Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 15 FBG iVm § 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung
Gegenstand dieses und vier weiterer Zwangsstrafenverfahren gegen die Gesellschaft und ihre beiden Geschäftsführer ist die Offenlegung der Jahresabschlüsse für die Jahre 1998 bis 2002. Das Erstgericht verhängte zunächst angedrohte Zwangsstrafen über die beiden Geschäftsführer. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidungen.
Rechtliche Beurteilung
1. Der außerordentliche Revisionsrekurs macht in seiner „Zulassungsbeschwerde" geltend, das Rekursgericht habe die Zwangsstrafen zu Unrecht verhängt. Dem stehe nämlich die jüngste Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu 16 Ok 34/05 sowie die Rechtsprechung des EuGH zu C-387/02 , C-391/02 und C-403/02 (Berlusconi, Adelchi und Dell'Utri) entgegen. Auf Grund dieser Rechtsprechung bestehe eine „schrankenlose Offenlegungspflicht" nicht mehr; vielmehr sei „auch bei Offenlegungspflichten auf die Gewährleistungen der Grundrechte Bedacht zu nehmen". Das Rekursgericht hat bereits ausgeführt, dass diese Entscheidungen „keinen vergleichbaren Verfahrensgegenstand" beträfen. Diesem Argument tritt der außerordentliche Revisionsrekurs nicht entgegen; er erwähnt vielmehr die Entscheidungen in Ausführung seiner Rechtsrüge gar nicht mehr. Lediglich der Vollständigkeit halber sei aber darauf hingewiesen, dass der EuGH in seiner Entscheidung vom 3. 5. 2005 (neuerlich) die „überragende Rolle" betont, die die Offenlegung der Jahresabschlüsse der Kapitalgesellschaften ... für den Schutz der Interessen Dritter spielt.
2. Mit den übrigen im außerordentlichen Revisionsrekurs dargelegten Argumenten hat sich der Oberste Gerichtshof bereits in zahlreichen Entscheidungen auseinandergesetzt. Er beurteilt in ständiger Rechtsprechung die österreichischen handelsrechtlichen Offenlegungsvorschriften und ihre Durchsetzung mit Zwangsstrafen als verfassungsrechtlich unbedenklich und dem Gemeinschaftsrecht entsprechend und erblickt in der Umsetzung der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien (insbesondere der Publizitätsrichtlinie und der Bilanzrichtlinie) nach mehreren Entscheidungen des EuGH keinen Eingriff in Grundrechte nach der EMRK oder in Grundwerte der Europäischen Gemeinschaft (vgl etwa 6 Ob 197/03v mwN). Für ein Abgehen von dieser Rechtsprechung sah der erkennende Senat insbesondere auch deshalb keine Veranlassung, weil aus der Entscheidung des EuGH C-435/02 , C-103/03 hervorgeht, dass dieser die in den §§ 277 ff HGB umgesetzten gesellschaftsrechtlichen Richtlinien als gemeinschaftsrechtskonform ansieht (s etwa 6 Ob 258/04s; 6 Ob 141/05m).
Der außerordentliche Revisionsrekurs beruft sich zur Begründung seiner Grundrechtsbedenken insbesondere auf die Entscheidung des EuGH C-465/00 . Diese erging zur Auskunftspflicht nach dem BezügebegrenzungsBVG. Der erkennende Senat hat in diesem Zusammenhang bereits mehrfach auf die Verschiedenheit der behandelten Rechtsmaterien verwiesen; insbesondere bestehe der wesentliche Unterschied, dass hinsichtlich der Offenlegungspflicht [von Kapitalgesellschaften im Zusammenhang mit ihren Jahresabschlüssen] eine die Umsetzung der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien einfordernde Rechtsprechung des EuGH vorliegt, die keinen Zweifel darüber offen lasse, dass die Offenlegung mit den Grundrechten im Einklang steht (6 Ob 197/03v mwN).
3. Die Ausmessung der Zwangsstrafen hängt grundsätzlich von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab; eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG liegt daher nicht vor (RIS-Justiz RS0115833).
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