Spruch:
Im Strafverfahren AZ 24 Hv 209/05y des Landesgerichtes Linz verletzen der Vortrag des polizeilichen Protokolls über die mit dem Zeugen Franz K*****astler aufgenommene Niederschrift in der am 3. April 2006 in Abwesenheit des Angeklagten Dr. Darko P***** durchgeführten Hauptverhandlung sowie das unter anderem auf diese Aussage gestützte Abwesenheitsurteil vom 3. April 2006, GZ 24 Hv 209/05y-18, das Gesetz in der Bestimmung des § 252 Abs 1 und Abs 2a StPO iVm § 488 StPO. Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 3. April 2006, GZ 24 Hv 209/05y-18, aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Linz verwiesen.
Mit seinem als „Widerspruch" bezeichneten Einspruch wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
In der Strafsache gegen Dr. Darko P***** wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall und Abs 2 StGB, AZ 24 Hv 209/05y des Landesgerichtes Linz, führte der Einzelrichter des Landesgerichtes Linz am 3. April 2006 die Hauptverhandlung in Abwesenheit des - zuvor gerichtlich vernommenen (ON 14) - Beschuldigten durch (§ 427 Abs 1 StPO), weil dieser trotz eigenhändig zugestellter Ladung (S 3e) nicht erschienen war. Das Beweisverfahren erschöpfte sich darin, dass der Einzelrichter „gemäß § 252 Abs 2a" (zu ergänzen: StPO) den Akteninhalt - darunter auch das Protokoll über die im Vorverfahren bei der Polizeiinspektion Freistadt aufgenommene Niederschrift mit dem (zur Hauptverhandlung nicht geladenen) Zeugen Franz K***** (S 59 f) - referierte (S 144). Der Beschuldigte Dr. Darko P*****, der sich im Vorverfahren geweigert hatte, zur Sache auszusagen, wurde noch am 3. April 2006 mit Abwesenheitsurteil des Landesgerichtes Linz (ON 18) des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 (zu ergänzen: vierter Fall) und Abs 2 StGB schuldig erkannt. Beweiswürdigend stützte sich der Tatrichter auch auf die Aussage des Zeugen Franz K***** vor der Sicherheitsbehörde (US 5).
Gegen das am 10. April 2006 zugestellte (S 147) Urteil hat der Angeklagte einen am 2. Mai 2006 - somit verspätet - eingebrachten, als „Widerspruch" bezeichneten Einspruch (ON 20) erhoben, über den noch nicht entschieden wurde.
Rechtliche Beurteilung
Wie der Generalprokurator in der gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, stehen der auf § 252 Abs 2a StPO gestützte Vortrag des Protokolls über die mit dem Zeugen Franz K***** bei der Polizeiinspektion Freistadt aufgenommene Niederschrift in der am 3. April 2006 in Abwesenheit des Angeklagten Dr. Darko P***** durchgeführten Hauptverhandlung sowie das Abwesenheitsurteil des Landesgerichtes Linz mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Nach der - gemäß § 488 StPO auch im Verfahren vor dem Einzelrichter des Gerichtshofes erster Instanz geltenden - Regelung des § 252 Abs 1 StPO dürfen (unter anderem) gerichtliche und sonstige amtliche Protokolle über die Vernehmung von Zeugen bei sonstiger Nichtigkeit nur in den im Gesetz genannten Fällen (§ 252 Abs 1 Z 1 bis 4 StPO) verlesen werden. Ein zusammenfassender Vortrag des erheblichen Inhalts von Aktenstücken anstelle deren Vorlesung oder Vorführung (Abs 1 und 2) setzt gemäß § 252 Abs 2a StPO die Zustimmung von Ankläger und Angeklagtem und die Zugänglichkeit der Aktenstücke für die Mitglieder des Gerichtshofes und die Parteien voraus. Da aus dem Nichterscheinen des Beschuldigten zur Hauptverhandlung dessen Einverständnis im Sinne des § 252 Abs 1 Z 4 und Abs 2a StPO nicht abgeleitet werden kann (RZ 1999/26; RIS-Justiz RS0117012) und nach der Aktenlage keine Anhaltspunkte für einen der sonstigen Ausnahmetatbestände des § 252 Abs 1 StPO vorliegen, war der Vortrag des in Rede stehenden Protokolls unzulässig.
Der Einzelrichter des Landesgerichtes Linz hat den Schuldspruch (unter anderem) auch auf die unzulässig vorgetragene Aussage gestützt, sodass nicht auszuschließen ist, dass sich die - im Übrigen mit Nichtigkeitssanktion (§§ 489 Abs 1, 281 Abs 1 Z 3 StPO) verknüpfte - Gesetzesverletzung zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Die Feststellung der Gesetzesverletzung war daher gemäß § 292 letzter Satz StPO mit konkreter Wirkung zu verknüpfen, das davon betroffene Urteil aufzuheben und die Verfahrenserneuerung anzuordnen.
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