OGH 6Ob207/06v

OGH6Ob207/06v30.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. Manfred S*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Lirk und andere Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei Wirtschaftskammer Österreich, *****, vertreten durch Korn Frauenberger Rechtsanwälte OEG in Wien, und die auf Seiten der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenientinnen 1. S*****gesellschaft mbH, *****, 2. S***** s.r.o., *****, Tschechien, beide vertreten durch Dr. Peter Wagner und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen 19.590,90 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. April 2006, GZ 14 R 202/05m-23, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 30. Juni 2005, GZ 18 Cg 156/04z-19, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 1.063,80 EUR (darin 177,30 EUR Umsatzsteuer) und den Nebenintervenientinnen die mit 1.170,18 EUR (darin 195,03 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig:

Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, Partner des Schiedsrichtervertrags mit dem Kläger (als Schiedsrichter) seien die Parteien des Schiedsverfahrens gewesen, gegen die sich auch der vom Kläger geltend gemachte Honoraranspruch zu richten habe. Der Kläger schließt sich in seiner Revision diesem Standpunkt des Berufungsgerichts ausdrücklich an; er habe nie bestritten, dass die Parteien des Schiedsverfahrens materiellrechtlich für den Honoraranspruch des Schiedsrichters hafteten. Die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, wer Vertragspartner und Honorarschuldner des Schiedsrichters ist, ist damit nicht mehr zu klären.

Der Kläger stützt seine Honoraransprüche gegen die Beklagte dem gegenüber im Revisionsverfahren auf den Umstand, dass die Parteien des Schiedsverfahrens aufgrund der Wiener Regeln beim Sekretär des Schiedsgerichts der Beklagten Kostenvorschüsse auf ein Treuhandkonto eingezahlt haben. Der Beklagten komme daher eine Treuhandfunktion zu; sie habe gemäß Treuhandauftrag diese Gelder freizugeben, weil sie aufgrund des Treuhandverhältnisses das ihr übertragene Recht im Interesse der Treugeber auszuüben habe. Darauf kommt es aber gar nicht an:

Rechtliche Beurteilung

Nach in Österreich herrschender Auffassung (1 Ob 764/76 = JBl 1978,

155; 5 Ob 633/81; 1 Ob 253/97f = ZfRV 1998, 259; Fasching,

Zivilprozessrecht² [1990] Rz 2198; Rechberger/Melis in Rechberger, ZPO² [2000] § 579 Rz 3 unter Hinweis auf JB 238 = GlUNF 7623) handelt es sich beim Schiedsrichtervertrag um einen im Zweifel entgeltlichen, privatrechtlichen Vertrag. Soweit die Eigenart des Schiedsrichtervertrags selbst dem nicht entgegensteht und die Zivilprozessordnung keine abweichenden Regelungen enthält, sind auf ihn die Bestimmungen über den Werkvertrag (§§ 1165 ff ABGB) und den Bevollmächtigungsvertrag (§§ 1002 ff ABGB) anzuwenden. Ein Dienstvertrag, wie der Kläger meint, liegt hingegen nicht vor; dagegen spricht schon allein, dass nicht das zeitbestimmende Element der Leistungstätigkeit, sondern die individuelle Leistung im Vordergrund steht (Fasching, aaO).

Nach werkvertraglichen Regeln ist gemäß § 1168a ABGB der Werkunternehmer für den Schaden verantwortlich, wenn das Werk infolge offenbarer Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen Stoffes oder offenbar unrichtiger Anweisungen des Bestellers misslingt und der Werkunternehmer den Besteller nicht gewarnt hat (Warnpflicht des Werkunternehmers). Diese Grundwertung des Werkvertragsrechts lässt sich sinngemäß auch auf den vorliegenden Sachverhalt anwenden:

Sowohl nach allgemeinen Grundsätzen (Fasching, Zivilprozessrecht² [1990] Rz 2201) als auch nach Art 5 Abs 4 der Wiener Regeln sind die Schiedsrichter zur Objektivität, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit verpflichtet. Zur Vermeidung von späteren Ablehnungsanträgen der Parteien des Schiedsverfahrens und einer allfälligen Vernichtung vorangegangenen Verfahrensaufwands (vgl Art 13 Abs 2 der Wiener Regeln) sind sie daher verpflichtet, von sich aus allfällige Befangenheitsgründe bekannt zu geben; jedenfalls haben sie aber bei Vorliegen eines Ablehnungsantrags umfassend Stellung zu nehmen (vgl Art 11 Abs 4 der Wiener Regeln). Demgegenüber hat der Kläger weder vor seiner Bestellung zum Schiedsrichter noch - spätestens - im Zusammenhang mit dem ersten Ablehnungsantrag der Nebenintervenientinnen darauf hingewiesen, dass er und der vom tschechischen Unternehmen als Privatgutachter beigezogene Dipl. Ing. Fritz Z***** ursprünglich eine Bürogemeinschaft geplant hatten (aus welcher Zeit noch Visitenkarten im Umlauf waren, auf denen eine solche Bürogemeinschaft aufschien) und nunmehr zueinander in einem Untermietverhältnis standen und eine gemeinsame Faxleiste verwendeten. Da dies zumindest die Annahme einer objektiven Befangenheit des Klägers nahelegte - und tatsächlich ja auch zur Entscheidung des Präsidiums des Schiedsgerichts der Beklagten führte, dem weiteren Ablehnungsantrag der Nebenintervenientinnen gegen den Kläger Folge zu geben -, hätte der Kläger die Parteien des Schiedsverfahrens bzw das Schiedsgericht der Beklagten vor seiner Bestellung darüber informieren, sie also warnen müssen. Die Verletzung dieser „Warnpflicht" nimmt dem Kläger jedenfalls seinen Anspruch auf Schiedsrichterhonorar. Die im Revisionsverfahren behandelte Frage der Passivlegitimation der Beklagten kann damit aber offen bleiben.

Die Revision war zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte und die Nebenintervenientinnen haben in den Revisionsbeantwortungen auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zwecksentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.

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