OGH 8ObS6/06z

OGH8ObS6/06z11.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Walter Zeiler und Robert Hauser als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Harald G*****, vertreten durch Holzer Kofler Mikosch, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei IAF Service GmbH, Geschäftsstelle K*****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 50 EUR netto (Revisionsinteresse 20 EUR netto) Insolvenz-Ausfallgeld, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. Jänner 2006, GZ 7 Rs 113/05z-11, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 26. September 2005, GZ 30 Cgs 333/04v-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie einschließlich des unbekämpft gebliebenen Teiles zu lauten haben:

„Das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, dem Kläger 50 EUR netto binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen. Der Kläger hat seine Verfahrenskosten selbst zu tragen."

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war von 15. 11. 2003 bis 27. 1. 2004 bei einer GmbH als Koch beschäftigt. Mit Beschluss vom 8. 7. 2004 des Landesgerichtes Klagenfurt wurde über das Vermögen der früheren Dienstgeberin des Klägers Konkurs eröffnet. Das Dienstverhältnis endete durch ungerechtfertigte Entlassung.

Mit Klage vom 14. 6. 2004 machte der Kläger vor dem Erstgericht gegen seine ehemalige Arbeitgeberin 3.304,78 EUR netto geltend. Neben der Kündigungsentschädigung begehrte er an „Generalunkosten" 50 EUR netto (Fahrtkosten, Telefonate) aus dem Titel des Schadenersatzes mit der Begründung, aufgrund der unberechtigten Auflösung des Dienstverhältnisses habe er mehrmals die Arbeiterkammer K***** zur Geltendmachung seiner Ansprüche aufsuchen bzw Telefonate abhalten müssen. Dieses Arbeitsgerichtsverfahren wurde infolge der Konkurseröffnung unterbrochen.

Mit Bescheid vom 27. 10. 2004 lehnte die Beklagte ua die Zahlung von 50 EUR aus dem Titel der „Generalunkosten" als nicht nach dem IESG gesichert ab.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner rechtzeitigen Klage über 50 EUR netto. Die Generalunkosten stellten keine außerprozessualen Kosten dar, sondern seien als materiellrechtlicher Schadenersatzanspruch anzusehen, der sowohl nach § 1 Abs 2 Z 2 IESG als auch nach § 1 Abs 2 Z 3 IESG gesichert sei. Aufgrund der unberechtigten vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses habe der Kläger mehrmals die Arbeiterkammer K***** aufsuchen müssen, wodurch ihm der geltend gemachte Aufwand entstanden sei.

Die Beklagte wendet ein, Generalunkosten seien unter die geltend gemachten Bestimmungen nicht zu subsumieren. Es handelt sich um Kosten der vor- und außergerichtlichen Tätigkeit, die mit dem Einheitssatz abgegolten würden.

Das Erstgericht erkannte - nach Außerstreitstellung, dass dem Kläger tatsächlich 20 EUR an „Generalunkosten" (Fahrtauslagen zur Arbeiterkammer, Telefonkosten) entstanden - dem Kläger 20 EUR netto an Insolvenz-Ausfallgeld zu, wobei es irrtümlich eine Abweisung des Mehrbegehrens unterließ.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass die Generalunkosten in einem Sachzusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis des Klägers stünden und durch die unberechtigte vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses durch den Dienstgeber entstanden seien. Diese Generalunkosten seien daher auch nach IESG gesichert. Das Berufungsgericht gab der dagegen nur von der Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Inhaltlich billigte das Berufungsgericht die Rechtsauffassung des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der Beklagten erhobene Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abwich; die Revision ist auch berechtigt. Eine Berufung des Klägers auf die durch BGBl I 2002/118 eingefügte Bestimmung des § 1333 Abs 3 ABGB ist schon deshalb verfehlt, weil die geltend gemachten „Generalunkosten" von dieser Neuregelung nicht erfasst werden: Die Neuregelung bezweckt nach den EB eine Klarstellung der Rechtslage von Inkassokosten. Dabei handelt es sich um Aufwendungen, die die Realisierung der Forderung auf außergerichtlichem Weg ermöglichen sollen, also gerade nicht der aktuellen Prozessvorbereitung, sondern der Prozessvermeidung dienen. Hier hingegen entstanden die Fahrt- und Telefonspesen zur Arbeiterkammer schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers im Zusammenhang mit der Geltendmachung seiner Ansprüche gegen die ehemalige Dienstgeberin und wurden somit zur Vorbereitung des Arbeitsgerichtprozesses aufgewendet (vgl dazu 3 Ob 127/05f mit Hinweis auf die EB).

Damit käme eine Sicherung dieser Kosten nur nach § 1 Abs 2 Z 4 IESG in Betracht: Besteht im IESG eine spezielle Regelung ( hier: Kosten iSd § 1 Abs 2 Z 4 IESG), kann nur diese, nicht aber die allgemeinere Regelung Anspruchsgrundlage sein. Durch ein Austauschen des Rechtsgrundes (Schadenersatz iSd § 1 Abs 2 Z 2 IESG bzw „sonstige Ansprüche" iSd § 1 Abs 2 Z 3 IESG statt Kosten) kann der Kläger nicht die für speziellere Tatbestände vorgesehenen Anspruchsbegrenzungen unterlaufen (8 ObS 14/05z; 8 ObS 17/05s).

Von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen ( Kosten eines außergerichtlichen Vergleiches oder Anerkenntnisses) sind gemäß § 1 Abs 2 Z 4 IESG nur Kosten eines gerichtlichen Verfahrens, nicht aber außergerichtliche Kosten zu ersetzen (8 ObS 15/91; 8 ObS 28/95; 8 ObS 374/97a).

Die der Vorbereitung des Arbeitsgerichtsprozesses dienenden „Generalunkosten" für Fahrt- und Telefonspesen des Klägers sind somit nicht gesichert.

Zu einem Kostenzuspruch nach Billigkeit im Sinne des § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG besteht kein Anlass.

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