OGH 7Ob2368/96b

OGH7Ob2368/96b29.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Helmut S*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der G***** GesmbH, ***** wider die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, 1101 Wien, Wienerbergstraße 15-19, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr.Amhof und Dr.Damian Partnerschaft in Wien, wegen S 802.652,04 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 13.September 1996, GZ 3 R 23/96s-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 19.Dezember 1995, GZ 30 Cg 93/95v-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Gerichtes zweiter Instanz wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit insgesamt S 67.227,80 (darin enthalten S 6.786,30 Umsazsteuer und S 26.510,- Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei brachte ab dem 13.4.1994 Exekutionsanträge gegen die G***** GesmbH ein. Die Bewilligung der beantragten Forderungspfändung wurde dem Drittschuldner am 19.4.1994 zugestellt. Am 8.6.1994 stellte die klagende Partei den Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der G***** GesmbH. Die beklagte Partei erhielt vom Drittschuldner am 28.6.1994 den Betrag von S 404.179 und zwischen dem 6.7. und dem 22.9.1994 Zahlungen von insgesamt S 398.573,04. Am 12.12.1994 wurde über das Vermögen der G***** GesmbH aufgrund des Antrages der beklagten Partei der Konkurs eröffnet.

Die klagende Partei begehrte, die Zahlungen des Drittschuldners von zusammen S 802.652,04 den Konkursgläubigern gegenüber für unwirksam zu erklären und die beklagte Partei zur Zahlung dieses Betrages zu verpflichten. Die Zahlungen der Drittschuldnerin seien nach den §§ 30 ff KO anfechtbar. Die beklagte Partei sei spätestens ab April 1994 zahlungsunfähig und überschuldet gewesen. Die beklagte Partei habe die Zahlungen nach Stellung ihres Konkursantrages erhalten, aus dem sich ergebe, daß sie in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin gewesen sei.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil sie durch die Forderungspfändung ein Absonderungsrecht erworben habe und die Zahlungen nicht inkongruent seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Zahlung des Drittschuldners an den Überweisungsgläubiger stelle keine inkongruente Deckung im Sinn des § 30 Abs 1 Z 1 KO dar. Die beklagte Partei habe durch die Forderungspfändung ein Absonderungsrecht erworben und schließe als Absonderungsgläubiger die Konkursgläubiger von der Zahlung aus dem Erlös der Absonderungsmasse aus, so daß mangels Befriedigungstauglichkeit auch der Anfechtungstatbestand des § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO zu verneinen sei.

Das Gericht zweiter Instanz änderte dieses Urteil im Sinne einer Klagsstattgebung ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Das Pfandrecht sei innerhalb von 60 Tagen vor dem Antrag auf Konkurseröffnung und damit anfechtbar im Sinn des § 30 Abs 1 Z 1 KO begründet worden. Damit sei es im Konkurs unwirksam. Dennoch scheide die Anfechtung der exekutiven Befriedigung nach § 30 Abs 1 Z 1 KO aus, weil die im Zuge einer Exekution erfolgten Zwangszahlungen aus dem Vermögen des Schuldners nicht inkongruent seien. Zum Anfechtungstatbestand des § 30 Abs 1 Z 3 KO habe die klagende Partei keinerlei Tatsachenvorbringen erstattet. Der anfechtbare Erwerb des Pfandrechtes führe aber zur Anfechtbarkeit der Zahlungen nach § 31 KO, wobei die Einbringung des Konkursantrages durch die beklagte Partei für deren Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit spreche. Die Revision sei nicht zulässig, weil diese Entscheidung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in Einklang stehe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist jedoch zulässig und berechtigt.

Wie der Oberste Gerichtshof in seinem Erkenntnis des verstärkten Senates SZ 45/12 dargelegt hat, ist zwar die bloße Erwerbung eines exekutiven Pfand- oder Befriedigungsrechtes zur Hereinbringung einer Geldforderung eine inkongruente Deckung im Sinn des § 30 Abs 1 Z 1 KO. Dessenungeachtet sind erfolgte Zwangszahlungen aus dem Vermögen des Schuldners nicht inkongruent. Demnach ist auch die Zahlung des Drittschuldners nach Überweisung zur Einziehung als kongruente Deckung zu werten, wie in ÖBA 1993/407 ausdrücklich ausgeführt wird. Maßgeblich ist, daß die Geldforderung in allen Fällen exekutiver Verwertung aus dem Vermögen des Schuldners befriedigt wird, der Gläubiger somit eine Leistung erhält, die er in der gleichen Art nach materiellem Recht zu beanspruchen hatte. Auch die gepfändete und überwiesene Forderung war Vermögen des Gemeinschuldners. Aus dieser erhielt die beklagte Partei als betreibende Gläubigerin vor Konkurseröffnung Befriedigung. Der Anfechtungstatbestand des § 30 Abs 1 Z 1 KO liegt daher - trotz Inkongruenz des zwangsweisen Pfandrechtes an der Forderung - nicht vor.

Anders als in jenen Fällen, in denen die Zahlung aus dem sonstigen Vermögen des Gemeinschuldners geleistet wird (SZ 58/205) und damit die drohende Zwangsversteigerung der gepfändeten Sachen abgewendet wird, wobei die Forderung des Pfändungspfandgläubigers aber bei Realisierung des Pfandrechtes keine Deckung erlangt hätte (so daß auch die objektive Voraussetzung der Gläubigerbenachteiligung vorliegt - vgl JBl 1977, 651), fehlt es bei einer Zahlung des Drittschuldners aufgrund der Forderungspfändung an der allen Anfechtungstatbeständen zugrundeliegenden Voraussetzung der Befriedigungstauglichkeit. Wie das Erstgericht zutreffend ausführte, kommt ja dem Pfändungspfandgläubiger die Position des Absonderungsgläubigers zu, der andere Gläubiger von der Befriedigung aus der Pfandsache (der gepfändeten Forderung) ausschließt, so daß die Anfechtung keine Verbesserung der Stellung der Konkursmasse zur Folge hätte (König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung, Rz 303). Dem steht die Inkongruenz des exekutiven Pfandrechtes alleine nicht entgegen. Es kommt daher mangels Befriedigungstauglichkeit auch eine Anfechtung der Zahlungen nach § 31 Abs 1 Z 2 KO selbst dann nicht in Betracht, wenn - wie hier aufgrund des von der beklagten Partei selbst gestellten Konkursantrages - die Kenntnis der beklagten Partei von der Zahlungsunfähigkeit im Zeitpunkt der Zahlungen zu vermuten ist (vgl JBl 1977, 651).

Diese Erwägungen schließen nicht aus, daß der Erwerb des Pfandrechtes aus anderen Gründen angefochten werden kann. Ist (oder wäre, da das Pfandrecht mit der Befriedigung erlosch) der Erwerb des Pfandrechtes nach §§ 28, 30 Abs 1 Z 2, 3 und 31 KO anfechtbar, so ist auch die exekutive Befriedigung aus dem betreffenden Pfandrecht anfechtbar (SZ 45/12; JBl 1977, 651; Feil, KO, Rz 10 zu § 31 KO; in diesem Sinne auch König aaO).

Eine Anfechtung des Pfandrechtserwerbes nach § 31 KO scheitert jedoch hier schon daran, daß die Sicherstellung länger als sechs Monate vor Konkurseröffnung erfolgte (§ 31 Abs 4 KO). Die in § 30 Abs 1 (Z 2 und) Z 3 KO geforderte Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners wurde weder von der hiefür behauptungs- und beweispflichtigen klagenden Partei behauptet noch kann eine solche Begünstigungsabsicht mangels Vorliegens besonderer Umstände bei einer exekutiven Pfändung einer Forderung angenommen werden. Dies gilt auch für die in § 28 KO vorausgesetzte Benachteiligungsabsicht.

Es war daher das klagsabweisende Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Stichworte