OGH 3Ob194/06k

OGH3Ob194/06k19.10.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Valerie P*****, vertreten durch Dr. Bernhard Hundegger, Rechtsanwalt in Villach als Verfahrenshelfer, wider die beklagte Partei Reinhard R*****, vertreten durch Dr. Robert Eiter, Rechtsanwalt in Landeck, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO; Revisionsinteresse 11.236,12 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 18. Mai 2006, GZ 2 R 98/06y-43, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 21. Februar 2006, GZ 7 C 18/04t-37, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 686,88 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 114,48 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Oppositionsklägerin (im Folgenden nur Klägerin) erwarb eine Eigentumswohnung und beauftragte als Werkbestellerin den Oppositionsbeklagten (im Folgenden nur Beklagten) als Werkunternehmer am 9. Juli 2002 mit Installationsarbeiten in dieser Wohnung um insgesamt 28.881,22 EUR inklusive USt, aufgeschlüsselt in die Einzelpositionen 1. Sanitär, 2. Heizung, 3. Transport, Planung und Montage und 4. Heizzentrale. Da die Klägerin bereits die vereinbarte Anzahlung von 93.000 S = 6.758,57 EUR nicht leistete, brach der Beklagte die Arbeit nach Herstellung der Rohinstallation ab und legte am 1. September 2002 Rechnung über 16.021,21 EUR inklusive USt. In diesem Zeitpunkt war die Position 2. Heizung vollständig erfüllt. Es waren die Leitungen hergestellt und insgesamt zehn Heizkörper geliefert. Bei der Position 4. Heizzentrale war nur der noch original verpackte Heizkessel geliefert.

Im Titelverfahren machte der Beklagte am 16. Oktober 2002 die verrechnete Forderung gegen die Klägerin geltend. Auf Grund des in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 26. März 2003 abgeschlossenen (Prämien-)Vergleichs verpflichtete sich die Klägerin zur Zahlung von 11.000 EUR an Kapital und 1.700 EUR an Kosten an den Beklagten binnen zehn Wochen, im Fall nicht fristgerechter Erfüllung zur Zahlung weiterer 5.000 EUR. Damit waren „sämtliche streitgegenständliche(n) Ansprüche zwischen den Streitteilen bereinigt und verglichen". Die Streitteile trafen keine Vereinbarung, dass der Beklagte einzelne der von ihm gelieferten Gegenstände als Sicherstellung für den Restkaufpreis wieder entfernen könne. Da die Klägerin keine Zahlungen leistete, bewilligte das Exekutionsgericht über Antrag das Beklagten am 30. Juni 2003 diesem wider die Klägerin die Fahrnis- und Forderungsexekution sowie die zwangsweise Pfandrechtsbegründung ob den Wohnungseigentumsanteilen der Klägerin und am 5. Dezember 2003 die Zwangsversteigerung dieser Wohnungseigentumsanteile.

Die Klägerin begehrte mit Oppositionsklage, den betriebenen Anspruch für erloschen zu erklären, weil der Beklagte nach Vergleichsabschluss die Heizungsinstallationen bis auf die im Mauerwerk verarbeiteten Leitungen ohne ihr Wissen vollständig demontiert und abgeholt habe. Überdies sei ihr durch dieses rechtswidrige Verhalten des Beklagten ein Schaden entstanden, weil sie einen Sanierungskredit erhalten hätte, wenn der Beklagte die betriebene Forderung und das hiefür erwirkte Pfandrecht zumindest angemessen eingeschränkt hätte. Dann hätte die Wohnung fertig saniert und teilweise vermietet werden können, was der Klägerin ab Februar 2004 einen monatlichen Ertrag von 450 EUR erbracht hätte. Mit dieser Schadenersatzforderung werde gegen den betriebenen Anspruch aufgerechnet.

Das Erstgericht sprach im ersten Rechtsgang aus, dass der betriebene Anspruch mit einem Teilbetrag von 4.763,88 EUR s.A. erloschen sei und wies das Mehrbegehren in Ansehung weiterer 11.236,12 EUR s.A. ab. Durch das Entfernen der Gegenstände, deren Wert sich mit ihren jeweiligen Rechnungspositionen genau bestimmen lasse, aus der Wohnung der Klägerin sei der Beklagte teilweise vom Vertrag zurückgetreten. Eine Berücksichtigung der eingewendeten Gegenforderung scheide aus, weil der behauptete Schaden bestenfalls einen mittelbaren Schaden darstelle, für den der Beklagte nicht einzustehen habe. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil im klageabweisenden Teil als Teilurteil; die von der Klägerin geltend gemachten Schadenersatzansprüche (unterbliebene Zuteilung eines Sanierungskredits aus dem Verschulden des Beklagten) bestünden nicht, weil nach der Grundbuchslage wegen der vorangehenden Lasten auch bei einer entsprechenden Einschränkung der betriebenen Forderung geradezu auszuschließen, wäre dass die Klägerin einen solchen Kredit zur Fertigstellung der Wohnung erhalten hätte.

Der erkennende Senat hob mit seiner Vorentscheidung vom 24. August 2005, AZ 3 Ob 294/04p, die Urteile der Vorinstanzen in ihrem klageabweisenden Teil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung aus näher genannten Erwägungen an das Erstgericht zurück.

Der Erstrichter sprach im zweiten Rechtsgang neuerlich aus, der vom Beklagten betriebene Anspruch aus dem obgenannten Vergleich sei mit einem Teilbetrag von 4.763,88 EUR s.A. (Wert der der Klägerin rechtsgrundlos entzogenen Sachen [Heizkessel und sechs Heizkörper]) erloschen, und wies das Mehrbegehren, auch in Ansehung des Restbetrags von 11.236,12 EUR s.A. (Schaden wegen unterlassener Gewährung eines Sanierungskredits durch die Sparkasse Imst, was die Vermietung ihrer Eigentumswohnung unmöglich gemacht habe) sei der betriebene Anspruch erloschen, neuerlich ab. Denn der Klägerin sei der Beweis nicht gelungen, dass der Beklagte ihr dadurch, dass er die von ihm betriebene und pfandrechtlich sichergestellte Forderung nicht um 4.763,88 EUR verringert habe, einen Schaden zugefügt habe. Durch die unterlassene Einschränkung sei der Schaden nicht verursacht worden, weil nach dem festgestellten hypothetischen Verlauf auch bei pflichtgemäßem positiven Tun derselbe Verlauf gegeben gewesen wäre. Das Berufungsgericht bestätigte über Berufung der klagenden Partei das Ersturteil.

Die Frage der Zustimmung der „Bankgremien" zur Kreditgewährung stelle sich deshalb nicht, weil unbekämpft feststehe, dass mit dem Anliegen, einen größeren Betrag als 4.000 oder 5.000 EUR für die Abdeckung der Forderung des Beklagten zur Verfügung zu stellen oder auch das Pfandrecht der Einbringungsstelle in die Finanzierung mitaufzunehmen, der Sachbearbeiter der Sparkasse Imst vom Vater der Klägerin, der als ihr Vertreter fungiert habe, gar nicht konfrontiert worden sei. Vielmehr habe sich dieser „kampfbereit und zuversichtlich" gegeben, die betriebene Forderung des Beklagten mit 4.000 oder 5.000 EUR abdecken zu können. Es sei demnach bedeutungslos, ob der Finanzierungsbedarf unter 30.000 EUR geblieben wäre. Auch hätte eine Einschränkung der Forderung durch den Beklagten um 4.763,88 EUR am Kausalverlauf nichts geändert, weil eben die Schadensverursachung nur dann angenommen werden könne, wenn bei hypothetischem Verlauf ein anderes Ergebnis zu erwarten gewesen wäre. Diesen hypothetischen Verlauf hätte die Klägerin unter Beweis stellen müssen. Die „falsche Kalkulation zur Höhe der vorzunehmenden Einschränkung" durch den Vater der Klägerin falle dieser und nicht dem Beklagten zur Last. Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil auch die Ansicht vertreten werden könnte, ein Mitverschulden des Beklagten liege darin, dass er durch seine (schuldhafte) Nichtakzeptanz der Einschränkungsnotwendigkeit der Exekution um den nun feststehenden Betrag von 4.763,88 EUR mitursächlich für das Verhalten des für die Klägerin einschreitenden Vaters gewesen sei.

Die Revision der klagenden Partei ist mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin stützte ihre Oppositionsklage, soweit noch relevant, auf die Aufrechnung gegen die betriebene Forderung mit Schadenersatzansprüchen, die daraus resultierten, dass die Zuteilung eines Sanierungskredits aus dem Verschulden des Beklagten an sie unterblieben sei und sie deshalb nicht in der Lage gewesen wäre, Einnahmen aus der Vermietung ihrer dann sanierten Eigentumswohnung zu lukrieren.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen bemühte sich die Klägerin ab Herbst 2003 um weitere Geldmittel und gleichzeitig um eine Umschuldung durch die Sparkasse Imst; bei der BAWAG betrug ihr Obligo zu dieser Zeit zumindest 90.000 EUR. Die Sparkasse Imst verlangte von der Klägerin für den Fall einer Umschuldung, dass im Zuge dessen die mittlerweile im Grundbuch aufscheinenden exekutiven Pfandrechte - jenes des Beklagten über 16.000 EUR und das der Einbringungsstelle 2003 hinzugekommene über 952 EUR - beseitigt würden. Einem Irrtum über den Wert der vom Beklagten eigenmächtig aus der Wohnung entfernten Gegenstände unterliegend, gab der Vater der Klägerin als deren einschreitender Vertreter dem Sachbearbeiter der Sparkasse Imst gegenüber an, dass die Forderung des Beklagten lediglich mit 4.000 EUR berechtigt sei. Hätte der Beklagte den Forderungsbetrag um rund 5.000 EUR - den Wert der von ihm aus der Wohnung entnommenen Gegenstände - eingeschränkt, wäre der Vater der Klägerin trotzdem nicht an den Sachbearbeiter der Sparkasse Imst herangetreten, um eine Erhöhung des Finanzierungsbedarfs um rund 10.000 EUR zu erlangen; vielmehr hätte der Vater der Klägerin versucht, eine weitergehende Reduzierung des Betrags auf die von ihm genannte Höhe zu erreichen. Die Revisionswerberin bringt vor, dass der Beklagte einen erhöhten Betrag nicht akzeptiert hätte. Es sei nur deshalb zu einem Kalkulationsirrtum der Klägerin gekommen, weil der Beklagte zu keinem Zeitpunkt die Bereitschaft gezeigt habe, an der Neuberechnung der Restforderungen mitzuwirken. Die vom Beklagten gesetzten Rechtsverletzungen lägen in der Selbsthilfe der Entziehung fremden Eigentums, der nicht gegebenen Bereitschaft einer Neukalkulation und der Inanspruchnahme seiner rechtswidrig geschaffenen „günstigen Rechtsposition" und der Betreibung der Titelforderung in unverminderter Höhe trotz Einziehung von gelieferten Gegenständen. Ursächlich iS der natürlichen Kausalität ist für ein bestimmtes Ereignis jede Bedingung, dh jeder Umstand, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Geschehensablauf ein anderer gewesen wäre. Der natürliche Kausalzusammenhang ist notwendig, wenn auch nicht immer ausreichende Voraussetzung der Zurechnung der Folgen eines Ereignisses zum Verantwortungsbereich des Inanspruchgenommenen (1 Ob 32/77 = SZ 51/66 = JBl 1979, 148; 7 Ob 128/02b = VR 2005, 141 u.v.a; RIS-Justiz RS0022687). Ob dieser natürliche Kausalzusammenhang gegeben ist, ist eine Tatfrage. Nur wenn der natürliche Kausalzusammenhang von den Tatsacheninstanzen bejaht wird, kann die Frage des juristischen Kausalzusammenhangs als (auch durch den Obersten Gerichtshof überprüfbare) Rechtsfrage aktuell werden, wenn das anzuwendende Gesetz selbst ausdrückliche Kausalitätsregeln enthält oder solche voraussetzt (7 Ob 128/02b mwN). Im vorliegenden Fall war das Verhalten des Beklagten - unterlassene Einschränkung seiner Forderung um rund 5.000 EUR - sicherlich rechtswidrig und auch schuldhaft, aber nicht kausal dafür, dass der Klägerin von der Sparkasse Imst kein Sanierungskredit gewährt wurde und deshalb von ihr keine Mieteinnahmen lukriert werden konnten. Denn nach den maßgeblichen erstgerichtlichen Feststellungen hätte der Vater der Klägerin - als deren Vertreter er auftrat - eine Einschränkung der Forderung um nur rund 5.000 EUR als unzureichend angesehen. Er wäre auch nicht an den Sachbearbeiter der Sparkasse Imst um eine Erhöhung des Bedarfs um 10.000 EUR der Forderung des Beklagten wegen herangetreten; vielmehr hätte er versucht, eine weitergehende Reduzierung des Betrags auf die von ihm genannte Höhe zu erreichen. Diese Feststellungen blieben in der Berufung der Klägerin unbekämpft. Damit war aber die dem Beklagten vorgeworfene Unterlassung nicht kausal dafür, dass die Klägerin von der Sparkasse Imst keinen Kredit erhielt und deshalb keine Mieteinnahmen für ihre Eigentumswohnung lukrieren konnte. Mangels Kausalität des behaupteten rechtswidrigen Verhaltens des Beklagten muss aber diesem Schadenersatzanspruch der Klägerin von vorneherein die Berechtigung fehlen.

Die Frage eines allfälligen Mitverschuldens der Klägerin als Verpflichtete im Exekutionsverfahren stellt sich daher ebenso wenig wie die von ihr aufgeworfenen allgemeinen Fragen der Haftung eines Betreibenden für rechtswidrig-schuldhafte Handlungen im Zuge einer Forderungsbetreibung.

Die Revision ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 41 und 50 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Rechtsmittelgegenschrift auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hingewiesen.

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