OGH 11Os151/02

OGH11Os151/0218.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. März 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Miklau als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Francesco A***** und weitere Angeklagte wegen des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels als Mitglied einer Bande nach §§ 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a und b FinStrG und eines anderen Finanzvergehens über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Francesco A***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 17. Juli 2002, GZ 12 Hv 57/02i-94, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, in den sämtliche Angeklagten betreffenden Schuldspruch, insoweit ihnen der Schmuggel des PKW samt Anhänger angelastet wird, und demgemäß auch in den Strafaussprüchen (mit Ausnahme der Einziehungsentscheidung und des die Zigaretten betreffenden Verfallserkenntnisses) aufgehoben und die Strafsache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte A*****, dem auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last fallen, auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der italienische Staatsangehörige Francesco A***** und die ungarischen Staatsangehörigen Zsolt B*****, Robert Lajos M*****, Sandor Denes S*****, Janos S*****, Jozsef S***** und Krisztian T***** der Finanzvergehen des (in Form der unmittelbaren oder Beitragstäterschaft) als Mitglied einer Bande begangenen gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1 lit a erster Fall, 38 Abs 1 lit a und FinStrG und des vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 1 lit b FinStrG, Zsolt B***** auch des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG, schuldig erkannt.

Nach dem (zusammengefasst wiedergegebenen) Inhalt des Schuldspruches haben die Angeklagten in unterschiedlichen Beteiligungsformen als Mitglieder einer Bande am 28. Mai 2002 im Gemeindegebiet von Oberdrossen - St. Martin gewerbsmäßig eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich 599.600 Stück Zigaretten verschiedener Marken, welche Gegenstände des Tabakmonopols waren, sowie den PKW der Marke Nissan Patrol GR, amtliches Kennzeichen KA-F1004 (DE) und einen Anhänger IMF, Type KU-U5 21 11, amtliches Kennzeichen KA-E1283 (DE), dem Zollverfahren entzogen.

Die Angeklagten wurden nach §§ 15, 21, 35 Abs 4, 38 Abs 1 lit a und b, 44 Abs 2 lit c FinStrG, Zsolt B***** auch nach § 50 Abs 1 WaffG, zu Geldstrafen in der Höhe von jeweils 35.000 EUR, im Falle der Uneinbringlichkeit zu Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von jeweils vier Monaten verurteilt.

Gemäß §§ 17 Abs 2 lit a iVm § 35 Abs 4, 38 Abs 1 und 44 Abs 3 FinStrG wurde der Verfall von 599.960 Stück Zigaretten verschiedener Marken sowie des dem Angeklagten A***** gehörenden PKW Nissan Petrol GR, amtliches Kennzeichen KA-F1004 (DE), ausgesprochen, der nach § 19 Abs 1 lit b FinStrG gestellte Antrag (auf Verhängung einer Wertersatzstrafe anstatt des Verfalls des Anhängers) abgewiesen und gemäß § 26 Abs 1 StGB die sichergestellte Stahlrute eingezogen. Nur den Strafausspruch bekämpft der Angeklagte Francesco A***** mit Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs 1 Z 11 StGB und mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde, welche hinsichtlich des Verfallserkenntnisses das Unterbleiben der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 17 Abs 6 FinStrG kritisiert, wobei sie sich ersichtlich nicht auf den Verfall der Zigaretten, sondern auf jenen des PKW des Beschwerdeführers bezieht, ist im Ergebnis im Recht:

Stünde nämlich der Verfall zur Bedeutung der Tat oder zu dem den Täter treffenden Vorwurf außer Verhältnis, so tritt gemäß § 17 Abs 6 erster Satz FinStrG an die Stelle des Verfalls nach Maßgabe des § 19 die Strafe des Wertersatzes. Tatsächlich ist das Schöffengericht jedoch davon ausgegangen, dass der Verfall in den Fällen des § 17 Abs 3 FinStrG zwingend auszusprechen sei (US 10)und hat daher die gebotene Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht vorgenommen. Deren gänzliche Unterlassung begründet Nichtigkeit iSd relevierten Nichtigkeitsgrundes (vgl 13 Os 131/93 = EvBl 1994/116). Bei Prüfung des Beschwerdevorbringens zeigte sich jedoch, dass jener Teil des Schuldspruches, mit welchem den Angeklagten der Schmuggel dieses PKW und des im Spruch bezeichneten Anhängers angelastet wird, mit Nichtigkeit nach Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO behaftet ist, welcher von der Beschwerde nicht geltend gemacht wurde und daher von Amts wegen wahrzunehmen war. Denn weder lassen die Feststellungen des Erstgerichtes die Fahrzeuge - anders als die Zigaretten, zu deren Beförderung sie verwendet wurden (US 7, 8) - als Konterbande erkennen, noch enthält die angefochtene Entscheidung diesen Anklagevorwurf betreffende Konstatierungen zur subjektiven Tatseite.

Das Urteil war daher - zugunsten sämtlicher Angeklagten (§ 290 Abs 1 StPO) - in dem den Schmuggel des PKW samt Anhänger betreffenden Schuldspruchteil und demgemäß im Strafausspruch (mit Ausnahme der den Verfall der sichergestellten Zigaretten und die Einziehung der Stahlrute betreffenden Entscheidungen) schon in nichtöffentlicher Sitzung aufzuheben und die Verfahrenserneuerung anzuordnen (§ 285e, 289 StPO).

Für den Fall diesbezüglicher Verfahrensfortsetzung werden die einschlägigen zollrechtlichen Bestimmungen (namentlich Art 4 Nr 16 f ZK, Art 558 Abs 1 ZK-DVO iVm Art 61 lit c ZK, Art 233 ff ZK-DVO) zu beachten und die sich daraus ergebenden notwendigen Feststellungen zu treffen sein.

Im zweiten Rechtsgang werden aber auch - im verfahrensgegenständlichen Urteil in Nichtigkeit nach Z 11 erster Fall des § 281 Abs 1 StPO bewirkender Weise zur Gänze unterbliebene - Feststellungen zur Höhe der hinterzogenen Eingangabgaben und zur Höhe des gemeinen Wertes der Konterbande zu treffen sein, weil davon der für die Strafbestimmung maßgebende Strafrahmen abhängt. Ergänzend ist anzumerken, dass hinsichtlich des Anhängers die Ablehnung einer Verfallsentscheidung den Ausspruch einer Wertersatzstrafe nach § 19 Abs 1 lit b FinStrG nach sich ziehen hätte müssen, von der nur unter den Voraussetzungen des § 19 Abs 5 FinStrG abgesehen hätte werden dürfen, womit sich das Schöffengericht jedoch nicht auseinandergesetzt hat. Im erneuerten Verfahren steht allerdings der Verhängung einer Wertersatzstrafe das Verschlechterungsverbot entgegen.

Das Verbot der reformatio in peius wird aber auch insoweit zu beachten sein, als - zur Vermeidung einer weiteren, dem angefochtenen Urteil anhaftenden, infolge der aus anderen Gründen erfolgten Aufhebung des Strafausspruches nicht schlagend gewordenen Nichtigkeit iSd Z 11 - für das realkonkurrierend zusammentreffende Delikt nach § 50 WaffG eine gesonderte Strafe (§ 28 Abs 1 StGB) festzusetzen sein wird. Demnach darf weder die Summe der zu verhängenden Geldstrafen noch die der für den Fall deren Uneinbringlichkeit zu bestimmenden Ersatzfreiheitsstrafen die im ersten Rechtsgang festgesetzte Sanktion übersteigen. Das Verfallserkenntnis zum in Rede stehenden Kraftwagen wiederum wäre im fortgesetzten Verfahren mit Blick auf § 17 Abs 2 Z 3 erster Satz, Abs 6 FinStrG zu prüfen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte A***** auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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