OGH 15Os83/06d

OGH15Os83/06d9.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. November 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bussek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dominik S***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 19. April 2006, GZ 22 Hv 203/05k-55, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dominik S***** der Verbrechen (I) des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und (II) der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB sowie der Vergehen (III) der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 erster Fall StGB und (IV) der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 2 StGB schuldig erkannt. Danach hat Dominik S*****, soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Bedeutung, in Volders und anderen Orten

„I. mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachstehende Geschädigte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese in einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden, nämlich in einem Betrag von 510.000 Euro, am Vermögen schädigten, und zwar:

1. im Dezember 2003 den Dr. Ahmet G***** durch die Vortäuschung, er werde den Betrag binnen drei Monaten, maximal einem Jahr, mit Zinsen zurückzahlen, zur Gewährung eines Darlehens in der Höhe von 200.000 Euro;

2. am 15. Jänner 2004 den Martin U***** durch die Vortäuschung seiner Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit bzw der Vortäuschung, er werde ihm das Motorrad Harley Davidson Fatboy laut Kaufvertrag übergeben, zur Zahlung von 15.000 Euro;

3. im Februar 2005 die Ingrid W***** durch die Vortäuschung, er sei willens und fähig, den Mietzins zu bezahlen, zur Überlassung des Hauses, Schaden zumindest 4.500 Euro;

4. am 1. Juni 2004 den Robert W***** durch Vortäuschung seiner Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit verbunden mit der Behauptung, er werde den Betrag am 3. Juni 2004 samt der Provision von 1.500 Euro zurückzahlen, zur Gewährung eines Darlehens von 40.000 Euro;

5. im Frühjahr 2004 den Christian H***** durch die Vortäuschung, er werde den Geldbetrag in kurzer Frist, längstens bis 14. Mai 2004 zurückzahlen, zur Gewährung eines Privatdarlehens von insgesamt 80.000 Euro;

6. am 17. März 2004 den Mag. Peter K***** durch die Vortäuschung, er werde ihm bereits am nächsten Tag den Betrag zurückzahlen, zur Gewährung eines Privatdarlehens von zumindest 13.000 Euro:

7. am 30. April 2004 den Hans B***** durch die Vortäuschung, er werde den Betrag bis längstens 7. Mai 2004 zurückzahlen, zur Gewährung eines Privatdarlehens von 10.000 Euro;

8. im April 2004 den Thomas S***** durch die Vortäuschung, er werde den Betrag in kurzer Zeit zurückzahlen, zur Gewährung eines Privatdarlehens in Höhe von 30.000 Euro;

9. im Mai 2004 den Helmut S***** durch die Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Gewährung eines Privatdarlehens von 10.000 Euro;

10. im Frühjahr 2004 den Klaus V***** durch die Vortäuschung, er werde die Beträge jeweils binnen kurzer Zeit zurückzahlen, zur Gewährung von Privatdarlehen im Gesamtbetrag von 85.000 Euro;

11. im Juli 2004 Verantwortliche des T***** durch die Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Vermittlung eines Hotelaufenthaltes im Wert von 2.510 Euro;

12. am 20. Jänner 2004 die Brigitte D***** durch die Vorgabe, er werde den Betrag binnen angemessener Frist zurückzahlen, zur Gewährung eines Darlehens in Teilbeträgen im Gesamtwert von 20.000 Euro;"

...

III. „zu einem unerhobenen Zeitpunkt nach Juni 2003 in Wattens ein ihm anvertrautes Gut, nämlich das im Eigentum der Firma B***** AG stehende Fahrzeug Mercedes S 320 in einem unerhobenen, jedenfalls 3.000 Euro übersteigenden Wert, sich oder einem Dritten mit dem Vorsatz zugeeignet, sich oder einen Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern."

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 4, 5a und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurde der in der Hauptverhandlung am 19. April 2006 gestellte Antrag auf „Einholung eines Sachbefundes eines Buchsachverständigen bzw. Wirtschaftstreuhänders" zum Beweis dafür, „dass der Hälfteanteil des Unternehmenswertes der Firma V***** OEG im Dezember 2003 mit rund 180.000 Euro zu bewerten war" (S 45/II), ohne Verkürzung von Verteidigungsrechten abgewiesen. Das Beweisthema war angesichts der dem Angeklagten (auch) angelasteten Rückzahlungsunwilligkeit (US 13) unerheblich.

In der am 19. April 2006 gemäß § 276a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung (ON 53) wurde kein Antrag auf Vernehmung des Zeugen Werner B***** gestellt; soweit sich die Verfahrensrüge dennoch auf einen solchen Antrag bezieht, fehlt ihr die Legitimation (Danek, WK-StPO § 238 Rz 4; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 310; RIS-Justiz RS0099049, RS0098869).

Auch bei Relevierung weiterer Möglichkeiten der Beweisaufnahme (durch Vernehmung von Zeugen sowie Beischaffung und Verlesung von Akten) entbehrt die Verfahrensrüge eines in der Hauptverhandlung gestellten Antrags (s § 281 Abs 1 Z 4 und § 238 Abs 1 StPO).

Wird in der Tatsachenrüge (Z 5a) - wie hier - behauptet, das Erstgericht habe seine Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung vernachlässigt, muss die Beschwerde deutlich machen, wodurch der Angeklagte an der Ausübung seines Rechts, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war und daher hätte belehrt werden müssen, um so die Ermittlung der Wahrheit zu fördern (WK-StPO § 281 Rz 480; RIS-Justiz RS0114036). Warum der Angeklagte die in der Beschwerde reklamierte Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung nicht beantragt hat, lässt er jedoch offen. Der Sanktionsrüge (Z 11) zuwider verstößt die aggravierende Wertung der Tatsache, dass der Gesamtschaden mehr als das Zehnfache der Qualifikationsgrenze beträgt, nicht gegen das Doppelverwertungsverbot, wie sich aus § 32 Abs 3 StGB ergibt: Die Strafe ist um so strenger zu bemessen, je größer die Schädigung ist, die der Täter verschuldet hat (s 14 Os 41/06w; Ebner in WK² § 32 Rz 64).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu erstatteten Äußerung des Verteidigers, bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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