OGH 5Ob191/05g

OGH5Ob191/05g20.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Michael S*****, vertreten durch Bichler & Zrzavy, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Josefine S*****, vertreten durch Dr. Franz Markus Nestl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 101.894 Euro sA, über die ordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 94.800 Euro) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 1. Juni 2005, GZ 16 R 64/05g-29, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 30. Dezember 2004, GZ 55 Cg 81/03s-25, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts, welches hinsichtlich seines abweisenden Teils (7.094,96 Euro sA; Punkt 2 des Urteilsspruchs) unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist, wird im Umfang seines stattgebenden Teils (94.800 Euro sA; Punkt 1 des Urteilsspruchs) sowie hinsichtlich der Kostenentscheidung aufgehoben, und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Streitteile schlossen am 22. 3. 2002 einen Kaufvertrag, wonach der Kläger (Käufer) von der Beklagten (Verkäuferin) deren 277/2216 Anteile an der Liegenschaft EZ ***** (Grundstücksadresse *****), mit welchen Wohnungseigentum an W 25 (276 m² Nutzfläche) untrennbar verbunden ist, samt ausschließlichem Nutzungsrecht an einem Kellerabteil, einem Kfz-Abstellplatz und einem von der Verkäuferin errichteten Dachgarten um 6,400.000 Schilling (465.106,13 Euro) einschließlich Inventar kaufte. Der die Gewährleistung regelnde § 7 des Kaufvertrags lautet auszugsweise:

„7.5. Für die bauliche Beschaffenheit des Kaufobjekts haftet die Verkäuferin im Rahmen der Bestimmungen dieses Vertrages sowie der einschlägigen gesetzlichen Gewährleistungsbestimmungen. Insbesondere steht die Verkäuferin dafür ein, daß die Wohnungseigentumsanteile benutzbar und die bauliche Ausgestaltung dem Stand der Technik entspricht. Die Verkäuferin haftet allerdings nicht für einen bestimmten Zustand der gesamten Liegenschaft, insbesondere nicht für einen bestimmten Zustand des Gebäudes."

Bei Umbauarbeiten im Sommer 2002 kamen Mängel an der Dämmung und Dichtung des Dachgartens hervor, weshalb über Antrag des Klägers ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt wurde. Der zur Befundaufnahme beigezogene Sachverständige kam zum Ergebnis, dass der grundsätzlich am gesamten Flachdach, wenngleich unterschiedlich intensiv ausgeprägte Zustand der Dichtungsschicht Ursache dafür sei, dass immer wieder am gesamten Flachdach Wasser durchsickern könne. Bei der Befundaufnahme sei kein Bereich inspiziert worden, dessen Dichtung von so guter Qualität gewesen sei, dass er als hinreichend bezeichnet werden könne. Es sei etwa 1980 ein Dachgarten geschaffen worden, der nicht dem Stand der Technik entsprochen, sondern - Bitumendichtung mit dünner Schotterauflage - den üblichen Flachdachaufbau in der Zeit von etwa 1885 bis 1960 dargestellt habe.

Die Beklagte hatte den Kläger im Zuge der Vertragsanbahnungsgespräche nicht auf die Undichtheit des Daches, insbesondere nicht auf vorhandene Baulöcher aufmerksam gemacht; vielmehr hatte sie dem Kläger sinngemäß mitgeteilt, das Dach sei einmal offen gewesen.

Der Kläger ließ die Mängel an der Dachhaut bei Umbauarbeiten beheben, nachdem die Streitteile im Zuge des Beweissicherungsverfahrens über die beabsichtige Preisminderung gesprochen hatten.

Der Verkehrswert der Wohnung bei Unterzeichnung des Kaufvertrags betrug ohne Mängel 471.000 Euro und unter Berücksichtigung der vorhandenen Mängel, nämlich

-- Dachboden ohne Dämmung

-- Löcher im Dach nicht fachgerecht geschlossen

-- Flachdach undicht

375.000 Euro.

Der Kläger begehrte mit seiner beim Erstgericht am 12. 8. 2003 eingelangten Klage (nach Klagseinschränkung S. 2 in ON 5) von der Beklagten die Zahlung von 101.894,96 Euro sA. Der Kläger brachte - soweit für das Revisionsverfahren wesentlich - vor, er habe wegen des herannahenden Winters umgehend Abhilfe schaffen und die Mängel im Dachbereich ohne weitere Verzögerungen selbst beheben lassen müssen. Aus dem Titel der Gewährleistung und des Schadenersatzes nehme er sein Recht auf Preisminderung in Anspruch und begehre nach der relativen Berechnungsmethode - ausgehend von einem Wert der mangelfreien Sache von 475.000 Euro, der mangelhaften Sache von 364.000 Euro und eines Kaufpreises (ohne Inventar) von 436.037 Euro - eine Kaufpreisminderung um 101.894,96 Euro sA.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wandte u. a. ein, der Kläger habe ihr nicht die Möglichkeit eingeräumt, den behaupteten Schaden zu verbessern.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren auf der Grundlage des eingangs zusammengefassten Sachverhalts ab. § 932 ABGB (idF des GewRÄG BGBl I 48/2001) sehe ein zweistufiges System der Gewährleistungsansprüche vor und gehe vom Primat der Verbesserung aus. Preisminderung könne nur dann geltend gemacht werden, wenn Verbesserung mit normalem wirtschaftlichen Aufwand nicht möglich oder unverhältnismäßig sei, was sich nach dem Wert der mängelfreien Sache, der Schwere des Mangels und den anderen mit der Abhilfe für den Übernehmer verbundenen Unannehmlichkeiten richte. Unzumutbar wäre die Verbesserung für den Übernehmer aber nur dann, wenn der Übergeber dem Verbesserungsverlangen nicht oder nicht binnen angemessener Frist nachkomme. Derartiges habe der Kläger aber nicht behauptet, sondern die Beklagte gar nicht zur Verbesserung aufgefordert; mangels einer solchen Aufforderung könne der Kläger weder Preisminderung noch den Verbesserungsaufwand aus dem Titel des Schadenersatzes geltend machen.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil über Berufung des Klägers teilweise, nämlich im Sinn des Zuspruchs von 94.800 Euro sA ab. Nach § 932 Abs 4 ABGB stehe das sofortige Recht auf Preisminderung oder Wandlung u. a. dann zu, wenn für den Übernehmer mit der Abhilfe erhebliche Unannehmlichkeiten verbunden wären. Hier könne auf Grund der Mängel am Dach Wasser durchsickern und zur Sanierung seien umfangreiche Baumaßnahmen erforderlich gewesen, welche die Beklagte nicht selbst, sondern durch von ihr beauftragte Professionisten hätte durchführen lassen müssen. Mehre Umständen führten in ihrer Gesamtheit dazu, dass eine solche, von der Beklagten veranlasste Sanierung für den Kläger mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden gewesen wäre. Zunächst habe beim Kläger ein erhebliches Interesse bestanden, dass ein verlässliches Bauunternehmen eine solide Sanierung des Flachdachs durchführe, weil von den Undichtheiten seine darunter liegende Wohnung betroffen gewesen sei. Von den Sanierungsarbeiten seien aber auch allgemeine Teile des Hauses betroffen gewesen, weshalb die Baumaßnahmen im Einverständnis mit der Mehrheit der Miteigentümer durchzuführen gewesen seien. Die vom Kläger selbst vorgenommenen umfangreichen Umbauarbeiten in der Wohnung hätten außerdem eine Koordination zwischen diesen und den Mängelbehebungsarbeiten erfordert, welche durch die Beschäftigung von zwei Unternehmen erschwert gewesen wäre. Der gewichtigste Nachteil hätte aus einer mangelhaften Sanierung resultiert, weil der Kläger dann nicht selbst gegen das sanierende Bauunternehmen hätte vorgehen können, sondern auf die Vermittlung der Beklagten angewiesen gewesen wäre. All diese Umstände führten insgesamt dazu, dass dem Kläger gemäß § 932 Abs 4 ABGB sofort der Preisminderungsanspruch zugestanden habe, welcher nach der relativen Berechnungsmethode zu einer Preisreduktion um gerundet 94.800 Euro sA führe.

Diese Entscheidung des Berufungsgerichts enthält den Ausspruch, die ordentliche Revision sei zulässig, weil es an einer Rechtsprechung zur Möglichkeit sofortiger Preisminderung nach § 932 Abs 4 ABGB idF des GewRÄG BGBl I 48/2001 wegen „erheblicher Unannehmlichkeiten" der Verbesserung für den Übernehmer fehle.

Gegen den klagsstattgebenden Teil des Berufungsurteils richtet sich die ordentliche Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtliche Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens; hilfsweise stellt die Beklagte auch einen Aufhebungsantrag. Die Beklagte macht - zusammengefasst - geltend, dass mit einer von ihr veranlassten Mängelverbesserung für den Kläger keine erheblichen Unannehmlichkeiten im Sinn des § 932 Abs 4 ABGB verbunden gewesen wären.

Der Kläger erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, der Revision nicht Folge zu geben; hilfsweise stellt auch der Kläger einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und in ihrem Aufhebungsantrag auch berechtigt.

1. Vorauszuschicken ist, dass der Umfang der Gewährleistungspflicht der Beklagten, insbesondere dass diese grundsätzlich auch die Mängel des Dachs umfasst, im Revisionsverfahren keinen Streitpunkt (mehr) darstellt; inwieweit davon (auch) allgemeine Teile des Hauses betroffen sind, spielt daher hier keine Rolle (mehr).

2. Da die Streitteile den Kaufvertrag über die Eigentumswohnung nach dem 31. 12. 2001 abgeschlossen haben, sind die Vorinstanzen zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass auf den vorliegenden Rechtsfall die Gewährleistungsbestimmungen idF des GewRÄG, BGBl I 2001/48, anzuwenden sind. Nach § 932 Abs 1 ABGB idgF kann der Übernehmer wegen eines Mangels die Verbesserung (Nachbesserung oder Nachtrag des Fehlenden), den Austausch der Sache, eine angemessene Minderung des Entgelts (Preisminderung) oder die Aufhebung des Vertrags (Wandlung) fordern. Gemäß § 932 Abs 2 ABGB kann der Übernehmer zunächst nur die Verbesserung oder den Austausch der Sache verlangen, es sei denn, dass die Verbesserung oder der Austausch unmöglich ist oder für den Übergeber, verglichen mit der anderen Abhilfe, mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. Ob dies der Fall ist, richtet sich auch nach dem Wert der mangelfreien Sache, der Schwere des Mangels und den mit der anderen Abhilfe für den Übernehmer verbundenen Unannehmlichkeiten. Sind sowohl die Verbesserung als auch der Austausch unmöglich oder für den Übergeber mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden, so hat der Übernehmer nach § 932 Abs 4 ABGB das Recht auf Preisminderung oder, sofern es sich nicht um einen geringfügigen Mangel handelt, das Recht auf Wandlung. Dasselbe gilt, wenn der Übergeber die Verbesserung oder den Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist vornimmt, wenn diese Abhilfen für den Übernehmer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären oder wenn sie ihm aus triftigen, in der Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar sind. Gemäß § 933a Abs 2 ABGB kann der Übernehmer wegen des Mangels selbst auch als Schadenersatz zunächst nur die Verbesserung oder den Austausch verlangen. Er kann jedoch Geldersatz verlangen, wenn sowohl die Verbesserung als auch der Austausch unmöglich ist oder für den Übergeber mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. Dasselbe gilt, wenn der Übergeber die Verbesserung oder den Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist vornimmt, wenn diese Abhilfen für den Übernehmer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären oder wenn sie ihm aus triftigen, in der Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar sind.

3. Die dargestellte Gesetzeslage zeigt zunächst, dass das Gewährleistungsrecht nach dem GewRÄG, BGBl I 2001/48, in Umsetzung des Stufensystems des Art 3 Abs 3 und 5 der Verbrauchsgüterkauf-RL (RL) vom Vorrang (Primat) der Mängelbeseitigung (Verbesserung oder Austausch) vor den Gestaltungsrechten (Preisminderung und Wandlung) ausgeht (Faber, Handbuch zum neuen Gewährleistungsrecht, 101 f; Ofner in Schwimann³ § 932 ABGB Rz 2; Reischauer, Das neue Gewährleistungsrecht und seine schadenersatzrechtlichen Folgen, JBl 2002, 137 [143 f]). Mit dem Vorrang der Mängelbeseitigungsansprüche wollte die RL im Interesse des Verkäufers einen gewissen Ausgleich für die Stärkung der Käuferrechte verwirklichen, stellt doch das „Recht zur zweiten Andienung" insbesondere bei Gattungsschulden die für den Lieferanten gegenüber den sekundären Rechtsbehelfen (Preisminderung und Wandlung) regelmäßig wirtschaftlichere Lösung dar.

4. Im vorliegenden Fall steht - unbekämpft (Berufung S. 12; Berufungsurteil S. 14) - fest, dass der Kläger die Beklagte nicht zur Mängelverbesserung aufgefordert, ihr also nicht das „Recht zur zweiten Andienung" eingeräumt hat, sein Zahlungsbegehren aber ausdrücklich aus dem Titel der Preisminderung ableitet und damit einen sekundären Rechtsbehelf geltend macht. Der Frage, ob der Übernehmer im Fall „voreiliger" Selbstvornahme der Verbesserung, also ohne Ablehnung der Nacherfüllung durch den Übergeber oder vor erfolglosem Ablauf der dazu gesetzten Frist - auf welcher Rechtsgrundlage immer - den (ganzen oder teilweisen) Ersatz der Verbesserungskosten verlangen könnte (str; dazu jüngst zur vergleichbaren Rechtslage in Deutschland BGH 23. 2. 2005, VIII ZR 100/04, NJW 2005, 1348; weiters Herrestal, Die eigenmächtige Selbstvornahme im allgemeinen und besonderen Leistungsstörungsrecht, NJW 2005, 1457; Lorenz, Voreilige Selbstvornahme der Nacherfüllung im Kaufrecht, NJW 2005, 1321; Ofner, aaO, Rz 10; P. Bydlinski, Neues zum neuen Gewährleistungsrecht, JBl 2005, 681 [684 ff]; Ebert, Das Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung und seine Risiken für den Käufer, NJW 2004, 1761; Lorenz, Selbstvornahme der Mängelbeseitigung im Kaufrecht, NJW 2003, 1417; Reischauer, aaO, 151), braucht hier nachgegangen zu werden, weil sich der Kläger nicht auf einen solchen Anspruch, sondern - wie schon betont - auf Preisminderung gestützt hat.

5. § 932 Abs 4 ABGB sieht nun mehre Fallkonstellationen vor, die dem Übernehmer die Preisminderung als Rechtsbehelf der zweiten Stufe sofort, also ohne Mängelbeseitigungsmöglichkeit für den Übergeber gewähren; dies kommt u. a. dann in Frage, wenn der Übergeber die Verbesserung oder den Austausch verweigert oder wenn diese Abhilfen für den Übernehmer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären. Diesen letztgenannten Fall erheblicher Unannehmlichkeiten, die für den Übernehmer mit einer Mängelbehebung durch den Übergeber verbunden gewesen wären, hat hier das Berufungsgericht - zu Unrecht - angenommen:

5.1. Nach dem Gesetzeswortlaut muss es sich um „erhebliche Unannehmlichkeiten" für den Übernehmer handeln. Da in § 932 Abs 4 letzter Fall ABGB bei den triftigen, in der Person des Übergebers gelegenen Gründen von „Unzumutbarkeit" der Mängelbehebung die Rede ist, wird deutlich, dass für „erhebliche Unannehmlichkeiten" ein vergleichsweise niedrigerer Belastungsgrad genügen muss. Andererseits darf durch eine weite Auslegung dieses Ausnahmetatbestands der Vorrang der Mängelbeseitigungsansprüche nicht umgangen werden (Faber, aaO, 128; Welser/Jud, Die neue Gewährleistung § 932 ABGB Rz 32).

5.2. Die RV 422 BlgNR 21. GP 18 führt zum Fall „erhebliche Unannehmlichkeiten" für den Übernehmer aus: „Erhebliche Unannehmlichkeiten für den Übernehmer können etwa darin bestehen, dass der Verkäufer der Sache im schwer erreichbaren Ausland sitzt und daher nach der Lage der Dinge ein Geldausgleich leichter abzuwickeln ist als eine Reparatur oder ein Austausch. Auch ist hier an diejenigen Fälle zu denken, in denen die Übersendung oder Beförderung der Sache dem Übernehmer Probleme bereitet, etwa weil sie sperrig, gewichtig oder durch Einbau unbeweglich geworden ist (vgl § 8 Abs 1 Z 2 KSchG). Erhebliche Unannehmlichkeiten können weiters die mit der Verbesserung oder dem Austausch verbundenen Belastungen darstellen, etwa umfangreiche Stemm- und Maurerarbeiten samt den damit einhergehenden Schmutz- und Lärmbelästigungen". Daraus wird zunächst erkennbar, dass die durchschnittlichen Belastungen des Übernehmers, wie sie mit einer Nacherfüllung regelmäßig verbunden sind, jedenfalls noch nicht als „erhebliche Unannehmlichkeiten" gewertet werden können; vielmehr muss dazu die Verbesserung durch den Übergeber eine gewisse Härte für den Übernehmer darstellen, die sich aus der Art des Mangels oder aus mit der Veranlassung oder der Durchführung der Verbesserung verbundenen Umständen ergeben kann. Wie die Beispiele der RV 422 BlgNR 21. GP 18 zeigen, können insbesondere Probleme bei der Kommunikation mit dem Übergeber oder faktische Schwierigkeiten bei der Reparaturabwicklung maßgeblich sein, doch scheinen die genannten Beispiele - zumindest vorrangig - den Fall im Auge zu haben, dass die Verbesserung überhaupt unterbleibt und statt dessen Preisminderung begehrt wird. Im Regelfall geht es nämlich gerade darum, dem Verkäufer das Nacherfüllungsrecht zu nehmen, wenn dadurch die Interessen des Käufers unvertretbar beeinträchtigt würden; dann soll der Käufer sofort Preisminderung oder Vertragsauflösung begehren können (anders die sofortige tierärztliche Behandlung in BGH 22. 6. 2005, VIII ZR 1/05, NJW 2005, 3211; siehe ferner auch Putzo in Palandt, BGB65, § 440 BGB Rz 8).

5.3. Im vorliegenden Fall hat der Kläger die Verbesserung selbst vornehmen lassen, sodass die Eigenart der dazu erforderlichen Arbeiten für ihn jedenfalls nicht „erheblich unannehmlich" gewesen sein kann. Im übrigen hat das Berufungsgericht ein erhebliches Interesse des Klägers zur selbst veranlassten Verbesserung darin gesehen, dass von den Undichtheiten des Flachdachs insbesondere die darunter liegende Wohnung des Klägers und von den Sanierungsarbeiten auch allgemeine Teile des Hauses betroffen gewesen seien, daher das Einvernehmen mit den Miteigentümern herzustellen und überdies die Koordination mit den umfangreichen Umbauarbeiten in der Wohnung des Klägers erforderlich gewesen sei. Den gewichtigsten Nachteil meinte das Berufungsgericht aber in der Möglichkeit einer mangelhaften Sanierung durch die Beklagte erkennen zu können, weil dem Kläger dann keine eigenen Ansprüche gegen das sanierende Bauunternehmen zugestanden hätten, sondern dieser auf die Vermittlung der Beklagten angewiesen gewesen wäre.

All diese vom Berufungsgericht genannten Umstände mögen für die Abwicklung der Verbesserungsarbeiten wesentlich sein; indem es daraus „erhebliche Unannehmlichkeiten" im Sinn des § 932 Abs 4 ABGB ableitet, unterstellt das Berufungsgericht jedoch, dass ein von der Beklagten beauftragtes Fachunternehmen diese Verbesserungsarbeiten möglicherweise nicht zeit-, sach- und fachgerecht sowie im Einvernehmen mit den Miteigentümern und in Abstimmung mit den Umbauarbeiten des Klägers vorgenommen hätte oder nicht vornehmen hätte können. Derartiges hat aber der Kläger weder behauptet noch ergeben sich dafür Anhaltspunkte aus den erstgerichtlichen Sachverhaltsfeststellungen. Ohne ausreichendes Behauptungs- und Tatsachensubstrat darf aber nicht unterstellt werden, eine vom Übergeber veranlasste Verbesserung werde nicht zeit-, sach- und fachgerecht durchgeführt, weil sonst praktisch immer der gesetzlich vorgesehene Vorrang der Herstellungsansprüche umgangen werden könnte. Da der Kläger für das Vorliegen der Voraussetzungen zur sofortigen Inanspruchnahme der Preisminderung behauptungs- und beweispflichtig ist (vgl Reischauer, aaO, 157; Faber, aaO, 117) und auf der Grundlage dessen erstinstanzlichen Prozessvorbringens sowie der vom Erstgericht getroffenen Feststellung aus einer Verbesserung durch die Beklagte drohende „erhebliche Unannehmlichkeiten" im Sinn des § 932 Abs 4 ABGB nicht abgeleitet werden können, kann darauf der Kläger die primäre Geltendmachung des Preisminderungsanspruchs nicht erfolgreich stützen.

6. Der Kläger hat in seiner Berufung allerdings auch - sinngemäß - geltend gemacht, er habe bereits in erster Instanz die mangelnde Bereitschaft der Beklagten zur Verbesserung bzw eine grundsätzliche Einigung der Streitteile auf Preisminderung behauptet und er hat zu diesem Thema ergänzende Feststellungen begehrt (Berufung S. 12) sowie eine Verletzung der Anleitungspflicht durch das Erstgericht geltend gemacht (Berufung S. 6 ff). Das Berufungsgericht hat infolge abweichender Rechtsansicht diesen Teil der Berufung des Klägers nicht behandelt, weshalb dem Obersten Gerichtshof eine Entscheidung in der Sache selbst verwehrt ist; in Stattgebung der Revision ist daher die Rechtssache zur vollständigen Erledigung des Berufungsvorbringens des Klägers an das Gericht zweiter Instanz zurückzuverweisen.

7. Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 Abs 1 ZPO.

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