OGH 12Os78/06x

OGH12Os78/06x21.9.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. September 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. Solé als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Denk als Schriftführer, in der Strafsache gegen Thomasz W***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Thomasz W***** sowie die Berufung des Karol S***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 10. März 2006, GZ 35 Hv 26/06w-63, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Thomasz W***** und Karol S***** des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB (I) sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (II) und der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (III) schuldig erkannt.

Danach haben Thomasz W***** und Karol S***** in Salzburg und anderen Orten im bewussten und gewollten Zusammenwirken

I. in den Nächten zum 13., 14. und 15. September 2005 fremde bewegliche Sachen, nämlich Autoradios, Verstärker, CD-Geräte, Werkzeuge, EDV-Geräte, Rucksäcke und Bargeld im Gesamtwert von mehr als 3.000 Euro (wobei die Qualifikation des § 128 Abs 1 Z 4 StGB jedoch gesetzwidrig nicht angenommen wurde), 18 namentlich im Urteil angeführten Personen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, indem sie in deren Personenkraftwagen einbrachen, wobei sie die Diebstähle durch Einbruch in der Absicht begingen, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;

II. in der Nacht vom 13. zum 14. September 2005 bei drei Einbrüchen in Fahrzeuge erbeutete Urkunden, über die sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweise von Rechten gebraucht werden;

III. in der Nacht vom 14. zum 15. September 2005 Gerold T***** dadurch geschädigt, dass sie fremde bewegliche Sachen aus seinem Gewahrsam dauernd entzogen, ohne die Sachen sich oder einen Dritten zuzueignen, indem sie eine diesem gehörige Umhängetasche und eine Vodafon-Simkarte wegwarfen.

Rechtliche Beurteilung

Die auf § 281 Abs 1 Z 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Thomasz W***** ist nicht im Recht.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) behauptet, der Gebrauch des Wortes „Einbruch" im Urteil stelle mangels näherer Bezeichnung der Tathandlung „keine ausreichende Feststellung für eine Subsumtion der Tathandlung unter § 129 Z 1 StGB" dar und wäre der Angeklagte daher lediglich des Verbrechens nach §§ 127, 130 erster Fall StGB schuldig zu erkennen gewesen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass im allgemeinen Sprachgebrauch verwendete Ausdrücke und Begriffe, wie sie der Gesetzgeber bei der Beschreibung der gesetzlichen Tatbilder benützt (deskriptive Begriffe) - wie hier „Einbruch" - idR nicht besonders zu erörtern sind (SSt 23/80, 32/77, 41/61, EvBl 1980/107 mwN). Da die Nichtigkeitsbeschwerde Anhaltspunkte dafür, dass das Erstgericht diesem Begriff einen vom Alltagsgebrauch abweichenden Inhalt zugeordnet haben könnte, nicht darlegt, ist sie in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Die Strafzumessungsrüge (Z 11 dritter Fall) moniert, das Erstgericht habe bei der Bemessung der Strafe auf die Volkszugehörigkeit eines Menschen abgestellt und damit in unvertretbarer Weise gegen die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen verstoßen.

Der dritte Fall des § 281 Abs 1 Z 11 StPO stellt (ebenso wie der zweite Fall) auf eine grobe Verkennung gesetzlicher Vorgaben für eine Ermessensentscheidung im Sanktionenbereich ab. Durch diese gesetzliche Bestimmung ist klargestellt, dass Nichtigkeit des Sanktionsausspruchs auch in jenen Fällen verfehlter Rechtsanwendung vorliegt, in denen das Gericht - ohne das Erfordernis eines Bezuges zu getroffenen (Strafzumessungs-)Tatsachenfeststellungen, nach den Entscheidungsgründen erkennbar - dem richterlichen Ermessen entzogene Fallnormen zur Strafbemessung herangezogen hat, welche mit den gesetzlichen Bestimmungen nicht in Einklang zu bringen sind (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 677 f; SSt 60/26). Die Berücksichtigung der Spezial- und der Generalprävention ist bei der Strafbemessung im weiteren Sinn im Gesetz ausdrücklich vorgeschrieben (§§ 37, 43, 43a StGB). Nach der Rechtsprechung und der überwiegenden Lehre sind diese auch bei der Strafbemessung im engeren Sinn (Bestimmung der Strafart und der Strafhöhe) zu beachten (Ebner in WK2 § 32 Rz 23 mwN). Wenn vorliegend das Erstgericht - was die Beschwerde in verfälschender Verkürzung übergeht - darauf hinweist, dass „gewerbsmäßig handelnde Einbrecher, die aus dem Ausland als Kriminaltouristen nach Österreich einreisen, binnen kurzer Zeit eine Unzahl von Straftaten begehen und dabei einen immensen Schaden anrichten, schnellstmöglich das Land wieder verlassen und daher nur schwer zu fassen sind" (US 8), so bringt es damit zweifelsfrei zum Ausdruck, dass die Angeklagten ihre Taten reiflich überlegt, sorgfältig geplant und rücksichtslos ausgeführt haben. Diese Umstände sind aber sowohl bei Strafzumessung unmittelbar (§ 32 Abs 3 StGB) als auch bei Beurteilung spezialpräventiver Gesichtspunkte maßgeblich, weil sie einen intensiven Täterwillen zeigen, welchem vom Gericht nur durch entsprechende Bestrafung begegnet werden kann. Aber auch die Ausführungen des Erstgerichts zur Generalprävention verstoßen nicht in unvertretbarer Weise gegen einschlägige gesetzliche Bestimmungen.

In den Erläuternden Bemerkungen zum Entwurf eines StRÄG 1992 (als Vorbereitung des StRÄG 1996) wird darauf hingewiesen, dass es beim Strafzweck der Generalprävention in erster Linie „auf die normverdeutlichende und auch allgemein-präventive Wirkung des Strafrechts- und Verfolgungssystems insgesamt (vor allem auf die Wahrscheinlichkeit und Raschheit von Strafverfolgungsmaßnahmen)" ankomme (vgl Ebner in WK2 § 32 Rz 24).

Wenn nun - wie sich aus Kriminalstatistik und der Gerichtserfahrung ergibt - Vermögensdelikte sehr häufig von sogenannten „Kriminaltouristen" begangen werden, ist es Verpflichtung der Strafverfolgungsbehörden, präventiv dahin zu wirken, dass potentielle Täter, insbesondere auch solche aus dem Lebenskreis des Angeklagten, davon abgehalten werden, auf ähnliche Weise Rechtsgüter anderer Personen zu verletzen. Dies hat einerseits durch polizeiliche Überwachung und häufige Kontrollen sowie andererseits letztlich durch die von den Gerichten zu verhängenden Strafen zu geschehen. Dass die Tatrichter im vorliegenden Fall mit zutreffender Deutlichkeit der Generalprävention einen hohen Stellenwert zuerkannt haben, richtet sich - ohne dass (anders als zu 13 Os 97/05x) dabei Raum für eine missverständliche Interpretation bliebe - somit nicht gegen die Zugehörigkeit der Angeklagten zu einer bestimmten Volksgruppe, vielmehr soll die verhängte Strafe auf einen (keineswegs ethnisch definierten) Personenkreis, mit hohem kriminellem Potential abhaltend wirken (vgl Burgstaller, Glosse zu 13 Os 97/05x in JBl 2006, 471 f). Eine Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO liegt daher nicht vor.

Ob den präventiven Erwägungen im Ermessensbereich der richtige Stellenwert zuerkannt wurde, ist im Rahmen der Entscheidung über die Berufung zu überprüfen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu erstatteten Äußerung gemäß § 35 Abs 2 StPO - als offenbar unbegründet bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).

Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufungen der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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