OGH 8Ob129/06p

OGH8Ob129/06p23.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****, vertreten durch Mag. Christoph Hackl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dipl. Ing. Mario D*****, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Dr. Wolfram Proksch, Dr. Thomas Fritsche, Rechtsanwälte in Wien, wegen 11.513,30 EUR sA, über den Rekurs des Beklagten gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 31. Juli 2006, GZ 35 R 122/06k-37, womit der Revisionsrekurs des Beklagten gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19. April 2006, GZ 35 R 122/06k-28, und der damit verbundene Antrag auf Änderung des Ausspruchs über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte ursprünglich 4.668 EUR sA. Das vom Beklagten gelieferte EDV-Programm habe sich als völlig unbrauchbar erwiesen. Der Werkvertrag sei durch Wandlung aufgehoben. Der Beklagte müsse den rechtsgrundlos bezahlten Werklohn refundieren.

Der Beklagte wendet ein, das von ihm erstellte Programm sei voll lauf- und funktionsfähig gewesen.

Mit Schriftsatz vom 20. 10. 2005 dehnte die Klägerin das Klagebegehren auf insgesamt 11.513,30 EUR sA aus. Die Klageausdehnung betrifft behauptete Schadenersatzforderung der Klägerin im Zusammenhang mit der mangelhaften Werkerstellung (Montagekosten; Kosten der Ersatzvornahme; frustrierte Anschaffungskosten). Der Beklagte sprach sich gegen die Klageausdehnung aus und stellte den Antrag, die Klageänderung nicht zuzulassen und die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes zurückzuweisen. Das Erstgericht ließ mit Beschluss vom 28. 2. 2006 die Klageänderung nicht zu (Punkt 1) und wies den Antrag des Beklagten, die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes zurückzuweisen, ab (Punkt 2). Das Erstgericht ging davon aus, dass die Ausdehnung einer beim Bezirksgericht eingebrachten Klage über die Wertgrenze des Bezirksgerichtes nicht eine isoliert zu entscheidende Zuständigkeitsfrage betreffe, sondern ein nach § 235 ZPO zu lösendes Problem der Zulässigkeit der Klageänderung. Die Klageänderung könne nicht zugelassen werden, weil dadurch die Zuständigkeit des Prozessgerichtes überschritten werde.

Das Rekursgericht gab dem dagegen von der Klägerin erhobenen Rekurs Folge und änderte den angefochtenen Beschluss, der in seinem Punkt 2. als unangefochten unberührt blieb, dahin ab, dass es die Klageänderung zuließ. Ein Ausspruch darüber, ob der Revisionsrekurs gegen diesen Beschluss zulässig ist, fehlt zwar in der rekursgerichtlichen Entscheidung; in der Begründung sprach das Rekursgericht allerdings aus, dass der Revisionsrekurs mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen sei.

Dieser Beschluss des Rekursgerichtes wurde dem Beklagtenvertreter am 11. 5. 2006 zugestellt.

Am 8. 6. 2006 stellte der Beklagte einen Antrag auf Änderung des Ausspruchs über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses und erhob gleichzeitig einen ordentlichen Revisionsrekurs gegen den Beschluss des Rekursgerichtes.

Mit dem nun angefochtenen Beschluss wies das Rekursgericht den Antrag des Beklagten gemäß § 528 Abs 2a ZPO iVm § 528 ZPO auf Änderung des Ausspruches über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses und den damit verbundenen ordentlichen Revisionsrekurs als verspätet zurück. Der dagegen vom Beklagten erhobene Rekurs ist zulässig:

Rechtliche Beurteilung

Weist das Gericht zweiter Instanz einen gegen seine Entscheidung erhobenen Revisionsrekurs als sogenanntes Durchlaufgericht zurück, ist das dagegen erhobene Rechtsmittel unabhängig von der Regelung des § 528 ZPO zulässig (RIS-Justiz RS0044547; 6 Ob 183/03k; 1 Ob 245/03s; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 519 ZPO Rz 28; Kodek in Rechberger, ZPO² § 519 Rz 1). Im Ergebnis Gleiches gilt für die Zurückweisung eines Antrages gemäß § 508 Abs 1 iVm § 528 Abs 2a ZPO, wenn der auf Änderung des Zulässigkeitsausspruches abzielende Antrag aus einem anderen Grund als der Verneinung des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen wurde (Zechner aaO § 519 ZPO Rz 28; 6 Ob 183/03k; 1 Ob 99/03w).

Der Rekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Nach ständiger, bis zuletzt aufrechterhaltener Rechtsprechung gehört die Entscheidung über die Zulassung der Klageänderung nicht zu den in § 521a ZPO erschöpfend aufgezählten Fällen, in denen das Gesetz eine Rekursbeantwortung zulässt (RIS-Justiz RS0038884; zuletzt 9 ObA 110/04y). An dieser Rechtsprechung wird in der Literatur Kritik geübt: Mit der Begründung, dass Beschlüsse über die Zulässigkeit von Klageänderungen die näheren - die Rechtsstellung der Parteien entscheidend beeinflussenden - Bedingungen für die weitere Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in der Sache selbst festlegen, wird die Zweiseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens gegen solche Entscheidungen gefordert (vgl dazu Zechner aaO § 521a ZPO Rz 14; Schimanko, AnwBl 2005/7977; allgemein zur Erweiterung der Zweiseitigkeit G. Kodek, Zur Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens, ÖJZ 2004/34, 545f).

Ein näheres Eingehen auf diese Kritik erübrigt sich allerdings aus folgendem Grund: Auch unter Zugrundelegung, dass am engen Kreis der Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens gemäß § 521a Abs 1 Z 1 bis 3 ZPO nicht mehr festgehalten werden kann, lässt sich daraus nicht ableiten, dass die Rekursfrist bei zweiseitigen Verfahren immer vier Wochen beträgt. Das verdeutlicht das Gesetz selbst, indem es etwa für die Rekurs- und die Rekursbeantwortungsfrist im zweiseitigen Kostenrekursverfahren gemäß § 520 Abs 1, § 521a Abs 1 ZPO eine Frist von 14 Tagen normiert. Eine allfällige konventionskonforme Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 521a ZPO betrifft somit lediglich die Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens, nicht dagegen die nach dem Gesetz jeweils maßgebende Rekursfrist, die - falls § 521a Abs 1 ZPO eingreift - bloß 14 Tage beträgt (Zechner aaO § 521 ZPO Rz 10; Kodek aaO 549; 6 Ob 24/06g).

Unzutreffend ist schließlich auch das Argument im Rekurs, dass aus dem Verweis in § 528 Abs 2a ZPO auf § 508 ZPO abzuleiten sei, dass für den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs über die Zulässigkeit verbunden mit einem ordentlichen Revisionsrekurs immer die vierwöchige Frist des § 508 Abs 2 ZPO gelte: § 528 Abs 2a ZPO spricht ausdrücklich davon, dass die Bestimmungen über einen Antrag auf Abänderung des Ausspruchs nach § 500 Abs 2 Z 3 verbunden mit einer ordentlichen Revision (§ 508) sinngemäß anzuwenden sind. „Sinngemäße" Anwendung schließt ein, dass für den Abänderungsantrag - verbunden mit dem ordentlichen Revisionsrekurs -, nur dann eine vierwöchige Frist offensteht, wenn auch der Revisionsrekurs selbst binnen vier Wochen einzubringen ist. Beträgt die Rekursfrist allerdings 14 Tage, muss auch der Abänderungsantrag binnen 14 Tagen gestellt werden (Zechner aaO § 528 ZPO Rz 184).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO.

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