufgefordert, die Zahlung zu leisten, sondern darüber hinaus ein „Gewährenlassen" von Deckungen zu verantworten, weil er einen gebotenen Konkursantrag unterlassen habe. Der beklagten Partei sei die Begünstigungsabsicht des späteren Gemeinschuldners bekannt gewesen bzw. hätte ihr diese bekannt sein müssen. Aufgrund ihres eigenen beharrlichen Vorgehens und der damit verbundenen laufenden Exekutionsführungen sei der beklagten Partei bekannt gewesen, dass auch weitere Kreditinstitute laufend erfolglos exekutive Schritte gegen die Gemeinschuldner geführt hätten.

Darüber hinaus werde die Zahlung auch wegen Benachteiligungsabsicht nach § 28 Abs 1 Z 2 KO angefochten.

Die beklagte Partei wendete, soweit hier relevant, ein, zwar seien im anfechtungsrelevanten Zeitpunkt (März 2003) fünf Exekutionsverfahren gegen den späteren Gemeinschuldner anhängig gewesen. Dem von ihr gegen ihn eingeleiteten Exekutionsverfahren lägen aber keine klassischen Bankverbindlichkeiten zugrunde, sondern Forderungen aus Haftungsfällen. Im Innenverhältnis zum Geschäftsführer der GmbH hafte der spätere Gemeinschuldner nicht für den ganzen Betrag, sondern nur für den geringeren dem Genannten tatsächlich aufgrund eines Kunstfehlers zugefügten Schaden. Auch die von einer anderen Bank exekutiv betriebene Forderung resultiere aus einem vom späteren Gemeinschuldner zu vertretenden Schadensfall. Es müsse ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Begünstigungsabsicht und der Deckung bestehen. Ein solche fehle im vorliegenden Fall. Es sei keine Zahlung des späteren Gemeinschuldners selbst, sondern eine des dazu verpflichteten Drittschuldners erfolgt. Das Verhalten des späteren Gemeinschuldners sei für die angefochtene Zahlung nicht kausal gewesen. Eine Anweisung an die Drittschuldnerin sei nicht erfolgt. Die bloße Mitteilung, mit der Vorgangsweise einverstanden zu sein, sei keine Anweisung. Auch wenn er nicht einverstanden gewesen wäre, hätte die Treuhänderin an die beklagte Partei zahlen müssen. Da die Zahlung zur Begleichung einer fälligen Schadenersatzforderung erfolgt sei, fechte der Masseverwalter eine kongruente Deckung an. Für die Annahme einer Benachteiligungsabsicht müssten bei kongruenten Deckungen besondere Indizien vorliegen. Die Benachteiligungsabsicht sei mehr als die Begünstigungsabsicht. Es gälten auch hier die gegen das Vorliegen einer Begünstigungsabsicht sprechenden Umstände.

Die Zahlung sei in keiner Weise auffällig gewesen. Insbesondere sei der beklagten Partei nicht bekannt gewesen, dass die Drittschuldnerin vor der Auszahlung noch Rücksprache mit dem späteren Gemeinschuldner gehalten habe. Die rechtlich gar nicht erforderliche Zustimmung im Verhältnis zwischen dem späteren Gemeinschuldner und der Drittschuldnerin sei ihr jedenfalls nicht erkennbar gewesen. Irgendwelche „färbende Umstände", die für die Erkennbarkeit der Begünstigungsabsicht verlangt würden, lägen nicht vor.

Es sei jedenfalls nicht ungewöhnlich, dass ein Treuhänder das Einverständnis des Treugebers zur Zahlung einhole, auch wenn dieses jedenfalls erfolgen müsste.

Das Erstgericht gab dem (geringfügig umformulierten) Klagebegehren zur Gänze statt. Ausgehend von den eingangs wiedergegebenen Feststellungen verneinte es die Möglichkeit einer Anfechtung nach § 28 KO aus näher angeführten Erwägungen.

Die Anfechtung nach § 30 Abs 1 Z 3 KO sei dagegen gerechtfertigt. Dem späteren Gemeinschuldner sei seine Zahlungsunfähigkeit spätestens mit seinem Pensionsantritt im Mai 2002 auch subjektiv bekannt gewesen. Es werde die Anfechtbarkeit nicht dadurch ausgeschlossen, dass es sich hier nicht um eine Zahlung des späteren Gemeinschuldners selbst, sondern nur um eine Zwangszahlung der Drittschuldnerin im Zuge eines Exekutionsverfahrens gehandelt habe. Eine solche exekutive Befriedigung könne auch angefochten werden, wenn sie wie im konkreten Fall vor Konkurseröffnung stattgefunden habe. Aus der zeitlichen Abfolge und den (umfangreichen) Gesprächen zwischen dem Geschäftsführer der GmbH, dem späteren Gemeinschuldner und der Drittschuldnerin vor Abgabe deren Drittschuldnererklärung ergebe sich überdies, dass der spätere Gemeinschuldner durchaus in ursächlicher Weise an der Abgabe der Drittschuldnererklärung mitgewirkt habe und es der Drittschuldnerin keineswegs nur darum gegangen sei, den aufrechten Bestand der Forderung zu überprüfen. Es sei daher nur noch zu prüfen, ob beim späteren Gemeinschuldner eine Begünstigungsabsicht vorgelegen und diese auch der Anfechtungsgegnerin (beklagte Partei) bekannt gewesen sei oder bekannt habe sein müssen. Angesichts der Feststellungen sei an der Begünstigungsabsicht des späteren Gemeinschuldners nicht zu zweifeln. Ein wichtiges Indiz für die Kenntnis oder schuldhafte Unkenntnis des Anfechtungsgegners von der Benachteiligungsabsicht liege dann vor, wenn dieser von der Zahlungsunfähigkeit des späteren Gemeinschuldners und von der Kenntnis desselben wisse oder zumindest wissen müsse. Aufgrund der Ergebnisse der von der beklagten Partei geführten Exekutionsverfahren habe sie daher sowohl die Zahlungsunfähigkeit als auch die Absicht des späteren Gemeinschuldners kennen müssen, sie durch Unterlassung der Einleitung eines Konkursverfahrens und durch die Zustimmung zur Auszahlung von 130.302,35 EUR durch die Drittschuldnerin vor den anderen Gläubigern zu begünstigen.

Die Berufung der beklagten Partei blieb erfolglos. Das Gericht zweiter Instanz sah die Rechtsrüge der beklagten Partei als unberechtigt an. Zwar sei die Zustimmung des späteren Gemeinschuldners zur Zahlung durch die Drittschuldnerin keine rechtliche Voraussetzung für diese Überweisung gewesen. Ein solches Erfordernis bestehe aber nach der Judikatur zu § 30 Abs 1 Z 3 KO auch nicht. Eine Begünstigungsabsicht bei schuldnerfremden Rechtshandlungen könne auch in einem „Gewährenlassen" (von Deckungen) liegen, wenn und weil ein gebotener Insolvenzantrag unterlassen werde. Es sei im vorliegenden Fall iS der Lehrmeinung von König sehr wohl zu Absprachen auch zwischen dem späteren Gemeinschuldner und der beklagten Partei gekommen. Dem Erstgericht sei auch insoweit beizutreten, als die beklagte Partei aufgrund der von ihr durchgeführten exekutiven Maßnahmen gegen den späteren Gemeinschuldner jedenfalls zum Zeitpunkt der Deckung davon gewusst habe, dass zumindest ein weiterer Gläubiger noch eine Forderung gegen den späteren Gemeinschuldner in beträchtlicher Höhe gehabt habe. Sie habe auch über dessen Einkommens- und Vermögenslage aufgrund eines Vermögensverzeichnisses Bescheid gewusst, ebenso, dass dieser mit der Zahlung im exekutiven Wege einverstanden gewesen sei. Daher sei ihr jedenfalls schuldhafte Unkenntnis vorzuwerfen.

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei ist zulässig, weil das Gericht zweiter Instanz insofern von der Entscheidung 1 Ob 45/03d (= EvBl 2004/202 = ÖBA 1004, 974 = ZIK 2005, 63) abwich, als danach ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Begünstigungsabsicht des (späteren) Gemeinschuldners und der Deckung gegeben sein muss, im vorliegenden Fall aber Feststellungen dazu nicht vorliegen.

Die Revision ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Vorauszuschicken ist, dass mit Recht die klagende Partei im Rechtsmittelverfahren auf die von ihr in erster Instanz noch geltend gemachte Anfechtung nach § 28 Abs 1 Z 2 KO nicht mehr zurückkommt, weil, wie schon von der Erstrichterin zutreffend dargelegt wurde, Voraussetzung für den Anfechtungstatbestand nach § 28 KO die Vornahme der zur Deckung führenden Rechtshandlung durch den späteren Gemeinschuldner selbst gewesen wäre (1 Ob 45/03d mwN; RIS-Justiz RS0064223).

b) Nach § 30 Abs 1 Z 3 KO ist eine nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach dem Antrag auf Konkurseröffnung oder in den letzten 60 Tagen vorher vorgenommene Sicherstellung oder Befriedigung eines Gläubigers anfechtbar, wenn sie zugunsten anderer als der unter Z 2 genannten Personen vorgenommen wurde und diesen die Absicht des Gemeinschuldners, sie vor anderen Gläubigern zu begünstigen, bekannt war oder bekannt sein musste.

1. Zwar kann angesichts der erstgerichtlichen (unbekämpften) Feststellung, wonach der spätere Gemeinschuldner die beklagte Partei als besonders lästigen Gläubiger empfunden habe und telefonisch der Drittschuldnerin bzw. der Treuhänderin mitgeteilt habe, mit deren geplanter Vorgehensweise ([Teil]Zahlung an die beklagte Partei) einverstanden zu sein, damit er wenigstens diesen einen andrängenden Gläubiger zur Gänze befriedigen und damit loswerden könne, am Vorliegen einer Begünstigungsabsicht des späteren Gemeinschuldners zur Zeit der Deckung der Forderung der beklagten Partei nicht gezweifelt werden.

2. Zu wenig berücksichtigten allerdings die Vorinstanzen, dass diese Deckung im vorliegenden Fall gerade nicht durch eine Leistung des späteren Gemeinschuldners erfolgte, sondern durch die Drittschuldnerin im Rahmen einer von der begünstigten Gläubigerin gegen den späteren Gemeinschuldner geführten Forderungsexekution. Anders als noch das Gericht erster Instanz sah es jenes zweiter Instanz offenkundig nicht als erforderlich an, dass die Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners bei Deckungen ohne dessen Zutun dafür kausal sein müssten. Wie die beklagte Partei in ihrer außerordentlichen Revision zutreffend darlegt, schloss sich der Oberste Gerichtshof in der schon zitierten Entscheidung 1 Ob 45/03d der Rechtsansicht von Koziol/Bollenberger (in Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht4 § 30 KO Rz 10) an, wonach u.a. § 30 Abs 1 Z 3 KO einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Begünstigungsabsicht und der Deckung voraussetzt. Dagegen übernahm der Oberste Gerichtshof in der zitierten Entscheidung die Ansicht von König (Die Anfechtung nach der Konkursordnung³ Rz 10/96) nicht, wonach bei exekutiven Deckungen zusätzlich zur Begünstigungsabsicht noch „färbende" Umstände (Verletzung der Konkursantragsfrist; Zwangsvollstreckung eines für das „Weiterwursteln" wichtigen Lieferanten; Absprachen) erforderlich seien. Ein Kausalitätserfordernis nennt König nicht ausdrücklich. Soweit er sich für seine Auffassung auf die Entscheidung 7 Ob 2368/96b beruft, wird allerdings auf „färbende" Umstände darin nicht Bezug genommen. Vielmehr ist darin nur die Rede davon, dass bei einer exekutiven Pfändung einer Forderung mangels Vorliegens besonderer Umstände eine Begünstigungsabsicht iSd § 30 Abs 1 Z 3 KO nicht angenommen werden könne. An der zu 1 Ob 45/03d geäußerten Rechtsansicht ist festzuhalten, weil es wenig sinnvoll erschiene, eine gänzlich folgenlose Begünstigungsabsicht nur deshalb zu sanktionieren, weil ohne Kausalzusammenhang eine Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners mit einer objektiven Begünstigung des Gläubigers durch eine ohne Zutun des Gemeinschuldners erfolgte Sicherstellung oder Befriedigung zusammenfällt. Anders als das Gericht zweiter Instanz hatte das Erstgericht eine ursächliche Mitwirkung des späteren Gemeinschuldners an der Abgabe der Drittschuldnererklärung (und damit wohl auch an der im Anschluss daran erfolgten Befriedigung der beklagten Partei) bejaht. Die von ihm getroffenen Feststellungen rechtfertigen diesen Schluss allerdings nicht. Nach diesen teilte zwar der Geschäftsführer der in das Geschehen involvierten GmbH der Drittschuldnerin bzw. der Treuhänderin mit, dass die später auch durchgeführte Vorgehensweise sowohl mit der beklagten Partei als auch mit dem späteren Gemeinschuldner abgesprochen sei. Eine positive Feststellung einer solchen Absprache findet sich, worauf in der Revision zu Recht hingewiesen wird, im Ersturteil allerdings nicht. Darüber hinaus ergibt sich aus den Feststellungen auch nicht, dass - ginge man doch von einer solchen Absprache aus - ohne eine solche die konkret erfolgte Deckung von der Drittschuldnerin nicht durchgeführt worden wäre. Auch nach Rebernig (in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, § 30 KO Rz 140) sind einseitige Deckungshandlungen der Gläubiger, wie Pfändung, Aufrechnung oder Drittschuldnerverständigung, gewöhnlich nicht wegen subjektiver Begünstigung anfechtbar (folgend Koziol/Bollenberger aaO Rz 45).

3. Entgegen König (aaO Rz 10/96) wird man die bloße Verletzung der Konkursantragspflicht noch nicht als einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Begünstigungsabsicht und Deckung herzustellen geeignet ansehen können. Sieht man von der 60-Tages-Frist des § 30 Abs 1 Z 3 KO ab, wird in der Vielzahl der Fälle stets auch eine Verletzung der Konkursantragspflicht vorliegen, weshalb dieses Merkmal für sich allein nicht geeignet scheint, den notwendigen Kausalzusammenhang zu begründen.

Reicht nun aber die Unterlassung der gebotenen Antragstellung auf Konkurseröffnung nicht aus und ist die Kausalität der Begünstigungsabsicht für die Deckung durch die Drittschuldnerin nicht erwiesen, konnte der klagende Masseverwalter nicht alle Voraussetzungen für den Anfechtungsanspruch beweisen. Er hat auch in erster Instanz niemals behauptet, die Drittschuldnerin hätte mangels Zustimmung des späteren Gemeinschuldners die ihr obliegende Zahlung aufgrund der Forderungsexekution nicht geleistet. Soweit sich der Masseverwalter in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung nun darauf beruft, die Zahlung der Drittschuldnerin habe nur „über Ausfolgung der zur Rückabwicklung des Liegenschaftskaufvertrags notwendigen Urkunden" erfolgen können, übersieht er, dass er ein derartiges Vorbringen in erster Instanz nicht erstattete, andererseits die erstgerichtlichen Feststellungen - selbst wenn man sie nicht als überschießend werten wollte - nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass solche von der Drittschuldnerin vor Beginn des Exekutionsverfahrens angeforderte Urkunden vom späteren Gemeinschuldner nicht bereits vor Beginn des Exekutionsverfahrens der Drittschuldnerin übermittelt wurden. Tatsache ist jedenfalls, dass diese eine uneingeschränkt positive Drittschuldneräußerung erstattete und darin jedenfalls keinen Zug-um-Zug-Einwand erhob.

Der hier zu beurteilende Sachverhalt unterscheidet sich grundlegend von dem zu 1 Ob 45/03d zu beurteilenden, weil eben im Fall jener Entscheidung der Gemeinschuldner im Bewusstsein einer bestehenden Aufrechnungsmöglichkeit der sein Konto führenden Bank seinen Schuldner anwies, auf ein bestimmtes debitorisches Konto einzuzahlen. In diesem Punkt hatte der Oberste Gerichtshof den Kausalzusammenhang zwischen der Begünstigungsabsicht und der Deckung bejaht. Dagegen hatte ein anderer Kunde des damaligen Gemeinschuldners entgegen dem Verlangen desselben nach Barzahlung wiederum auf dieses Konto eingezahlt. Dazu hatte der Oberste Gerichtshof, woran festzuhalten ist, ausgesprochen, es sei für eine Begünstigungsabsicht nicht ausreichend, dass der spätere Gemeinschuldner ein Konto nicht schließen lasse und den an sich gebotenen Insolvenzantrag zu stellen unterlasse. Wenn auch, wie dargelegt, hier ein abweichender Sachverhalt zu beurteilen ist, kann doch auch in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem zwar der spätere Gemeinschuldner sein Einverständnis mit der Zahlung der Drittschuldnerin an einen Anfechtungsgegner erklärt, eine Ursächlichkeit der Begünstigungsabsicht für die Befriedigung des Gläubigers nicht angenommen werden. Ob der Fall anders zu beurteilen wäre, stünde fest, dass etwa der spätere Gemeinschuldner selbst (in Begünstigungsabsicht) den Gläubiger auf die Möglichkeit der exekutiven Pfändung hingewiesen oder eine solche Vorgangsweise gar mit ihm abgesprochen hätte, ist hier nicht zu untersuchen. Nach Ansicht des erkennenden Senats reicht jedenfalls die folgenlose Zustimmung des späteren Gemeinschuldners zu der aus eigener Initiative des Gläubigers und Anfechtungsgegners veranlassten Forderungsexekution samt Zahlung der überwiesenen Forderung des späteren Gemeinschuldners an den Anfechtungsgegner nicht aus, die Ursächlichkeit einer allfälligen Begünstigungsabsicht für die Befriedigung dieses Gläubigers zu bejahen.

Damit sind aber hier richtigerweise die Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 30 Abs 1 Z 3 KO zu verneinen, weshalb in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen das Klagebegehren abzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 ZPO, im Rechtsmittelverfahren auch auf § 50 ZPO.

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