OGH 6Ob255/06b

OGH6Ob255/06b30.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Roland M*****, vertreten durch Dr. Roland Kometer und Dr. Esther Pechtl-Schatz, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Ing. Helmut B*****, vertreten durch Dr. Walter Lanner, Rechtsanwalt in Steyr, wegen 22.027,01 EUR sA (Revisionsinteresse 4.972,24 EUR sA), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 29. August 2006, GZ 4 R 117/06p-32, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen kam es bei dem vom Kläger vermieteten und vom Beklagten gemieteten Ferrari während dessen Nutzung durch den Beklagten und seinen Bruder zu einer Überhitzung des Motorkühlsystems und bedingt dadurch zu Schäden an den Zylinderköpfen (Verzug der Planflächen). Bei Übergabe des Fahrzeugs an den Beklagten hatte dieses einen Vorschaden am Kühlwasserschlauch; dieser war durch eine starke punktuelle Krafteinwirkung der Schlauchklemme verursacht worden, also durch einen in der Sphäre des Klägers gelegenen technischen Fehler. Während der Nutzung des Fahrzeugs durch den Beklagten und seinen Bruder kam es zu einem wahrscheinlich plötzlich auftretenden, rund 2 mm langen Riss des Kühlwasserschlauchs und dadurch zu Überhitzungen infolge Kühlwasser- und Ölverlusts. Jede der mehrmaligen Überhitzungen führte zu zusätzlichen Schädigungen an den Zylinderköpfen, wurde jedoch jeweils durch die Kühlwassertemperaturanzeige angezeigt (Erreichen des roten Bereichs am Zeigerinstrument). Dies fiel auch dem Beklagten bzw seinem Bruder auf; sie fuhren jedoch jeweils weiter. Wäre das Fahrzeug beim ersten Auftreten einer überhöhten Temperatur mit Werten an der Grenze zum roten Bereich abgestellt worden, wäre der Schaden mit Sicherheit unterblieben; bei einer Kontrolle des Kühlwassersystems wäre dann der lecke Schlauch aufgefallen. Die Vorinstanzen sprachen dem Kläger lediglich 3/4 des am Fahrzeug eingetretenen Schadens zu. Der Beklagte habe zwar sein sorgloses Verhalten (Weiternutzung des Fahrzeugs trotz warnender Kühlwassertemperaturanzeige) zu verantworten; den Zufall, dass sich der schadenbegünstigende Vorschaden während der Vermietung des Fahrzeugs an den Beklagten verwirklichte, habe aber der Kläger als Vermieter zu vertreten.

Der Kläger meint in der außerordentlichen Revision, das Fahrzeug sei bei Übergabe für den bedungenen Gebrauch geeignet gewesen; hätte der Beklagte bei der ersten Überhitzung das Fahrzeug abgestellt, wäre der Schaden zur Gänze unterblieben. Der Beklagte hafte daher auch zur Gänze; ihn selbst treffe lediglich der Zufall.

1. Dass der Beklagte und sein Bruder, für den wiederum der Beklagte einzustehen hat, den eingetretenen Schaden durch ihr Verhalten (Ignorieren der Warnungen an der Kühlwassertemperaturanzeige) mitverursacht haben, steht zweifelsfrei fest. Hätte das Fahrzeug allerdings nicht den Vorschaden gehabt, hätten der Beklagte und sein Bruder das letztlich schadenbegründende Verhalten gar nicht setzen können. Entgegen der Auffassung des Klägers stellte der Vorschaden am Kühlwasserschlauch auch nicht ein reines Wartungs- bzw Verschleißproblem (also einen Zufall) dar; vielmehr war er durch eine starke punktuelle Krafteinwirkung der Schlauchklemme auf den Kühlwasserschlauch verursacht worden. Dieses schadenbegünstigende Verhalten ist dem Kläger zuzurechnen. Damit haben aber beide Parteien den letztlich eingetretenen Schaden im Sinne der conditio sine qua non und auch im Sinne der Adäquanztheorie verursacht.

Rechtliche Beurteilung

2. Nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0022729) liegt kumulative Kausalität grundsätzlich dann vor, wenn zwei reale Ursachen gleichzeitig wirksam werden und jede für sich allein den Schaden herbeigeführt hätte. Da im vorliegenden Fall die beiden Ursachen erst gemeinsam zum Schaden geführt haben und nicht jede für sich allein ihn herbeigeführt hätte, liegt zwar ein solcher Fall der kumulativen Kausalität im engeren Sinn nicht vor. Zur Annahme kumulativer Kausalität bedarf es allerdings nicht zwingend gleichzeitigen Handelns der Schädiger; es genügt vielmehr deren Beteiligung an der Kausalkette, das heißt, die Tathandlungen können zeitlich gestreckt nacheinander erfolgen, solange nur dadurch ein einheitlicher Schaden entsteht (1 Ob 207/98t = RdU 2000/39; vgl auch 6 Ob 174/06s).

Dass beide Parteien „an der Kausalkette beteiligt" waren, die letztlich zum nunmehr verfahrensgegenständlichen Schaden geführt hat, wurde bereits dargelegt.

3. Kumulative Kausalität führt zu Solidarhaftung (4 Ob 2361/96a = JBl 1997, 531); hat der Geschädigte selbst eine (kumulative) Ursache gesetzt, haben er und der Schädiger gemeinsam für den Schaden einzustehen, in diesem Fall also den Schaden untereinander zu teilen (6 Ob 163/05x = ecolex 2006/116 [M. Leitner]). Das Ausmaß einer solchen Teilung kann wegen seiner Einzelfallbezogenheit aber grundsätzlich nicht als erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO gewertet werden (4 Ob 2372/96v).

4. Der Kläger wirft dem Berufungsgericht vor, bei seiner Beurteilung die Sorgfaltsmaßstäbe der Parteien einander unrichtig gegenüber gestellt zu haben. Damit releviert er wiederum die „Verschuldensteilung"; diese ist lediglich einzelfallbezogen.

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