Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Zwischen den Parteien wurde ein Unfall-Versicherungsvertrag mit einer Versicherungssumme von EUR 399.700,59 abgeschlossen, dem die Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 94) und die Besonderen Bedingungen zur Maklerpool Gruppenunfall-Versicherung (kurz: BBM) zugrunde liegen.
Gemäß § 1 III AUB 94 liegt ein Unfall vor, „wenn der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet"; gemäß § 1 IV gilt als Unfall auch, „wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung in Gliedmaßen oder Wirbelsäule (1) ein Gelenk verrenkt oder (2) Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen werden." Gemäß P 19 BBM (der insoweit § 7 I 1 AUB 94 abändert) „entsteht Anspruch auf Kapitalleistung aus der für den Invaliditätsfall versicherten Summe", wenn der Unfall „zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit (Invalidität) des Versicherten führt", wobei „die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sowie spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren sechs Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht werden muss". Gemäß P 20 BBM - der insoweit § 7 I 2 lit a AUB 94 ersetzt - gilt als „fester Invaliditätsgrad - unter Ausschluss des Nachweises einer höheren oder geringeren Invalidität - bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit eines [anderen als des Daumens oder des Zeigefingers] Fingers 10 %"; bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit eines solchen Fingers wird „der entsprechende Teil des Prozentsatzes angenommen" (§ 7 I 2 lit b AUB 94). Gemäß § 9 I AUB 94 ist „nach einem Unfall, der voraussichtlich eine Leistungspflicht herbeiführt, unverzüglich ein Arzt hinzuzuziehen und der Versicherer zu unterrichten"; der Versicherte hat weiters „den ärztlichen Anordnungen nachzukommen und auch im Übrigen die Unfallfolgen möglichst zu mindern." Gemäß § 9 II AUB 94 ist die „vom Versicherer übersandte Unfallanzeige wahrheitsgemäß auszufüllen und umgehend an den Versicherer zurückzusenden. Darüber hinaus geforderte sachdienliche Auskünfte sind unverzüglich zu erteilen." „Wird eine nach dem Eintritt des Unfalles zu erfüllende Obliegenheit verletzt, so ist der Versicherer von der Leistungspflicht frei, es sei denn, dass die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Bei grob fahrlässiger Verletzung bleibt er zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung weder Einfluss auf die Feststellung des Unfalles noch auf die Bemessung der Leistung gehabt hat" (§ 10 AUB 94). Allerdings normiert P 29 BBM, dass sich der Versicherer „bei unbeabsichtigter verspäteter Anmeldung von Unfällen nicht auf eine Obliegenheitsverletzung gemäß § 9 AUB" beruft. Gemäß P 30 BBM liegt „bei zunächst geringfügig erscheinenden oder nicht erkennbaren Unfallfolgen keine Obliegenheitsverletzung vor, wenn der Versicherte abweichend von § 9 I AUB 94 einen Arzt erst dann hinzuzieht, wenn der wirkliche Umfang erkennbar wird." „Unterbleibt versehentlich eine Anzeige beziehungsweise die Erfüllung einer vertraglichen Obliegenheit", so beeinträchtigt dies nach der „Versehensklausel" des P 31 BBM die Leistungspflicht des Versicherers nicht, „wenn der Versicherungsnehmer beziehungsweise der Versicherte nachweisen, dass es sich hierbei nur um ein Versehen handelte und nach Erkennen die Anzeige unverzüglich nachholen beziehungsweise die Obliegenheit unverzüglich erfüllen."
Am 8. 12. 2001 stürzte der Kläger beim Snowboard-Fahren aus eigenem Verschulden auf die linke Hand, wobei zunächst alle Finger schmerzten, später dann aber speziell der linke Mittelfinger über mehrere Wochen. Da die Schmerzen allerdings nicht besonders stark waren, nahm der Kläger an, dass er sich diesen Finger (nur) verstaucht habe, weshalb er abwartete, keinen Arzt aufsuchte und keine Behandlung beziehungsweise Therapie in Anspruch nahm. Am 20. 1. 2002 stürzte er abermals beim Snowboard-Fahren auf die linke Hand. Bei diesem Sturz hatte er einen massiveren Schmerz, speziell auf dem linken Mittelfinger. Deshalb suchte er noch am selben Tag das Krankenhaus Kitzbühel auf, wo eine Röntgenaufnahme gemacht und eine konservative Therapie nach Feststellung einer knöchernen Absprengung im Bereich des Fingermittelgelenks eingeleitet wurde. Eine Schienenbehandlung hat der Kläger aus Rücksichtnahme auf seinen Beruf als Friseur abgelehnt.
Aufgrund weiterhin bestehender Schmerzen im Finger suchte der Kläger am 31. 1. 2002 den Facharzt für Unfallchirurgie Dr. F***** in Linz auf, der aufgrund des „bereits über (6?) Wochen zurückliegenden Traumas" (offenbar bezogen auf den ersten Unfall im Dezember 2001) eine Ruhigstellung nicht mehr für sinnvoll erachtete und statt dessen eine Heilgymnastik mit Lymphdrainagen und Ultraschall empfahl. Der Kläger wurde auch darüber aufgeklärt, dass sich ein Kapselendtrauma des Mittelgelenks unter Umständen über mehrere Monate hinziehen und eventuell auch Dauerschäden hinterlassen könne. In weiterer Folge suchte der Kläger noch zweimal (nämlich am 21. 2. und 10. 4. 2002) Dr. F*****, jedoch keine weiteren Ärzte auf. Bei der zweiten Ordination wurde festgestellt, dass der Kläger in physiotherapeutischer Behandlung steht, wobei sich die schmerzhafte Bewegungseinschränkung noch nicht wesentlich gebessert hatte. Dem Kläger wurde eine zusätzliche Ultraschalltherapie empfohlen. Bei der dritten und letzten Behandlung wurde festgestellt, dass die Schwellung rückläufig sei. Es gab zwar noch eine endgradige Streckhemmung, das Gelenk war noch etwas aufgetrieben und druckempfindlich, jedoch insgesamt im Wesentlichen bandstabil. Bereits damals stellte Dr. F***** fest, dass ein Dauerschaden nicht auszuschließen sei, wobei er die voraussichtliche bleibende Invalidität mit 20 % des gesamten Fingerwertes einschätzte. Am 12. 6. 2002 erstellte Dr. F***** ein Kurzgutachten dahingehend, dass ein Ereignis im Sinne der Bedingungen für die private Unfallversicherung vorliege, wobei die Diagnose „Kapsel-Bandtrauma, PIP-Gelenk Mittelfinger links" lautete. Die voraussichtliche bleibende Invalidität wurde mit 20 % des gesamten Fingerwertes eingeschätzt.
(Erst) am 4. 3. 2003 erstattete der Kläger eine Schadensmeldung an die beklagte Partei, welche bei dieser laut Eingangsstampiglie am 16. 3. 2003 einlangte. In dieser Schadensanzeige wurde als Unfalldatum (ausschließlich) der 8. 12. 2001 angeführt und als Datum für die erste in Anspruch genommene ärztliche Hilfe der 20. 1. 2002. Zum Unfallshergang wurde nur ein Satz angeführt, nämlich „beim Snowboarden bin ich gestürzt und zog mir dabei eine Verletzung an der linken Hand zu". Als Art der Verletzung wurde angeführt „Kapsel-Bandtrauma - PIP-Gelenk Mittelfinger links". Mit Schreiben vom 10. 3. 2003 der V***** GmbH, welche der Kläger mit seiner Vertretung in der gegenständlichen Unfallsache beauftragt hatte, wurden Ansprüche gegenüber der beklagten Partei aus dem Titel der bleibenden Invalidität geltend gemacht, wobei unter Hinweis auf das Kurzgutachten Dr. F***** sowie ein weiteres Gutachten des Dr. H***** die Einschränkung mit 20 % des gesamten Fingerwertes angeführt wurde. Tatsächlich hatte der Kläger bei den Unfällen vom 8. 12. 2001 und 20. 1. 2002 eine Zerrung im Bereich der linken Hand und im Bereich des PIP-Gelenks des dritten Fingers links erlitten. Die unfallkausal einzuschätzende Behinderung betrifft eine gewisse Ungeschicklichkeit und Kraftverlust im Bereich des dritten Fingers links. Diese tatsächliche Funktionseinschränkung im Bereich des PIP-Gelenks des dritten Fingers links ist als Invalidität mit 1/5 des Fingerwerts einzuschätzen.
Nach medizinischer Auffassung ist es von untergeordneter Bedeutung, ob der 8. 12. 2001 oder der 20. 1. 2002 als Verletzungsdatum herangezogen wird, da mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch schon beim Unfall am 8. 12. 2001 eine Verletzung im Bereich des linken Mittelfingers stattgefunden hat. Die Verletzung wurde dann am 20. 1. 2002 wahrscheinlich wieder aktiviert. Es kann nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gesagt werden, welches Datum schlussendlich für die Verletzung ausschlaggebend war, da die Verletzungsdaten ungefähr sechs Wochen auseinander liegen. Es ist aber mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass bei der Verletzung am 8. 12. 2001 offensichtlich der Verletzungsgrad nicht so stark gewesen ist, da der Kläger kein Krankenhaus aufgesucht hat und seinem Lieblingssport, dem Snowboarden, weiterhin nachgegangen ist. Bei der Verletzung am 20. 1. 2002 ist dann die Kapselveränderung im PIP-Gelenk des dritten Fingers zustande gekommen und ist dieses Verletzungsdatum mit großer Wahrscheinlichkeit als Hauptverletzungsdatum heranzuziehen. Dass der Kläger eine Schienenbehandlung abgelehnt hat, ist nicht unbedingt ein Nachteil für seinen weiteren Heilungsverlauf, da aus der (medizinischen) Literatur bekannt ist, dass solche schalenförmigen Kapselbandverletzungen im Bereich eines Fingergelenkes mit oder ohne Schienenbehandlung nicht ideal ausheilen und mit gewissen Restbeschwerden und Restzuständen behaftet sind. Es ist daher davon auszugehen, dass sowohl mit als auch ohne Schienenbehandlung Dauerfolgen bestehen und bestanden haben.
Mit der am 29. 10. 2003 beim Bezirksgericht Ried im Innkreis eingebrachten und später an das nunmehrige Erstgericht Bezirksgericht Wels gemäß § 31a JN übertragenen Klage begehrte der Kläger die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von EUR 7.994,01 samt 4 % Zinsen seit 11. 3. 2003 (später im Zinsenpunkt auf 1. 9. 2003 eingeschränkt) wiederum ausschließlich aus dem Unfall am 8. 12. 2001 samt dabei zugezogener Fingerverletzung. Erst mit vorbereitendem Schriftsatz vom 26. 3. 2004 (ON 11) wies der Kläger auch auf ein Schadensereignis im Zusammenhang mit seinem weiteren Sturz am 20. 1. 2002 hin, verwies jedoch darauf, dass das genaue Unfalldatum in der gegenständlichen Angelegenheit „irrelevant" sei, „nachdem die Verletzung jedenfalls durch einen Sturz erfolgt ist, sohin ein Unfallereignis" im Sinne der AUB 94 im versicherten Zeitraum. Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren und wendete ein, ihr sei erst am 4. 3. 2003 die Schadensanzeige zugegangen, in welcher bloß von der Verletzung an der linken Hand die Rede gewesen und als Schadensdatum der 8. 12. 2001 genannt worden sei. Offenbar würden aber zwei Vorfälle vorliegen, wobei heute nicht mehr geklärt werden könne, bei welchem Vorfall sich der Kläger welche Verletzungen zugezogen habe. Es werde daher der in der Klage behauptete Vorfall und das Vorliegen eines Unfalles im Sinne der vereinbarten Bedingungen bestritten. Der Kläger habe aber auch Obliegenheitsverletzungen zu verantworten, da die Schadensanzeige verspätet (nahezu 15 Monate nach dem behaupteten Vorfall) übersandt worden sei und er nicht unverzüglich nach dem angeblichen Vorfall einen Arzt hinzugezogen habe. Diese Obliegenheitsverletzung habe er vorsätzlich, zumindest aber grob fahrlässig begangen, weil in keiner Weise ersichtlich sei, wieso er zunächst mehr als ein Jahr lang keine Schadensanzeige erstattet und dann dort nicht nachvollziehbare Angaben gemacht habe, aufgrund derer nunmehr nicht mehr objektivierbar sei, wann sich welcher Vorfall zugetragen habe. Die Obliegenheitsverletzungen hätten damit Einfluss sowohl auf die Feststellung des angeblichen Vorfalles als solchen als auch insbesondere auf die Bemessung der begehrten Invaliditätsleistung der Höhe nach ausgeübt. Ansprüche aus einem Unfall, der sich nicht am 8. 12. 2001 zugetragen haben soll, seien erstmalig mit Schriftsatz vom 26. 3. 2004 an die beklagte Partei herangetragen worden; eine (vorherige) Schadensmeldung sei diesbezüglich nie erstattet worden. Bezüglich eines solchen Vorfalles am 20. 1. 2002 sei binnen 18 Monaten auch keine ärztliche Feststellung und keine Geltendmachung erfolgt, sodass eine Verfristung der Ansprüche nach § 7 I 1 AUB 94 vorliege.
Der Kläger replizierte, dass keine Obliegenheitsverletzung vorliege, da es sich bei der am 8. 12. 2001 erlittenen Verletzung um eine Bagatellverletzung gehandelt und er deshalb keine weitere ärztliche Behandlung in Anspruch genommen habe. Er hätte „in keiner Weise absichtlich" seine Anzeige- beziehungsweise Anmeldungspflichten verletzt und sei ihm eben zunächst die Tragweite der erlittenen Verletzungen nicht bewusst gewesen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es beurteilte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich (zusammengefasst) dahin, dass tatsächlich zwei Vorfälle beziehungsweise Stürze vorlägen, wobei nicht mehr genau geklärt werden könne, welche Verletzung sich der Kläger genau bei welchem Sturz zugezogen habe. Beide Stürze seien jedoch letztlich „als ein Unfallereignis anzusehen". Der Umstand, dass in der Schadensanzeige nur mit einem Satz angeführt sei, dass er beim Snowboarden gestürzt sei und sich eine Verletzung an der linken Hand zugezogen habe, stelle keine falsche Schadensanzeige des Klägers dar, sondern vielmehr nur eine ungenaue Schilderung des Schadensereignisses. Erfahrungsgemäß würden auch in Krankenhäusern und Unfallabteilungen Daten oft „auch etwas schlampig aufgenommen" werden. Der Umstand, dass die Schadensanzeige erst spät nach dem Unfall erfolgt sei, habe keinen Einfluss auf die Feststellung des Vorfalles beziehungsweise die Bemessung der Invaliditätsleistung gehabt. Erst mit Vorliegen des Kurzgutachtens Dr. F***** sei dem Kläger die voraussichtlich bleibende Invalidität konkret bekannt geworden. Binnen 18 Monaten ab Unfallereignis, sohin fristgerecht, sei die Geltendmachung der Ansprüche erfolgt und habe sich auch ergeben, dass die Ablehnung der Schienenbehandlung kein Nachteil für den weiteren Heilungsverlauf gewesen sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge, hob das angefochtene Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung auf; es sprach weiters aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Das Gericht zweiter Instanz führte aus, dass der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt einer abschließenden rechtlichen Beurteilung noch nicht zugänglich sei. Einerseits gehe das Erstgericht nämlich davon aus, dass der Kläger auch beim Unfall vom 8. 12. 2001 eine Zerrung im Bereich der linken Hand und im Bereich des PIP-Gelenks des dritten Fingers links erlitten und diese Verletzung dann am 20. 1. 2002 wahrscheinlich wieder aktiviert habe, was nach dem ersten Anschein der Feststellungen dafür spreche, dass auch diese Verletzung für die eingetretene Invalidität mitursächlich gewesen sei; andererseits habe das Erstgericht jedoch auch festgestellt, dass die beiden Stürze Verletzungen zur Folge gehabt hätten, die zumindest insgesamt zur festgestellten unfallkausalen Invalidität geführt hätten. Insgesamt lasse sich den erstinstanzlichen Feststellungen jedoch nicht entnehmen, inwiefern alle diese Schmerzzustände zumindest mitursächlich für die dauernde Invalidität des Klägers gewesen wären. Es bedürfe daher eindeutiger Feststellungen, welche Gesundheitsschädigung der Kläger anlässlich des Unfalles vom 8. 12. 2001 erlitten habe bzw ob allein die als gesichert anzunehmenden Schmerzzustände zumindest mitursächlich für die eingetretene Invalidität wären. Sollte sich nicht feststellen lassen, welche Gesundheitsschädigung der Kläger beim Unfall am 8. 12. 2001 erlitten habe bzw sollten die jedenfalls anzunehmenden Schmerzzustände nicht mitursächlich für den Eintritt der Invalidität sein, wäre das Klagebegehren abzuweisen, da der Kläger dann seiner Beweispflicht nicht nachgekommen wäre. Solche Feststellungen zum Unfall vom 8. 12. 2001 seien unumgänglich, weil der Kläger aufgrund einer am 20. 1. 2002 erlittenen Gesundheitsschädigung und damit in Verbindung stehenden Invalidität keine Ansprüche ableiten könne. Diesbezüglich sei nämlich nicht von einer ordnungsgemäßen Meldung auszugehen, eine bloße Unfallanzeige für die Geltendmachung der Invalidität nicht ausreichend.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde zugelassen, da keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage vorgefunden habe werden können, ob es bei zwei Unfallereignissen, von denen nur eines ordnungsgemäß im Sinne des § 7 AUB 94 dem Versicherer gemeldet worden sei, für eine Haftung des Versicherers zu 100 % für eine dauernde Invalidität ausreichend sei, dass das erste - und gemeldete - Unfallereignis zumindest mitursächlich für die Unfallfolgen sei oder ob auch der prozentmäßige Anteil an der Ursächlichkeit für die Invalidität zu ermitteln sei bzw ob eine Haftungsteilung nach der Anzahl der Unfallereignisse zu erfolgen habe, was hier zur Folge hätte, dass die beklagte Partei nur zu 50 % für die Invalidität einzustehen hätte; ferner liege eine erhebliche Rechtsfrage dazu vor, ob eine Anzeigepflicht im Sinne des § 9 AUB 94 dann ausgelöst werde, wenn von einem Sachverständigen in einem Gutachten festgehalten werde, dass die zunächst als Bagatellverletzung empfundene und erkannte Gesundheitsschädigung zu einer dauernden Invalidität führe, oder ob es diesfalls ausreichend sei, wenn nach Feststellung der Invalidität die Fristen des § 7 AUB 94 (hier iVm P 19 BBM) eingehalten würden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, den bekämpften Beschluss im Sinne einer Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag (an das Berufungsgericht) gestellt. Die klagende Partei hat eine Rekursbeantwortung erstattet, in welcher der Antrag gestellt wird, dem gegnerischen Rechtsmittel keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zur Präzisierung der Rechtslage zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof hatte sich mit einer Fallgestaltung wie der vorliegenden zur Bedingungslage nach den AUB 94 noch nicht zu befassen. Der zu 7 Ob 250/01d zu entscheidende Fall war zwar ähnlich, letztlich jedoch vom Sachverhalt her doch abweichend. Die dortige bisher beschwerdefrei gewesene Klägerin, welche bei der dort beklagten Partei ebenfalls eine Unfallversicherung für dauernde Invalidität abgeschlossen hatte, hatte sich nämlich bei zwei knapp aufeinanderfolgenden Vorfällen im Kniegelenk verletzt; da sie nach dem ersten Vorfall (Ausrutschen auf einer Leiter) noch hinkend gehen konnte, allerdings beim Gehen und bei Belastung Schmerzen verspürte, nahm sie an, diese würden wieder von selbst abklingen, suchte daher auch keinen Arzt auf und erstattete hierüber auch keine Schadensmeldung. Die in weiterer Folge festgestellte dauernde Invalidität war tatsächlich bereits auf den ersten Vorfall zurückzuführen, was allerdings der Klägerin, die lediglich wegen des zweiten Vorfalles (Fehlauftritt auf unebener Bodenfläche) eine Unfallmeldung beim Versicherer erstattet hatte, erst durch die Gutachtenseinholung in einem gesonderten Verfahren auf Anerkennung als Arbeitsunfall nach dem ASVG bewusst wurde, sodass die erst nach Vorliegen des erwähnten Gutachtens auch über den ersten Vorfall (nachträglich) erstattete Schadensmeldung mit dem Begehren auf Leistungszuerkennung von der Versicherung als verfristet abgelehnt wurde. Der erkennende Senat kam in der zitierten Entscheidung zum Ergebnis, dass die unverzügliche Anzeigepflicht der Versicherungsnehmerin jedenfalls erst geboten gewesen sei, nachdem sie vom Eintritt des Versicherungsfalles Kenntnis erlangt habe, also positiv habe wissen müssen, dass ein die Leistungspflicht des Versicherers auslösendes Ereignis eingetreten sei. Dies setze einerseits eine Information über die maßgeblichen Tatsachen, andererseits aber das Bewusstsein voraus, dass diese Tatsachen unter Umständen einen Versicherungsfall darstellten. Eine selbst grob fahrlässige Unkenntnis dieser Umstände reiche zur Begründung einer (früheren) Anzeigepflicht nicht aus. In casu sei es daher der beklagten Versicherung verwehrt gewesen, sich zur Geltendmachung ihrer Leistungsfreiheit auf Fristversäumung (dort nach Art 8 II 2 AUVB 1976) zu berufen.
Anders im vorliegenden Fall: Zwar kann dem Kläger nach der maßgeblichen Bedingungslage - insbesondere der weiter oben bereits wörtlich wiedergegebenen und insoweit die AUB 94 derogierenden Bestimmung der P 29 bis 31 BBM - kein Verspätungsvorwurf daraus gemacht werden, dass er die beim ersten Sturz am 8. 12. 2001 erlittene Verletzung als „zunächst geringfügig" und damit „nicht erkennbar" erachtete (vgl P 30 BBM), er also damit (zunächst) auch nicht gehalten war, einen Arzt hinzuzuziehen, bis „der wirkliche Umfang erkennbar" war (was nach den Feststellungen erst nach dem zweiten Sturz am 20. 1. 2002 gegeben war); allerdings traf ihn die im § 9 I AUB 94 statuierte Obliegenheit, nach der Hinzuziehung eines Arztes zufolge eines jedenfalls erkennbaren „Unfalls, der voraussichtlich eine Leistungspflicht herbeiführt", hievon unverzüglich den Versicherer zu unterrichten; lediglich bei „unbeabsichtigter verspäteter Anmeldung" durfte sich der Versicherer (gemäß P 29 BBM) nicht auf diese Obliegenheitsverletzung berufen, wobei der Versicherungsnehmer den Nachweis zu erbringen hat, dass es sich hiebei „nur um ein Versehen handelte" und er auch nach Erkennen die Anzeige wiederum unverzüglich nachgeholt beziehungsweise die Obliegenheit unverzüglich erfüllt hat (P 31 BBM), wobei die Geltendmachung jedenfalls (und spätestens) innerhalb der Präklusivfrist (7 Ob 250/01t) von 18 Monaten gemäß P 19 Abs 2 BBM zu erfolgen hatte; diese ist - bezogen auf das zweite Schadensereignis vom 20. 1. 2002 - zufolge erstmaliger Geltendmachung gegenüber der beklagten Partei (als „weiteres" zur Invalidität beitragendes Sturzgeschehen und damit Versicherungsfall: vgl Schriftsatz ON 11) damit jedenfalls versäumt worden, was - wie vom Berufungsgericht zutreffend erkannt - auch zum Anspruchsverlust aus diesem Schadensereignis führen muss (RIS-Justiz RS0034591). Damit ist aber für einen allfällig verbleibenden Deckungs- und damit Leistungsanspruch des Klägers - wiederum im Sinne der diesbezüglich zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes - ausschließlich auf das erste Schadensereignis (Sturz am 8. 12. 2001) abzustellen. Auch hiezu hat der Kläger (nach Krankenhausbehandlung am 20. 1. 2002, bei welcher bereits eine knöcherne Absprengung im Bereich des Fingermittelgelenks festgestellt und eine therapeutische Maßnahme eingeleitet worden war) erst am 4. 3. 2003, also über 13 Monate später, seine Schadensmeldung erstattet, ohne für diese Verspätung eine schlüssige Erklärung (auch im Sinne der „Versehensklausel" der AVB) nennen zu können (lediglich das nicht sogleich nach diesem ersten Unfall erfolgte Aufsuchen eines Arztes könnte ihm - zufolge „Geringfügigkeit" der von ihm subjektiv empfundenen Unfallfolgen - gemäß P 30 BBM nicht zum Vorwurf gemacht werden). Grundsätzlich liegt damit aber eine Obliegenheitsverletzung des Klägers nach diesem Versicherungsfall vor (§ 6 Abs 3 VersVG), weil er ja (nach Erkennen der tatsächlichen Unfallfolgen) die Anzeige „unverzüglich" nachzuholen gehabt hätte. Bei einer solchen Obliegenheitsverletzung kommt es hinsichtlich der damit allenfalls sanktionierten Leistungsfreiheit des Versicherers letztlich auf den Verschuldensgrad des Versicherungsnehmers an: Leicht fahrlässig begangene Obliegenheitsverletzungen schaden ihm nicht, grobe Fahrlässigkeit dann nicht, wenn er beweist, dass die Obliegenheitsverletzung weder auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der Leistungsverpflichtung des Versicherers einen Einfluss gehabt hat (Kausalitätsgegenbeweis); dieser kann für den Gesamtschaden oder für einen Teil des Schadens gelingen (ausführlich jüngst Schalich, Obliegenheitsverletzungen und ihre Folgen, ZVR 2005, 348 [354]). Dass der Kläger die Obliegenheit mit Schädigungs- oder Verschleierungsabsicht (dolus coloratus) verletzt hätte, wird ihm seitens der beklagten Partei ohnedies nicht zum Vorwurf gemacht, sodass sich nähere Ausführungen hiezu erübrigen. Die Zweckrichtung einer solchen Anordnung ist dabei klar und eindeutig: eine alsbaldige Klärung der Ansprüche unter Vermeidung sich durch die verspätete Versicherungsmeldung verwirklichender Beweisschwierigkeiten (RIS-Justiz RS0082216), wobei eine Anzeigeverpflichtung in der Unfallversicherung bereits dann existent wird, wenn der Versicherungsnehmer nach einem Unfallereignis Grund zur Annahme hat, dass jene Folgen auftreten (können), die ihn vertragsgemäß zur Erhebung von Versicherungsansprüchen berechtigen (7 Ob 2362/96w).
Damit erweist es sich aber, dass die vom Berufungsgericht für erheblich erachteten Feststellungsmängel auf Tatsachenebene erforderlich sind, um die Rechtssache abschließend beurteilen zu können. Zunächst wird allerdings klarzustellen sein, ob der Kläger (überhaupt) den Kausalitätsgegenbeweis in der geschilderten Form anzutreten bestrebt ist, ist doch sein diesbezügliches Vorbringen in erster Instanz (insbesondere Schriftsatz ON 11) insoweit - bezogen auf die wiedergegebenen und notwendigen rechtlichen Gegebenheiten - äußerst knapp und unpräzise. Diesbezüglich wird damit auch eine Erörterung mit den Parteien unumgänglich sein (§§ 182, 182a ZPO), wobei bezüglich der Beweispflicht samt Auswirkungen allfälliger Negativfeststellungen zur Ursächlichkeit bzw Mitursächlichkeit der Verletzungsfolgen des Klägers aus dem allein maßgeblichen ersten Schadensereignis vom 8. 12. 2001 gemäß § 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden kann (insbesondere S 17 des selben = AS 135). Die Aufhebung des Ersturteils war damit unumgänglich, weshalb dem dagegen ankämpfenden Rekurs keine Folge zu geben war. Der Kostenvorbehalt beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)