OGH 12Os126/06f

OGH12Os126/06f25.1.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Jänner 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hinterleitner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Muharrem E***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Muharrem E*****, Milikije A***** und Ramadan X***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 16. Juni 2006, GZ 35 Hv 73/06g-295, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 13. Mai 2005, GZ 37 Hv 160/04p-205, wurden Muharrem E***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG sowie Milikije A***** und Ramadan X***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach haben in Bischofshofen und anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider Heroin aus- und eingeführt sowie durch teilweise anschließende Weitergabe in Verkehr gesetzt oder zur Aus- und Einfuhr sowie dem Inverkehrsetzen beigetragen, wobei sie die Tat in Beziehung auf eine zumindest das 25-fache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) betragende Suchtgiftmenge begangen haben, und zwar

A) Muharrem E*****

1) Anfang Dezember 2003 durch Aus- und Einfuhr von 10 kg Heroin von Serbien über Kroatien, Slowenien und Österreich nach Italien und anschließender Weitergabe an einen gewissen „Enver Hoxha",

2) am 17. Jänner 2004 durch Aus- und Einfuhr von 6.931,3 Gramm Heroin brutto von Serbien über Kroatien und Slowenien nach Österreich;

B) Milikije A***** im Herbst 2003 zu den unter Punkt A angeführten

Tathandlungen des Muharrem E***** dadurch beigetragen, dass sie ihn für Kurierfahrten anwarb und den Kontakt zu den im Kosovo aufhältigen Hintermännern, insbesondere zu Reshep S***** und Sherif K*****, herstellte;

C) Ramadan X***** zu den unter Punkt A angeführten Tathandlungen des Muharrem E***** dadurch beigetragen, dass er ihn im Herbst 2003 mit der Zweitangeklagten Milikije A***** bekannt machte und als Suchtmittelkurier vermittelte sowie im Jänner 2004 die unter Punkt A 2 angeführte Tathandlung mit 1.000 Euro finanzierte, ferner dadurch, dass er bei beiden Fahrten Muharrem E***** unterstützte, indem er ständigen Telefonkontakt zu ihm hielt und ihn beriet. Gegen dieses Urteil hatten nur die Angeklagte Milikije A***** Nichtigkeitsbeschwerde sowie sie und die beiden weiteren Angeklagten Berufung erhoben. Mit Erkenntnis vom 23. März 2006, GZ 12 Os 8/06b-8, hob der Oberste Gerichtshof in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass (§ 290 Abs 1 StPO) das Urteil in der rechtlichen Unterstellung der Tat auch unter die Qualifikation des § 28 Abs 3 erster Fall SMG sowie demgemäß in allen Strafaussprüchen auf und wies die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Im Übrigen wurde die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen und blieb das Urteil daher unberührt.

Rechtliche Beurteilung

Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil wurde - unter verfehlter Wiederholung des bereits in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruches und sämtlicher hiezu getroffener Feststellungen (vgl Ratz, WK-StPO § 289 Rz 12) - ausgesprochen, dass die Angeklagten die ihnen angelasteten Taten auch gewerbsmäßig begangen haben und dass ihnen daher auch die Qualifikation des § 28 Abs 3 erster Fall SMG zur Last fällt.

Die dagegen gerichteten, getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten, und zwar Muharrem E***** gestützt auf Z 5 und 10, von Milikije A***** auf Z 10 und von Ramadan X***** auf Z 5, 5a und 10, jeweils des § 281 Abs 1 StPO, sind nicht im Recht.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Muharrem E*****:

Die Mängelrüge behauptet, die Vernehmung des Erstangeklagten sei nicht ausreichend erwogen worden und es liege daher eine unvollständige Begründung (Z 5 zweiter Fall) vor. Muharrem E***** habe sich in der Hauptverhandlung zwar auch der gewerbsmäßigen Begehung schuldig bekannt, sich jedoch dann damit verantwortet, dass er die Taten nur so lange gemacht hätte, bis „die Schulden" abbezahlt gewesen wären.

Damit hat er aber den beabsichtigten Tatzeitraum, der nur ein „längerer", aber kein „zeitlich unbegrenzter" sein muss (vgl Jerabek in WK² § 70 Rz 7), nicht näher eingeschränkt und keinen bestimmten Endzeitpunkt bezeichnet, sodass sich das Gericht mit diesem Teil seiner Aussage mangels Wesentlichkeit für die Schuldfrage nicht auseinandersetzen musste. Soweit die Beschwerde den Vorsatz zur „Übermenge" des § 28 Abs 4 Z 3 SMG bestreitet, richtet sie sich unzulässig gegen den im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) behauptet, es sei nicht festgestellt, dass sich der Angeklagte eine ständige Einnahmsquelle erschließen wollte, übergeht aber die Konstatierung des Erstgerichtes, wonach seine Absicht darauf gerichtet war, sich durch die wiederkehrende Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmsquelle zu erschließen. Der materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund ist daher nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Milikije A*****:

Ihre Subsumtionsrüge (Z 10) moniert, die Beurteilung, die Angeklagte habe sich eine gewerbsmäßige Begehungsweise zuschulden kommen lassen, sei nicht nachvollziehbar.

Damit vergleicht sie aber nicht die Feststellungen des Erstgerichtes mit dem darauf angewendeten Gesetz (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581) und ist daher nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt. Soweit die Beschwerde der Sache nach einen Begründungsmangel (Z 5) behauptet, ist sie nicht berechtigt, weil sie nur ausgehend von der vom Schöffengericht abgelehnten Verantwortung der Angeklagten die Schlussfolgerungen des Gerichtes nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in Frage stellt. Sie übergeht zudem die schlüssige Begründung der Tatrichter, wonach sich die Gewerbsmäßigkeit insbesondere aus den Ergebnissen der Telefonüberwachung ergibt (US 14).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ramadan X*****:

Zu diesem Angeklagten hat das Schöffengericht die gewerbsmäßige Begehung darauf gestützt, dass er nach eigenen Angaben Geld für seinen Tatbeitrag gefordert oder erhalten hat. Darüber hinaus war er Mitglied einer organisierten Schmuggelbande mit entsprechender Infrastruktur und ausgefeilter Logistik. Dazu gehört auch, dass Tatbeteiligte jeweils nach ihrem Beitrag und dem sich daraus ergebenden Risiko bezahlt wurden. Darüber hinaus wurde ihm die Beteiligung an zwei Transporten angelastet und daraus geschlossen, dass es sich um keine „einmalige Angelegenheit" handelt. Ferner verwies das Gericht auf die finanzielle Lage des Beschwerdeführers (US 14 f).

Die Mängelrüge (Z 5) bestreitet, dass der Angeklagte für seinen Tatbeitrag Geld gefordert oder erhalten habe, und behauptet, dass nicht einmal Beweisergebnisse für die Annahme vorlägen, er habe einen einmaligen Vermögensvorteil erzielen wollen. Damit übergeht der Rechtsmittelwerber aber die angeführte Begründung des Schöffensenates. Dessen Ableitungen widersprechen weder den Denkgesetzen noch grundlegenden Erfahrungswerten. Da sich der Nichtigkeitswerber mit dieser Argumentation nicht auseinandersetzt und ihr eine eigene Würdigung der Beweise gegenüberstellt, wird kein Nichtigkeitsgrund aufgezeigt, sondern lediglich das Beweiswürdigungsermessen der Tatrichter in unzulässiger Weise bekämpft.

Auch die Tatsachenrüge (Z 5a) behauptet, es lägen keine Beweise zu einer finanziellen Gegenleistung für die Vermittlungstätigkeit vor. Damit wird wiederum nur der Begründung des Erstgerichtes eine eigene Sicht der Beweisergebnisse gegenübergestellt, jedoch werden keine Umstände aus den Akten aufgezeigt, welche erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen ergeben könnten.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) geht nicht von den Feststellungen des Erstgerichtes aus und nimmt keinen Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz vor, sondern behauptet nur neuerlich, der „spezifische Gewerbsmäßigkeitsvorsatz" hänge „rechtlich und tatsächlich völlig in der Luft" und finde in den Beweisergebnissen überhaupt keine Deckung. Damit ist aber der materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund nicht deutlich und bestimmt dargestellt. Die weiteren Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde richten sich gegen die Begründung des bereits im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruchs. Sie sind daher unzulässig. Die Nichtigkeitsbeschwerden waren somit bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufungen der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte