OGH 9Ob114/06i

OGH9Ob114/06i1.2.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. Thomas F*****, Architekt, *****, vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dipl. Ing. Miraj G*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Feststellung, über den Rekurs und die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen den Aufhebungsbeschluss und das Teilurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 1. März 2006, GZ 38 R 18/06p-29, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

  1. 1) Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss wird zurückgewiesen.
  2. 2) Die außerordentliche Revision gegen das Teilurteil wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1) Jener Teil der Entscheidung des Berufungsgerichtes, mit dem ein Teil des Ersturteils als nichtig aufgehoben wurde, weil mit diesem Teil der erstgerichtlichen Entscheidung die Rechtskraft einer Vorentscheidung verletzt wurde, ist nicht Gegenstand des Rechtsmittels und daher von der hier zu treffenden Entscheidung nicht berührt. Auf den Umstand, dass das Berufungsgericht lediglich das von der Nichtigkeit betroffene Ersturteil aufgehoben hat, die Aufhebung des vorangegangenen Verfahrens und die Zurückweisung des bezughabenden Teils der Klage jedoch unterblieben ist, kann daher nicht eingegangen werden.

2) Soweit sich das als „außerordentliche Revision" bezeichnete Rechtsmittel gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes richtet, ist es als Rekurs zu werten. In diesem Umfang ist das Rechtsmittel absolut unzulässig. Hat das Berufungsgericht - wie hier - einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses gegen seinen Aufhebungsbeschluss unterlassen, ist gegen den Aufhebungsbeschluss kein Rechtsmittel - auch keine außerordentlicher Rekurs - zulässig (RIS-Justiz RS0043898; zuletzt etwa 7 Ob 200/06x). Soweit sich das Rechtsmittel gegen den Aufhebungsbeschluss richtet, war es daher zurückzuweisen.

3) Von der zweiten Instanz verneinte Mängel des Verfahrens erster Instanz (hier: Unterbleiben der Einvernahme von Zeugen) können in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963). Dieser Grundsatz kann nicht dadurch umgangen werden, dass die Bekämpfung der entsprechenden Ausführungen des Berufungsgerichtes in Form der Behauptung eines weiteren, bisher nicht geltend gemachten Mangel des Verfahrens erster Instanz (hier: Verletzung der Anleitungspflicht) gekleidet wird. Eine in zweiter Instanz unterlassen Mängelrüge kann in dritter Instanz nicht mehr nachgetragen werden (E. Kodek in Rechberger, ZPO² § 503 Rz 3).

4) Die Verwertung der Angaben eines vom Gericht einvernommenen Zeugen verstößt nicht deshalb gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz, weil der Zeuge bei den Verhandlungen über einen ein Beweisthema bildenden Vertrag nicht persönlich anwesend war. In Wahrheit bekämpft der Revisionswerber mit den dazu erstatteten Ausführungen in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen.

5) Die Ausführungen des Revisionswerbers, mit denen er geltend macht, dass das Verfahren in größerem Umfang, als von der zweiten Instanz angenommen, wegen der Verletzung der Rechtskraft eines Vorverfahrens nichtig ist, sind unzulässig. Hat das Berufungsgericht - wie hier - das Vorliegen des Prozesshindernisses der Nichtigkeit geprüft und - wenn auch nur in den Gründen seiner Entscheidung - verneint, liegt darin eine den Obersten Gerichtshof bindende Entscheidung, die nicht mir Revision bekämpft werden kann (RIS-Justiz RS0039226; zuletzt etwa 6 Ob 17/04z).

6) Eine von der Bekämpfung der Tatfrage unabhängige Rechtsrüge liegt überhaupt nur insoweit vor, als der Revisionswerber geltend macht, dass von einem konkludenten Verzicht des Hauseigentümers (des Klägers) auf seine Benützungsrechte am Kohlenkeller auszugehen sei, weil er nicht behauptet habe, dass er ihn seit 1971 jemals benützt habe. Damit wird aber keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt. Abgesehen davon, dass die Auffassung, die bloße Nichtbenützung des eigenen Kohlenkellers könne die Annahme eines derartigen konkludenten Verzichts nicht rechtfertigen, alles andere als unvertretbar ist, lässt sich aus diesem Vorbringen der Abschluss eines Mietvertrags mit dem Beklagten nicht ableiten.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte