Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 665,66 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 110,94 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger war vom 1. 5. 1990 bis 20. 8. 2003 bei einer GmbH - der späteren Gemeinschuldnerin - als Arbeiter im Gastgewerbe beschäftigt. An dieser GmbH war er mit 24 % nicht kontrollierend beteiligt. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses überwies die GmbH dem Kläger sämtliche Löhne pünktlich und regelmäßig.
Das vom Kläger begehrte Insolvenz-Ausfallgeld umfasst ausschließlich Ansprüche, die nicht vor dem rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses fällig wurden (vier Monatsentgelte Abfertigung 7.062 EUR netto; restliche anteilige SZ 366 EUR netto zuzüglich darauf entfallende Zinsen bis Konkurseröffnung und Kosten). Ein von der GmbH wegen Überschuldung gestellter Konkursantrag vom 25. 11. 2003 wurde vom Konkursgericht zur Verbesserung zurückgestellt. Dem Verbesserungsauftrag leistete die GmbH nicht Folge. Die Eröffnung des Konkurses erfolgte schließlich - nach Scheitern eines außergerichtlichen Ausgleichsversuches - am 3. 6. 2005. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Unabhängig davon, ob das mit 1. 1. 2004 in Kraft getretene EKEG bereits anzuwenden sei, bestehe das Klagebegehren schon deshalb zu Recht, weil der Kläger jene Bezüge, die üblicherweise einem Arbeitnehmer zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes dienten, immer ausbezahlt erhalten habe. Die geltend gemachten Ansprüche stellten kein eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen dar: Der Kläger habe diese Beträge der Gesellschaft nicht im Sinne der Rechtsprechung bewusst zugeführt. Von einer Überwälzung des Zahlungsrisikos auf den Fonds durch „Stehenlassen" von Entgelt aus dem Arbeitsverhältnis könne hier nicht gesprochen werden.
Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Auslegung des § 18 EKEG fehle. Rechtlich erachtete das Berufungsgericht, dass für den Kläger frühestens zum 25. 11. 2003 habe erkennbar sein können, dass sich die GmbH in der Krise befände. Ab diesem Zeitpunkt sei dem Kläger im Sinne der Rechtsprechung eine 60-tägige Frist zuzubilligen, innerhalb der er entscheiden könne, ob er seine Ansprüche ernsthaft betreibe oder diese „stehenlasse". Davon ausgehend hätten die vom Kläger stehengelassenen Entgelte nach altem Recht frühestens Mitte Jänner 2004 als eigenkapitalersetzend qualifiziert werden können. Es kämen daher die Bestimmungen des EKEG zur Anwendung. Da der Kläger nicht kontrollierend tätig geworden sei und sein Gesellschaftsanteil lediglich 24 % betragen habe, falle er nicht in den Anwendungsbereich des EKEG.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von der Beklagten erhobene Revision ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes unzulässig, weil die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage keiner Beantwortung bedarf:
Nach der Rechtsprechung zur Rechtslage vor Inkrafttreten des EKEG bewirkte die Entscheidung des Gesellschafters/Arbeitnehmers einer GmbH in der ihm erkennbaren (SZ 70/232) Unternehmenskrise, seine offenen Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis nicht durch gerechtfertigten Austritt geltend zu machen, die Anwendung der Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechtes auf solche Ansprüche (ecolex 2000/295 [Mazal] mwN; 8 ObS 69/00f; SZ 70/232 ua). Mit der Begründung, dass es nicht Zweck des IESG sei, dem Gesellschafter einer GmbH das Finanzierungsrisiko abzunehmen, wurde auch die Gewährung von Insolvenz-Ausfallgeld abgelehnt (RIS-Justiz RS0018227). Davon unterscheidet sich der hier zu beurteilende Fall allerdings - worauf bereits das Erstgericht zutreffend verwies - wesentlich: Der Kläger ließ keine Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis „stehen", ohne seinen vorzeitigen Austritt zu erklären: Vielmehr entstanden die geltend gemachten Forderungen überhaupt erst mit bzw nach Ende des Arbeitsverhältnisses. Von einem bewussten Zuführen von Beträgen an die Gesellschaft durch „Stehenlassen" kann daher keine Rede sein (siehe auch 8 ObS 200/02y).
Beim „Stehenlassen" von Arbeitsentgelt besteht die verpönte Abwälzung des Fnanzierungsrisikos auf den Fonds darin, dass der Gesellschafter/Arbeitnehmer seine Arbeitskraft trotz Nichtzahlung des Arbeitslohnes der Gesellschaft zur Verfügung stellt. Insoweit führt er der Gesellschaft in der Krise bewusst Vermögenswerte (seine Arbeitsleistung) zu. Dieser Fall ist hier nicht verwirklicht. Da somit aus den dargelegten Gründen auch unter Zugrundelegung der Rechtslage vor dem EKEG die Ansprüche des Klägers gesichert sind, bedarf es keines Eingehens auf die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage. Die Beklagte gesteht nämlich zu, dass dem Kläger nach neuer Rechtslage mangels relevanter Beteiligung iSd § 5 EKEG jedenfalls die geltend gemachten Ansprüche gebühren würden. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO: Der Kläger wies in seiner Revisionsbeantwortung ausdrücklich auf die Unzulässigkeit der Revision hin.
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