Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass diese wie folgt lauten:
„Der Antrag der Antragsteller, auf Grund des notariellen Schenkungsanbots vom 12. August 1992, Geschäftszahl 2736, des Einantwortungsbeschlusses des Bezirksgerichts Rohrbach vom 11. März 2005, A 16/05p, der notariellen Annahmeerklärung vom 1. Dezember 2005, Geschäftszahl 1457, und der Erklärungen über die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer gemäß § 12 GrEstG 1987 je vom 28. Dezember 2005 in der EZ 550 Grundbuch ***** ob dem Hälfteanteil des Michael S***** die Einverleibung des Eigentumsrechts für den Erstantragsteller Rupert H***** zur Hälfte, hinsichtlich der Gesamtliegenschaft zu 1/4, für den Zweitantragsteller Klaus H***** zu einem Viertel, hinsichtlich der Gesamtliegenschaft zu 1/8 und für die Drittantragstellerin Manuela K*****, zu einem Viertel, hinsichtlich der Gesamtliegenschaft zu 1/8, zu bewilligen, wird abgewiesen."
Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
In der EZ 550 Grundbuch ***** ist ob dem Hälfteanteil B-LNR 3 auf Grund eines Kaufvertrags vom 13. 8. 1992 das Eigentumsrecht für den (nunmehrigen Revisionsrekurswerber) Michael S***** einverleibt. Die Antragsteller begehrten auf Grund des notariellen Schenkungsanbots vom 12. August 1992 (GZ 2736), der notariellen Annahmeerklärung vom 1. Dezember 2005 (GZ 1457), des Einantwortungsbeschlusses des Bezirksgerichts Rohrbach vom 11. März 2005, A 16/05p, und der Erklärungen über die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer je vom 28. Dezember 2005 in der EZ 550 Grundbuch ***** ob dem Hälfteanteil des Michael S***** die Einverleibung des Eigentumsrechts und zwar für den Erstantragsteller zur Hälfte (1/4 der Gesamtliegenschaft), für den Zweitantragsteller zu einem Viertel (1/8 der Gesamtliegenschaft) und für die Drittantragstellerin zu einem Viertel (1/8 der Gesamtliegenschaft).
Das notarielle Schenkungsanbot vom 12. August 1992 (GZ 2736) hat auszugsweise folgenden Inhalt:
Erstens: Herr Michael S***** .... ist .... außerbücherlicher
Hälfteeigentümer der Liegenschaft Einlagezahl 550 Grundbuch *****
.... .
Zweitens: Herr Michael S***** richtet nunmehr an Frau Liane H*****
.... das rechtsverbindliche und unwiderrufliche Anbot, die ihm
gehörende, im Absatz „Erstens" näher bezeichnete Liegenschaftshälfte zu schenken.
Drittens: Herr Michael S***** haftet für keinerlei wie immer geartete Beschaffenheit der vertragsgegenständlichen Liegenschaftshälfte, wohl für deren Lastenfreiheit mit nachstehender Ausnahme: Das bei der Vertragsliegenschaft zugunsten des Vikariates N***** einverleibte Wiederkaufsrecht wird von der Anbotnehmerin in ihre Duldungspflicht übernommen.
Viertens: Herr Michael S***** erteilt seine ausdrückliche
Einwilligung, dass auf Grund dieser Urkunde und nach Vorliegen einer
entsprechenden Annahmeerklärung der Frau Liane H*****, ohne sein
weiteres Wissen und Einvernehmen bei der Liegenschaft Einlagezahl 550
Grundbuch *****, bei der dem Michael S***** .... gehörenden Hälfte,
das Eigentumsrecht für Liane H***** .... grundbücherlich einverleibt
werden könne.
....
Sechstens: An dieses Anbot bleibt Herr Michael S***** bis zur Eheschließung mit Frau Liane H***** gebunden.
....".
Liane H***** verstarb am 5. 1. 2005. Der Nachlass nach Liane H***** wurde mit Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichts Rohrbach vom 9. 3. 2005, A 16/05p-7, dem Erstantragsteller zur Hälfte und dem Zweitantragsteller sowie der Drittantragstellerin je zu einem Viertel eingeantwortet. Auf Grund des Ergebnisses der Verlassenschaftsabhandlung wurde ob dem vormals der Liane H***** gehörigen Hälfteanteil B-LNR 2 der EZ 550 Grundbuch ***** das Eigentumsrecht für die Drittantragstellerin einverleibt. Die von den Antragstellern abgegebene notarielle Annahmeerklärung vom 1. Dezember 2005 (GZ 1457) hat auszugsweise folgenden Inhalt:
„....
I.
Mit notariellem Schenkungsanbot vom 12. August 1992 .... hat Herr
Michael S***** .... an Frau Liane H***** .... das rechtsverbindliche
und unwiderrufliche Anbot auf Schenkung seines Hälfteanteiles an der
Liegenschaft EZ 550 Grundbuch ***** .... gestellt.
II.
Frau Liane H***** .... ist am 5. 1. 2005 verstorben und wurde der
Nachlass nach ihr mit Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichtes
Rohrbach vom 9. 3. 2005, A 16/05p, den nachgenannten Erben und zwar:
Herrn Rupert H***** .... zur Hälfte
Herrn Klaus H***** .... zu einem Viertel und
Frau Manuela K***** .... zu einem Viertel eingeantwortet.
III.
Die Erben nach Frau Liane H*****, Herr Rupert H*****, Herr Klaus
H***** und Frau Manuela K***** haben vom vorstehend näher
bezeichneten notariellen Schenkungsanbot vom 12. 8. 1992
vollinhaltlich Kenntnis und nehmen hiermit mit heutigem Tage dieses
Anbot zum Abschluss des genannten Schenkungsvertrages ausdrücklich
an, sodass dieser Schenkungsvertrag betreffend den Hälfteanteil des
Herrn Michael S***** .... an der Liegenschaft EZ 550 Grundbuch *****
.... damit zustande gekommen ist.
IV.
Ob der Liegenschaft EZ 550 GB ***** .... haften in C-LNR 2 bis C-LNR
7 verschiedene Pfandrechte, welche derzeit anteilig mit 68.554,12 Euro unberechtigt aushaften. Die Anbotsnehmer erklären ausdrücklich die vorstehenden Darlehensverbindlichkeiten zu ungeteilter Hand in ihre Rückzahlungsverpflichtung zu übernehmen. Sie verpflichten sich, den AnbotssteIler im Falle einer Inanspruchnahme aus diesen Darlehensverbindlichkeiten unverzüglich und in vollem Umfang schad- und klaglos zu halten.
....".
Das Erstgericht bewilligte das Eintragungsgesuch antragsgemäß. Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel des Michael S***** nicht Folge. Die eingeschränkte richterliche Kognition in Grundbuchssachen schließe zwar die Entscheidung von Zweifelsfragen bei der Auslegung von Urkunden oder Anträgen aus, doch hätten die Antragsteller Urkunden vorgelegt, die ihr Eintragungsbegehren deckten. Was die Befristung des Schenkungsanbots mit der Eheschließung zwischen dem Rekurswerber und Liane H***** anlange, sei auf § 862 ABGB zu verweisen, wonach ein Schenkungsanbot auch dann nicht erlösche, wenn ein Teil während der Annahmefrist sterbe oder handlungsunfähig werde. Das Rekursargument, das Schenkungsanbot sei mit dem Tod von Liane H***** erloschen, weil es damit zu einer Eheschließung nicht mehr kommen könne, sei zwar eine juristisch denkbare Vertragsauslegung; diese Rechtsfrage sei aber nicht im Grundbuchsverfahren, sondern im ordentlichen Rechtsweg zu klären, weil es sich dabei um Umstände handle, die außerhalb des eigentlichen Urkundeninhalts lägen. Dass die Annahme des Schenkungsanbots dem Rekurswerber nach seinen Rechtsmittelbehauptungen nicht zugekommen sei, schade nicht, weil das Schenkungsanbot einen Passus enthalte, wonach der Rekurswerber seine ausdrückliche Einwilligung erteile, dass auf Grund dieser Urkunde und nach Vorliegen einer entsprechenden Annahmeerklärung ohne sein weiteres Wissen und Einvernehmen das Hälfteeigentum für Liane H***** grundbücherlich einverleibt werden könne; damit sei auf die Zusendung einer Annahmeerklärung verzichtet worden. Dass das Schenkungsanbot nicht von Liane H*****, sondern von den deren Erben angenommen worden sei, schade im Hinblick auf die erwähnte Bestimmung des § 862 ABGB ebenfalls nicht. Rechtlich irrelevant sei schließlich auch das Rekursargument, wonach die Schenkung einer lastenfreien Liegenschaftshälfte angeboten worden sei, die Annahmeerklärung jedoch auch auf Übernahme anteiliger Schulden laute; durch die teilweise Übernahme der auf der Liegenschaft haftenden Schulden werde nämlich der Rekurswerber in keiner Weise beschwert. Insgesamt sei damit dem Rekurs keine Folge zu geben gewesen.
Die Entscheidung des Rekursgerichts enthält den Ausspruch, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 20.000 Euro und der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nF zu lösen gewesen sei.
Gegen den Beschluss der Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Michael S***** mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Abweisung des Eintragungsgesuchs; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Vorinstanzen die Grundsätze der (eingeschränkten) richterlichen Kognition in Grundbuchssachen verkannt haben; der Revisionsrekurs ist im Ergebnis auch berechtigt.
In seinem Revisionsrekurs macht der Rechtsmittelwerber
zusammengefasst geltend, das Rekursgericht habe nicht berücksichtigt,
dass die Annahme eines Anbots so rasch wie möglich erfolgen müsse und
nicht erst Monate nach Einantwortung der Erben. Schenkungsanbot und
Annahmeerklärung stimmten auch nicht überein, weil die Übernahme von
Schulden erklärt worden sei, sodass die Annahmeerklärung der Erben in
Wahrheit ein Kaufanbot darstelle. Die Annahmeerklärung sei dem
Rechtsmittelwerber als Offerenten auch nie zugegangen; ein
allfälliger Verzicht auf die Zustellung einer Annahmeerklärung könne
sich gegebenenfalls nur auf die aus dem Anbot persönlich Berechtigte
Liane H***** beziehen, nicht aber auf deren Erben. Schließlich habe
das Rekursgericht auch unzutreffend seine aufrechte Bindung an das
Schenkungsanbot trotz Ablebens von Liane H***** bejaht, werde doch
durch die Befristung mit der Eheschließung das Anbot an die
betreffende Person gebunden.
Zu diesen Rechtsmittelausführungen ist zu erwägen:
1. Gemäß § 94 GBG kann ein Ansuchen nur dann bewilligt werden, wenn
der Urkundeninhalt derartig ist, dass er nicht nur in formaler
Beziehung unbedenklich erscheint, sondern auch bezüglich der materiellrechtlichen Fragen nicht irgendwelche Zweifel aufkommen lässt (RIS-Justiz RS0060878). Es ist dem Grundbuchsgericht insbesondere verwehrt, eine undeutliche und zu begründeten Zweifeln Anlass gebende Urkunde auszulegen. Durch den Inhalt der Urkunde erweckte und nicht restlos beseitigte Zweifel müssen zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs führen (5 Ob 195/99h = RPflSlgG 2679 mwN; RIS-Justiz RS0060573). Mit rechtsgeschäftlichen Erklärungen zusammenhängende Zweifelsfragen können vom Grundbuchsgericht nicht gelöst werden (5 Ob 114/02d = RPflSlgG 2788); insbesondere ist eine Auslegung, die wertend zwischen mehreren vernünftig in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten abwägt, dem Grundbuchsgericht verwehrt (5 Ob 10/03m = NZ 2004/9, 45).
2.1. Der Rechtsmittelwerber hat in seinem notariellen Schenkungsanbot vom 12. August 1992 rechtsverbindlich und unwiderruflich angeboten, seine Hälfte an der Liegenschaft EZ 550 Grundbuch ***** Liane H***** zu schenken. An dieses Anbot erklärte sich der Rechtsmittelwerber bis zur Eheschließung mit Frau Liane H***** gebunden. Liane H***** hat dieses Anbot bis zu ihrem Ableben nicht angenommen.
2.2. Nach § 862 Satz 3 ABGB erlischt ein Versprechen (Antrag, Anbot) auch dann nicht, wenn ein Teil während der Annahmefrist stirbt oder handlungsunfähig wird, sofern nicht ein anderer Wille des Antragstellers aus den Umständen hervorgeht. Diese Bestimmung stellt nur eine Auslegungsregel für den Fall dar, dass „aus den Umständen" kein anderer Wille des Offerenten hervorgeht. Letzteres kann etwa dann der Fall sein, wenn die betreffende Leistung ersichtlich für den persönlichen Bedarf des verstorbenen Antragstellers bestimmt war oder es auf die persönlichen Fähigkeiten des verstorbenen Antragsempfängers ankam (Gschnitzer in Klang IV/1², 68).
2.3. Der Zweck des gerade bis zur Eheschließung befristeten
Schenkungsanbots könnte in einer bis dahin gewünschten persönlichen
wirtschaftlichen Absicherung der Liane H***** bestanden haben, die
dann nach Eheschließung nicht mehr geboten erschienen sein mochte.
Wenngleich weitergehende, allenfalls auch für die Zeit nach dem Tod
von Liane H***** verfolgte Zielsetzungen mit dem Schenkungsanbot
verbunden gewesen sein könnten, so stellt doch die Verknüpfung der
Bindungsfrist mit der offenbar erwarteten Eheschließung einen
höchstpersönlichen Aspekt dar, der ein Erlöschen des Anbots durch das
Ableben von Liane H***** als jedenfalls zwanglos in Betracht zu
ziehende Auslegungsmöglichkeit erweist. Auch das Rekursgericht hat
dies als „eine juristisch denkbare Möglichkeit der Vertragsauslegung"
erkannt, daraus allerdings den unzutreffenden Schluss gezogen, es
müsse der Rechtsmittelwerber den streitigen Rechtsweg beschreiten.
Richtig ist dagegen, dass nicht das Grundbuchsgericht bei mit rechtsgeschäftlichen Erklärungen zusammenhängenden Zweifelsfragen eine von mehreren vernünftig in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten auszuwählen, sondern der Antragsteller sein vermeintliches Recht im Streitverfahren geltend zu machen hat.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher im Sinn der
Antragsabweisung abzuändern, und zwar ohne dass es der Prüfung
allfälliger weiterer Abweisungsgründe bedürfte, weil die Wiederholung
des Grundbuchsgesuchs auf Grund des notariellen Schenkungsanbot vom
12. August 1992 nicht in Betracht kommt (RIS-Justiz RS0060544).
3. Der Rechtsmittelwerber hat die Kosten seines Revisionsrekurses selbst zu tragen. Trotz der allgemeinen Verweisung des § 75 Abs 2 GBG idF des AußStrBeglG auf die Vorschriften des Außerstreitgesetzes nF findet im Grundbuchsverfahren auch weiterhin ein Kostenersatz nicht statt (RIS-Justiz RS0035961 [T5]; 5 Ob 94/06v; 5 Ob 198/05m; 5 Ob 197/05i).
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