Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der Beschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die Antragsgegner sind zur ungeteilten Hand schuldig, den Antragstellern die mit 1.403,63 EUR (darin enthalten 233,94 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Antragsteller und die Antragsgegner wurden 2004 im Erbweg zu gleichen Anteilen Miteigentümer des geschlossenen Hofs K***** in Osttirol.
Die Antragsteller begehren, sie zu berechtigen, den Antrag auf Aufhebung des geschlossenen Hofs zu stellen. Diese sei für die Miteigentümer vorteilhaft, weil ihnen dann wesentlich weitergehende Verwaltungs- und Teilungsmöglichkeiten zukämen. Insbesondere fiele die Beschränkung über die Abtrennung und Vereinigung einzelner Grundstücke weg. Die Miteigentümergemeinschaft könnte durch Teilungsklage aufgehoben und einzelne Grundstücke könnten veräußert werden. In letzterem Fall sei jedenfalls ein höherer Kaufpreis als bei einer Gesamtveräußerung zu erzielen, die aber trotz Aufhebung der Hofeigenschaft weiterhin möglich bleibe. Verbindliche Kaufanbote für einzelne Grundstücke könnten jedoch erst nach Aufhebung des geschlossenen Hofs eingeholt und mit Kaufanboten für die gesamte Liegenschaft verglichen werden.
Die Antragsgegner beantragten die Abweisung des Antrags. Die Aufhebung der Eigenschaft des geschlossenen Hofs wäre grob nachteilig. Bei Veräußerung einzelner Grundstücke werde der von der Bezirkslandwirtschaftskammer für den geschlossenen Hof geschätzte Verkehrswert nicht zu erzielen. Bei einer Einzelveräußerung würden die weniger attraktiven Grundflächen den Eigentümern verbleiben. Da sämtliche Grundflächen als Freiland gewidmet seien, könnten auch die Baulichkeiten und Bauflächen nur landwirtschaftlich genutzt werden. Eine Umwidmung in Bauland sei nach dem örtlichen Raumordnungskonzept derzeit nicht vorgesehen. Damit sei in den nächsten Jahren auch nicht zu rechnen. Für den geschlossenen Hof sei der Käuferkreis größer, weil neben Landwirten auch Personen, die beabsichtigten Landwirte zu werden, die Liegenschaft erwerben könnten.
Das Erstgericht gab dem Antrag statt. Es traf folgende Feststellungen:
Die Antragsteller beschlossen im April 2005, dass der geschlossene Hof aufgehoben werden soll. Die Antragsgegner wurden aufgefordert, diesem Beschluss beizutreten. Sie verweigerten jedoch ihre Zustimmung. Grundsätzlich besteht Einigkeit unter den Miteigentümern, dass das gemeinsame Eigentum zum bestmöglichen Kaufpreis verkauft werden soll. Die Bezirkslandwirtschaftskammer schätzte am 13. 5. 2005 den Verkehrswert des geschlossenen Hofs mit 144.790,50 EUR. Es liegen auch Anbote für den Ankauf des geschlossenen Hofs von 120.000,-- bis 130.000,-- EUR vor. Diese beziehen sich auf den geschlossenen Hof sowie auf das Grundstück EZ 99 KG *****, dessen Verkehrswert die Bezirkslandwirtschaftskammer Lienz mit 30.974,30 EUR schätzte. Ein weiteres Anbot bezieht sich auf Teilflächen, wofür 120.000,-- EUR angeboten wurden. Ob nach Aufhebung des geschlossenen Hofs durch den Verkauf der einzelnen Teilstücke ein höherer Verkaufserlös erzielt werden kann als bei einem Pauschalverkauf als geschlossener Hof, ist derzeit nicht feststellbar. Eine seriöse Anboterstellung der einzelnen Teilflächen könnte erst nach Aufhebung des geschlossenen Hofs erfolgen.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, die bloße Antragstellung an die Höfebehörde spreche grundsätzlich nicht gegen die Interessen der Gemeinschaft. Da nur die fehlende Zustimmung der Antragsgegner zur Antragstellung auf Aufhebung des geschlossenen Hofs beantragt worden sei, sei dem Antrag alleine schon deshalb Folge zu geben. Die Antragsgegner hätten zwar behauptet, dass ihnen ein wichtiger Nachteil (im Wesentlichen eine erhebliche Kaufpreisminderung bei Aufhebung der Höfeeigenschaft) entstünde, jedoch hätten weder die Antragsgegner noch die Antragsteller Stichhaltiges vorbringen können, warum der gegenteilige Standpunkt allein der vorteilhaftere für alle sein solle. Sofern die Antragstellung auch zur Aufhebung des geschlossenen Hofs führe, könnte der Bieterkreis erheblich erweitert werden. Diese Problematik sei jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens. Die Antragstellung bei der Höfebehörde sei weder aussichtslos noch widerspreche sie dem Interesse der Gemeinschaft.
Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung über Rekurs der Antragsgegner im antragabweisenden Sinne ab. Nach den Feststellungen und dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Parteien bestehe Einigkeit dahin, dass die Liegenschaft zum bestmöglichen Kaufpreis veräußert werden soll. Die Auffassungen der Parteien gingen jedoch insoweit auseinander, als nach der von den Antragstellern angestrebten Aufhebung der Eigenschaft der Liegenschaft als geschlossener Hof und bei der dann auch möglichen Veräußerung einzelner Grundstücke und Teilflächen insgesamt ein höherer Verkaufspreis erzielt werden könne als im Fall des Aufrechtbleibens der Eigenschaft als geschlossener Hof und Verkauf der Liegenschaft nur als Ganzes. Ob nun im einen oder im anderen Fall ein höherer Verkaufserlös erzielt werden könne, sei derzeit jedoch nicht feststellbar, eine seriöse Anbotstellung hinsichtlich eines Verkaufs einzelner Teilflächen könnte erst nach Aufhebung des geschlossenen Hofs erfolgen. Eine Vorteilhaftigkeit der von den Antragstellern angestrebten wichtigen Veränderung sei daher nicht hervorgekommen. Bestenfalls könnte im Zweifel bloß von einer wirtschaftlichen Gleichwertigkeit der Vornahme oder Nichtvornahme der beabsichtigten Veränderung ausgegangen werden. Es bestehe keine Veranlassung, die Entscheidung der Miteigentümergemeinschaft im Weg einer Entscheidung nach § 835 ABGB zu korrigieren, zumal sämtliche Grundstücke der Liegenschaft nach der Flächenwidmung im Freiland situiert seien, sodass auch die derzeit bebauten Flächenteile nur ohne Änderung des bisherigen Verwendungszwecks benützt werden könnten. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller ist zulässig, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist; er ist auch berechtigt.
Die Antragsgegner beantragen in ihrer Rechtsmittelbeantwortung, den außerordentlichen Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Wenn ein geschlossener Hof durch Abtrennung oder geänderte Zweckbestimmung einzelner Bestandteile, durch Elementarereignisse oder durch andere Umstände die Eignung zur Erhaltung einer Familie überhaupt dauernd verliert, so ist über Einschreiten des Eigentümers auf Aufhebung der Hofeigenschaft zu erkennen (§ 7 Abs 1 Tiroler HöfeG). Die Aufhebung der Hofeigenschaft kommt ausschließlich der Höfebehörde zu (JBl 1971, 138). Die Aufhebung durch die Höfebehörde kann nur auf Antrag des Hofeigentümers erfolgen. Dieses Antragsrecht ist höchstpersönlich und unvererblich; es bleibt dem Ermessen des Hofeigentümers überlassen, einen Aufhebungsantrag zu stellen (EvBl 1972/102 = RZ 1972, 89). Steht der Hof im Miteigentum mehrerer Personen, so müssen dem Antrag alle Eigentümer zustimmen (ZfVB 1987/549). Bei Weigerung eines Minderheitseigentümers oder bei Stimmengleichheit kann die fehlende Zustimmung durch eine gerichtliche Entscheidung nach § 835 ABGB ersetzt werden (JBl 1971, 138).
Die Entscheidung nach § 835 ABGB ist eine im Wesentlichen von Billigkeitserwägungen getragene Ermessensentscheidung (5 Ob 69/91 = wobl 1992, 158 [Call]; Sailer in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB § 837 Rz 5 mwN). Die Maßnahme ist zu bewilligen, wenn sie - vom Standpunkt der gesamten Gemeinschaft - vorteilhaft ist, was von den Umständen des Einzelfalls abhängt (SZ 51/5; Sailer aaO § 835 Rz 5 mwN; Egglmeier/Gruber/Sprohar in Schwimann3, ABGB § 835 Rz 7 mwN). Worauf es bei der gerichtlichen Entscheidung, welche die fehlende Zustimmung von Miteigentümern zur Antragstellung bei der Höfebehörde ersetzen soll, ankommt, legte der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 168/70 = JBl 1971, 138 dar (in diesem Fall sollte die Antragstellung bei der Höfebehörde eine Teilungsklage ermöglichen).
Nach den Grundsätzen dieser Entscheidung kommt eine Antragsabweisung im vorliegenden Verfahren in Betracht, wenn
- die Antragstellung bei der Höfebehörde völlig aussichtslos ist,
- schon die bloße Antragstellung gegen die Interessen der Gemeinschaft spricht, oder
- aus der Aufhebung der Höfeeigenschaft für die widerstrebenden Miteigentümer ein wichtiger Nachteil entstünde, der über die bloße Ermöglichung eines Verkaufs von Teilen der Liegenschaft hinausginge. Die Antragsteller behaupteten in ihrem Antrag, dass der geschlossene Hof mit Sicherheit nicht mehr geeignet sei, eine fünfköpfige Familie zu erhalten. Dem sind die Antragsgegner nicht entgegengetreten. Nach der Aktenlage kann daher nicht von einer völligen Aussichtslosigkeit einer Antragstellung bei der Höfebehörde gesprochen werden. Darüber hinaus ist vom Gericht nicht zu prüfen, ob der geschlossene Hof noch die Eignung zur Erhaltung einer Familie hat und den Erfordernissen eines geschlossenen Hofs entspricht (JBl 1971, 138). Weder den Feststellungen des Erstgerichts noch dem Vorbringen der Antragsgegner lässt sich Stichhältiges entnehmen, dass schon die bloße Antragstellung bei der Höfebehörde gegen die Interessen der Gemeinschaft verstieße und aus der Aufhebung der Höfeeigenschaft für die Antragsgegner ein wichtiger Nachteil entstünde, der über die bloße Ermöglichung eines Verkaufs von Teilen der Liegenschaft hinausginge. Das Vorbringen der Antragsgegner geht zusammengefasst dahin, dass ein lukrativerer Verkauf einzelner Grundstücke nur dann vorstellbar wäre, wenn eine Umwidmung in Bauland erfolgte, denn nur dann wäre es rechtlich möglich, ein anderes als ein landwirtschaftliches Wohnhaus zu errichten. Für einen Interessenten, der den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb weiterführen bzw aufnehmen wolle, sei der Erwerb des gesamten Hofs samt allen Flächen, Wald und Wiesen sowie der mit der Liegenschaft verbundenen Mitgliedschaftsrechte an den Agrargemeinschaften für die gemäß § 6 TGVG 1996 erforderliche grundverkehrsbehördliche Genehmigung jedenfalls vorteilhafter als der Erwerb einzelner Grundstücke. Im Falle von Einzelverkäufen sei die zur grundverkehrsbehördlichen Genehmigung notwendige land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung jeweils gesondert zu prüfen und allenfalls nicht gewährleistet. Dem ist entgegenzuhalten, dass auch nach einer allfälligen Aufhebung der Höfeeigenschaft die den geschlossenen Hof bildende Liegenschaft als Ganzes veräußert werden kann. Es steht weiter nicht fest, dass eine Aufhebung der Höfeeigenschaft jedenfalls wirtschaftlich nachteilig wäre. Die Aufhebung erweitert die Verwertungsmöglichkeiten und ermöglicht schließlich auch eine Teilungsklage. Vor dem Hintergrund, dass sich die Miteigentümer dahin einig sind, den geschlossenen Hof bestmöglich zu verkaufen, ist im Sinn der Entscheidung JBl 1971, 138, von der abzugehen die Ausführungen der Antragsgegner keinen Anlass geben, davon auszugehen, dass eine Antragstellung bei der Höfebehörde, die Höfeeigenschaft aufzuheben, vorteilhaft ist. In Stattgebung des außerordentlichen Revisionsrekurses war daher die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 AußStrG.
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