Spruch:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung verwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Miklos K***** „des" Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG und „des" Finanzvergehens des vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 1 lit a FinStrG schuldig erkannt, hiefür zu einer Geldstrafe (samt Ersatzfreiheitsstrafe) sowie einer Freiheitsstrafe und einer Wertersatzstrafe (samt Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt und überdies ein PKW „eingezogen" (gemeint: für verfallen erklärt). Danach hat er in Lanzendorf und anderen Orten vorsätzlich mit der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, eingangsabgenpflichtige Waren, nämlich Zigaretten verschiedener Marken, hinsichtlich welcher durch Gyula K***** und nicht mehr ausforschbare Täter ein Schmuggel begangen worden war, in Ungarn an sich gebracht, nach Österreich verbracht und an noch auszuforschende Abnehmer weitergegeben, und zwar:
1. am 15. Dezember 2005 582 Stangen Zigaretten verschiedener Marken (= 116.440 Stück);
2. im Zeitraum von Sommer 2005 bis Dezember 2005 weitere 21.000 Stangen Zigaretten verschiedener Marken (= 4.200.000 Stück).
Rechtliche Beurteilung
Nur gegen den Schuldspruch zu 2 wendet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Zutreffend sieht er die Feststellung des von seinem Geständnis (S 343/II; US 5) nicht umfassten Tatzeitraumes vor Oktober 2005 als unzureichend begründet an (Z 5 vierter Fall). Diesem kommt Entscheidungswesentlichkeit zu, weil auf der Grundlage des Tatzeitraumes die Anzahl der von Ungarn nach Österreich verbrachten, in der Folge an Abnehmer weitergegebenen Zigaretten, hinsichtlich derer ein Schmuggel begangen worden war, errechnet wurde. Das Erstgericht stützte sich dabei auf unspezifische „Erhebungen des Zollamtes Wien", die Angaben der Mittäter und die des Angeklagten „beim Zollamt" (US 5).
Dieser hat sich jedoch nie mit einem Beginn des Deliktszeitraumes im Sommer 2005, sondern durchgehend mit maximal ein bis zwei Fahrten pro Woche ab September oder Oktober 2005 verantwortet (S 69, 71, 137, 237, 273, 359/I, 343, 346, 351/II). Damit wird - unter Zugrundelegung von 580 Stangen Zigaretten pro Fahrt (US 4) - auf keinen Fall die Menge von 21.000 Stangen laut Schuldspruch 2 erreicht (was etwa 36 Fahrten und somit deren Beginn spätestens im Juni 2005 vorausgesetzt hätte).
Die rechtskräftig abgeurteilten Mittäter Dezsö F***** und Zsolt G***** belasteten den Beschwerdeführer auch nicht über den Umfang von dessen Geständnis hinaus (S 355, 357/II; 59, 151, 251/I, 361/II). Die von den Schuldsprüchen nicht umfassten „Zigarettenlieferungen" des Nichtigkeitswerbers an Thomas R***** ab Jänner 2005 (US 4 f) versäumte das Erstgericht (US 6) in einen logisch und empirisch unbedenklichen Zusammenhang mit den Tathandlungen des Schuldspruches 2 zu bringen, weil die dabei tatverfangenen Zigaretten nach den Urteilsannahmen durch weitere unbekannte Mittäter weiterverkauft wurden (US 4; vgl auch die damit kongruenten Angaben des Beschwerdeführers S 349, 352/II, des Mitangeklagten G***** S 359/II sowie des Zeugen R***** S 287, 394/II). Nur unter der Prämisse der Herkunft der an R***** übergebenen Zigaretten aus den von der Tätergruppe K***** ab Anfang 2005 (vgl Anklageschrift ON 55) eingeschmuggelten Tabakwaren wäre der Schluss - den das Erstgericht als „eindeutig" bezeichnet (US 6) - nicht willkürlich. Darüber hinaus ist das Ersturteil mit materiellrechtlicher Nichtigkeit behaftet, die mangels Geltendmachung durch den benachteiligten Angeklagten von Amts wegen aufzugreifen war (§ 290 Abs 1 Satz 2 iVm § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO):
Das Schöffenurteil enthält nämlich keinerlei Feststellungen zum Verbringen der tatverfangenen Zigaretten in das Zollgebiet der Europäischen Union als notwendige Vortat des Schuldspruches wegen Hehlerei.
Es war daher das gesamte Urteil aufzuheben und Verfahrenserneuerung anzuordnen (§ 285e StPO).
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Im zweiten Rechtsgang werden - im gegenständlichen Urteil in Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO bewirkender Weise zur Gänze unterbliebene - Feststellungen zur Höhe der hinterzogenen Eingangsabgaben (§ 37 Abs 2 FinStrG - die Zahl im Spruch US 2 gibt bezeichnungswidrig bereits den Strafrahmen und nicht den strafbestimmenden Wertbetrag an) und zur Höhe des inländischen Kleinverkaufspreises (§ 44 Abs 2 FinStrG) bzw des gemeinen Wertes (§ 19 Abs 3 FinStrG) der Konterbande zu treffen sein, weil davon der für die Strafbestimmung maßgebende Strafrahmen und auch die Höhe der Wertersatzstrafe abhängt; weiters wird im Sinne von §§ 17 Abs 6, 19 Abs 5 FinStrG zu erwägen sein (11 Os 136/02 und 11 Os 151/02). Mangels Beschwerde der Staatsanwaltschaft (vgl Dorazil/Harbich FinStrG § 26 E 13) muss das Unterbleiben der bei bedingter Sanktionsnachsicht (hier der Freiheitsstrafe gemäß §§ 15, 38 Abs 1 vorletzter SatzFinStrG) obligaten Weisung nach § 26 Abs 2 FinStrG auf sich beruhen.
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