OGH 3Ob160/05h

OGH3Ob160/05h15.2.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Alexander B*****, vertreten durch Dr. Gerhard Braumüller, Rechtsanwalt in Graz als Verfahrenshelfer, wider die beklagte Partei Magdalena B*****, vertreten durch Dr. Franz Gölles und Mag. Robert Pöschl, Rechtsanwälte in Graz, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 1 C 9/91v des Bezirksgerichts Frohnleiten, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als (richtig) Berufungsgericht vom 19. April 2004, GZ 1 R 74/04s-145, womit das - vom Berufungsgericht als Beschluss bezeichnete - Urteil des Bezirksgerichts „Frohnleiten vom 25. August 2003, GZ 1 C 9/91v-137, „mit einer Maßgabe bestätigt" wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 416,06 EUR (darin 69,34 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile wurde mit Wirkung vom 12. April 1989 geschieden. Der Kläger war schuldig, der Beklagten ab 20. Mai 1987 Unterhalt von 4.000 S monatlich zu leisten.

Der Kläger begehrte von der Beklagten mit der am 18. März 1991 zu AZ 1 C 9/91v des Bezirksgerichts Frohnleiten eingebrachten Klage die Zahlung von 97.993 S sA. Diesen Betrag habe er der Beklagten, seiner geschiedenen Ehegattin, auf Grund einstweiliger Verfügungen deshalb vom November 1987 bis Februar 1989 überhöht an Unterhalt bezahlt, weil sie in dieser Zeit eigenes Einkommen und aus ihrem Vermögen weitere Erträgnisse bezogen habe. Seit 21. April 1987 habe sie ua Arbeitsmarktförderungsbeihilfe bezogen. Dies habe sie aber dem Gericht verschwiegen. Sie wäre verpflichtet gewesen, die gegen den Kläger gerichtete Lohnpfändung einzustellen.

Die Klage wurde in Ansehung eines Betrags von 5.600 S mit Beschluss des Erstgerichts vom 9. Jänner 1992, bestätigt mit Beschluss des Rekursgerichts vom 9. Juli 1992, 1 R 167, 168/92-27, rechtskräftig zurückgewiesen, weil über die vor der Erlassung der einstweiligen Verfügung (EV) bereits fällig gewordenen Unterhaltsbeträge durch diese einstweilige Verfügung (EV) rechtskräftig entschieden worden sei und daher bezüglich des Unterhalts für die Zeit vom 20. Mai 1987 bis Juni 1987 eine rechtskräftig entschiedene Streitsache vorliege. Mit Urteil vom 30. August 1994 gab das Erstgericht dem Klagebegehren mit 5.680 S sA statt und wies ein Mehrbegehren von 92.313 S sA (rechnerisch wegen der teilweisen Zurückweisung des Klagebegehrens richtig 86.713 S sA) ab. Dieses Urteil erwuchs in seinem klagestattgebenden Teil und in seinem die Klage abweisenden Teil von 54.589,83 S in Rechtskraft. Im klageabweisenden Teil von 32.123,17 S sA wurden die Urteile der Vorinstanzen mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 27. März 1996, 3 Ob 2065/96i, aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit Urteil des Erstgerichts vom 3. Jänner 1997, GZ 1 C 9/91v-103, wurde sodann diesem Klagebegehren stattgegeben. Diese Entscheidung wurde mit Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 12. Mai 1997, 1 R 144/97x-109, bestätigt.

Mit - anwaltlich nicht gefertigtem - Schreiben vom 1. August 2000, beim Erstgericht eingelangt am 7. August 2000, von diesem ohne Einjournalisierung zum Akt AZ 1 C 9/91v genommen, beantragte der Kläger die Wiederaufnahme dieses Verfahrens. Er brachte vor, das Einkommen der Beklagten im Zeitraum 21. April 1987 bis 30. November 1988 sei „wesentlich höher als im Verfahren ermittelt werden konnte". Nach ausführlichem Vorbringen, worauf er diese Behauptungen stütze, insb dass Nachforschungen ergeben hätten, das AMS Graz verfüge nach wie vor über bislang nicht verwendete Unterlagen, aus denen das Einkommen der Beklagten nun eindeutig nachvollzogen werden könne, beantragte der Kläger, das Erstgericht möge von mehreren näher bezeichneten Behörden bestimmte „Urkunden und Daten" beischaffen. Eine nähere Präzisierung des Vorbringens sowie ein Klagebegehren enthält dieser Schriftsatz nicht.

Das Erstgericht schaffte diverse Unterlagen bei, die es dem Kläger übermittelte.

Mit Beschluss vom 18. April 2002 bewilligte das Erstgericht dem Kläger die Verfahrenshilfe mit Beigebung eines Rechtsanwalts. Der mit Bescheid des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 25. April 2002 zum Vertreter des Klägers bestellte Rechtsanwalt brachte einen am 27. August 2002 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz ein, den das Erstgericht zum Akt 1 C 9/91v nahm, nun aber

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Klägers ist analog § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig (RIS-Justiz RS0043836; Jelinek in Fasching/Konecny2 § 543 ZPO Rz 8), somit ungeachtet des Wertes des Entscheidungsgegenstands zweiter Instanz und des Vorliegens erheblicher Rechtsfragen (Zechner in Fasching/Konecny2 § 519 ZPO Rz 12 mwN), jedoch nicht berechtigt. Gemäß § 530 Abs 1 Z 7 ZPO kann ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden, wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde.

Das am 7. August 2000 beim Erstgericht eingelangte, anwaltlich nicht gefertigte Schreiben des Klägers vom 1. August 2000 enthält an sich das Vorbringen derartiger Umstände, ohne dass hier eine nähere Präzisierung erfolgte. Mit dem - vom Berufungsgericht, nicht aber vom Erstgericht als Wiederaufnahmsklage beurteilten - vorbereitenden Schriftsatz vom 27. August 2002 (ON 111) präzisierte der nun durch den ihm im Rahmen der Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt vertretene Kläger, er habe die Wiederaufnahmsklage bereits (nicht anwaltlich gefertigt) am 7. August 2000 eingebracht. Weiters brachte er ausdrücklich vor, es werde die Wiederaufnahme des mit Urteil des Erstgerichts vom 3. Jänner 1997, bestätigt mit Urteil des Berufungsgerichts vom 12. Mai 1977, abgeschlossenen Verfahrens begehrt. Mit diesen Urteilen wurde dem damals noch nicht erledigten Klagebegehren stattgegeben. Der Wiederaufnahmskläger kann jedoch keinesfalls begehren, dass ein seinem ursprünglichen Klagebegehren ohnehin stattgebendes Urteil dahin abgeändert werde, das zusätzlich zu dieser Klagsstattgebung weitere - überhaupt nicht (mehr) eingeklagte - Beträge zugesprochen werden.

Dass der Anführung dieser (ohnehin) klagsstattgebenden Entscheidung im Schriftsatz ON 111 nicht ein (offensichtlicher) Irrtum des Wiederaufnahmsklägers zugrundeliegt, ergibt sich klar aus seinem weiteren Vorbringen in diesem Schriftsatz, wonach er bei Kenntnis des weiteren Einkommens der Beklagten das Klagebegehren nicht „eingeschränkt" hätte. Der Wiederaufnahmskläger ist mit seinem Klagebegehren im Verfahren, dessen Wiederaufnahme er nun beantragt, durchgedrungen. Mit einer Wiederaufnahmsklage kann der Kläger nicht eine unterlassene Ausdehnung des Klagebegehrens nachholen. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 10. Jänner 2003 brachte der Wiederaufnahmskläger erstmals vor (AS 181), die Wiederaufnahmsklage beziehe sich auch auf das Urteil vom 30. August 1994, mit dem sein Klagebegehren (zum Teil) abgewiesen wurde. Dieses als Klagsänderung zu beurteilende Vorbringen ist jedoch jedenfalls nach Ablauf der vierwöchigen Notfrist des § 534 Abs 1 ZPO erstattet, die hier von dem Tag läuft, an welchem die Partei imstande war, die ihr bekannt gewordenen Tatsachen und Beweismittel bei Gericht vorzubringen (§ 534 Abs 2 Z 4 ZPO). Auch wenn der Kläger den ersten Schriftsatz bereits vor Vorliegen der entsprechenden Beweismittel eingebracht hat, so begann diese Frist doch jedenfalls mit Vorliegen der vom Erstgericht beigeschafften AMS-Bestätigung vom 20. August 2001 und war somit am 10. Jänner 2003 längst abgelaufen. Da somit die zweite Instanz im Ergebnis richtig die Wiederaufnahmsklage zurückgewiesen hat, war dem Rekurs des Wiederaufnahmsklägers ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Stichworte