OGH 2Ob52/06w

OGH2Ob52/06w5.10.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** N.V., *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) Z***** GmbH, *****, und 2.) M***** Limited, *****, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Blaschitz, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 4 Mio sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 2. Dezember 2005, GZ 3 R 75/05d-53, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.):

Richtig ist, dass das Berufungsgericht zur kollisionsrechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes nichts ausgeführt hat. Es hielt dies offenbar deshalb nicht für erforderlich, weil die Anspruchsgrundlage, nämlich der Pfandbestellungsvertrag unstrittig österreichischem Recht unterliegt (Rechtswahlklausel) und ein Sorgfaltsverstoß gegenüber den beklagten Parteien verneint wurde. Da der gesamte Text der „Kreditfazilitätsvereinbarungen", somit auch die darin enthaltene Rechtswahlklausel als festgestellt gilt, ist auch klar, dass auf diese Verträge niederländisches Recht anzuwenden ist (Art 3 Abs 1 EVÜ). Die weitwendigen Ausführungen der beklagten Parteien zur Anwendbarkeit niederländischen Rechtes, die sie aus Art 4 EVÜ herleiten, erweisen sich daher als überflüssig. Welche konkreten niederländischen Rechtsvorschriften zu einem für ihren Standpunkt günstigeren Auslegungsergebnis führen hätten sollen, wird allerdings nicht dargetan. Eine für die Entscheidung präjudizielle Fehlbeurteilung der Vorinstanzen wird daher insoweit nicht aufgezeigt (vgl 1 Ob 203/03i; 2 Ob 170/05x).

2.):

Die beklagten Parteien bemängeln den „Abbruch des Beweisverfahrens" in erster Instanz und rügen damit in erster Linie Feststellungsmängel. Der allgemein gehaltene Vorwurf, das Berufungsgericht sei von einem „fiktiven Sachverhalt" ausgegangen, trifft allerdings nicht zu:

Der in der Ausführung des Rechtsmittels aufgestellten Behauptung, das Berufungsgericht habe - abweichend vom Erstgericht - das Nichtvorhandensein der Ware „festgestellt", ist entgegenzuhalten, dass auf S 25 des Berufungsurteiles lediglich auf das Prozessvorbringen der beklagten Parteien verwiesen und auf S 15 des Berufungsurteiles aus den getroffenen Feststellungen eine Schlussfolgerung gezogen wurde. Durch letztere wird die erstinstanzliche Tatsachengrundlage weder verändert noch ergänzt, folgt das ursprüngliche Vorhandensein der Ware im Lager doch schon aus jener Feststellung, wonach „für jedes eingelagerte Gut" die maßgeblichen Dokumente ausgestellt worden seien. Was das weitere Schicksal der Ware anlangt, ging auch das Berufungsgericht nur von der Feststellung über die Auskunft des Lagerhalters aus. Die Art der Versicherung lässt sich dem festgestellten Text der „Kreditfazilitätsvereinbarungen" entnehmen. Die Erwägungen des Berufungsgerichtes zu den versicherten Risiken beruhen zwar nicht auf Tatsachenfeststellungen, sind aber auch nicht entscheidungsrelevant, weil die beklagten Parteien ihrer Beweislast für die Kausalität des behaupteten Schadens nicht nachgekommen sind (dazu sogleich). 3.):

Die beklagten Parteien missverstehen die Ausführungen des Berufungsgerichtes zur Beweislastverteilung. Dass in 7 Ob 605/95 = ÖBA 1996/590 = ecolex 1996, 744 von einer Verschuldenshaftung mit Beweislastumkehr ausgegangen wurde, ergibt sich aus dem Entscheidungsinhalt einwandfrei. Darauf wird auch in den einschlägigen Kommentaren verwiesen (vgl Gamerith in Rummel, ABGB3 § 1364 Rz 4; Mader/W. Faber in Schwimann, ABGB3 VI § 1364 Rz 3; P. Bydlinski in KBB § 1364 ABGB Rz 3). Demnach liegt es am Gläubiger, zu beweisen, dass ihn an der Sorgfaltsverletzung gegenüber dem Interzedenten kein Verschulden trifft; warum dies dem Interzedenten zum Nachteil gereichen soll, ist unerfindlich.

Aus der Ausführung des Rechtsmittels geht jedoch hervor, dass sich die beklagten Parteien in Wahrheit durch die ihnen auferlegte Beweislast für den „Kausalverlauf" beschwert erachten. Das Berufungsgericht stützte sich auf die Entscheidung 1 Ob 8/04i, welche unter Hinweis auf Vorjudikatur die in 7 Ob 605/95 vorgenommene Beweislastverteilung relativierte und klarstellte, dass die Beweislast für den Kausalverlauf, „nämlich dafür, dass bei Einhaltung der dem Bürgen gegenüber gebotenen Sorgfalt an den Gläubiger geleistet worden wäre, im Rahmen des § 1364 zweiter Satz ABGB den Bürgen trifft" (vgl auch P. Bydlinski aaO § 1364 ABGB Rz 3 aE; Mader/W. Faber aaO § 1364 Rz 19; Gamerith aaO § 1364 Rz 4 aE). Mit der im Berufungsurteil zitierten Entscheidung 1 Ob 8/04i befassen sich die Rechtsmittelwerber nicht. Bei Anwendung der darin vertretenen Grundsätze auf den vorliegenden Fall trifft aber die beklagten Parteien die Beweislast nicht nur für den Sorgfaltsverstoß und den Eintritt des Schadens, sondern auch dafür, dass sich ihre Sachhaftung bei Einhaltung der ihnen gegenüber gebotenen Sorgfalt nicht oder nur teilweise verwirklicht hätte. Dieses Ergebnis steht auch mit den schadenersatzrechtlichen Grundsätzen im Einklang. Die beklagten Parteien zeigen somit keine erhebliche Rechtsfrage auf.

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