OGH 8ObA50/06w

OGH8ObA50/06w21.9.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Glawischnig und die fachkundigen Laienrichter Dr. Lukas Stärker und Mag. Andrea Komar als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Leopold P*****, vertreten durch Dr. Georg Grießer Dr. Roland Gerlach und Dr. Sieglinde Gahleitner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Wohlfahrtseinrichtung für die Arbeiter und Angestellten der T***** GesmbH, 1100 Wien, Absberggasse 47, vertreten durch Dr. Franz Christian Sladek und Dr. Michael Meyenburg M.C.J. Rechtsanwälte in Wien, wegen Leistung (Streitwert EUR 7.000), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. März 2006, GZ 7 Ra 195/05f-21, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger war vom 1. 4. 1974 bis 31. 3. 1999 Begünstigter der seit 1941 als Wohlfahrtseinrichtung aufgrund einer Betriebsvereinbarung bestehenden beklagten Partei. In der Betriebsvereinbarung ist festgehalten, dass die nach den Richtlinien der beklagten Partei vorgesehenen Leistungen über Ansuchen und ohne jeglichen Rechtsanspruch gewährt werden. Der Gesellschaftsvertrag der beklagten Partei sah - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - vor, dass Pensionszuschüsse „Arbeitnehmern, die mindestens 20 Jahre im Konzern beschäftigt und nach Erreichen des gesetzlichen Pensions- oder Frühpensionsalters aus dem Unternehmen ausscheiden und in den Ruhestand treten - gewährt werden können."

Mit 31. 12. 2004 stellte die Beklagte jegliche Zahlungen ein. Der Konzern, in dem der Kläger bis März 1999 beschäftigt war, stieg auf ein (beitragsorientiertes) Pensionskassensystem um. Für Dienstnehmer, die bereits Anwartschaften aus der Wohlfahrtseinrichtung erlangt hatten, wurde als Auszahlungsbetrag aus der Pensionskasse vom Dienstgeber ein Betrag von EUR 9.000 garantiert.

Rechtliche Beurteilung

In der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine „Abfindungsleistung" seiner vom 1. 4. 1974 bis 31. 3. 1999 als Begünstigter der beklagten Partei erworbenen „Anwartschaften", unter Anwendung der für Leistungsberechtigte - in eventu für noch beschäftigte Anwartschaftsberechtigte beim vormaligen Arbeitgeberkonzern - angewendeten Berechnungsmethode habe, haftet keine (erhebliche) Fehlbeurteilung an.

Der Rechtsmittelwerber bestreitet nicht, dass auf eine Leistung seitens der beklagten Partei keinerlei Rechtsanspruch bestand, vermeint jedoch seinen Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgebot des § 18 BPG ableiten zu können. Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, dass nur der Austritt wegen Pensionierung „Voraussetzung der Leistung" sei, widerspreche sowohl dem Gleichbehandlungsgrundsatz als auch der zwingenden Aliquotierungsregelung des § 15 BPG. Es stehe fest, dass die nicht im Leistungsbezug (gemeint: der beklagten Partei) befindlichen Anwartschaftsberechtigten mit 31. 12. 2004 zur Abfindung ihrer „Anwartschaften" eine Leistung in Form einer Einzahlung in die Pensionskasse erhalten hätten und die bereits im Leistungsbezug befindlichen (ehemaligen) Arbeitnehmer ebenso eine Zahlung zur Abfindung ihrer Ansprüche erhalten hätten. Dass sich der Kläger zum 31. 12. 2004 noch nicht im Leistungsbezug befunden habe und nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt gewesen sei (gemeint wohl: nicht mehr zum Kreis der von der beklagten Partei erfassten Anwartschaftsberechtigten gezählt habe), sei kein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal, ihm eine allen anderen gewährte Abfindungszahlung für die erworbenen „Anwartschaften" zu verweigern. Der Gleichstellungs- bzw Gleichbehandlungsgrundsatz der §§ 18 und 15 BPG müsse ebenso für eine Barabfindung der Anwartschaften gelten. Durch die Einzahlung in die Pensionskasse hätten die Arbeitnehmer unverfallbare Ansprüche, die dem Grunde nach eine Pensionsleistung verbriefen (vgl §§ 5, 6 BPG) erworben. Mit seiner Argumentation zeigt der Rechtsmittelwerber in Wahrheit keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf. Es ist nicht mehr strittig, dass es sich bei der beklagten Partei um eine Unterstützungs- und sonstige Hilfskasse handelt, auf deren Leistung den Arbeitnehmern kein Rechtsanspruch zusteht und auf die gemäß § 1 Abs 1 BPG (BGBl 1990/282) nur die Abschnitte 5 und 6 dieses Bundesgesetzes, also die §§ 15 bis 19 Anwendung finden. Gemäß Art V Abs 3 BPG ist dieses Bundesgesetz auf Leistungszusagen, die vor seinem Inkrafttreten gemacht wurden, nur hinsichtlich der nach seinem Inkrafttreten erworbenen Anwartschaften anzuwenden. In Unterstützungs- und sonstigen Hilfskassen, die bereits vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes bestanden haben, bleiben von Art I § 15 abweichende Regelungen hinsichtlich der im Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits erworbenen Anwartschaften unberührt.

§ 15 BPG sieht vor, dass der Arbeitnehmer, der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits mindestens fünf Jahre zum Kreis der Begünstigten einer Unterstützungskasse gehört hat, bei Eintritt des Leistungsfalls den im Unternehmen verbliebenen Arbeitnehmern gleichzustellen ist, wobei sich sein Anspruch aus dem Verhältnis der im Unternehmen zugebrachten Dienstzeit zum Zeitraum zwischen Eintritt in das Unternehmen und Eintritt des Leistungsfalls ergibt. Aus dem Gesetzestext ergibt sich daher eindeutig, dass die „Gleichstellungsregelung" ausschließlich für den Leistungsfall gilt. Schrammel (BPG, 168) weist zutreffend darauf hin, dass der zum Kreis der Begünstigten einer Unterstützungskasse gehörende, aber vorzeitig ausgeschiedene Arbeitnehmer hinsichtlich der „unverfallbaren Anwartschaften" völlig anders behandelt wird als jene Arbeitnehmer, die einen Rechtsanspruch auf Versorgung haben. Begünstigte aus einer Unterstützungskasse haben kein Recht, bereits beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis eine Leistung zu fordern oder über einen „Unverfallbarkeitsbetrag" zu verfügen, der nach dem Stand der Versorgungszusage im Zeitpunkt des Ausscheidens zu berechnen ist; Leistungen gebühren immer erst im Versorgungsfall. Beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ist noch völlig ungewiss, ob im Leistungsfall überhaupt eine Leistung gebühren wird; die Zusage könnte ja für alle Arbeitnehmer entfallen. Schrammel (aaO, 170) führt überzeugend aus, dass auch bei Unterstützungskassen grundsätzlich von jenem Versorgungsplan auszugehen sei, der im Zeitpunkt des Ausscheidens für die Leistungen der Unterstützungskasse maßgebend war. Der ausgeschiedene Arbeitnehmer könne daher nur für jene Versorgungsfälle Leistungen beanspruchen, die beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis im Leistungsplan der Unterstützungskasse vorgesehen waren. Der Rechtsmittelwerber behauptet gar nicht, dass zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Konzern eine „Abfindung" von Anwartschaften im Leistungsplan der beklagten Partei vorgesehen war. § 15 BPG kann daher keine taugliche Rechtsgrundlage für den vom Rechtsmittelwerber geltend gemachten Anspruch bieten. Ebenso versagt aber die Berufung auf § 18 BPG. Nach dieser Regelung, deren Abs 1 grundsätzlich als Ausformulierung des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verstanden wird (vgl Schrammel aaO, 198 f; 8 ObA 239/95 = DRdA 1997, 200), sind Differenzierungen nicht nur dann verpönt, wenn einzelne Arbeitnehmer gegenüber einer Mehrheit willkürlich schlechter behandelt werden; das Gleichbehandlungsgebot verlangt vielmehr Gleichbehandlung bei gleicher Sachlage. Verboten ist jede willkürliche Differenzierung zwischen Arbeitnehmern oder Arbeitnehmergruppen; daher stellt auch die unsachliche Bevorzugung einer Minderheit, die zB keine Leistungskürzung hinnehmen muss, eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots dar (DRdA 1997, 200; Schrammel aaO 201). Das ausdrücklich an den Arbeitgeber gerichtete Gleichbehandlungsgebot des § 18 BPG erfasst nämlich die Arbeitnehmer (bzw die im Leistungsbezug stehenden vormaligen Arbeitnehmer). Der Rechtsmittelwerber verknüpft nun unzulässigerweise die ausschließlich für den Leistungsfall vorgesehene „Gleichstellungsregelung" des § 15 BPG mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgebot des § 18 BPG. Dabei übergeht er aber, dass es zufolge der - alle Leistungsbezieher und Anwartschaftsberechtigten gleichermaßen treffenden - Einstellung jeglicher Leistung der beklagten Partei gar nicht mehr zum Leistungsfall kommen kann. Die im § 15 BPG angeordnete Gleichbehandlungspflicht bedeutet nämlich gerade nicht, dass die vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmer nunmehr einen Rechtsanspruch auf die Leistungen der Unterstützungskasse erhalten. Die Rechtsstellung des ausgeschiedenen Arbeitnehmers kann nie eine stärkere als die des im Betrieb verbliebenen Arbeitnehmers sein (Schrammel aaO, 167). Schon mangels „Eintritt des Leistungsfalls" hat der Kläger daher keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den im Unternehmen verbliebenen Anwartschaftsberechtigten oder leistungsbeziehenden Arbeitnehmern. Entgegen der Auffassung des Rechtsmittelwerbers kann der Umstand, dass den Leistungsbeziehern aus Anlass der endgültigen Einstellung der Leistungen der beklagten Partei eine einmalige Abfindungszahlung gewährt wurde und den im Konzern verbliebenen anwartschaftsberechtigten Arbeitnehmern aus Anlass des Umstiegs auf ein Pensionskassensystem ein bestimmter Mindestbetrag garantiert wurde, gerade nicht als Leistungsfall im Sinn des § 15 BPG angesehen werden, sodass eine Gleichstellung des Klägers mit den Arbeitnehmern des Konzerns nach dieser Bestimmung ausscheidet. Zieht man - isoliert betrachtet - die Regelung des § 18 BPG heran, verlangt diese Gleichbehandlung bei gleicher Sachlage. Der Kläger, der bereits im Jahr 1999 aus dem Konzern ausgeschieden ist, kann sich daher mangels vergleichbarer Sachlage auch nicht erfolgreich darauf berufen, Anspruch auf dieselben Vergünstigungen zu haben, wie sie den Leistungsbeziehern einerseits oder den im Unternehmen verbliebenen aktiven Arbeitnehmern andererseits gewährt wurden.

Letztlich versagt auch das Argument einer Analogie zu § 7 Abs 3 BPG. Einerseits besteht - worauf bereits oben hingewiesen wurde - für die Begünstigten einer Unterstützungskasse gerade kein „unverfallbarer" Anspruch, andererseits beschränkt sich die Verfügungsmöglichkeit des Arbeitnehmers über den Unverfallbarkeitsbetrag im Fall einer direkten Leistungszusage auf die in § 7 Abs 3 ausdrücklich angeführten Fälle, in denen die vom Kläger begehrte Barauszahlung eines bestimmten Betrages gerade nicht geregelt ist.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

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