OGH 15Os23/06f

OGH15Os23/06f19.4.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. April 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hennrich als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Borivoje S***** wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter Satz, zweiter Fall und 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. Jänner 2006, GZ 071 Hv 193/05d-66, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil - das im Übrigen unberührt bleibt - im Schuldspruch B./ wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch enthält, wurde Borivoje S***** des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten (richtig:) gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter Satz, zweiter Fall und 15 StGB (A./I./ und II./) sowie des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (B./) schuldig erkannt.

Danach hat er

(zu A./) zwischen März 2004 und 27. Juli 2005 in Wien, Mödling und Leopoldsdorf in insgesamt fünf Angriffen fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert, nämlich im Urteilsspruch näher bezeichnete Elektrowerkzeuge den dort genannten Geschädigten gewerbsmäßig durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen (A./I./) und wegzunehmen versucht (A./II./), sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

(zu B./) am 22. März 2004 (in Wien) eine ausländische öffentliche Urkunde, „die durch Gesetz oder zwischenstaatlichen Vertrag inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist", nämlich einen total gefälschten und auf den Namen Krunoslav B***** lautenden kroatischen Führerschein, im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache, nämlich zum Beweis seiner Identität gebraucht, indem er sich damit im Zuge einer polizeilichen Identitätskontrolle legitimierte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen nominell aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO erhobene, inhaltlich nur gegen den Schuldspruch A./ gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht. Mit der eine „unzureichende Begründung" (Z 5; der Sache nach Z 10) behauptenden Kritik, das Erstgericht habe es unterlassen, den genauen Wert des Schadens festzustellen, vernachlässigt der Nichtigkeitswerber die Urteilsfeststellungen, denen zufolge bereits der Wert der im Zuge der vollendeten Diebstahlsfakten (A./I./1./ und 2./) tatsächlich weggenommenen Geräte insgesamt 6.232 Euro betrug (US 7). Darüber hinausgehende Feststellungen zur Schadenshöhe waren nicht erforderlich, weil der aus § 29 StGB relevante Gesamtschaden jedenfalls 3.000 Euro, nicht aber 50.000 Euro übersteigt (US 2) und eine nähere Determinierung der innerhalb dieser Qualifikationsgrenzen liegenden Schadensbeträge auf die Lösung der Schuld- und Subsumtionsfrage keinen Einfluss hat.

Der ohne Bezugnahme auf Verfahrensergebnisse erhobene Einwand, es habe sich „um alte fast unbrauchbare Baumaschinen" gehandelt, „deren Wert weit unter der Wertgrenze von 3.000 Euro" liege, erschöpft sich nach Art und Weise einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung im bloßen Versuch, die - mängelfreie (US 10 ff und 15) - erstrichterliche Beweiswürdigung zu bekämpfen, ohne einen Begründungsmangel aufzeigen zu können.

Gleiches gilt für das auch Unvollständigkeit im Sinne der Z 5 zweiter Fall monierende Beschwerdevorbringen, wonach der Umstand, der Angeklagte habe die „gebrauchten und teilweise fast unbrauchbaren Maschinen" zur eigenen Verwendung genommen und nicht verkaufen wollen, vom Gericht nicht festgestellt bzw „übergangen" worden sei. Indem die Rüge weder Anhaltspunkte für den Beschwerdestandpunkt, die erbeuteten Geräte seien „teilweise fast unbrauchbar" gewesen, noch die daraus angestrebte rechtliche Konsequenz bezeichnet und im Übrigen nicht an den getroffenen Feststellungen festhält (denen zufolge der Angeklagte das Werkzeug - zum Teil auch - für sich selbst verwenden, zum überwiegenden Teil aber verkaufen wollte, um mit dem erzielten Erlös seinen Lebensunterhalt zu finanzieren [US 10]), vermag sie auch keinen Feststellungsmangel im Sinne eines materiellen Nichtigkeitsgrundes (im Ergebnis Z 10) aufzuzeigen. Soweit der Rechtsmittelwerber Feststellungen darüber vermisst, dass seine Vorstrafen bereits länger als fünf Jahre zurückliegen, übergeht er die aktenkonformen (ON 50, 51) Urteilsausführungen zu seinem einschlägig belasteten Vorleben (US 5 f). Die daraus abgeleitete Behauptung, die „Anwendung des § 39 StGB" sei „zu Unrecht" erfolgt (inhaltlich Z 11 zweiter Fall), verkennt, dass die fakultative Strafbemessungsvorschrift des (qualifizierten) Rückfalls nach § 39 StGB - mangels Überschreitung des zweiten Strafsatzes des § 130 StGB - hier gar nicht zur Anwendung gelangte. Die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 39 StGB vorlagen (US 17), steht im Übrigen im Einklang mit den gesetzlichen Voraussetzungen.

Der Einwand fehlender Urteilsannahmen darüber, dass die Baucontainer „mangelhaft gesichert und praktisch als herrenloses Gut" dagestanden seien (sachlich Z 10 bzw Z 9 lit a), zeigt abermals keine dieses Vorbringen indizierenden Beweisergebnisse auf und lässt überdies die einer solchen Annahme entgegenstehenden Urteilskonstatierungen über die Gegebenheiten auf den zumindest teilweise durch einen Zaun gesicherten Baustellen- und Firmengeländen (US 6 f) sowie über die Sicherung der Container durch Sicherheits- und Vorhängeschlösser (US 2 f, US 6 ff) unbeachtet.

Die nominell aus Z 9 lit a erhobene Rechtsrüge (inhaltlich abermals Z 10) orientiert sich nicht am urteilsmäßig festgestellten Sachverhalt (US 2 und 7), wenn sie die bereits im Rahmen der Mängelrüge aufgestellte Behauptung wiederholt, der durch die Taten herbeigeführte Schaden hätte 3.000 Euro nicht überschritten. Indem der Nichtigkeitswerber abschließend die Aufhebung des gesamten Urteils begehrt, richtet sich die Beschwerde auch gegen das Schuldspruchfaktum B./, ohne einen der im § 281 Abs 1 Z 1 bis 11 StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt zu bezeichnen, weshalb auf das Rechtsmittel in diesem Umfang keine Rücksicht zu nehmen war (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Aus Anlass der Beschwerde war hingegen beim Urteilsfaktum B./ einerseits die bereits vom Erstgericht aufgezeigte (US 16) rechtsirrige Anwendung des § 224 StGB (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) und andererseits das Fehlen ausreichender, einen Schuldspruch des Angeklagten wegen des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB tragender Feststellungen (Z 9 lit a) von Amts wegen wahrzunehmen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).

Den betreffenden Urteilsannahmen zufolge wies sich der Angeklagte - nachdem er zuvor bei einem versuchten Einbruchsdiebstahl betreten worden war - den einschreitenden Polizeibeamten gegenüber mit einem total gefälschten, auf den Namen Krunoslav B***** lautenden kroatischen Führerschein aus (US 6 f).

Eine Bestrafung nach § 224 StGB setzt voraus, dass eine gemäß § 223 StGB mit Strafe bedrohte Handlung in Beziehung auf eine ausländische Urkunde begangen wurde, die durch Gesetz oder zwischenstaatlichen Vertrag inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist. Dies ist bei ausländischen Führerscheinen nach derzeitiger Rechtslage nur bei Lenkerberechtigungen aus EWR-Staaten der Fall (§ 1 Abs 4 FSG). Eine bloße „Anerkennung" ausländischer Führerscheine im Inland (wie sie etwa Art 24 Z 1 des Abkommens über den Straßenverkehr [BGBl 1955/222] oder Art 2 des Übereinkommens über den Straßenverkehr [BGBl 1982/289 idF BGBl III 1998/24] vorsehen) ist hingegen nicht als Gleichstellung iSd § 224 StGB aufzufassen (ÖJZ-LSK 1981/13; 13 Os 158/93). Führerscheine aus Nicht-EWR-Staaten genießen daher nur den gewöhnlichen Strafschutz nach §§ 223, 229 StGB (Kienapfel in WK² § 224 Rz 38). Der Schuldspruch des Angeklagten war daher in Ansehung der Qualifikation nach § 224 StGB rechtlich verfehlt. Aber die Urteilsfeststellungen zum Urkundendelikt (US 6 f) sind auch nicht geeignet, einen Schuldspruch wegen des verbleibenden Grunddelikts nach § 223 Abs 2 StGB zu tragen. Dessen Tatbestand setzt den zumindest bedingten Vorsatz des Täters in Beziehung auf die Urkundeneigenschaft des Tatobjekts, dessen Unechtheit (Kienapfel in WK² § 223 Rz 237) und die dadurch bewirkte Täuschung über ein Recht, ein Rechtsverhältnis oder eine Tatsache im Rechtsverkehr („Täuschungsvorsatz"; siehe WK² § 223 Rz 221 ff) voraus, welcher vom Schöffensenat im vorliegenden Fall (obwohl nach der Aktenlage [S 43 in ON 9] indiziert) jedoch nicht festgestellt wurde. Bemerkt wird, dass sich die von der Staatsanwaltschaft am 3. November 2005 abgegebene Einstellungserklärung gemäß § 109 Abs 1 StPO hinsichtlich §§ 223, 224 StGB (S 3n) ersichtlich nicht auf das Faktum B./ des Schuldspruchs (Führerschein B*****), sondern auf eine andere Urkunde bezieht (vgl auch die Erklärung der Anklagebehörde S 3 Punkt 5).

Die Aufhebung des angefochtenen Urteils in Punkt B./ des Schuldspruchs und demgemäß im Strafausspruch einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung - im zweiten Rechtsgang wird auch die aus S 5/I ersichtliche Haftzeit zu berücksichtigen sein - erwies sich daher als unumgänglich.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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