OGH 1Ob54/06g

OGH1Ob54/06g11.7.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) I***** Aktiengesellschaft, und 2) I*****gesellschaft mbH, beide *****, vertreten durch Dr. Hans Oberndorfer, Dr. Ludwig Beurle, Dr. Rudolf Mitterlehner und Dr. Klaus Oberndorfer, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen EUR 1.812,50 sA und EUR 4.612,98 sA sowie Feststellung (Streitwert EUR 21.000), infolge Rekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 8. November 2005, GZ 14 R 192/05s-21 als Berufungsgericht, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 30. Mai 2005, GZ 31 Cg 18/04a-17, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Erstklägerin gibt seit 1990 Gewinnscheine als Genussrechte gemäß § 174 Abs 3 AktG heraus, um den Kauf von Liegenschaften und deren Verwertung, insbesondere durch Vermietung und Verwaltung von Immobilienanlagen zu finanzieren. Die Zweitklägerin vermittelt diese Gewinnscheine gegen Bezahlung eines Entgelts. Seit 1998 ist eine nachhaltige Abwärtsbewegung der Handelstaxe zu verzeichnen. Ab dem Jahr 1999 häuften sich Beschwerden von Konsumenten, die die von der Erstklägerin ausgegebenen Gewinnscheine gezeichnet hatten. Vor allem beschwerten sich die Verbraucher darüber, dass an die Zweitklägerin erteilte Verkaufsaufträge trotz jahrelanger Wartezeiten nicht zum Kurswert durchgeführt werden konnten. Die Beschwerden hatten den Grundtenor, die für den Konsumentenschutz zuständigen Institutionen (Konsumentenschutzsektion des Bundesministeriums für Justiz, Verein für Konsumenteninformation und Arbeiterkammer) sollten geeignete Maßnahmen ergreifen. Als es im Rahmen eines seit dem Jahr 2001 anhängigen strafgerichtlichen Vorverfahrens gegen verantwortliche Personen der Klägerinnen und andere in diese Unternehmensgruppe eingebundene Unternehmen zu einer gerichtlichen Hausdurchsuchung kam, führte dies zu Medienberichten und zu einer verstärkten Beschwerdetätigkeit. Im November 2002 bereiteten die zuständigen Sachbearbeiter der Konsumentenschutzsektion des Bundesministeriums für Justiz eine schriftliche Verbraucherinformation betreffend jene Finanzgruppe vor, welcher die Klägerinnen angehören; weiters erstellten sie einen „Musterbrief" und eine Presseaussendung. Von der Strafsektion des Bundesministeriums für Justiz wurde eine Stellungnahme zu den strafgerichtlichen Vorerhebungen eingeholt. Laut dieser Stellungnahme waren angesichts der noch längst nicht abgeschlossenen Ermittlungen und der noch nicht in allen Umrissen erkennbaren Zusammenhänge konkrete Vorhalte gegenüber den Verdächtigen noch nicht möglich. Letztendlich wurde die Presseinformation der „Neuen Kronen Zeitung" übermittelt, auf deren Grundlage im Dezember 2002 ein Artikel erschien, der auszugsweise wie folgt lautet:

„... Ministerieller Leitfaden als Hilfe durch den Anlagen-Dschungel.

Das hat es noch nie gegeben, dass ein Minister einen „Leitfaden" via

Ombudsmann herausgibt. Justizminister Dr. Dieter Böhmdorfer, der auch

für Konsumentenschutz zuständig ist, hegt einen ernsten Verdacht

gegen eine Firma in ... . Im konkreten Fall handelt es sich um die

I*****-Finanzgruppe! ... 500 Anzeigen wegen Verdacht des Betruges

wurden bis jetzt gegen die Firma bei der Staatsanwaltschaft .......

erstattet, ein Musterprozess läuft. 380 Investoren fühlen sich massiv

geschädigt. ... Wie die Betroffenen ihr Recht wahren können, erklärt

der Justizminister: Die Konsumentenschutzsektion empfiehlt Anlegern

mit noch laufenden Ansparverträgen, keine weiteren Zahlungen mehr an

die I*****-Gruppe zu leisten. Rat und Hilfe aus dem

Justizministerium: Unter der Hotline ... kann man ein Musterschreiben

anfordern."

Danach wurde in einer Reihe weiterer Medienberichte auf die eingerichtete Hotline und den Musterbrief hingewiesen. Als Reaktion auf diese Berichte kam es über Initiative der Klägerinnen am 13. 1. 2003 zu einer Besprechung beim Bundesminister für Justiz, die zu geringfügigen Änderungen des Informationsblatts und des Musterbriefs führte. Beim Musterbrief entfiel das ausdrückliche Zitat des § 1052 ABGB, ansonsten erfolgten keine wesentlichen Änderungen. Die Information für Verbraucher sowie der Musterbrief (Beil ./A) lauteten wie folgt:

„I*****-Finanzgruppe

Information für Verbraucher

1. Allgemeines zu I*****

Die in Linz ansässige I*****-Finanzgruppe besteht derzeit aus 48 Unternehmen, die miteinander auf undurchschaubare Weise verflochten sind. I***** ist hauptsächlich in Österreich, Deutschland und der Schweiz tätig und verkauft in erster Linie Anteile an Immobilienfonds, die rechtlich entweder als sogenannte Gewinnscheine (das sind aktienähnliche Wertpapiere) oder als stille Beteiligungen (sogenannte „Realwertbeteiligungen") ausgestaltet sind. Der gesamte Vertragsbestand beträgt etwa 50.000 Verträge.

2. Massive finanzielle Schädigung der österreichischen Verbraucher Den österreichischen Verbrauchern ist vor allem im Zusammenhang mit zwei I*****-Produkten großer finanzieller Schaden entstanden, wobei die Gefahr besteht, dass sich dieser Schaden fortlaufend vergrößert.

2.1. Atypische stille Beteiligungen an der I*****gesellschaft mbH & Co KG („Realwertbeteiligung")

Die „Realwertbeteiligungen" wurden von I***** in Österreich seit 1973 verkauft. In den meisten Fällen beträgt die Laufzeit der Verträge 20 Jahre, wobei der Kunde die vereinbarte Vertragssumme innerhalb dieses Zeitraumes in kleineren monatlichen Raten anspart.

Nachdem in den letzten Jahren viele dieser Ansparverträge ausgelaufen sind, sollen die Anleger nunmehr weniger als 60 % des Kaufpreises der Anteile zurückbezahlt erhalten. Genauer gesagt wird den Anlegern eine Rückzahlung in dieser Höhe lediglich versprochen, da der Abschichtungsbetrag von I***** wegen finanzieller Schwierigkeiten derzeit jeweils nur in 8 Halbjahresraten ausbezahlt wird und auch diese Ratenzahlungen in der Zwischenzeit - wie sich aus Beschwerden betroffener Verbraucher ergibt - offenbar weitgehend eingestellt worden sind.

Problematisch ist, dass sich einige Beteiligungsverträge noch in der Ansparphase befinden und der Großteil dieser Anleger die Raten weiterhin bezahlt, da die Betroffenen von den Schwierigkeiten der I*****-Finanzgruppe nichts wissen. Diese Zahlungen sind für die Anleger aber mit großer Wahrscheinlichkeit verloren.

2.2. Gewinnscheine der I***** AG und der C***** AG

Noch größere Probleme treten bei den I*****-Gewinnscheinen auf, die in Österreich seit 1990 verkauft werden. Diese Gewinnscheine wurden ebenfalls sehr häufig im Rahmen von Ansparverträgen angeboten. Die Ansparzeit beträgt in der Regel 10 Jahre, die monatliche Rate zumeist ATS 1.000 bis 2.000,-. Bei den Gewinnscheinen handelt es sich um aktienähnliche Wertpapiere, wobei der Gewinnscheininhaber jedoch keine laufende Dividende ausgeschüttet erhält.

Die Gewinnscheine können nach den Gewinnscheinbedingungen frühestens zum 31. 12. 2025 oder zum 31. 12. 2026 (hängt von der jeweiligen Gewinnscheinserie ab) gekündigt werden, was den Anlegern beim Verkauf aber, wie die vorliegenden Beschwerden zeigen, regelmäßig verschwiegen wurde, da die Wertpapiere sonst naturgemäß unverkäuflich gewesen wären. Vielmehr wurde den Anlegern zugesichert, es bestünde für die Gewinnscheine ein funktionierender Sekundärmarkt, auf dem die Wertpapiere jederzeit zum Kurswert veräußert werden könnten. Tatsächlich sind die Gewinnscheine aber seit mehreren Jahren unverkäuflich, da sie nicht an der Börse notieren und auch außerbörslich verständlicherweise keine Käufer zu finden sind. Dadurch kann nicht einmal der von I***** veröffentlichte fiktive Kurswert, der derzeit ohnehin nur mehr einen Bruchteil der früheren Werte ausmacht, realisiert werden, sodass die Gewinnscheine für die Anleger praktisch wertlos sind. Es besteht auch keinerlei Aussicht, dass sich hier etwas ändert. In Einzelfällen hat sich I***** zwar freiwillig bereit erklärt, die Gewinnscheine zu einem Preis von etwa einem Drittel des Nennbetrages zurückzunehmen, wobei hier Wartezeiten von etwa 1 ½ Jahren auftraten. In diesen Einzelfällen ging es I***** offenbar darum, dem Vorwurf der Verbraucherschützer, die Gewinnscheine seien völlig wertlos, zu begegnen.

Besonders problematisch ist, dass sich die ganz überwiegende Anzahl der Verträge noch in der Ansparphase befinden und die meisten betroffenen Anleger mangels Information weiterhin ihre Raten bezahlen, dafür aber nur praktisch wertlose Gewinnscheine erwerben.

3. Bisherige Maßnahmen gegen I***** in Deutschland, Österreich und Schweiz

3.1. Die Beschwerden der Anleger haben unseriöse „Keilermethoden", Ansparverträge mit Laufzeiten von 20 Jahren ohne jede Kündigungsmöglichkeit, erhebliche Kapitalverluste und jahrelange Verzögerungen bei der Rückzahlung der Anteile zum Inhalt. Das hat in Deutschland dazu geführt, dass der DFI-Gerlach-Report als führende deutsche Anlegerschutzvereinigung bereits seit Ende der 1980iger Jahre öffentlich vor I***** warnt. Auch liegen in Deutschland bereits Gerichtsurteile vor, in denen Anlegern Schadenersatz zugesprochen wurde, da ihnen durch den Verkauf der praktisch wertlosen I*****-Gewinnscheine „in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt wurde" (Urteil des Oberlandesgerichts München vom 31. 5. 2001, AZ:...).

3.2. In der Schweiz hat die Eidgenössische Bankenkommission im Jahr 1997 ein Vertriebsverbot für die I*****-Immobilienanteile ausgesprochen. Dadurch ist der Verkauf in der Schweiz offenbar zum Erliegen gekommen.

3.3. In Österreich haben sei dem Jahr 2001 250-300 Anleger Strafanzeigen gegen I***** erstattet. Aufgrund dieser Anzeigen und der Erhebungsergebnisse hat die Staatsanwaltschaft beim LG für Strafsachen ... am 23. 8. 2002 die Einleitung der Voruntersuchung gegen Verantwortliche der I*****-Gruppe wegen des Verdachts des schweren gewerbsmäßigen Betrugs und der Untreue beantragt. Es haben sich bislang mehrere hundert geschädigte Verbraucher einem allfälligen Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen. Zudem führt der Verein für Konsumenteninformation seit 2001 im Auftrag des BMJ ein Musterverfahren gegen die I*****-Gruppe. Nachdem sich der Verdacht des Anlagebetruges durch ein Gerichtsgutachten erhärtet hatte, führte die ... Wirtschaftspolizei Ende September 2002 umfangreiche Hausdurchsuchungen bei der Firma I***** durch. Dabei wurden 3.000 Ordner mit Unterlagen beschlagnahmt. Etwa 10.000 weitere Ordner mussten mangels anderwertiger Unterbringungsmöglichkeiten am Firmenstandort unter Austausch der Türschlösser versiegelt werden. Am 14. 11. 2002 brach in den Firmenräumlichkeiten der I*****-Gruppe ein Brand aus, bei dem ein Teil der Unterlagen vernichtet wurde. Nach den bisherigen Untersuchungsergebnissen ist von Brandstiftung auszugehen. Der Grund für die eingeleitete Voruntersuchung liegt vereinfacht gesagt darin, dass die Anlegergelder zwischen den verschiedenen Unternehmen der I*****-Finanzgruppe aufgrund von Beteiligungsverträgen, Kreditverträgen, Provisions- und Vertriebsabkommen und ähnlichen Verträgen hin- und hergeschoben wurden, wodurch letztlich nur etwa die Hälfte der Anlegergelder auch tatsächlich in Immobilien investiert und der Rest von anderen I*****-Unternehmen für verschiedene „Leistungen" vereinnahmt wurde.

4. Empfehlungen der Konsumentenschutzsektion im BMJ zum Schutz der Verbraucher

Anlegern mit noch laufenden Ansparverträgen über I*****- oder C*****-Gewinnscheine wird empfohlen, vorläufig keine weiteren Zahlungen mehr zu leisten. Die Anleger sind zwar seinerzeit eine entsprechende vertragliche Zahlungsverpflichtung eingegangen. Aufgrund der nunmehr eingetretenen Umstände ist es den Kunden aber derzeit nicht mehr zumutbar, I***** weiteres Kapital zur Verfügung zu stellen, zumal sie dafür Wertpapiere erhalten würden, die bereits sei mehreren Jahren nicht mehr handelbar sind. Sie finden daher im Anhang eine Vorlage für ein Musterschreiben. In diesem Schreiben teilt der Anleger I***** mit einer entsprechenden Begründung mit, dass er vorläufig mit der Bezahlung der laufenden Raten aussetzt (gemäß § 1052 ABGB). Außerdem behält er sich eine vorzeitige Kündigung des Gesellschaftsvertrages aus wichtigem Grund ausdrücklich vor. Wenn Sie mit Ihren Zahlungen vorläufig aussetzen wollen, füllen Sie bitte die Vorlage aus. Kopieren Sie die ausgefüllte Vorlage und geben Sie das Original eingeschrieben auf. Die Konsumentenschutzsektion wird die betroffenen Verbraucher in der Folge über die weitere Entwicklung laufend informieren. Sollten Sie wegen der vorläufigen Aussetzung Ihrer Zahlungen von I***** Mahnungen oder Klagsdrohungen erhalten, wenden Sie sich bitte an die Konsumentenschutzsektion. Sollten Sie bereits alle vereinbarten Raten bezahlt haben oder ein anderes Anlageprodukt der I*****-Finanzgruppe (insbesondere eine I*****-Realwertbeteiligung) erworben haben, muss die sinnvolle weitere Vorgangsweise individuell abgeklärt werden. Wenn Sie eine telefonische Beratung wünschen, melden Sie sich bitte unter der Wiener Telefonnummer 713 17 30.

(Musterbrief)

Name, Adresse

An die

I*****gesellschaft mbH

....

Betreff: Gewinnscheine der I***** AG/C***** AG; Zeichnungsauftrag vom

.........................................; Nr.

........................

Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich habe Ihnen am ............................... einen

Zeichnungsauftrag (Nr. ..............................) über

Gewinnscheine der I***** AG/C***** AG erteilt und bezahle die

vereinbarte Vertragssumme in laufenden monatlichen Raten von

........................ EURO ein.

Nunmehr habe ich von der Konsumentenschutzsektion im Bundesministerium für Justiz erfahren, dass die von Ihnen bekannt gegebenen Kurswerte meiner Gewinnscheine nur mehr einen Bruchteil der früheren Werte ausmachen. Außerdem können die Gewinnscheine seit mehreren Jahren selbst zu diesem stark gesunkenen Kurswert nicht verkauft werden, da sie weder an der Börse notieren noch außerhalb der Börse mangels Nachfrage ein funktionierender Handel besteht. Weiters wird derzeit gegen Verantwortliche der I*****-Finanzgruppe beim Landesgericht für Strafsachen ... die Voruntersuchung wegen des Verdachts des schweren gewerbsmäßigen Betrugs und der Untreue geführt. Im Zuge dieser Voruntersuchung ist es erst kürzlich zu umfangreichen Hausdurchsuchungen gekommen, wie das Landesgericht .... der Öffentlichkeit mitgeteilt hat.

Aus allen diesen Gründen ist es mir derzeit nicht mehr zumutbar, weiterhin die vereinbarten Raten zu bezahlen. Ich werde daher so lange mit der Bezahlung der laufenden Raten aussetzen, bis die strafrechtlichen Vorwürfe geklärt sind und ein funktionierender Sekundärmarkt für die Gewinnscheine besteht. Außerdem behalte ich mir ausdrücklich vor, die von mir bereits erworbenen Gewinnscheine vorzeitig zur Rückzahlung zu kündigen, wenn sich herausstellen sollte, dass das Gewinnscheinkapital teilweise vertrags- oder zweckwidrig verwendet wurde.

Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift"

Mit der am 29. 9. 2004 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrten die Klägerinnen die Zahlung von EUR 1.812,50 sA (an die Erstklägerin) und EUR 4.612,98 sA (an die Zweitklägerin) sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten „für sämtliche kausale, zukünftige, derzeit noch nicht bekannte Schäden aus der Veröffentlichung und der Verbreitung und Verwendung der Informationsunterlage mit dem Titel I*****-Finanzgruppe - Information für Verbraucher laut Beilage ./A". Die Gewinnscheine hätten über viele Jahre hinweg Kurswert- bzw Handelstaxensteigerungen verzeichnet; erst seit dem Jahr 1998 sei eine nachhaltige Abwärtsbewegung der Handelstaxen eingetreten. Ungeachtet dessen seien die Gewinnscheine nicht nur jederzeit über verschiedene Vertriebsmöglichkeiten verkäuflich, sondern repräsentierten auch einen über dem Nominale des Gewinnscheins liegenden Vermögenswert in Form des Substanzwerts, der dem jeweiligen Gewinnscheininhaber bei Auflösung des Gewinnscheinfonds zufließe. Die in der Verbraucherinformation sowie im angeschlossenen Musterschreiben aufgestellten Behauptungen seien ebenso wie die juristische Argumentation unrichtig. Die unter den Vertragspartnern bzw potenziellen Geschäftspartnern der Klägerinnen verbreiteten Behauptungen seien geeignet, den Kredit, den Erwerb und das Fortkommen der Klägerinnen zu gefährden. Auf Grund der unrichtigen Tatsachenbehauptungen hätten Vertragsinhaber von „Aufträgen" mit der Zweitklägerin die vertraglich vereinbarten Zahlungen an diese bereits rechtswidrigerweise eingestellt. Bis zum Zeitpunkt der Klagseinbringung handle es sich dabei um einen Betrag von EUR 56.009,68. Die Zweitklägerin habe von jenen Vertragsinhabern, die weitere Zahlungen auf Grund der unrichtigen Tatsachenbehauptungen verweigerten, die ihr vertraglich zustehende Entlohnung in Höhe von 5 % der Zahlungseingänge nicht vereinnahmen können. Dabei handle es sich zum Zeitpunkt der Klagseinbringung um insgesamt EUR 2.800,48, welcher Betrag sich laufend erhöhe. Auf Grund der unwahren Tatsachenbehauptungen und des großen Medienechos, das die Behauptungen hervorgerufen hätten, seien die Klägerinnen gezwungen gewesen, zum Zwecke der möglichst weitgehenden Hintanhaltung negativer Folgen für ihre Geschäftstätigkeit ein im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit tätiges Unternehmen zu beschäftigen. Durch dessen Beratung sei der Erstklägerin ein Aufwand von EUR 1.812,50 und der Zweitklägerin ein solcher von EUR 4.612,98 entstanden, welcher nunmehr als Schaden klagsweise geltend gemacht werde. Das Feststellungsinteresse liege darin, dass die durch die unwahren Behauptungen in der Verbraucherinformation hervorgerufenen Schäden noch nicht abschließend beurteilbar seien. Schon auf Grund der bereits eingetretenen Schäden sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit dem Eintritt weiterer Schäden auf Grund der Verbreitung der kreditschädigenden Tatsachenbehauptungen zu rechnen. Für die Herausgabe der Verbraucherinformation samt Musterbrief durch die Konsumentenschutzsektion sei keine gesetzliche Grundlage vorhanden. Im Übrigen stelle deren Inhalt auf Grund der zahlreichen Unrichtigkeiten einen unverhältnismäßigen Eingriff und damit eine Verletzung des „good will" des Unternehmens der Klägerinnen dar. Deren verfassungsgesetzlich gewährleistetes Eigentumsrecht sei verletzt worden. Jedenfalls wäre die Konsumentenschutzsektion vor der Veröffentlichung derart schwerwiegender Vorwürfe und (unrichtiger) Tatsachenbehauptungen zu deren sorgfältigen Überprüfung verpflichtet gewesen.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete ein:

Die Konsumentenschutzsektion habe ab Mitte Dezember 2002 - großteils an Kunden der I*****-Finanzgruppe - die Verbraucherinformation samt Musterbrief versandt. Sie habe diese Informationsunterlagen Ende 2002/Anfang 2003 auch verschiedenen Zeitungen zur Verfügung gestellt, was zur Folge gehabt habe, dass jener Zeitungsartikel in der Neuen Kronen Zeitung erschien, in welchem auf die bei der Konsumentenschutzsektion erhältlichen Informationsunterlagen hingewiesen wurde. Nachdem die Konsumentenschutzsektion per 1. 5. 2003 dem Bundesministerium für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (BMSG) zugeordnet worden sei, seien an Anleger keine Informationsunterlagen mehr übermittelt worden. Allerdings empfehle die Konsumentenschutzsektion Verbrauchern mit laufenden Ansparverträgen, die sich telefonisch oder schriftlich mit dem Ersuchen um eine Beratung an sie wenden, weiterhin, vorläufig ihre Ratenzahlungen auszusetzen. Die Informationen und Empfehlungen seien inhaltlich vollständig gerechtfertigt gewesen. Eine Haftung der Beklagten könnte nur dann bestehen, wenn entweder falsche und damit kreditschädigende Behauptungen aufgestellt worden wären oder sich die Konsumentenschutzsektion ein Recht nur angemaßt hätte. Beides sei nicht der Fall. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen sei die Konsumentenschutzsektion zur Herausgabe der Beil ./A berechtigt gewesen. Die Angelegenheiten der Konsumentenpolitik einschließlich des Konsumentenschutzes und der Koordination der Konsumentenpolitik umfassten auch die Behandlung von Konsumentenbeschwerden, die Verbraucherinformation und die Förderung der Durchsetzung der Rechte der Verbraucher. In Verfolgung dieses gesetzlichen Auftrages berate die Konsumentenschutzsektion einzelne Beschwerde führende Konsumenten über ihre Rechte und interveniere für sie bei den betroffenen Unternehmen, um ihnen bei der Durchsetzung ihrer Rechte eine Hilfestellung zu geben. Komme es zu keiner einvernehmlichen Lösung, habe die Konsumentenschutzsektion die Möglichkeit, den Verein für Konsumenteninformation auf Grund eines Werkvertrags mit der Republik Österreich mit der Führung von Einzel- und Verbandsverfahren zur Durchsetzung der Verbraucherrechte zu beauftragen. Seien - wie im vorliegenden Fall - die Rechte vieler Verbraucher betroffen und komme es zu einer Vielzahl von Beschwerden, müsse naturgemäß im Interesse eines wirksamen Verbraucherschutzes die individuelle Beratung und Hilfestellung durch eine Information der Öffentlichkeit ergänzt werden. In einem solchen Fall würden standardisierte Informationsunterlagen erstellt und den Verbrauchern zur Verfügung gestellt werden. Es sei selbstverständlich, dass sich ein Staat, der sich den Konsumentenschutz zur Aufgabe gemacht habe, nicht allein damit begnügen könne, den Verbrauchern gesetzliche Rechte einzuräumen, sondern dass er auch dafür sorgen müsse, dass die Verbraucher über diese Rechte informiert und bei ihrer Durchsetzung wirksam unterstützt würden. Eine derartige Hilfestellung sei insbesondere dann notwendig, wenn der einzelne, wirtschaftlich schwache Verbraucher übermächtigen Konzernen gegenüberstehe, mit denen er sich wegen des hohen Kostenrisikos kaum in ein Gerichtsverfahren einlassen könne. In zahlreichen, dem Verbraucherschutz dienenden Richtlinien (zB Vertragsklauselrichtlinie, Verbraucherkreditrichtlinie, Versicherungsvermittlerrichtlinie) würden die Mitgliedstaaten der EU jeweils nicht nur angehalten, den Verbrauchern die in den Richtlinien vorgesehenen Rechte einzuräumen, sondern sei auch die europarechtliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten verankert, die regelmäßige Einhaltung und Durchsetzung dieser Verbraucherrechte durch wirksame Maßnahmen sicherzustellen. Eine solche wirksame Maßnahme sei die Herausgabe der Beil ./A. Sämtliche Angaben in der Verbraucherinformation entsprächen den Tatsachen. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen bestehe eine Verpflichtung der Emittenten der Gewinnscheine, dafür zu sorgen, dass eine Verkaufsmöglichkeit bestehe. Andernfalls müsse den „Ansparzeichnern" das Recht zukommen, wegen Wegfalls eines wesentlichen Teils der Geschäftsgrundlage mit ihren Ratenzahlungen auszusetzen. Die Emittenten der Gewinnscheine hätten dies dadurch gewährleisten können, dass sie für eine Börsennotierung der Gewinnscheine oder für einen funktionierenden außerbörslichen Handel sorgten. Sollte keine Verkaufsmöglichkeit am Sekundärmarkt bestehen, müssten die Gewinnscheine zum Kurswert zurückgenommen werden. Dies ergebe sich nicht nur aus dem Grundsatz von Treu und Glauben und aus Geschäftsgrundlagenüberlegungen, sondern auch aus den die Emittenten treffenden vertraglichen Schutz- und Interessenwahrungspflichten sowie aus einer ergänzenden Vertragsauslegung. Redliche Vertragsparteien wären unter Berücksichtigung der sonstigen, für den Gewinnscheininhaber äußerst nachteiligen Ausgestaltung der Gewinnscheinfondsbedingungen von einer derartigen Verpflichtung der Emittenten ausgegangen. Anleger hätten nach der Übung des redlichen Verkehrs und des Vertragszwecks diese Verpflichtung auch erwarten dürfen. Seit 1998 könnten die Gewinnscheine nicht mehr zu ihrem Kurswert verkauft werden; sofern sich überhaupt ein Käufer finde, müsse beim Verkauf ein Abschlag bis zu 50 % hingenommen werden. Deshalb seien die Gewinnscheininhaber wegen des Wegfalls eines wesentlichen Teils der Geschäftsgrundlage, aber auch auf Grund der Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrags gemäß § 1052 ABGB jederzeit berechtigt, ihre laufenden Ratenzahlungen auszusetzen. Bestünde dieses Recht nicht, käme man zu dem für die Anleger völlig unzumutbaren Ergebnis, dass sie die Gewinnscheine zum vollen Kurswert ankaufen müssten, obwohl sie selbst bei einem Wiederverkauf - sofern dieser überhaupt möglich wäre - derzeit nur etwa die Hälfte des bezahlten Kaufpreises erlösen könnten. Hinzu komme, dass die Zweitklägerin nach ihren eigenen Angaben derzeit Gewinnscheine an „Großinvestoren" mit Abschlägen von bis zu 50 % auf den von der Erstklägerin bekannt gegebenen Kurswert zum Kauf vermittle. Die Gewinnscheininhaber mit laufenden Ansparverträgen müssten daher in etwa den doppelten Preis von Großanlegern bezahlen, um in den Besitz der gleichen Genussrechte zu kommen. Dies stehe mit dem kapitalmarktrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Widerspruch. Auch auf Grund dieser gravierenden Benachteiligung gegenüber anderen Gewinnscheinerwerbern müssten somit die Anleger mit Ansparverträgen berechtigt sein, vorläufig ihre Raten auszusetzen. Im Übrigen sei die Feststellungsklage unzulässig, da bereits eine Leistungsklage möglich sei. Überdies setze das Feststellungsbegehren materiell voraus, dass die Kunden die Zahlungen zu Unrecht eingestellt hätten. Wäre dies - was ausdrücklich bestritten werde - tatsächlich der Fall, so wären die Klägerinnen im Rahmen ihrer Rettungspflicht verhalten, ihre Ansprüche gegen ihre Kunden durchzusetzen. Das Feststellungsbegehren sei daher auch nach § 2 Abs 2 AHG nicht berechtigt. Schließlich verfüge die Zweitklägerin nicht über die notwendige Konzession für die Vermittlung der Wertpapiere, die von ihr auf den Markt gebracht worden und Gegenstand der Beil ./A gewesen seien. Diesbezüglich sei ein Untersuchungsverfahren der Finanzmarktaufsichtsbehörde anhängig.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren mit Teilurteil statt. Die oben wiedergegebene Informationstätigkeit, vor allem der Musterbrief, stelle ein rechtswidriges Organverhalten im Sinne des § 1 AHG dar. Es liege eine Überschreitung des Ermessensspielraums vor, da in Verbindung mit den Medienberichten bei den Beschwerdeführern und Rat suchenden Konsumenten der Eindruck hervorgerufen worden sei, ihnen werde von einer Behörde des Bundes ein rechtlich abgesichertes Instrument zur Verfügung gestellt, mit dem sie ohne nennenswertes Risiko die Rechtswirkungen eines von ihnen abgeschlossenen, jedoch für sie wirtschaftlich ungünstigen Vertrages egalisieren könnten, zumal die Probleme der Konsumenten auf ein rechtswidriges Verhalten der Klägerinnen zurückzuführen wären. Diese Wirkungen der Informationsakte seien generell entstanden, obwohl sie Angelegenheiten der Vertragsausgestaltung, also der Privatautonomie, zum Gegenstand gehabt hätten. Die Anfechtung wegen Leistungsstörungen habe jedoch grundsätzlich den Vertragsparteien vorbehalten zu bleiben. Zum Zweck des Schutzes der Konsumenten im Allgemeinen stelle die Rechtsordnung nur das Instrument der Verbandsklage im Sinne des § 28 KSchG zur Verfügung, um gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßende Vertragsbedingungen mit Unterlassungsklage „unwirksam zu machen". Daraus folge, dass den mit dem Konsumentenschutz beauftragten Organen der Beklagten zur Erfüllung dieses Ziels - bezogen auf konkrete Verträge - keine anderen Mittel zur Verfügung stehen sollten, um „in Vertragsbedingungen und Abläufe individuell abgeschlossener Verträge einzugreifen und das Verhalten eines Vertragspartners rechtlich zu determinieren". Da durch die Informationstätigkeit dieses Ziel mit anderen Mitteln, insbesondere durch den Musterbrief erreicht werden sollte, hätten die Organe der Beklagten ihren Ermessensspielraum im Rahmen der hoheitlichen Aufgabe des Konsumentenschutzes überschritten. Damit liege Rechtswidrigkeit im Sinne des § 1 Abs 1 AHG vor, und zwar unabhängig davon, ob die Informationsrealakte inhaltlich richtig gewesen seien. Da die Beklagte nicht bestritten habe, dass auf Grund ihrer Vorgangsweise in Zukunft Schaden entstehen könne, sei dem Feststellungsbegehren stattzugeben.

Das Berufungsgericht hob infolge Berufung der Beklagten das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es entspreche der einhelligen, primär durch den Verfassungsgerichtshof geprägten Rechtsprechung aller Höchstgerichte, zur Lösung des Abgrenzungsproblems zwischen Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung zuerst nach den rechtstechnischen Mitteln zu fragen, die der Gesetzgeber zur Vollziehung der jeweiligen Verwaltungsaufgabe bereit stelle. Dieser Gesichtspunkt erübrige im Falle rechtsförmlichen Organverhaltens eine Anknüpfung an Handlungsmotive bzw -zwecke, weil die Abgrenzungsfrage schon gelöst sei, wenn eine bestimmte Materie staatlicher Vollziehung durch rechtstechnische Mittel, die der Hoheitsverwaltung eigentümlich seien (Verordnungen, Bescheide), zu vollziehen ist. Die Einordnung eines nach außen hin neutralen, tatsächlichen Verhaltens, das in gleicher Weise sowohl in der Hoheits- als auch in der Privatwirtschaftsverwaltung eines Rechtsträgers vorkommen könne, erfolge durch Zuordnung zum Kernbereich jener jeweils in Betracht kommenden Verwaltungsmaterie, „der durch das Kriterium der Rechtsform gesetzlich eindeutig determiniert" sei. Dabei werde nach einem hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang des Realakts mit einer bestimmten zu vollziehenden Materie gefragt. Das Vorliegen von Hoheitsverwaltung werde dann bejaht, wenn der Realakt einen hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang mit einer Aufgabe staatlicher Vollziehung habe, die ihrem Wesen nach hoheitlicher Natur sei, seien doch dann alle mit deren Besorgung verbundenen - auch rein tatsächlichen - Verhaltensweisen solche in Vollziehung der Gesetze. Dies gelte auch im Falle der Anmaßung einer bestimmten Vollziehungskompetenz durch einen Rechtsträger oder für Verhaltensweisen eines Organs in Überschreitung seines Befugniskreises, ja selbst bei strafgesetzwidrigen oder sonst deliktischen Organhandlungen. Davon ausgehend sei der „Informationsrealakt" durch Organe des BMJ in Vollziehung hoheitlicher Aufgaben erfolgt. Gemäß Abschnitt F des Teiles 2 der Anlage zu § 2 Z 12 des BMG 1973 idF BGBl I 2000/16 seien der Konsumentenschutzsektion des BMJ „Angelegenheiten der Konsumentenpolitik einschließlich des Konsumentenschutzes, soweit dieser nicht bereits unter Z 1 fällt, sowie die Koordination der Konsumentenpolitik" zugewiesen, insbesondere sei sie auch für „Beschwerden in Konsumentenangelegenheiten" zuständig (gewesen). Diese Definition der Aufgaben der Konsumentenschutzsektion sei ausreichend materiell gesetzlich determiniert, sodass auch der hier bedeutsame Informationsrealakt (die Herausgabe der Informationsunterlage Beil ./A) davon umfasst sei. Im vorliegenden Fall trage die Zuweisung der Kompetenz „Konsumentenschutz" einschließlich der ausdrücklich angeführten Behandlung von „Beschwerden in Konsumentenangelegenheiten" dem Bestimmtheitsgebot des Gesetzgebers in ausreichendem Maße Rechnung. Im Hinblick auf die große Zahl der Beschwerdeführer bzw präsumtiv Geschädigten könne kein Zweifel daran bestehen, dass die in der Konsumentenschutzsektion tätigen Organe auch zu offensiven konkreten Maßnahmen, wie eben der Herausgabe der Informationsunterlage Beil ./A, auf Grundlage der Determinierung im BMG berechtigt gewesen seien. Hiefür spreche insbesondere auch die Argumentation der Beklagten, die Mitgliedstaaten der EU seien durch zahlreiche, dem Verbraucherschutz dienenden Richtlinien angehalten, den Verbrauchern die in diesen Richtlinien vorgesehenen Rechte einzuräumen; insbesondere werde dort darauf verwiesen, dass die Mitgliedstaaten der EU verpflichtet sind, die regelmäßige Einhaltung und Durchsetzung dieser Verbraucherrechte durch wirksame Maßnahmen sicherzustellen. Die Verbraucherinformation Beil ./A sei jedenfalls als eine solche „wirksame Maßnahme" anzusehen. Sei aber eine gesetzliche Grundlage für die Herausgabe von Informationsunterlagen durch die Konsumentenschutzsektion gegeben, so bedürfe es einer näheren Überprüfung, ob die darin behaupteten Tatsachen bzw rechtlichen Überlegungen der Sach- und Rechtslage entsprechen bzw ob durch die konkrete Ausgestaltung des Informationsrealakts der den Organen der Beklagten eingeräumte Ermessensspielraum überschritten wurde. Abgesehen von der Frage, ob die behaupteten Tatsachen richtig waren, sei zweifellos auch rechtserheblich, ob die Klägerinnen einen Rechtsanspruch auf Geheimhaltung der in der Beil ./A behaupteten Tatsachen hatten bzw ob eine Geheimhaltung im überwiegenden Interesse des von der Veröffentlichung erkennbar betroffenen Personenkreises (*****-Gruppe) gelegen war. Voraussetzung für eine Haftung nach dem AHG sei nämlich, dass bei einer (schadensverursachenden) Veröffentlichung auf Grund einer unvertretbaren Rechtsansicht das überwiegende Interesse der potenziell betroffenen Personen an der Geheimhaltung missachtet worden wäre. Schließlich spiele es in diesem Zusammenhang auch eine entscheidende Rolle, ob die Klägerinnen überhaupt über die rechtlichen Voraussetzungen „zur Herausgabe" bzw Vermittlung von Geschäften mit Gewinnscheinen verfügten. Es sei daher zu klären, ob die Zweitklägerin eine Konzession für die Vermittlung von Wertpapieren besessen habe. Das Erstgericht hätte nicht ohne Weiteres von der Berechtigung der Zweitklägerin zur Vermittlung der von der Erstklägerin herausgegebenen Gewinnscheine ausgehen dürfen. Sei die Zweitklägerin zur Vermittlung der von der Erstklägerin herausgegebenen Gewinnscheine auf Provisionsbasis mangels entsprechender Konzession gar nicht berechtigt gewesen, so wäre ihr bei Strafe die Ausübung dieser Vermittlungstätigkeit untersagt und hätte sie gegenüber der Erstklägerin für die konzessionslos erbrachten Finanzdienstleistungen keinen Provisionsanspruch. Damit wäre aber ein ersatzfähiger Schaden nach dem AHG und das Interesse der Zweitklägerin an der begehrten Feststellung zu verneinen. Ein Schaden, der einem Rechtssubjekt dadurch entstehe, dass es rechtswidrige Handlungen nur eingeschränkt ausüben dürfe, sei nach dem AHG nicht ersatzfähig. Eine abschließende rechtliche Beurteilung sei erst nach Aufnahme aller Beweise möglich, die die Klägerinnen für die Unrichtigkeit der Behauptungen in der Verbraucherinformation und die Unvertretbarkeit der im Musterbrief enthaltenen Empfehlung angeboten haben. Erst dann werde eine Beurteilung erfolgen können, „ob die in der Verbraucherinformation behaupteten Tatsachen bzw die im Musterbrief empfohlenen rechtlichen Konsequenzen den Tatsachen entsprechen bzw rechtlich vertretbar sind oder ob durch die konkrete Ausgestaltung dieses Informationsrealaktes der den Organen der Beklagten eingeräumte Ermessensspielraum überschritten wurde". Gegenstand des Feststellungsbegehrens sei nicht nur der Musterbrief, sondern die Informationsunterlage Beil ./A in ihrer Gesamtheit. Der gegen diese Entscheidung gerichtete Rekurs der Klägerinnen ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Ausführungen zur Abgrenzung von Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung erübrigen sich, da sich die Rekurswerber nicht gegen die richtige Rechtsansicht des Berufungsgerichts wenden, die der Öffentlichkeit und den einzelnen Konsumenten erteilte Verbraucherinformation sei zufolge des hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhangs mit der Vollziehung der „Angelegenheiten der Konsumentenpolitik einschließlich des Konsumentenschutzes" der Hoheitsverwaltung zuzuordnen, und die beklagte Partei gegen den Aufhebungsbeschluss keinen Rekurs erhoben hat.

Die Rekurswerber halten weiterhin daran fest, die Warnung der Konsumenten bzw der Öffentlichkeit durch die Verbraucherinformation Beilage ./A entbehre jeder gesetzlichen Deckung und verstoße gegen das in Art 18 B-VG verankerte Prinzip, dass ein Hoheitsakt nur auf Basis einer gesetzlichen Kompetenz erfolgen dürfe. Eine hoheitlich handelnde Verwaltungsbehörde sei nicht berechtigt, selbst richtige Tatsachen „nach eigenem Belieben" zu verbreiten, sondern bedürfe hiezu einer gesetzlichen Ermächtigung. Eine solche sei im vorliegenden Fall weder im Bundesministeriengesetz (BMG) zu finden, noch im Gemeinschaftsrecht. Damit sei die Information jedenfalls grob rechtswidrig, sodass es auf deren inhaltliche Richtigkeit gar nicht ankomme.

Dazu ist auszuführen:

Richtig ist, dass an sich die Zuweisung eines allgemeinen Wirkungsbereichs zu einem Bundesministerium (BM) durch das BMG für sich allein grundsätzlich noch nicht zur Setzung von Verwaltungsakten ermächtigt, sondern damit den betreffenden Bundesministerien nur ganz allgemein die Leitung und Verwaltung bestimmter Sachgebiete übertragen wird (Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 Rz 685). Ein Bundesministerium ist zu den zu besorgenden Maßnahmen nur insoweit berufen, als materiell-rechtliche gesetzliche Regelungen bestehen und die Zuständigkeit des Bundes auf Grund der Bundesverfassung auf diesen Sachgebieten reicht (RV 483 BlgNR 13. GP, 21).

In der (zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die

Errichtung einer Dokumentations- und Informationsstelle für

Sektenfragen, BGBl I 1998/150, ergangenen) Entscheidung des

erkennenden Senats vom 19. 1. 1999, 1 Ob 306/98 (= SZ 72/5), wurde

der Ressortkatalog in Teil 2 der Anlage zum BMG als Grundlage dafür

herangezogen, die Herausgabe einer Informationsbroschüre über die von

Sekten ausgehenden Gefahren als in den Kompetenzbereich eines

bestimmten Bundesministeriums gehörig zu qualifizieren. Ob die

Bezugnahme auf das BMG allein ausreichend war (zweifelnd Kalb in JBl

2000, 183 ff, ablehnend Schragel, AHG³, Rz 122), muss nicht weiter

geprüft werden, weil sich die Kompetenz des BMJ im vorliegenden Fall

(auch) aus anderen gesetzlichen Regelungen ergibt, wie nunmehr

darzustellen ist:

Im vorliegenden Fall geht es um die Information von Verbrauchern.

Diese ist eines der zentralen Anliegen der modernen (nationalen)

Konsumentenschutzpolitik und zugleich ein von der EU im Rahmen ihrer Verbraucherpolitik verfolgtes vordringliches Ziel (siehe Weber/Walzel, Verbraucherschutz und Bundesstaatsreform im Lichte der Europäischen Integration; Verbraucherrecht und Verbraucherpolitik, Bd 14, 37; Hanreich, Verbraucherinformation, Werbung und Vertriebsmethoden, in Schuhmacher, Verbraucherschutz in Österreich und in der EG 1992 [12 f]). In Österreich existieren zahlreiche Einrichtungen, die der Verbraucherinformation dienen. Neben dem Verein für Konsumenteninformation und den von den Kammern zur Verfügung gestellten Einrichtungen wird von den zuständigen Bundesministerien informiert, sei es in Form von Berichten, Anfragebeantwortungen und medialer Öffentlichkeitsarbeit. Es werden spezielle Aufgaben der Konsumenteninformation wahrgenommen, die sich aus dem BMG und dem Auskunftspflichtgesetz ergeben (Weber/Walzel, aaO 38). Das BM für Justiz (BMJ), bzw dessen Konsumentenschutzsektion hatte auf diesem Gebiet eine Schlüsselposition inne. Ihm waren „Angelegenheiten der Konsumentenpolitik einschließlich des Konsumentenschutzes" zugewiesen, wozu insbesondere die „Beschwerden in Konsumentenangelegenheiten" gehörten (Abschnitt F des Teiles 2 der Anlage zu § 2 Z 12 BMG 1973 idF BGBl I 2000/16).

Die von den Rekurswerbern geforderte gesetzliche Determinierung der Behandlung bzw Bearbeitung von (schriftlichen, mündlichen oder telefonischen) Beschwerden bzw Auskunftsbegehren in Konsumentenangelegenheiten ergibt sich aus Art 20 Abs 4 B-VG. Danach sind Verwaltungsorgane verpflichtet, Auskünfte über Angelegenheiten des ihnen - hier durch das BMG - zugewiesenen Wirkungsbereichs zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht. Die nähere Ausgestaltung dieser Regelung wurde hinsichtlich der Organe des Bundes sowie der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung in die Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz des Bundes übertragen. 1987 wurden das Auskunftspflichtgesetz des Bundes, BGBl 1987/287, und das Auskunftpflicht- GrundsatzG, BGBl 1987/286, erlassen. Obwohl Art 20 Abs 4 B-VG eine Ermächtigung zur „näheren Regelung" erteilt, ist davon auszugehen, dass die Verpflichtung zur Auskunftserteilung bereits unmittelbar auf Grund der Verfassung selbst besteht und nicht erst durch die einfachen ausführenden Gesetze geschaffen wird. Dies lässt sich insbesondere daraus ableiten, dass der Verfassungsgesetzgeber die Regelung soweit determiniert hat, dass sie bereits unmittelbar vollzogen werden kann (Perthold-Stoitzner, Das Auskunftsrecht nach Art 20 Abs 4 B-VG, in ecolex 1991, 650). Die Verbraucherinformation einschließlich des Musterbriefs (Blg ./A) wurde von den Organen der Konsumentenschutzsektion des BMJ in Wahrnehmung des ihnen durch das BMG (in der damals geltenden Fassung) zugewiesenen Wirkungsbereichs erstellt. Sie findet ihre Grundlage jedenfalls im AuskunftspflichtG idgF. Gemäß dessen §§ 1 und 3 haben Organe des Bundes über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereichs ohne unnötigen Aufschub (spätestens binnen 8 Wochen) Auskünfte zu erteilen, soweit nicht eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem entgegensteht. In welcher Form (mündlich, schriftlich etc) die Auskunft zu erteilen ist, wird nicht näher geregelt; nur für den Fall, dass eine Auskunft nicht erteilt werden kann, ist auf Antrag des Auskunftswerbers ein Bescheid zu erlassen (§ 4 AuskunftspflichtG). Daraus ergibt sich, dass jegliche Form von Auskünften - etwa auch standardisierte (wie die Verbraucherinformation Beilage ./A) - im AuskunftspflichtG ihre Grundlage finden. Die Auskunftstätigkeit (hier: der in Bearbeitung von Konsumentenbeschwerden tätigen Organe) besteht darin, auf Anfrage hin Wissenserklärungen über die aus der amtlichen Tätigkeit bekannten Tatsachen oder Rechtsfolgen eines bestimmten Sachverhalts zu geben (Puck, Haftung des Staates für informelle Zusagen und Auskünfte, in Aicher, Die Haftung des Staates für staatliche Fehlleistungen im Wirtschaftsleben, 172; Perthold-Stoitzner aaO, 652). Eine inhaltliche Determinierung ergibt sich daraus, dass die Behörde bei ihrer Tätigkeit jedenfalls zu einer sachlichen, objektiven und wahrheitsgetreuen Information verpflichtet ist. Der Auskunftsanspruch der Verbraucher bezieht sich auf eine der Sache nach inhaltlich richtige Information (Perthold-Stoitzner, Die Auskunftspflicht der Verwaltungsorgane2 68).

Ebenso besteht gegenüber dem von der Verbraucherbeschwerde betroffenen Unternehmen das Gebot der objektiven, richtigen und wahrheitsgetreuen Information, kann doch eine solche dem Unternehmen in mehrfacher Hinsicht zum Nachteil gereichen. So kann - etwa durch eine Verbraucherinformation via Medien - auf indirektem Weg der „good will" des Unternehmens Schaden erleiden, indem Tatsachen in die Öffentlichkeit getragen werden (beipielsweise über eine Strafanzeige gegen Verantwortliche des Unternehmens, die Vielzahl von Beschwerderfällen etc), die potentielle Neukunden vom Vertragsabschluss abhalten könnten. Eine Determinierung solcher (potenziell) in die Rechtsposition des davon betroffenen Unternehmens eingreifender „Informationsrealakte" besteht schon infolge der Grundrechtsgebundenheit jedes hoheitlichen Akts der Vollziehung. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts gehört zu den zu schützenden Grundrechten jedes vermögenswerte Privatrecht, also auch das Eigentum, dessen Unverletzlichkeit unter anderem durch Art 5 StGG geschützt wird. Auch nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist der wirtschaftliche Ruf einer juristischen Person als absolutes Recht gemäß § 1330 Abs 2 ABGB geschützt (SZ 64/36; SZ 63/1), sodass etwa der in deren Vermögen durch hoheitliche Kreditschädigung verursachte Vermögensschaden gemäß § 1 Abs 1 AHG ersatzfähig ist. Neben der so gegebenen Grundrechtsgebundenheit jedes „Informationsrealakts" in Konsumentenschutzangelegenheiten ergibt sich eine Determinierung ferner aus Art 20 Abs 3 B-VG. Nach dieser Bestimmung besteht eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht bezüglich aller ausschließlich aus der amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im dort näher umschriebenen öffentlichen Interesse oder „im überwiegenden Interesse der Parteien" geboten ist. Der Schutz eines von einer Veröffentlichung betroffenen Dritten - auch einer juristischen Person - ergibt sich ferner aus § 1 Abs 1 DSG, der jedermann ein verfassungsgesetzliches subjektives Recht auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten gewährt, sofern er daran ein schutzwürdiges Interesse hat. Allen Tatbeständen gemeinsam ist, dass eine Abwägung der Interessen eines von dem Auskunftsbegehren betroffenen Dritten (auch einer juristischen Person) auf Geheimhaltung mit denjenigen Interessen vorzunehmen ist, die der Auskunftswerber am Erhalt der Information hat (Wieser in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 20/4 B-VG Rz 40). Stehen bei der abwägenden Gegenüberstellung der Interessen die Interessenlagen einander gleichwertig gegenüber, so steht der Auskunftspflicht keine Geheimhaltungsverpflichtung der Behörde entgegen; nur bei Überwiegen von Geheimhaltungsinteressen ist der Behörde eine Auskunftserteilung verwehrt (Wieser aaO, Art 20/3 B-VG Rz 35). Das Geheimhaltungsinteresse eines unter Umständen rechtswidrig Handelnden ist bei der Interessenabwägung nach Art 20 Abs 3 B-VG geringer zu werten, sodass dessen Interesse an der Geheimhaltung der Information in der Regel jedenfalls nicht überwiegt (ecolex 1994, 62).

Besteht also die Gefahr, dass durch die Information einzelner Verbraucher oder auch der Öffentlichkeit in den „good will" des betroffenen Unternehmens eingegriffen wird, darf diese nur veranlasst werden, wenn - deren Richtigkeit vorausgesetzt - die Information auch einer Prüfung der Verhältnismäßigkeit standhalten kann. Nur bei Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit liegt keine Ermessensüberschreitung vor, könnte doch ein ohne sachliche Notwendigkeit erfolgter Eingriff in ein verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht wie den Eigentumsschutz nicht folgenlos bleiben. Droht also durch eine Veröffentlichung - mag sie auch dem Kern nach wahr sein - eine Beeinträchtigung von Vermögensinteressen einer juristischer Person, so dürfen nur solche Inhalte veröffentlicht werden, die bei Vornahme einer Interessenabwägung ergeben, dass im Hinblick auf die schützenswerten Interessen von Verbrauchern und mangels einer für die Rechtssphäre des betroffenen Unternehmens weniger schädlichen bzw gelinderen Alternative die Veröffentlichung unvermeidlich ist und in Kauf genommen werden muss (vgl SZ 73/35).

Zu prüfen ist im vorliegenden Fall demgemäß einerseits, ob die

Tatsachenmitteilungen im Kern wahr waren, dies ausgehend von der den

Organen damals zur Verfügung stehenden Informationslage. Ist der

Wahrheitsgehalt erwiesen, wird andererseits bei der dann

vorzunehmenden Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Vorgangsweise bzw

der vorzunehmenden Interessenabwägung maßgeblich sein, ob nach dem

damals vorhandenen Informationsstand eine begründete Verdachtslage

bestand, schutzwürdige Belange einer Vielzahl von Verbrauchern

könnten nachhaltig gefährdet sein. Für Letzteres spricht, dass hier

nicht nur vereinzelt Probleme bei der Vertragsabwicklung entstanden,

sondern bereits eine Vielzahl von Fällen bekannt war, in denen

gleiche bzw ähnlich gelagerte Beschwerden erhoben worden waren. Im

Hinblick auf das Bestehen einer großen Anzahl von Verträgen könnte es

sein, dass ein wirksamer Schutz der Verbraucher nur dann

gewährleistet erschien, wenn neben der auf Anfrage hin erteilten

Einzelinformation zum Zweck einer breit gestreuten

Verbraucherinformation auch die Medien herangezogen werden. Eine

Unverhältnismäßigkeit der Vorgangsweise läge dann - unter der

Voraussetzung des Wahrheitsgehalts der Mitteilung - nicht vor. Ebenso

wenig wäre eine Befugnisüberschreitung gegeben, da eine Information,

mit welcher über die bisherige Tätigkeit der Konsumentenschutzsektion

in einer bestimmten Angelegenheit berichtet und eine Hilfestellung

angeboten wird, in den Wirkungsbereich nach Z 10 der Anlage zu § 2

BMG Teil 1 fällt. Dieser umfasst „Angelegenheiten der Information

über den Ressortbereich einschließlich des Verkehrs mit der Presse,

dem Hörfunk und dem Fernsehen". Wenngleich eine Bestimmung nicht

vorhanden ist, die im Speziellen normiert, unter welchen inhaltlichen

Voraussetzungen es zu einer Veröffentlichung in

Konsumentenschutzangelegenheiten kommen darf bzw welches Verfahren

einer solchen Veröffentlichung vorangehen soll (siehe etwa § 4 des

Bundesgesetzes über die Einrichtung einer Dokumentations- und Informationsstelle für Sektenfragen, BGBl I 1998/150 und § 43 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz [LMSVG], BGBl I 2006/13), hat dies nicht die von den Klägerinnen gezogene Konsequenz zur Folge, die im vorliegenden Fall erfolgte Information der Presse sei ohne Rücksicht auf ihre inhaltliche Richtigkeit jedenfalls „gesetzlos", ergibt sich doch in mehrfacher Weise - wie dargelegt - eine gesetzliche Determinierung.

Der Meinung des Erstgerichts, die Aufgabe der Konsumentenschutzsektion habe sich darauf zu beschränken, Verbandsklagen nach § 28 KSchG zu initiieren, weswegen schon aus diesem Grund eine Ermessensüberschreitung vorliege, kann nicht zugestimmt werden. Der Zweck des Konsumentenschutzes ist vor allem auch darin zu sehen, Konsumenten bei allen Arten von bei der Vertragsabwicklung auftretenden Problemen außergerichtlich - also schon im Vorfeld etwaiger Rechtsstreitigkeiten - über die ihnen zustehenden Rechte - zu informieren und zu beraten und insofern den gerichtlichen Verbraucherschutz zu ergänzen. Diesem umfassenden Auftrag könnte allein durch Initiierung von Verbandsklagen nach § 28 KschG nicht nachgekommen werden. Diese Klagen beziehen sich nur auf unwirksame (sittenwidrige) Vertragsklauseln und dienen dem vorbeugenden Schutz des Rechtsverkehrs, der von der Verwendung solcher unwirksamer Klauseln freigehalten werden soll (Krejci in Rummel, ABGB³, Rz 2 zu §§ 28-30 KSchG). Die Verbandsklage bietet keinen Schutz, wenn Leistungsstörungen oder Probleme auftreten, die ihre Ursachen nicht in der Verwendung einer unwirksamen Vertragsklausel haben. Es bestünde keine sachliche Rechtfertigung dafür, in derartigen Beschwerdefällen eine Informationserteilung bzw Beratungstätigkeit auszuschließen.

Letztlich ist zum Einwand der Rekurswerber, die von der Beklagten erhobene Einwendung der „konzessionslosen Vermittlungstätigkeit durch die Zweitklägerin" sei für die Entscheidung über das Feststellungsbegehren bedeutungslos, Stellung zu nehmen. Dieser Einwand ist berechtigt:

Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Zweitklägerin könnte einen ihr allenfalls aus rechtswidriger Vermittlungstätigkeit entstandenen Schaden nicht gegen die Beklagte geltend machten, ist durchaus zutreffend. Nicht zutreffend ist allerdings die daraus gezogene Schlussfolgerung, es sei damit auch ihr Interesse an der begehrten Feststellung zu verneinen, zumal ein aus der Veröffentlichung, Verbreitung und Verwendung der Informationsunterlage Blg ./A resultierender künftiger Schaden durchaus auch aus legaler Tätigkeit der Zweitklägerin erwachsen könnte, wie die Rekurswerber überzeugend und richtig darlegen. Ein solcher Schaden ist aber gewiss ersatzfähig.

Die Aufhebung des Ersturteils war tatsächlich unumgänglich. Dem Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss kommt somit keine Berechtigung zu.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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