Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
In seiner beim Landesgericht Krems an der Donau eingebrachten Amtshaftungsklage bringt der Kläger vor, grundbücherlicher Eigentümer einer im Bezirk Zwettl gelegenen Liegenschaft zu sein. Begehrt wird die Feststellung der Haftung der Republik Österreich für sämtliche Schäden aus der nicht ordnungsgemäßen und verweigerten Durchführung eines Wasserrechtsverfahrens und der nicht durchgeführten Überprüfung der der Liegenschaft des Klägers „unterliegenden" Wasserkraftanlage. Unter einem beantragte der Kläger die Delegierung an das „nicht unzuständige Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien". Diese Delegierung sei zweckmäßig, da er seinen Wohnsitz in Wien habe und auch der Kanzleisitz seines Vertreters sowie der Sitz der Finanzprokuratur in Wien gelegen sei. Für eine Delegierung spreche zudem die Bestimmung des § 86a JN, welche dem Kläger die Möglichkeit einräume, „wahlweise seinen Wohnsitz für den Gerichtsstand vorzuschlagen". Eine allfällige Befundaufnahme vor Ort sei für die Zuständigkeit des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien „nicht abträglich".
Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung. Sie trete zwar dem Delegierungsantrag nicht entgegen, doch sei die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für eine Delegierung gemäß § 31 Abs 1 JN vorlägen, dem zuständigen Oberlandesgericht zu überlassen.
Das Landesgericht Krems an der Donau legte den Akt dem Oberlandesgericht Wien zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vor.
Das Oberlandesgericht Wien wies den Delegierungsantrag ab. Soweit sich der Kläger auf § 86a JN stütze, übersehe er, dass diese Gesetzesbestimmung im Amtshaftungsverfahren wegen des ausschließlichen Gerichtsstands nach § 9 AHG nicht zur Anwendung komme. Die Delegation sei auch nicht zweckmäßig. Eine solche solle sich nur auf Ausnahmefälle beschränken; keinesfalls solle es durch eine zu großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten zu einer faktischen Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung kommen. Zwar seien im vorliegenden Fall der Kläger und die Parteienvertreter in Wien ansässig, die bisher namhaft gemachten Zeugen seien jedoch in Zwettl und Krems wohnhaft. Zudem befinde sich die betroffene Liegenschaft in Zwettl und werde sich möglicherweise im Rahmen der Einholung eines Sachverständigengutachtens die Notwendigkeit einer Befundaufnahme an Ort und Stelle ergeben. Unter diesen Voraussetzungen sei die Zielsetzung der Delegation, nämlich eine wesentliche Verkürzung bzw Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszugangs, nicht erreicht. Es habe bei der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung zu bleiben.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete Rekurs ist zulässig (RIS-Justiz RS0046269), aber nicht berechtigt.
Gemäß § 86a JN können Rechtssubjekte, für welche die Finanzprokuratur einzuschreiten hat, bei den sachlich zuständigen Gerichten in der Landeshauptstadt des Landes geklagt werde, in dem der Kläger seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Es handelt sich um einen Wahlgerichtsstand, der wahlweise an Stelle des allgemeinen Gerichtsstands angerufen werden kann. Allerdings ist die Anrufung des Wahlgerichtsstands dann ausgeschlossen, wenn für den geltend gemachten Anspruch ein ausschließlicher Gerichtsstand vorgesehen ist (Simotta in Fasching/Konecny² I Vor §§ 86a bis 104 JN Rz 2). Da § 9 Abs 1 AHG einen ausschließlichen Gerichtsstand schafft , findet § 86a JN in Amtshaftungsprozessen keine Anwendung (Mayr in Rechberger, ZPO² § 86a JN Rz 1; Schragel, AHG³ Rz 247; Simotta aaO § 86a JN Rz 4). Dass durch die Schaffung des Wahlgerichtsstands gemäß § 86a JN eine Derogation der Norm des § 9 Abs 1 AHG, die keinen allgemeinen, sondern einen ausschließlichen Gerichtsstand bestimmt, stattgefunden hätte, ist nicht nachvollziehbar.
Eine Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeit zur Übertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zur Erleichterung des Gerichtszuganges unter Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beitragen kann (siehe nur auch Fasching, Lehrbuch² Rz 209). In erster Linie ist für die Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer Delegierung der Wohnort der Parteien und der Zeugen maßgebend (7 Nc 4/04d; 7 Nc 77/03p uva). Der von der Auswahl der Partei abhängige Kanzleisitz ihres Rechtsvertreters ist als Delegierungsgrund grundsätzlich ohne Bedeutung (9 Nc 9/03b mwN).
Im vorliegenden Fall sind die bisher im Verfahren namhaft gemachten Zeugen in Zwettl bzw Krems an der Donau wohnhaft. Wenngleich der Wohnsitz des Klägers in Wien gelegen ist, bringt er bereits in der Klage vor, die - im Sprengel des LG Krems gelegene - Liegenschaft gemeinsam mit seiner Ehegattin „zu pflegen und landwirtschaftlich zu nutzen". Schon aus diesem Vorbringen ist ableitbar, dass ihm die Anreise zum Landesgericht Krems nicht unzumutbar ist. Gegenteiliges führte er auch nicht ins Treffen. Der Kanzleisitz seines Rechtsanwalts ist nicht von Relevanz, selbst wenn durch eine Delegierung insoweit eine gewisse Verbilligung des Rechtsstreits bewirkt werden könnte, insbesondere wenn man bedenkt, dass mit der Abhaltung eines Ortsaugenscheins gerechnet werden muss. Vor diesem Hintergrund kann die Frage der Zweckmäßigkeit der Delegierung nicht eindeutig zu Gunsten des antragstellenden Klägers beantwortet werden. Ergibt sich aber kein eindeutiger Schwerpunkt für die Gerichtszuständigkeit an einem bestimmten Ort, muss es bei der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung bleiben und ist von einer Delegierung abzusehen (6 Nc 1/06h).
Aus diesen Gründen ist dem Rekurs ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.
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