Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluss des Rekursgerichts wird aufgehoben und diesem eine neuerliche Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekurses der Antragsteller sind weitere Verfahrenskosten.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmanns für die Steiermark vom 21. Jänner 2000, Zl 3-33.10 M 17-99/28, wurden gemäß § 34 Abs 1 WRG zum Schutz eines Brunnens der Antragsgegnerin Schutzgebiete bestimmt. Die Schutzgebietszone umfasst ua Grundstücke, die je zur Hälfte im Eigentum der Antragsteller stehen. Diese erhielten für die Einschränkung ihrer Nutzungsrechte an den Grundstücken eine jährliche Entschädigung von ATS 9.583,46 (= EUR 696,46) zugesprochen. Die Antragsteller beantragten die gerichtliche Entscheidung über die Entschädigung gem. § 34 Abs 4 iVm § 117 Abs 4 WRG. Neben der Neufestsetzung des jährlichen Entschädigungsbetrags und den Kosten des anwaltlichen Einschreitens im Verwaltungsverfahren begehren sie eine einmalige Entschädigung von ATS 2,314.800 (= EUR 168.223,08) mit der Begründung, dass für ihre Grundstücke wegen unmittelbarer Baulandrandlage eine Einschränkung des „Funktionswerts" bestehe. Dieser Antrag ist gegen die wasserberechtigte Gemeinde als Antragsgegnerin gerichtet.
Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung dieses Antrags und brachte vor, die Grundstücke der Antragsteller hätten niemals eine „Baulandvoraussetzung" aufgewiesen; sie seien außerhalb der „harten" Siedlungsgrenze gelegen. Eine Bebaubarkeit könne auch in Zukunft nicht erwartet werden.
Das Erstgericht setzte für die Einschränkung an den Nutzungsrechten ab dem Jahr 2000 einen jährlichen wertgesicherten Entschädigungsbetrag von EUR 600 fest und trug der Antragsgegnerin auf, diese Entschädigung für die Jahre 2000 bis 2002 und ab 2005 zu leisten (Für die Jahre 2003 und 2004 war die Entschädigung bereits beglichen worden). Das Mehrbegehren an jährlicher Entschädigungsleistung in Höhe von EUR 96,46 sowie das auf einmalige Entschädigung und den Ersatz der Kosten des Verwaltungsverfahrens gerichtete Mehrbegehren wurde abgewiesen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller keine Folge. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Antragsgegner im gerichtlichen Verfahren nach § 117 Abs 4 WRG sei nicht die wasserberechtigte Gemeinde, sondern der Bund, weil die im § 98 Abs 1 WRG genannten Wasserrechtsbehörden grundsätzlich in Vollziehung des Wasserrechtsgesetzes in mittelbarer Bundesverwaltung tätig seien. Der vorliegende Antrag richte sich jedoch nicht gegen die Republik Österreich, sondern gegen die wasserberechtigte Gemeinde, somit gegen eine „falsche" Antragsgegnerin. Die Einbeziehung der „richtigen Partei" in das Verfahren sei nicht möglich. Die mangelnde Passivlegitimation der Antragsgegnerin sei auch ohne dahingehende Einwendung vom Rekursgericht aufzugreifen. Die Antragsabweisung durch das Erstgericht sei „ im Ergebnis" zu Recht erfolgt.
Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
§ 117 WRG enthält allgemeine Bestimmungen über jene Entscheidungen über finanzielle Ansprüche, die im WRG oder in bestimmten Sondervorschriften den Wasserrechtsbehörden zugewiesen sind (Raschauer, Kommentar zum WRG, § 117 Rz 1). Unter anderem entscheidet die Wasserrechtsbehörde über die Pflicht zur Leistung von Entschädigungen gem. § 34 Abs 4 WRG. Gemäß dieser Bestimmung ist derjenige, der sein Grundstück infolge der Bestimmung eines Wasserschutzgebiets nicht (mehr) auf die Art oder in dem Umfang nutzen kann, wie es ihm auf Grund bestehender Rechte zustünde, vom Wassserberechtigten angemessen zu entschädigen. Nach § 117 Abs 1 WRG ist den Wasserrechtsbehörden weiters aber auch die Entscheidung über „Ersätze" (beispielsweise nach den §§ 62 und 67 WRG), „Beiträge" (zB nach § 19 WRG) und „Kosten" zugewiesen (Oberleitner, WRG [2004] § 117 Rz 2). Gegen derartige Entscheidungen der Wasserrechtsbehörde ist eine Berufung nicht zulässig, wohl aber kann das ordentliche Gericht angerufen werden, wodurch die Entscheidung der Wasserrechtsbehörde außer Kraft tritt (§ 117 Abs 4 WRG). In § 117 Abs 4 fünfter und sechster Satz WRG werden die Parteien dieses (gerichtlichen) Verfahrens als „Enteigneter" und „der durch die Einräumung eines Zwangsrechts Begünstigte" bezeichnet; es handelt sich um ein außerstreitiges Verfahren, wobei die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des EisenbahnenteignungsG (nunmehr Eisenbahn-EnteignungsentschädigungsG) sinngemäß anzuwenden sind (Raschauer, aaO Rz 12). In materiellrechtlicher Hinsicht sind neben § 117 WRG jeweils die maßgeblichen Bestimmungen des WRG zu Grunde zu legen (Raschauer aaO). Im vorliegenden Fall ist die „durch die Einräumung eines Zwangsrechtes Begünstigte" die als Antragsgegnerin bezeichnete Gemeinde, zum Schutz deren Brunnens das Schutzgebiet bestimmt worden war. Sie ist es auch, die als Wasserberechtigte iSd § 34 Abs 4 WRG zur Leistung einer angemessenen Entschädigung verpflichtet ist. Zutreffend wird sie im vorliegenden Verfahren daher als Antragsgegnerin in Anspruch genommen.
Die vom Rekursgericht vertretene Rechtsmeinung, der Antrag auf gerichtliche Entschädigungsfestsetzung wäre gegen die Republik Österreich zu richten gewesen, weswegen der Antrag schon mangels Passivlegitimation abzuweisen sei, wird vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt. Die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung 1 Ob 15/99h bezieht sich wohl auf ein gerichtliches Verfahren nach § 117 Abs 4 WRG, doch war Gegenstand jenes Verfahrens nicht eine Entschädigung nach § 34 Abs 1 WRG, sondern das Begehren eines Liegenschaftseigentümers, ihn von einer mit Bescheid einer Bezirkshauptmannschaft ausgesprochenen Verpflichtung zum Ersatz jener Entsorgungs- und Sanierungskosten zu entbinden, die dadurch aufgelaufen waren, dass die Bezirkshauptmannschaft die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung notwendigen Maßnahmen auf seiner Liegenschaft durchführen ließ (§ 31 Abs 3 bzw 4 WRG). Richtig ist, dass in einem derartigen Verfahren Antragsgegner der Bund (und nicht die die Kontaminationen angeblich verursachende Person) ist, da die Bezirksverwaltungsbehörde die bescheidmäßige Verpflichtung zum Kostenersatz aussprach und diese in Vollziehung des Wasserrechtsgesetzes und somit in mittelbarer Bundesverwaltung tätig wurde (1 Ob 41/92). Diese Aussage ist aber infolge der Andersartigkeit des Kontaminationsschäden betreffende Kostenersatzverfahrens (gem. § 31 Abs 4 WRG) auf den hier vorliegenden Fall eines Entschädigungsverfahrens infolge Bestimmung eines Wasserschutzgebiets (gem. § 34 Abs 4 WRG) nicht übertragbar. Da das Rekursgericht - ausgehend von seiner vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsmeinung - auf die geltend gemachten Rekursgründe nicht eingegangen ist, ist die Rekursentscheidung aufzuheben.
Der Kostenausspruch fußt auf § 117 Abs 6 WRG iVm § 44 EisbEG. Die Antragsgegnerin hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung jedenfalls selbst zu tragen, weil ein Kostenersatz an sie schon an der Einseitigkeit der Kostenersatzpflicht nach § 117 Abs 6 WRG iVm § 44 EisbEG scheitern muss (1 Ob 21/95 mwN).
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