OGH 8ObA30/06d

OGH8ObA30/06d11.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Walter Zeiler und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ilse D*****, vertreten durch Dr. Nikolaus Altmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei A*****-AG, *****, vertreten durch Dr. Hannes Jarolim, Rechtsanwalt in Wien, wegen 66.722,58 EUR brutto sA, über die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Dezember 2005, GZ 8 Ra 38/05z-15, womit über Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 27. August 2004, GZ 4 Cga 62/04x-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung,

I. zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird hinsichtlich der Abweisung eines Begehrens von 43.222,92 EUR brutto samt 4 % Zinsen seit 1. Juni 2003 nicht Folge gegeben. In diesem Umfang werden die Urteile der Vorinstanzen als Teilurteil bestätigt. Die darauf entfallenden Kosten des Revisionsverfahrens werden der Endentscheidung vorbehalten. II. den Beschluss

gefasst:

Im Übrigen, somit hinsichtlich der Abweisung eines Begehrens von 23.499,66 EUR brutto samt 4 % Zinsen seit 1. Juni 2003 wird der Revision Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden in diesem Umfang und im Umfang der Kostenentscheidungen aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die darauf entfallenden Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war vom 1. 4. 1971 bis 31. 5. 2003 Angestellte der Beklagten.

Am 26. 3. 1998 schlossen die Streitteile einen Entsendungsvertrag. Darin wurde vereinbart, dass die Klägerin als Sales Executive for Southern Russian Federation/Station Manager für die Dauer von 1. 5. 1998 bis 30. 4. 2001 nach K*****/A*****/Russland entsendet werde. Im Entsendungsvertrag wurde unter Punkt 4 ein Bruttoentsendungsgehalt von 81.017 S (5.887,74 EUR), bestehend aus einem Entsendungsbezug von

44.326 S, einer 5 %igen Funktionszulage, 10 %igen Mehrleistungszulage, 30 %ige Kaufkraftabgeltungszusage und eine 38 %ige Auslandszulage bei jährlich 14 Gehaltszahlungen vereinbart. Punkt 4 des Entsendungsvertrages legt fest, dass der Entsendungsbezug keinen Einfluss auf das Heimatgehalt hat. Veränderungen der Basisdaten, welche zur Berechnung des Entsendungsgehaltes herangezogen wurden, haben zur entsprechenden Korrektur des Entsendungsgehaltes zu führen. In Punkt 4 des Entsendungsvertrages ist wörtlich festgehalten:

... „Während ihrer Entsendung gemäß diesen Vertrag sowie nach Beendigung ihrer Entsendung bleibt als Grundlage ihres österreichischen Grunddienstvertrages das jeweils nach dem österreichischen Kollektivvertrag sowohl geregelte als auch valorisierte Heimatgehalt aufrecht.

Das Heimatgehalt in Höhe ihres österreichischen Bruttomonatsgehaltes stellt somit die Berechnungsgrundlage für die gesetzlichen und kollektivvertraglichen Abfertigungsansprüche, das Jubiläumsgeld und die (vorzeitige) Alterspension, die Invaliditätspension und die Hinterbliebenenpension gemäß Betriebsvereinbarung über eine zusätzliche Alters-Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung durch den Beitritt zur V***** AG dar.

Punkt 6 des Entsendungsvertrages lautet:

„Ihr nach österreichischem Recht abgeschlossener Dienstvertrag wird in seinem Ablauf durch diese Entsendung nicht unterbrochen. Für die rechtliche Beurteilung ihres Dienstverhältnisses gelten weiterhin die österreichischen Rechtsvorschriften ... sowie der arbeitsrechtliche Teil des Kollektivvertrages für die kaufmännischen und technischen Angestellten ..., sofern im Entsendungsvertrag nichts anderes vereinbart ist ..."

§ 11 des Entsendungsvertrages hat folgenden, zwischen den Parteien unstrittigen Wortlaut:

„Auflösung der Entsendung, des Entsendungsvertrages

Die Beendigung ihres nach österreichischem Recht abgeschlossenen Dienstverhältnisses beendet jedenfalls spätestens zum gleichen Zeitpunkt die Entsendung. ...

Erfolgt die Beendigung des Dienstverhältnisses während der Entsendung in einer solchen Weise, dass dem Grunde nach ein Abfertigungsanspruch entsteht, gilt hinsichtlich der Grundlage dieses Abfertigungsanspruches das jeweils nach KV-Ang berechnete und valorisierte Heimatgehalt als vereinbart.

Sollte sich ergeben, dass aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften dem Angestellten oder seinem anspruchsberechtigten Rechtsnachfolger eine höhere Abfertigung zusteht, als jene, die sich aus obiger Berechnungsart ergibt, berechnet sich diese Abfertigung unter Außerachtlassung der Bestimmungen des Kollektivvertrages ... lediglich im Ausmaß dieser gesetzlichen Bestimmungen ..."

Der Entsendungsvertrag wurde in der Folge zunächst einvernehmlich bis 30. 4. 2002 verlängert. Die Klägerin wurde mit Schreiben vom 26. 1. 2002 aufgefordert, aktiv eine Stelle in Wien zu suchen, damit die Kostenreduktion durch die Lokalbesetzung so rasch wie möglich wirksam wird. Nach einer schriftlicher Bestätigung vom 11. 4. 2002 endete der Entsendungsvertrag schließlich mit 31. 7. 2002.

Mit 1. 8. 2002 wurde mit der Klägerin auf eigenen Wunsch ein gefördertes Altersteilzeitmodell vereinbart und das Dienstverhältnis mit 31. 5. 2003 einvernehmlich beendet. Diese Vereinbarung sieht im Punkt 1 vor, dass sich die Klägerin ab 1. 8. 2002 befristet bis 31. 5. 2003 zu einer wöchentlichen Arbeitsleistung von 19 Wochenstunden, das entspricht 50 % der Normalarbeitszeit, verpflichtet, wobei die Ein- und Verteilung dieser Wochenarbeitszeit auf Wunsch der Klägerin und mit Zustimmung ihres Vorgesetzten in Form von Blockarbeitszeit geleistet werden konnte. Das Bruttomonatsgehalt wurde mit 75 % des zuletzt bestehenden Bruttomonatsgehaltes (Heimatgehalt) berechnet. Aufgrund von hohen Urlaubsrückständen war der letzte aktive Arbeitstag der Klägerin am 24. September 2002. Bis zu ihrem endgültigen Übertritt in den Ruhestand konsumierte die Klägerin ihren Resturlaub.

Tatsächlich war die Klägerin auch nach 31. 7. 2002 bis 24. September 2002 weiterhin an ihrem ursprünglichen Arbeitsplatz in K*****/Russland tätig.

Mit Schreiben vom 4. 2. 2003 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass eine kollektivvertragliche Abfertigung im Ausmaß des 18-fachen monatlichen Entgelts auf Basis des 100 %igen Heimatgehaltes berechnet wurde und einen Betrag von 62.945,28 EUR ergibt.

Die Klägerin begehrt 66.722,58 EUR brutto an restlicher Abfertigung. Sie sei bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses aufgrund der jeweils verlängerten Entsendungsvereinbarung in Russland tätig gewesen. Auch während der Altersteilzeitverblockung habe die Klägerin ihren Dienst in Russland versehen. In Österreich sei die Klägerin nicht mehr für die Beklagte tätig geworden. Am Ende des Blockungszeitraumes sei der Resturlaub der Klägerin durch Dienstfreistellung abgegolten worden. Eine Wiederaufnahme des Dienstes in Wien oder an einem anderen Ort in Österreich sei nicht mehr erfolgt.

Das Dienstverhältnis der Klägerin unterliege dem Kollektivvertrag für die kaufmännischen und technischen Angestellten der Beklagten. Danach gebühre der Klägerin ein Abfertigungsanspruch in Höhe des 18-fachen Entsendungsgehaltes. Das von der Klägerin zuletzt bezogene Entsendungsgehalt habe zuzüglich einer 5 %igen Funktionszulage, einer Mehrleistungszulage, einer Kaufkraftabgeltungszulage und einer Auslandszulage 6.174,66 EUR betragen. Der Klägerin stehe daher ein Abfertigungsanspruch von 111.143,88 EUR (18 mal 6.174,66 EUR) zuzüglich 1/6 Sonderzahlung in Höhe von 18.523,98 EUR, somit insgesamt 129.667,86 EUR zu. Die davon von der Beklagten tatsächlich geleistete Bruttoabfertigung von 62.945,28 EUR sei abzuziehen. Die Differenz ergebe den Klagebetrag. Die zuzüglich zum Entsendungsbezug geleisteten Zulagen stellten Entgelt dar, weil die Lebenshaltungskosten in K***** tatsächlich wesentlich geringer gewesen seien als in Wien. Zusätzliche Aufwendungen seien der Klägerin nicht entstanden, zumal ihr am Dienstort noch ein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestanden sei.

Die Berechnung der Abfertigungsbemessungsgrundlage im Entsendungsvertrag widerspreche dem Kollektivvertrag und sei daher unwirksam.

Die Beklagte wendet ein, dass gemäß § 1 des Kollektivertrages für das kaufmännische und technische Personal der Beklagten der Kollektivvertrag auf jene Angestellten keine Anwendung finde, die einen Dienstsitz im Ausland haben. Das gelte für die Tätigkeit der Klägerin während ihrer Entsendung. Im Entsendungsvertrag sei demgemäß zulässig festgehalten worden, dass bei Beendigung des Dienstverhältnisses während der Entsendung die Bemessungsgrundlage für die Abfertigung das Heimatgehalt sei. Der Entsendungsvertrag verweise im Übrigen auf den Kollektivvertrag. Der Klägerin stehe daher ein Abfertigungsanspruch nach dem Kollektivvertrag zu, welchem das Heimatgehalt zugrunde zu legen sei. Demgemäß sei der Klägerin auch eine Abfertigung in Höhe des 18-fachen ihres Bruttoheimatgehaltes bezahlt worden.

Darüber hinaus sei der Entsendungsvertrag Monate vor Beendigung des Dienstverhältnisses der Klägerin beendet worden. Der Klägerin sei daher zulässigerweise ab 1. August 2002 lediglich das ursprüngliche (valorisierte) Heimatgehalt laut Kollektivvertrag ausbezahlt worden. Auch die Abfertigung gebühre daher ausschließlich nach der Regelung im Kollektivvertrag. Diesen Abfertigungsanspruch habe die Beklagte erfüllt. Die auf die Klägerin anwendbare Betriebsvereinbarung C17 (Altersteilzeit gemäß §§ 27 und 28 AlVG) sehe eine Berechnung eines allfälligen Abfertigungsanspruches für die Zeit der Inanspruchnahme dieses Modells auf Basis der auf 100 % aufgewerteten Bemessungsgrundlage, dh auf Basis des auf 100 % aufgewerteten Teilzeitgehaltes vor.

Selbst wenn jedoch das Entsendegehalt als Abfertigungsbemessungsgrundlage heranzuziehen sei, gebühre jedenfalls aufgrund der Bestimmungen im Entsendevertrag nur eine Abfertigung in Höhe von 12 Bruttomonatsentgelten bzw, falls diese Bestimmung günstiger sei, die ohnedies bezahlte Abfertigung in Höhe von 18 Monatsentgelten auf Basis des Heimatgehaltes. Sowohl die der Klägerin gewährte Kaufkraftzulage in der Höhe von zuletzt 25 % ihres Gehaltes als auch die der Klägerin gewährte Auslandszulage dienten der Abdeckung konkreter, von der Beklagten im einzelnen aufgezählter Mehrausgaben bzw dem Ausgleich der in K***** höheren Lebenshaltungskosten. Sowohl die Kaufkraftparitätsabgeltung als auch die Auslandszulage stelle daher Aufwandersatz dar und falle nicht in die Bemessungsgrundlage für die Abfertigung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Über die eingangs wiedergegebenen, im Berufungsverfahren unbestritten gebliebenen Feststellungen traf das Erstgericht ua folgende weitere Feststellungen:

„Anlässlich der Gespräche mit der Klägerin im April 2002 wurde besprochen, dass, wenn die Klägerin keinen ihr zusagenden Arbeitsplatz findet, die Klägerin wieder dort eingesetzt wird, wo sie früher arbeitete. Die Klägerin sollte also ab 1. 8. 2002 bis zum Ende der Teilzeitbeschäftigung im Ticketverkauf tätig sein. Tatsächlich hat sie dort nie gearbeitet. Mit Schreiben vom 30. 4. 2002 wurde eine über den beabsichtigten Beendigungstermin hinausgehende Beschäftigung in Russland auf TO-Basis (Dienstreise) vorgesehen. Die Klägerin war weiterhin in Russland auf Dienstreise. Eine Nachfolgerin in Russland gab es mit 1. 7. 2002. Das Problem war, dass die Klägerin nur mehr rund 1 ½ Monate in Wien zu arbeiten hatte. Ihren ursprünglichen Arbeitsplatz wollte die Klägerin nicht wieder einnehmen. Einen anderen Arbeitsplatz gab es de facto nicht. Es drängte sich daher auf, die Klägerin in Krasnodar mittels Dienstreise zu belassen, um ihre Nachfolgerin weiter zu unterstützen. Die Tätigkeit der Klägerin stellte sich vor dem 31. 7. 2002 so dar, dass sie die Verantwortliche war, nach dem 31. 7. 2002 war die Verantwortliche die Nachfolgerin der Klägerin, die die Klägerin nur unterstützte."

Rechtlich gelangte das Erstgericht zusammengefasst zum Ergebnis, dass die Klägerin ab 1. 8. 2002 bis zur Beendigung ihrer Arbeitstätigkeit lediglich im Rahmen einer Dienstreise in Russland eingesetzt gewesen sei. Es sei zu keiner Fortsetzung des Entsendungsvertrages gekommen. Das Dienstverhältnis sei somit erst nach der Beendigung der Entsendung beendet worden. Aus diesem Grund gebühre der Klägerin die Abfertigung nach dem Kollektivvertrag, welchem das Heimatgehalt zugrunde zu legen sei.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Klägerin erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht erledigte die Tatsachenrüge der Klägerin in ihrer Berufung gegen die weiteren, näher bezeichneten Feststellungen des Erstgerichtes nicht und billigte rechtlich die Auffassung des Erstgerichtes. Die Tätigkeit der Klägerin in Russland habe jedenfalls am 24. 9. 2002 geendet. Jedenfalls ab diesem Tag sei eine Entsendung begrifflich nicht mehr in Frage gekommen. Ab diesem Zeitpunkt habe daher auch kein Anspruch auf das Entsendegehalt bestanden. Die Berechnung der Abfertigung nach dem Kollektivvertrag auf Basis des Heimatgehaltes durch die Beklagte sei daher zutreffend. Die dagegen von der Klägerin erhobene Revision ist zulässig, weil die Vorinstanzen den Inhalt der von der Beklagten selbst ins Treffen geführten Betriebsvereinbarung C17 missachteten.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise im Sinne ihres Eventualantrages auf Aufhebung berechtigt.

§ 1 des Kollektivvertrages für die kaufmännischen und technischen Angestellten der Beklagten, der auf das Dienstverhältnis der Klägerin jedenfalls bis zu ihrer Entsendung unstrittig anzuwenden war, bestimmt in seinem § 1 unter dem Titel „Geltungsbereich" wörtlich:

„Dieser Kollektivvertrag findet keine Anwendung

  1. a) auf das Bordpersonal
  2. b) auf jene Angestellten, die einen Dienstsitz im Ausland haben,
  3. c) Ferialpraktikanten mit Pflichtpraktikum und Volontäre. Für die unter lit b genannten Angestellten ist bei der Überstellung nach Österreich bei aufrechtem Dienstverhältnis die an einem ausländischen Dienstort verbrachte Dienstzeit grundsätzlich für alle Rechtsansprüche aus dem Dienstverhältnis anzurechnen. Eine Versetzung in das Ausland mit Dienstsitz im Ausland kann nur im Einvernehmen mit dem Angestellten durchgeführt werden. Ein vom Betriebsrat genannter Vertreter ist in beratender Funktion bei der Entscheidung einer Entsendung zuzuziehen ..."

    § 11 des Kollektivvertrages regelt unter dem Titel „Abfertigung":

    „1. Hat das Dienstverhältnis ununterbrochen drei Jahre gedauert, so gebührt dem Angestellten bei Auflösung des Dienstverhältnisses eine Abfertigung. Diese beträgt das zweifache des dem Angestellten für den letzten Monat des letzten Dienstverhältnisses gebührenden Entgelts und erhöht sich nach fünf Jahren auf das 5-fache, nach zehn Dienstjahren auf das 8-fache, nach 15 Dienstjahren auf das 12-fache, nach 20 Dienstjahren auf das 15-fache und nach 25 Dienstjahren auf das 18-fache des monatlichen Entgelts ..."

    Aus dem klaren Wortlaut des § 1 des Kollektivvertrages folgt zunächst, dass der Kollektivvertrag von seinem Geltungsbereich aufgrund einer Entsendungsvereinbarung in das Ausland versendete Angestellte ausnimmt. Die von der Klägerin angenommene Interpretationsbedürftigkeit des Ausdruckes „Dienstort" ist nicht gegeben: Vielmehr ergibt sich sowohl nach Wortlaut als auch nach Zweck der Regelung, dass die Kollektivvertragsparteien die Begriffe „Dienstort" und „Dienstsitz" synonym verwendeten. Andernfalls machte die Anrechnungsregel für die „an einem ausländischen Dienstort" verbrachte Dienstzeit, die ausdrücklich nur für Angestellte mit Dienstsitz im Ausland gilt, keinen Sinn.

    Damit ist für die Dauer der Entsendung der Klägerin nicht der Kollektivvertrag, sondern nur die Entsendungsvereinbarung maßgeblich. Diese Entsendungsvereinbarung legt nun ausdrücklich fest, dass bei einer Beendigung des Dienstverhältnisses während der Entsendung hinsichtlich der Grundlage des Abfertigungsanspruches das nach dem Kollektivvertrag berechnete und valorisierte Heimatgehalt heranzuziehen ist. Wenngleich dem Wortlaut nicht ausdrücklich zu entnehmen, gehen die Partei ebenso wie die Vorinstanzen zutreffend davon aus, dass diese Vereinbarung nicht nur hinsichtlich der Bemessungsgrundlage (nach Kollektivvertrag zu berechnendes und valorisiertes Heimatgehalt), sondern auch hinsichtlich der - gegenüber der gesetzlich Abfertigungsregelung günstigeren - Anzahl der Abfertigungsentgelte auf die kollektivvertragliche Regelung verweist. Da die Anwendbarkeit der Abfertigungsbestimmungen des Kollektivvertrages auf das Dienstverhältnis der Klägerin während ihrer Entsendung auf einer Einzelvereinbarung beruht, wurden die Bestimmungen des Kollektivvertrages über die Abfertigung zwar (teilweise) zum mittelbaren Arbeitsvertragsinhalt, § 3 Abs 1 ArbVG ist jedoch nicht anwendbar (RIS-Justiz RS0051005; SZ 67/159 ua). Daraus folgt, dass die Bestimmungen im Entsendungsvertrag über die Höhe der der Klägerin gebührenden Abfertigung bei Beendigung des Dienstverhältnisses während der Entsendung keinem Günstigkeitsvergleich gegenüber dem Kollektivvertrag zu unterziehen sind, sondern nur einem Günstigkeitsvergleich mit der zwingenden gesetzlichen Regelung des § 23 AngG Stand zu halten haben. Der Klägerin kann daher ausgehend von ihrem eigenen Vorbringen, dass die Entsendungsvereinbarung bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses aufrecht war und daher ihr Entsendungsbezug samt Zulagen die Abfertigungsbemessungsgrundlage darstellt, jedenfalls keine Abfertigung in Höhe von 18 Monatsentgelten auf Basis des Entsendungsbezuges samt Zulagen beanspruchen: Mangels unmittelbarer Anwendung des Kollektivvertrages gebührt ihr vielmehr aufgrund des Entsendungsvertrages eine Abfertigung im kollektivvertraglich geregelten (und im Entsendungsvertrag vereinbarten) Ausmaß von 18 Monatsentgelten auf Basis des Heimatgehaltes. Nur dann, wenn diese vertraglich vereinbarte Regelung ungünstiger als die gesetzliche Regelung ist, stünde der Klägerin gemäß § 23 AngG iVm § 40 AngG zumindest die gesetzliche Abfertigung nach § 23 AngG zu. Die Klägerin geht selbst von einem Entsendungsbezug zuzüglichen Zulagen von 6.174,66 EUR aus. Zuzüglich 1/6 Sonderzahlung ergibt sich eine der Klägerin höchstmöglich gebührende Abfertigung von 86.445,24 EUR (6.174,66 mal 12 zzgl 1/6 Sonderzahlung). Unter Abzug der von der Beklagten unstrittig geleisteten Bruttoabfertigung in Höhe von 62.945,28 EUR verbleibt ein Betrag von 23.499,66 EUR brutto, der der Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen höchstens zustehen könnte. Im Umfang der Differenz zwischen dem Klagebegehren (66.722,58 EUR brutto) und diesem Betrag, somit im Umfang von 43.222,92 EUR ist die Revision somit jedenfalls unberechtigt. Insoweit hatte daher eine Bestätigung der klageabweisenden Urteile der Vorinstanzen mittels Teilurteils zu erfolgen.

    Aber auch zur Beurteilung der Berechtigung dieses Begehren kommt es nicht darauf an, ob die Entsendungsvereinbarung noch aufrecht war bzw ob eine Anwendung der in 9 ObA 101/03y aufgestellten Grundsätze auf den vorliegenden Fall auch dann geboten wäre, wenn man mit den Vorinstanzen und der Beklagten davon ausgehen wollte, dass die von der Klägerin behauptete „konkludente Verlängerung" der Entsendevereinbarung nicht getroffen wurde:

    Die Beklagte berief sich bereits in erster Instanz ausdrücklich - und wiederholte dieses Vorbringen in ihrer Revisionsbeantwortung - auf eine nach ihrem Vorbringen auf die Klägerin anwendbare Bestimmung der BV C17, die regelt, dass sich das Gehalt während der Altersteilzeit auf Basis des zuletzt bezogenen Gehaltes vor Antritt der Altersteilzeit errechnet, wobei die Abfertigung wiederum von dem auf 100 % Beschäftigtenausmaß aufgerechneten Teilzeitgehalt zu errechnen ist. Die Revisionsbeantwortung gesteht in diesem Zusammenhang zu, dass ein entsendeter Mitarbeiter, der unmittelbar vor Antritt der Altersteilzeit ein erhöhtes Entsendegehalt auf unbefristeter Basis bezieht, Anspruch darauf hätte, dass die Abfertigung nach dem entsendeten Gehalt berechnet wird. Warum hingegen diese von der Beklagten selbst vorgebrachte Regelung in der BV C17 auf den Fall der Klägerin nicht anwendbar sein soll, ist nicht nachvollziehbar: Die BV C17 stellt ihrem von der Beklagten zitierten Wortlaut nach gerade nicht darauf ab, ob die Entsendung durch Befristung endete oder aber ob eine unbefristete Entsendungsvereinbarung geschlossen wurde. Vielmehr lässt der Wortlaut nur den Schluss zu, dass sich das Teilzeitgehalt (und damit die Abfertigungsbemessungsgrundlage) auf Basis des vor Inanspruchnahme der Altersteilzeitvereinbarung zuletzt bezogenen tatsächlichen Gehaltes errechnet. Diese dem § 27 Abs 2 Z 4 AlVG entsprechende Bestimmung in der BV C17 zielt darauf ab, Nachteile des eine Altersteilzeitvereinbarung in Anspruch nehmenden Arbeitnehmers bei Berechnung der Abfertigung auszuschließen. Dass dieser Ausgleich nur bis zur Höhe des kollektivvertraglich geregelten Heimatgehalts erfolgen sollte, lässt sich dem von der Beklagten selbst zitierten Wortlaut der BV C17 gerade nicht entnehmen, die unterschiedslos auf das tatsächlich vor Wirksamwerden der Altersteilzeitvereinbarung zuletzt bezogene Monatsentgelt abstellt. Damit erübrigt sich aber auch eine Aufhebung des Urteiles des Berufungsgerichtes zur Erledigung der nicht behandelten Tatsachenrüge der Klägerin und damit eine Beantwortung der Frage, ob - wie die Klägerin behauptet - die Entsendungsvereinbarung nur deshalb nicht ausdrücklich verlängert wurde und anstelle dessen eine Gestaltung der weiteren Tätigkeit der Klägerin in Russland unter dem Titel der „Dienstreise" gewählt wurde, um der Klägerin Abfertigungsansprüche auf Basis des (höheren) Entsendungsbezuges zu nehmen. Ebenso erübrigt sich ein Eingehen darauf, ob nicht selbst unter Zugrundelegung einer Beendigung des Entsendungsvertrages zum 31. 7. 2002 die Dominanz der bisher von der Klägerin ausgeübten Auslandstätigkeit im Sinne der Entscheidung 9 ObA 101/03y zur Beurteilung zu führen hätte, dass der (höhere) Auslandsbezug der Bemessung der Abfertigung zugrunde zu legen ist.

    Im Umfang der aufgezeigten Differenz zwischen dem Begehren und dem der Klägerin höchstmöglich zustehenden Abfertigungsanspruch hatte allerdings eine Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen zu erfolgen, weil - im Unterschied zur Entscheidung 9 ObA 101/03y - hier zwischen den Parteien strittig ist, ob die Kaufkraftausgleichszulage und die Auslandszulage Aufwandsentschädigungen darstellen oder aber als Entgelt zu werten sind, und somit für die Berechnung der Abfertigungsbemessungsgrundlage heranzuziehen sind. Ob eine bestimmte Leistung des Arbeitgebers unter den Begriff des Entgelts fällt oder aber als Aufwandsentschädigung anzusehen ist, bestimmt sich allein danach, ob und inwieweit sie lediglich der Abdeckung eines konkreten finanziellen Aufwandes des Arbeitnehmers dient oder (auch) Gegenleistung für die Bereitstellung seiner Arbeitskraft ist. Wird ein Aufwand des Arbeitnehmers überhöht abgegolten, dann handelt es sich bei der Leistung nur in jenem Umfang um Aufwandersatz, in dem ein tatsächlicher Aufwand abgegolten wird. Eine Aufwandsentschädigung, welche pauschal gewährt wird, verliert ihren Charakter als solche nicht, wenn zumindest im Durchschnitt die konkreten Ausgaben im Wesentlichen der Summe der Pauschalien entsprechen bzw Pauschalzahlungen nicht unrealistisch hoch angesetzt werden (9 ObA 101/03y mH auf 9 ObA 220/02x; siehe auch Schrank, Rechtsprobleme der Berechnung der Abfertigung, ZAS 1990, 1). Während die Klägerin behauptete, sämtliche der ihr gewährten Zulagen deckten keinerlei Aufwendungen ab, stellte sich die Beklagte auf den Standpunkt, dass sowohl die Kaufkraftabgeltungszulage als auch die Auslandszulage Aufwandsentschädigungen darstellten, weil konkrete Mehraufwendungen der Arbeitnehmerin (geringere Kaufkraft in Russland; konkrete Aufwendungen) abzugelten waren (vgl Vorbringen Beklagte S 4 bis 6 in ON 8). In diesem Umfang wird daher das Erstgericht ergänzende Feststellungen zu treffen haben. Erst dann wird sich die Höhe des aus den dargelegten Gründen für die Bemessung der Abfertigung wesentlichen tatsächlichen Entsendungsbezuges und damit die Höhe der der Klägerin gebührenden Abfertigung (Entsendungsbezug mal 12 zzgl 1/6 Sonderzahlung abzüglich der geleisteten Zahlung) beurteilen lassen.

    Der Kostenvorbehalt gründet sich sowohl hinsichtlich des Aufhebungsbeschlusses als auch hinsichtlich des Teilurteils auf § 52 ZPO.

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