OGH 7Ob275/06a

OGH7Ob275/06a20.12.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Baier Lambert Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei Ing. Jürgen H*****, vertreten durch Mag. Franz Pranter, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 64.850 sA (Revisionsinteresse EUR 56.862,75), über die außerordentliche Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 11. September 2006, GZ 14 R 80/06x-38, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Revisionswerber widerspricht der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, zwischen den Streitteilen sei hinsichtlich der Liegenschaft des Beklagten ein Kauf mit einem Kaufpreis von EUR

317.500 zustandegekommen, nicht, meint aber, dass die Klägerin ihre Forderung darauf nicht gestützt, sondern eine Einigung auf einen Kaufpreis von EUR 310.000 behauptet habe. Eine solche Einigung sei nicht erweislich gewesen. Die Prozessbehauptungen der Klägerin erlaubten die Annahme einer Einigung auf einen Kaufpreis von EUR

317.500 nicht. Dadurch, dass es eine solche Einigung angenommen habe, habe das Berufungsgericht tragende Grundsätze des Verfahrensrechts verletzt. Dieser eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens begründende Verstoß gegen § 405 ZPO bedürfe einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof im Sinne der Wahrung der Rechtssicherheit. Weiters habe das Berufungsgericht bei Verneinung einer konkludenten Aufhebung des Kaufvertrags, mit dem sich die Streitteile auf einen Kaufpreis von EUR 317.500 einigten, die Grundsätze der Logik verletzt. Auch die Klägerin habe nicht mehr an diesen Kaufvertrag gebunden sein wollen. Daran änderten spätere Angebote auch eines höheren Kaufpreises nichts.

Mit diesen Ausführungen vermag der Revisionswerber einen tauglichen Grund für die Zulassung seines außerordentlichen Rechtsmittels nicht aufzuzeigen:

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin hat bereits in der Klage ausdrücklich behauptet, dass zwischen den Streitteilen ein Kaufvertrag mit einem Kaufpreis von EUR

317.500 ursprünglich zustandegekommen sei. Sie ist zwar weiters davon ausgegangen, dass sich die Streitteile in der Folge auf einen geringeren Kaufpreis von EUR 310.000 geeinigt hätten. Dass es der Klägerin nicht gelungen ist, dies zu beweisen, hinderte das Berufungsgericht aber nicht, das Zustandekommen eines Kaufvertrags mit einem Kaufpreis von EUR 317.500 zu prüfen. Schließt doch der Umstand, dass die rechtliche Beurteilung, die ein Kläger dem von ihm vorgetragenen Sachverhalt angedeihen ließ, nicht zutrifft, im Sinne der ständigen Rechtsprechung nicht aus, dass geprüft wird, ob der geltend gemachte Anspruch bei richtiger rechtlicher Beurteilung des vorgetragenen Sachverhaltes ganz oder zum Teil begründet erscheint (RIS-Justiz RS0058336). Keine Rede kann davon sein, dass aufgrund der Klagserzählung davon ausgegangen werden müsste, die Klägerin habe ihre Forderung auf den Rechtsgrund des Zustandekommens eines Kaufvertrages mit einem Kaufpreis von EUR 310.000 beschränkt. Geht aus dem Klagsvorbringen hervor, dass der Sachverhalt vom Kläger - wie hier - offenbar rechtlich unrichtig qualifiziert wurde, so ist dies nach ständiger Rechtsprechung bedeutungslos. Es kann deshalb nicht gesagt werden, dass er sein Klagebegehren ausschließlich auf den von ihm angegebenen Rechtsgrund stützen will (RIS-Justiz RS0058348). Die Beschränkung der Beurteilung des vorgetragenen Sachverhaltes und des erhobenen Anspruches auf einen bestimmten Rechtsgrund tritt nur dann ein, wenn dieser ausdrücklich und ausschließlich geltend gemacht wurde (4 Ob 63/78, RIS-Justiz RS0058348 [T1]). Die vom Revisionswerber behauptete Mangelhaftigkeit haftet dem Berufungsverfahren daher nicht an.

Auch durch die Verneinung einer konkludenten Auflösung des Kaufvertrages hat das Berufungsgericht entgegen der Ansicht des Revisionswerbers die Voraussetzung des § 502 Abs 1 ZPO nicht erfüllt. Die Beurteilung der Konkludenz einer Willenserklärung oder der Schlüssigkeit eines Verhaltens stellt nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne dieser Gesetzesstelle dar (RIS-Justiz RS0043253), es sei denn, es läge eine krasse Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht vor, die im Interesse der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit wahrgenommen werden müsste (7 Ob 14/05t uva; vgl RIS-Justiz RS0042776). Dies ist hier nicht der Fall. Legt man, wie dies das Berufungsgericht zutreffend tut, den strengen Maßstab des § 863 ABGB („kein vernünftiger Grund, daran zu zweifeln") an, erscheint die Auffassung des Berufungsgerichtes, eine schlüssige Aufhebung des Kaufvertrages könne nicht angenommen werden, zumindest vertretbar. Der Revisionswerber, der der Ansicht des Berufungsgerichtes, seine Rücktrittserklärung sei nicht berechtigt gewesen, während die Klägerin im Hinblick auf den inzwischen erfolgten Verkauf der Liegenschaft an einen Dritten berechtigterweise den Rücktritt vom Vertrag erklärt habe, ohnehin nicht widerspricht, zeigt somit weder in der Zulassungsbeschwerde noch in seiner Rechtsrüge eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Seine außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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