OGH 3Ob68/06f

OGH3Ob68/06f26.4.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R**** AG, ***** vertreten durch Leon Schopf Zens Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die verpflichtete Partei Christiane Maria B***** , vertreten durch Dr. Michael Günther, Rechtsanwalt in Wien, wegen 9.927,28 EUR s.A., infolge Revisionsrekurses der Drittschuldnerin G***** reg.Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Peter Kaupa, Rechtsanwalt in Baden, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 25. August 2005, GZ 17 R 173/05w-23, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 21. Februar 2006, AZ 17 R 173/05w, womit der Rekurs der Drittschuldnerin gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 21. April 2005, GZ 12 E 84/05d-17, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs der Drittschuldnerin und die Revisionsrekursbeantwortung der betreibenden Partei werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Verpflichtete ist Nutzungsberechtigte einer im Eigentum der Drittschuldnerin, einer gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft und nunmehrigen Rechtsmittelwerberin, stehenden Wohnung. Aufgrund des vollstreckbaren Vergleichs vom 6. September 1994 wurde der betreibenden Partei am 10. Jänner 2005 zur Hereinbringung einer Teilforderung von 9.927,28 EUR s.A. die Exekution durch Pfändung 1. des der Verpflichteten zustehenden Finanzierungsbeitrags, mit dem untrennbar das Nutzungsrecht an der Wohnung der Drittschuldnerin verbunden ist, und 2. des Anspruchs der Verpflichteten als Nutzungsberechtigte der Drittschuldnerin auf dasjenige, was ihr im Falle der Beendigung des Nutzungsvertrags bei der Auseinandersetzung zukommt, bewilligt. Die Entscheidung über den Verwertungsantrag der betreibenden Partei wurde vorbehalten. Ein mit dem existenznotwendigen Bedürfnis an der Wohnung begründeter Einstellungsantrag der Verpflichteten wurde rechtskräftig abgewiesen. In ihrer Drittschuldnererklärung gab die Wohnungsgenossenschaft einen von der Verpflichteten geleisteten Finanzierungsbeitrag (§ 17 WGG) von 3.292,37 EUR bekannt. Dieses Geschäftsguthaben dürfe nach der Satzung der Genossenschaft weder abgetreten noch verpfändet werden. Aus dem Nutzungsvertrag zustehende Ansprüche an Dritte dürften ohne Zustimmung der Drittschuldnerin nicht abgetreten werden. Das Abtretungsverbot stehe einer zwangsweisen Verwertung entgegen. In der Tagsatzung des Erstgerichts vom 18. April 2005 über den Verwertungsantrag sprachen sich die Verpflichtete und die Drittschuldnerin gegen den Verwertungsantrag aus. Die Drittschuldnerin verwies auf die Exekutionsbeschränkung des § 42 Abs 4 MRG und wiederholte ihr Argument, das vertragliche Abtretungsverbot hindere die Exekutionsführung.

Das Erstgericht gab dem Verwertungsantrag statt und ermächtigte die betreibende Partei, das Recht (auf Beendigung des Nutzungsvertragsverhältnisses und auf das Auseinandersetzungsguthaben) im Namen der Verpflichteten geltend zu machen und zu diesem Zweck nach Maßgabe der Vorschriften des bürgerlichen rechts die Teilung oder die Einleitung des Auseinandersetzungsverfahrens zu begehren, Kündigungen vorzunehmen, insbesondere nach §§ 59 bzw. 77 GenG, und die sonst zur Ausübung und Nutzbarmachung des gepfändeten Rechts erforderlichen Erklärungen wirksam für die verpflichtete Partei abzugeben. Die Ermächtigung erfasse auch die Befugnis zur Einklagung des gepfändeten Rechts sowie einzelner aus demselben hervorgehender Ansprüche.

Nach Ansicht des Erstgerichts sei der Inhalt der Ermächtigung mit der Überweisung einer Geldforderung zur Einziehung (§ 308 EO) vergleichbar. Die Ermächtigung stelle die Rechte des betreibenden Gläubigers jenen der verpflichteten Partei gleich. Es trete nur ein Wechsel in der Person des Verfügungsberechtigten ein. § 42 Abs 4 MRG (Schutz des Wohnbedürfnisses des Verpflichteten und seiner Familie) stehe nur dem Zugriff auf das Nutzungs- und Mietrecht entgegen, nicht aber dem Recht auf Beendigung des Gesamtverhältnisses. Bei gegenteiliger Meinung wäre eine Exekutionsführung gemäß § 333 EO unmöglich und könnte ein Verpflichteter sein Vermögen dem exekutiven Zugriff entziehen.

Das Rekursgericht hob über Rekurs der Verpflichteten den den Verwertungsantrag bewilligenden Beschluss des Erstgerichts zur Verfahrensergänzung zum Thema der Exekutionsbeschränkung nach § 42 Abs 4 EO auf und wies ferner den Rekurs der Drittschuldnerin zurück (P 1. der Rekursentscheidung). Zur Zurückweisung dieses Rechtsmittels führte die zweite Instanz im Wesentlichen aus, die Rekurslegitimation von Beteiligten sei im Exekutionsverfahren nur dann zu bejahen, wenn in die zivilrechtliche Rechtsstellung eingegriffen werde oder ein Rekursrecht aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften bestehe. Im Vollstreckungsverfahren dominiere der formelle Parteibegriff. Gegen einen gemäß § 331 EO ergangenen Pfändungsbeschluss von Mietrechten stünden einem Vermieter kein Rekursrecht zu. Der Bestandgeber könne erst im Verwertungsverfahren allenfalls Beteiligter werden, wenn sich durch den Verwertungsbeschluss seine Rechtsposition verschlechtere. Der betreibende Gläubiger könne nur die Rechte geltend machen, die auch dem Verpflichteten eingeräumt seien. Dazu zähle auch das Kündigungsrecht. Es trete somit in Wahrheit nur ein Wechsel in der Verfügungsbefugnis über das Recht des Verpflichteten als Mieter ein (3 Ob 174/03i). Es gehe daher nicht um das gesamte Rechtsverhältnis, sondern bloß um das Kündigungsrecht samt nachfolgender Verwertung des Auseinandersetzungsguthabens. In dieses Rechtsverhältnis sei der betreibende Gläubiger eingetreten. Damit sei eine Verschlechterung der Rechtsposition der Drittschuldnerin nicht gegeben. Insoweit diese im Rekurs fürchte, die betreibende Partei werde sich das Aufrechnungsgebot des Nutzungsvertrags nicht entgegenhalten lassen, sei ihr zu erwidern, dass nach ihren Angaben selbst derzeit keine Rückstände der Verpflichteten bestünden.

Das Rekursgericht ließ über Antrag der Drittschuldnerin den Revisionsrekurs nachträglich zu, weil zur Rechtsfrage, ob sich durch ein vertragliches Aufrechnungsverbot die rechtliche Position der Drittschuldnerin durch die Stattgebung des Verwertungsantrags verschlechtere, sowie zur Frage, wie sich die betreibende Partei verhalten müsse, um dem entgegenzuwirken, oberstgerichtliche Rsp fehle.

Mit ihrem Revisionsrekurs beantragt die Drittschuldnerin die Abänderung dahin, dass ihrem Rekurs an die zweite Instanz Folge gegeben werde.

Die betreibende Partei beantragt, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben. Der Revisionsrekurs und die Revisionsrekursbeantwortung sind unzulässig:

In den entscheidungswesentlichen Rechtsfragen ist das Rekursgericht der stRsp gefolgt:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Beteiligtenstellung und Rekurslegitimation eines Dritten im Exekutionsverfahren ist nur ausnahmsweise zu bejahen, wenn der angefochtene Beschluss auf die Rechtsstellung des Dritten unmittelbaren Einfluss hat (3 Ob 174/03i = EvBl 2004/182 = RdW 2004, 671 = immolex 2004, 339 = RPflE 2004/65 mwN; RIS-Justiz RS0110287).

2. Ein Bestandgeber kann sich unter diesen Voraussetzungen gegen die Verwertung der Mietrechte zur Wehr setzen, wenn sich dadurch seine Rechtsposition verschlechtert. Dies gilt auch für die Verwertung von Nutzungsrechten von Wohnungen einer Wohnungsgenossenschaft, für die gemäß der Verweisungsbestimmung des § 20 WGG die Exekutionsbeschränkung des § 42 Abs 4 MRG gilt. Durch die Bewilligung der Verwertung der Mietrechte des Verpflichteten wird aber noch nicht in die Rechtsstellung des Bestandgebers eingegriffen, weil es sich dabei im Ergebnis nur um einen Wechsel in der Verfügungsbefugnis über das Recht des Mieters handelt (3 Ob 174/03i). Vermögensnachteile des Vermieters infolge Auflösung des Mietverhältnisses verschaffen als bloß wirtschaftliche Nachteile keine Beteiligtenstellung.

3. Insoweit die Revisionsrekurswerberin ihr Argument wiederholt, das vertragliche Abtretungsverbot (P 28. des Nutzungsvertrags) stehe der Verwertung der Mietrechte durch die betreibende Partei entgegen, ist ihr mangels näherer Rechtsmittelausführungen zu diesem Thema nur entgegenzuhalten, dass ein vertragliches Zessionsverbot die Pfändbarkeit und damit auch die Verwertbarkeit des Pfandobjekts nicht ausschließt (6 Ob 547/84 = JBl 1984, 675; RIS-Justiz RS0003950; Oberhammer in Angst, EO, § 294 Rz 3 mwN). Eine absolute (dingliche) Wirkung des einen Gläubiger belastenden Zessionsverbots gegenüber Dritten, wie sie in der oberstgerichtlichen Rsp seit der Entscheidung des verstärkten Senats 5 Ob 609/81 = SZ 57/8 = JBl 1984, 311 (krit.

Wilhelm 304) = EvBl 1984/76) bejaht wurde, gilt jedenfalls nicht für

den hier zu beurteilenden Fall eines den Schuldner betreffenden

Abtretungsverbots zu Sicherungszwecken (vgl. 8 Ob 569/90 = SZ 63/155

= JBl 1992, 46; 3 Ob 531/91 = JBl 1992, 652). Im Übrigen ist nach der

geltenden Rechtslage aufgrund des § 1396a ABGB (eingefügt durch das ZessionsrechtsänderungsG BGBl I Nr. 51/2005) nur mehr von einer relativen Wirksamkeit eines Zessionsverbots auszugehen.

4. Die Revisionsrekursausführungen zu dem im Nutzungsvertrag vereinbarten Aufrechnungsverbot unterliegen dem auch im Exekutionsverfahren herrschenden Neuerungsverbot (RIS-Justiz RS0002371). Es kann dahingestellt bleiben, ob sich die Rechtsposition der Drittschuldnerin tatsächlich dadurch verschlechtert, dass sie das Aufrechnungsverbot gegenüber der betreibenden Partei, weil diese nicht in alle Rechte und Pflichten der Mieterin eintritt, nicht geltend machen kann und so Gefahr läuft, mit Nutzungsentgeltforderungen im Falle der Nichtzahlung der monatlichen Entgelte durch die Verpflichtete (bis zur Räumung) nicht aufrechnen zu können. Entgegen dem Revisionsrekursvorbringen hat sich die Drittschuldnerin im Verfahren erster Instanz auf einen solchen Sachverhalt weder in ihrer Drittschuldnererklärung noch in der zur Erörterung des Verwertungsantrags anberaumten Tagsatzung, sondern erstmals im Rekurs an die zweite Instanz berufen. Im Hinblick auf das schon im Verfahren erster Instanz mögliche, aber unterlassene Vorbringen war dieses Thema im Rekursverfahren meritorisch nicht zu behandeln. Es kann auch im Revisionsrekursverfahren nicht als erhebliche Rechtsfrage geltend gemacht werden.

5. Die Revisionsrekursbeantwortung der betreibenden Partei ist als unzulässig zurückzuweisen, weil das Rekursverfahren in Exekutionssachen - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - grundsätzlich einseitig ist (3 Ob 99/04m mwN).

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