OGH 6Ob212/06d

OGH6Ob212/06d12.10.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pimmer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** , vertreten durch Dr. Alfred Pribik, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Georg P***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Dr. Alexander Christian S*****, vertreten durch Dr. Michael Günther, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 96.523,51, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 21. März 2006, GZ 5 R 3/06k-64, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 26. August 2005, GZ 22 Cg 25/04z-52, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsverfahrens jeweils selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Mietvertrag vom 21. 12. 1981/11. 1. 1982 vermietete die klagende Partei Maria Elisabeth K***** zwei Wohnungen. Der Gemeinschuldner war damals Lebensgefährte von Maria Elisabeth K*****. Er installierte eine Zentralheizungsanlage sowie zwei Thermen. Weiters befasste er sich mit den Elektroinstallationen und der Verbesserung bzw Neuverlegung von Fußbodenplatten.

Am 15. 11. 1983 verließ Maria Elisabeth K***** die angemietete Wohnung; bereits mit Schreiben vom 8. 11. 1983 hatte sie den Gemeinschuldner gegenüber der klagenden Partei als Nachmieter namhaft gemacht. Allerdings kam es zwischen der klagenden Partei und dem Gemeinschuldner zu keiner Einigung.

Im Verfahren 24 C 437/91a des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien wurde die Kündigung von Maria Elisabeth K***** als rechtsunwirksam aufgehoben, weil das Bestandverhältnis zwischen der klagenden Partei und Maria Elisabeth K***** jedenfalls schon vor Klagseinbringung im Jahr 1991 aufgelöst worden sei. Im Verfahren 44 C 175/99h des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien wurde das Begehren des Gemeinschuldners auf Abschluss eines Mietvertrages abgewiesen; vielmehr wurde der Gemeinschuldner zur Räumung der Wohnung verpflichtet.

Die klagende Partei begehrt EUR 96.523,51 als Benützungsentgelt für die Zeit von Jänner 1989 bis Dezember 2002 als Konkursforderung und bringt dazu vor, der Gemeinschuldner habe die Wohnung titellos benützt.

Der Beklagte wandte eine Gegenforderung in Höhe von EUR 83.136,42 kompensando ein.

Das Erstgericht sprach aus, dass das Klagebegehren mit EUR 96.523,51 zu Recht bestehe und die eingewendeten Gegenforderungen nicht zu Recht bestehen. Lediglich ein - im Revisionsverfahren nicht mehr strittiges - Begehren auf Feststellung einer Forderung in Höhe weiterer EUR 18.123,39 sA wurde abgewiesen.

Der Anspruch auf Zahlung eines Benützungsentgeltes ergebe sich aus § 1041 ABGB. Der Gemeinschuldner habe eine Wohnung der Kategorie A bewohnt, für welche er seit Februar 1986 keinen Mietzins mehr geleistet habe. Die geltend gemachten Gegenforderungen seien nicht berechtigt. Ansprüche auf Investitionskostenersatz seien gemäß § 10 Abs 4 MRG verfristet. Im Übrigen habe der Gemeinschuldner die von ihm getätigten Investitionen bis zum Jahr 2002 auch selbst und durch Dritte genutzt.

Über Berufung des Beklagten bestätigte das Berufungsgericht den klagsstattgebenden Teil des Urteiles. Nach neuerer Rechtsprechung bestehe das Recht des Untermieters auf Benützung des Bestandgegenstandes nur bis zur tatsächlichen Beendigung der Nutzung durch den Hauptbestandnehmer. Ab diesem Zeitpunkt bestehe ein Bereicherungsanspruch auch gegen den (früheren) Untermieter (unter Berufung auf 3 Ob 278/04k sowie die Anmerkung von Apathy zu 8 Ob 300/98w, JBl 1999, 736). Der Gemeinschuldner sei daher zur Zahlung eines Benützungsentgeltes in Höhe des ortsüblichen Mietzinses verpflichtet.

Die Gegenforderung könne nicht auf § 1036 ABGB gestützt werden, weil für eine Geschäftsführung im Notfall im Sinne dieser Bestimmung keine Anhaltspunkte bestünden. Auch ein Anspruch nach § 1037 ABGB bestehe nicht, weil der Gemeinschuldner die Investitionen primär für seine Lebensgefährtin als damalige Mieterin der Wohnungen und für sich selbst als deren Mitbewohner getätigt habe; eine Geschäftsführungsabsicht zu Gunsten der klagenden Partei habe nicht bestanden. Der auf §§ 1097, 1036 ABGB beruhende Anspruch bestehe grundsätzlich nur gegen den jeweiligen Bestandgeber, also den eigenen Vertragspartner; damit bestehe kein unmittelbarer Ersatzanspruch des Untermieters gegen den Hauptvermieter für Aufwendungen, die im Sinne zwingender Bestimmungen des MRG diesem oblegen hätten (Palten, Untermiete Rz 43 ff).

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht klargestellt erscheine, ob ein Anspruch auf Ersatz eines nützlichen Aufwandes im Sinne des § 1037 ABGB auf eine Bestandsache dem Mitbewohner des seinerzeitigen Hauptmieters zustehe, wenn er ihn aus eigenen Mitteln tätigte. Die Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig:

Rechtliche Beurteilung

Auf die vom Berufungsgericht für erheblich angesehene Frage der Berechtigung der Gegenforderung kommt der Revisionswerber in seinem Rechtsmittel nicht zurück. Der Beklagte vermeint vielmehr, die Revision sei zulässig, weil das Berufungsgericht von der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 8 Ob 300/98w abweiche. Auf die von ihm getätigten Investitionen kommt er nur im Zusammenhang mit der Höhe des Benützungsentgeltes zurück.

Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Entscheidung - worauf bereits das Berufungsgericht zutreffend hinwies - im Schrifttum einhellig kritisiert wurde (vgl die ablehnende Anmerkung von Apathy, JBl 1999, 736 ff sowie von Wilhelm, ecolex 1999, 684). Auch Rummel (in Rummel ABGB3 § 1041 Rz 10 aE) bezeichnet die Entscheidung als „unzutreffend". Tatsächlich hat der Oberste Gerichtshof - wie gleichfalls bereits das Berufungsgericht zutreffend darlegte (§ 510 Abs 3 ZPO) - diese Rechtsauffassung in der Folge nicht aufrecht erhalten (3 Ob 278/04k). Apathy (in Schwimann, ABGB3 § 1041 Rz 22) zeigt zutreffend auf, dass nach Beendigung des Hauptbestandverhältnisses auch der Unterbestandnehmer in das Eigentumsrecht eingreift und daher nach § 1041 ABGB haftet. Nach herrschender Auffassung besteht eine Uneinheitlichkeit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung jedenfalls dann nicht mehr, wenn sich im Widerspruch zu älteren Entscheidungen bereits eine neue gefestigte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes herausgebildet hat (Zechner in Fasching/Konecny2 § 502 ZPO Rz 47). Einer Entscheidung des Obersten Gerichtshof zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung bedarf es nach ständiger Rechtsprechung ferner dann nicht, wenn die Lösung der maßgebenden Rechtsfrage selbstverständlich ist oder eine Rechtsfrage schon nach dem Gesetzeswortlaut so eindeutig gelöst ist, dass nur die in der angefochtenen Entscheidung zweiter Instanz erstmals vorgenommene Auslegung ernsthaft in Betracht zu ziehen ist, soweit demnach gar keine Zweifel entstehen können (Zechner aaO; RIS-Justiz RS0042656). Im vorliegenden Fall spricht für den Rechtsstandpunkt des Revisionswerbers nur eine, bereits längere Zeit zurückliegende und vereinzelt gebliebene Entscheidung, die - wie ausgeführt - im Schrifttum einhellig auf Ablehnung stieß und vom Obersten Gerichtshof in einer neueren Entscheidung wieder aufgegeben wurde. Das Ergebnis des Berufungsgerichtes deckt sich zudem mit der neuesten diesbezüglichen Äußerung im Schrifttum. Bei dieser Sachlage vermag der bloße Umstand, dass der Oberste Gerichtshof eine maßgebliche Rechtsfrage einmal anders entschieden hat, keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu begründen. Soweit der Revisionswerber die Zulässigkeit der Revision daraus ableiten will, dass die Vorinstanzen ihn zur Zahlung des angemessenen Mietzinses und nicht bloß eines Mietzinses auf Basis der Kategorie C verpflichtet hätten, ist ihm entgegenzuhalten, dass das nach § 1041 ABGB zu entrichtende Entgelt für die Benützung einer fremden Sache regelmäßig der ortsübliche Bestandzins ist, also die Höhe des Betrages, den der Bereicherte sonst auf dem Markt für die Benützung hätte aufwenden müssen (Apathy in Schwimann, ABGB3 § 1041 Rz 35; Rummel in Rummel, ABGB3 § 1041 Rz 15). Dass der früher bezahlte Mietzins keinesfalls alleiniges Kriterium für die Ermittlung des angemessenen Benützungsentgeltes darstellt, sondern lediglich einen diesbezüglichen Anhaltspunkt bieten kann, entspricht der einhelligen Auffassung in Lehre und Rechtsprechung (Kerschner, JBl 1978, 411 ff; Rummel in Rummel, ABGB3 § 1041 Rz 15 mwN; Apathy in Schwimann, ABGB3 § 1041 Rz 35 mwN). In der Rechtsauffassung der Vorinstanzen, wonach der Gemeinschuldner nach Ablehnung des Abschlusses eines Bestandvertrages zu den ihm vorschwebenden niedrigen Konditionen durch die Vermieterin und dessen ungeachtet weiterer mehrjähriger ungerechtfertigter Benützung des Bestandobjektes den tatsächlichen angemessenen Bestandzins zu bezahlen hat und nicht bloß einen ihm vorschwebenden, allenfalls im längst zurückliegenden Bestandvertrag mit der Vormieterin Deckung findenden niedrigeren Zins, ist eine im Interesse der Rechtssicherheit durch den Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung jedenfalls nicht zu erblicken. Der Beklagte vermag sohin keine Rechtsfragen der im § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität aufzuzeigen, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 41 ZPO. Kosten für die Revisionsbeantwortung waren nicht zuzusprechen, weil die klagende Partei auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat.

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