OGH 15Os70/06t

OGH15Os70/06t5.10.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Oktober 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schreuer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alsadat H***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 24. April 2006, GZ 143 Hv 44/06y-98, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Mag. Bauer, sowie des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Bernhauser zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Nichtannahme der Qualifikation nach § 143 zweiter Fall StGB sowie demgemäß im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Alsadat H***** hat durch das dem Schuldspruch zu Grunde liegende Verhalten das Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB begangen.

Er wird hierfür unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt.

Von dieser Strafe wird gemäß § 43a Abs 4 StGB ein Teil von 20 Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Die Vorhaft vom 6. März 2006, 11.10 Uhr, bis zum 17. Mai 2006, 16.30 Uhr, wird gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB auf die Strafe angerechnet. Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7. März 1988 geborene Alsadat H***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er „am 30. November 2005 in Klosterneuburg im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) mit dem abgesondert verurteilten Robert B***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) Verfügungsberechtigten der B***** AG eine fremde bewegliche Sache, nämlich 37.550 Euro Bargeld, mit dem Vorsatz abgenötigt, durch deren Zueignung sich und Dritte unrechtmäßig zu bereichern, indem sie drei Angestellten der Bank (ungeladene) Schreckschusspistolen vorhielten und die Ausfolgung des Geldes verlangten."

Die Verwirklichung der in der Anklage (ON 91) angelasteten Qualifikation der Begehung des Raubes unter Verwendung einer Waffe (§ 143 zweiter Fall StGB) verneinte das Erstgericht mit der Begründung, es wäre im Zweifel nicht auszuschließen, dass die verwendeten Revolver ungeladen waren und die Täter keine geeigneten Patronen mit sich führten, es ihnen somit tatsächlich nicht möglich gewesen wäre, die Waffen ohne erhebliche weitere Umstände schussbereit zu machen. Die grundsätzliche Eigenschaft des verwendeten Drohmittels als „Waffe" im Sinn des § 143 zweiter Fall StGB müsse objektiv gegeben sein und hänge nicht von der Perzeption durch Opfer oder Täter ab. Zudem sei im Zweifel zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass er „bei der Tat subjektiv überzeugt war, die Waffe sei nicht geladen und es bestehe daher kein Verletzungsrisiko" (US 6 f). Die dagegen gerichtete, auf die Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach der darin bezeichneten Entscheidung eines verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes (12 Os 59/78; s RIS-Justiz RS0094078) ist die Verwendung einer ungeladenen Schusswaffe als Mittel der Drohung für einen Raub nach § 143 zweiter Fall StGB geeignet (Eder-Rieder in WK² § 143 Rz 20a), ohne dass es darauf ankäme, ob der Täter den Vorsatz hatte, die Waffe unter Umständen auch tatsächlich bestimmungsgemäß zu gebrauchen.

Das Erstgericht hat daher rechtswidrig den Raub nicht als „unter Verwendung einer Waffe" verübt angesehen und folglich unzutreffend nicht als schweren Raub im Sinn der §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB beurteilt.

Dieser Subsumtionsfehler war aufgrund der begründeten Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft zu korrigieren. Bei der damit erforderlichen Strafneubemessung erschien dem Obersten Gerichtshof ausgehend von der durch § 5 Z 4 JGG auf siebeneinhalb Jahre Freiheitsstrafe begrenzten ersten Strafdrohung des § 143 StGB unter Beachtung des aus dem Verhalten des Angeklagten (auch in der Hauptverhandlung) ersichtlichen markanten Defizits an Wertverbundenheit (§ 32 Abs 2 zweiter Satz StGB) einerseits sowie der als mildernd zu wertenden Unbescholtenheit im Sinn des § 34 Abs 1 Z 2 StGB, des abgelegten Geständnisses, der Sicherstellung eines (wenn auch eher geringen) Teils der Beute und der freiwilligen Rückkehr des Angeklagten nach Österreich, um sich dem Verfahren zu stellen, andererseits, wobei kein Erschwerungsumstand vorlag, eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren von als schuld- und unrechtsadäquat.

Aus den schon vom Erstgericht angestellten präventionsbezogenen Erwägungen (US 7 f) war ein Teil der Strafe gemäß § 43a Abs 4 StGB für eine dreijährige Probezeit bedingt nachzusehen. Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte