OGH 12Os75/06f

OGH12Os75/06f30.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. November 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. Solé als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bussek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Saihou C***** wegen mehrerer teils vollendeter, teils iSd § 15 StGB versuchter Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 2 SMG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 14. August 2006, GZ 12 Hv 93/05b-121, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte mehrerer teils vollendeter, teils iSd § 15 StGB versuchter Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 2 SMG (I 1 bis 21 und 23) sowie des Vergehens nach § 27 Abs 1 (zu ergänzen:) sechster Fall und Abs 2 Z 2 erster und zweiter Fall SMG (I 22) schuldig erkannt und hiefür unter Einbeziehung des in diesem Strafverfahren bereits rechtskräftig erfolgten Schuldspruchs wegen des Verbrechens der kriminellen Organisation nach § 278a StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von vier Jahren zu einem Erkenntnis des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 16. September 2004 verurteilt.

Nach dem Schuldspruch hat er

(I 1 bis 21 und 23) gewerbsmäßig sowie als Mitglied einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung solcher strafbarer Handlungen Suchtgift in einer mehrfach großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) in Verkehr gesetzt, indem er in mehreren Angriffen Cannabis an 22 namentlich genannte Abnehmer sowie an weitere unausgeforscht gebliebene Suchtgiftkonsumenten mit Gewinnaufschlag verkaufte und an einzelne, als sog Streetrunner tätige Mitglieder der Organisation auf Kommission zum gewinnbringenden Verkauf weitergab sowie bei der Beschaffung dieser Suchtgifte mitwirkte, wobei hinsichtlich der namentlich angeführten Abnehmer die Weitergabe von zusammen mindestens 1.157 Gramm Marihuana nachgewiesen und die insgesamt von ihm in Verkehr gesetzte Suchtgiftmenge mit zumindest 4.000 Gramm sowie der THC-Gehalt mit mindestens 11,7 % festgestellt wurden (US 13) und

(I 22) gewerbsmäßig als Mitglied der zu I 1 bis 21 und 23 beschriebenen Organisation einem anderen drei bis vier Kugeln Heroin zu einem Grammpreis von 40 Euro verkauft.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 5a, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl. Der Einwand der Mängelrüge (Z 5), die angefochtene Entscheidung enthalte keine Begründung für die Feststellungen zur subjektiven Tatseite, übergeht die beweiswürdigende Bezugnahme auf die im ersten Rechtsgang angestellten Urteilserwägungen (US 18), welche die Überlegungen der Tatrichter zu den diesbezüglichen Konstatierungen mängelfrei darlegen (S 101 f/VI).

Entgegen der Beschwerde ist hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Gewerbsmäßigkeit der Verweis auf die Verfahrensergebnisse, wonach der Beschwerdeführer während eines anhängigen (in der Folge verurteilend beendeten) Strafverfahrens wegen gewerbsmäßigen Suchtgifthandels als Mitglied einer auf die Begehung derartiger Delikte ausgerichteten kriminellen Organisation über einen Tatzeitraum von mehr als zwei Jahren in zahllosen Angriffen Suchtgifte im mehrfachen Kilogramm-Bereich verkauft hat (US 7 bis 13), die Vielzahl der Mittäter sowie die weitgehende Einkommens- und Vermögenslosigkeit des Beschwerdeführers (US 17) aus dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden.

Ausgehend von der Urteilsannahme, der Beschwerdeführer habe während des Tatzeitraums über kein „geregeltes" Einkommen verfügt (US 12), war das Erstgericht unter dem Aspekt der Z 5 nicht gehalten, dessen Verantwortung, er habe fallweise afrikanische Tücher und Trommeln verkauft (S 41/VI), zu erörtern. Die Behauptung, der Beschwerdeführer habe im Rahmen der Hauptverhandlung weitere Einkommensquellen angegeben, entfernt sich von der Aktenlage. Der Beschwerdehinweis auf die im polizeilichen Vorverfahren abgelegten Aussagen (ON 15) geht schon im Ansatz fehl, weil diese mangels Verlesung nicht in der Hauptverhandlung vorgekommen (S 167 f/VI iVm S 41/VI) und demnach bei der Entscheidungsfindung nicht zu berücksichtigen gewesen sind (§ 258 Abs 1 StPO).

Aus welchem Grund die zum Schuldspruch I 22 vorgenommene Bezugnahme auf die als glaubwürdig erachtete Aussage des Zeugen Andreas Z***** (US 15) dem Begründungsgebot des § 270 Abs 2 Z 5 StPO nicht genügen soll, vermag die Rüge nicht darzulegen. Soweit sie die Depositionen dieses Zeugen als „äußerst unglaubwürdig" und „rein willkürlich" bezeichnet, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Die vermissten Feststellungen zum Ausspruch über die Abschöpfung der Bereicherung (der Sache nach Z 11) finden sich auf US 14. Soweit sich die Tatsachenrüge (Z 5a) begründungslos auf die Prämisse stützt, die festgestellten Suchtgiftmengen seien nicht „objektivierbar", und die Konstatierungen zum Schuldspruch I 22 unsubstantiiert bestreitet, lässt sie jeden Bezug zur Aktenlage und solcherart die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes vermissen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 481). Der Hinweis auf die Verantwortung des Beschwerdeführers, nur zwei Kilogramm Cannabis verkauft zu haben, spricht mit Blick auf den Umstand, dass diesem auch bei Unterstellung jener Verantwortung eine Mehrzahl von Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 2 SMG anzulasten wäre, keine entscheidende Tatsache an.

Der Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a), die angefochtene Entscheidung treffe keine Feststellungen zur verkauften Heroinmenge, lässt den zur Verdeutlichung der Entscheidungsgründe heranzuziehenden (13 Os 39/02; zuletzt 12 Os 90/05k, 11 Os 46/06h) Urteilstenor außer Betracht (US 13 iVm US 5) und verfehlt demgemäß den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.

Mit dem Vorbringen, das Erstgericht hätte zum Schuldspruch I 22 den Angaben des Beschwerdeführers folgen müssen, bekämpft die Beschwerde einmal mehr unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung. Die Prämissen der Sanktionsrüge (Z 11), der Beschwerdeführer sei (gemeint wohl:) im Rahmen der kriminellen Organisation nur in untergeordneter Weise tätig gewesen und habe niemals mit Heroin gehandelt, erschöpfen sich in der substratlosen Bestreitung der gegenteiligen Urteilsannahmen (US 10, 13, 14) und entziehen sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung.

Mit dem Einwand, die Verantwortung des Beschwerdeführers sei als Geständnis iSd § 34 Abs 1 Z 17 StGB zu werten, wird ein aus Z 11 beachtlicher Mangel inhaltlich nicht einmal behauptet. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte