OGH 3Ob262/05h

OGH3Ob262/05h24.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Judith A*****, vertreten durch Dr. Walter Poschinger, Mag. Anita Taucher und Mag. Andreas Berchtold, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei Univ. Prof. Dr. Thomas A*****, vertreten durch Dr. Harald Christandl, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterhalt, infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 1. September 2005, GZ 2 R 251/05d-39, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Graz vom 22. Juli 2005, GZ 28 C 12/05k-28, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden teilweise dahin abgeändert, dass sie insgesamt wie folgt zu lauten haben:

„Einstweilige Verfügung

1.) Der beklagten und Gegner der gefährdeten Partei Dr. Thomas A*****, geboren am 6. Dezember 1956, wird zur Sicherung des Anspruchs der klagenden und gefährdeten Partei auf Leistung eines einstweiligen Unterhalts von monatlich 330 EUR ab 1. Juli 2006 verboten, die Liegenschaften EZ 198 des Grundbuchs ***** Bezirksgericht L***** mit dem darauf befindlichen Haus ***** und die 55/2323-Anteile der EZ 625 des Grundbuchs ***** Bezirksgericht Graz, mit welchen Wohnungseigentum an W 9 *****, verbunden ist, zu belasten, zu veräußern oder zu verschenken.

2.) Die Anmerkung dieser Verbote in den Grundbüchern wird ob der Liegenschaft EZ 198 Grundbuch ***** des Bezirksgerichts L***** und den 55/2323-Anteilen der beklagten Partei an der EZ 625 Grundbuch ***** des Bezirksgerichts G***** angeordnet.

3.) Die einstweilige Verfügung gilt längstens bis zur rechtskräftigen Beendigung des Titelverfahrens zu AZ 28 C 12/05k des Bezirksgerichts Graz".

4.) Das Sicherungsbegehren wird abgewiesen. Die klagende und gefährdete Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu 40 % endgültig selbst zu tragen; die Entscheidung über die restlichen 60 % bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Weiters ist die klagende und gefährdete Partei schuldig, der beklagten Partei und Gegner der gefährdeten Partei an Kosten des Rechtsmittelverfahrens 732,33 EUR (darin 122,05 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die klagende und gefährdete Partei (in der Folge nur: Klägerin), deren Klagebegehren sich auf die Leistung eines rückständigen Unterhalts von 4.360 EUR sowie auf Zahlung laufenden Unterhalts von monatlich 700 EUR gegen ihren Ehegatten, den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei (in der Folge nur: Beklagter) richtet, erwirkte gegen diesen am 18. März 2005 eine - rechtskräftige - einstweilige Verfügung (EV) gemäß § 382 Z 8 lit a EO, womit er ihr gegenüber zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 330 EUR ab 1. Februar 2005 verpflichtet wurde (ON 14).

Mit Schriftsatz vom 14. Juli 2005 begehrte die Klägerin die Erlassung der aus dem Spruch ersichtlichen EV gegen den Beklagten. Während im Rubrum als Gegenstand des Verfahrens auch „rückwirkender Unterhalt" von 4.360 EUR angeführt ist, ist unter laufender Unterhalt ein Betrag von 8.400 EUR angegeben. Den Antrag stützte die Klägerin darauf, dass der Beklagte bei seinem Dienstgeber, der ***** G*****, einen Antrag auf Karenzierung ab Sommer 2005 gestellt habe. Damit hätte der Beklagte kein pfändbares Einkommen mehr, weshalb der Unterhaltsrückstand sowie der laufende Unterhalt laut der EV (ON 14) nicht eingebracht werden könne. Der Beklagte habe auch sowohl ihr als auch ihren Töchtern gegenüber erklärt, er werde sein ganzes Vermögen „verbringen", damit er ihr keine Unterhaltszahlungen leisten müsse, bzw. werde dafür sorgen, dass sie „unter der Brücke" wohnen werde. Zur Bescheinigung dieses Vorbringens berief sich die Klägerin auf eine Anfrage beim Dienstgeber des Beklagten sowie auf Auskunftspersonen und ihre eigene Vernehmung.

Weiters brachte sie, ohne dafür Bescheinigungsmittel anzuführen, vor, der Beklagte habe bis dato keine Unterhaltszahlungen geleistet. Sie habe „um den rückständigen Unterhalt bzw den Unterhalt laut einstweiliger Verfügung" gegen den Beklagten zwangsweise Pfandrechtsbegründung mit gleicher Post beantragt, jedoch bestehe die Gefahr, dass der Beklagte die unbelasteten Liegenschaften veräußere bzw. durch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot der weiteren Verpfändung entziehe. Da sie im vorliegenden Verfahren bei aufrechter Ehe den Antrag auf Unterhalt von monatlich 800 EUR gestellt habe, der laufende Unterhalt von 330 EUR monatlich laut EV (ON 14) nicht gesichert sei, bestehe die Gefahr, dass die restlichen Unterhaltsansprüche ungeachtet ihres Zuspruchs nicht einbringlich gemacht werden könnten.

Das Erstgericht erließ ohne Anhörung des Beklagten und ohne Durchführung eines Bescheinigungsverfahrens die beantragte EV. Aus dieser ist nicht ableitbar, zur Sicherung welchen Anspruchs sie dienen soll.

Die Erstrichterin nahm auf Grund der Angaben der Klägerin, wonach der Beklagte im Sommer 2005 einen Karenzierungsantrag bei seinem Dienstgeber gestellt habe und die Ehewohnung durch Pfandrechte belastet sei, eine ausreichende Bescheinigung der Gefährdung an.

Gegen diese Entscheidung erhob der Beklagte Rekurs und Widerspruch.

Dem Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz dahin Folge, dass es den Sicherungsantrag zur Gänze abwies.

Es verneinte die geltend gemachte Nichtigkeit gemäß § 477 Abs 1 Z 9 und Z 4 ZPO.

In Behandlung der Rechtsrüge führte das Rekursgericht aus, dass Unterhaltsforderungen Geldforderungen seien, die nach § 379 EO gesichert werden könnten, soweit nicht die Voraussetzungen des § 372 EO vorlägen. Wenn zur Durchsetzung des zu sichernden Unterhalts im erforderlichen Maß Exekution, sei es zur Befriedigung oder Sicherstellung, schon zulässig sei, sei die Erlassung einer EV nach § 379 EO unzulässig. Der Klägerin stehe mit ihrer EV (ON 14) bereits ein Exekutionstitel zur Verfügung, der ihr erlaube, zur Sicherung der noch nicht fälligen Unterhaltsansprüche die Exekution zur Sicherstellung gemäß § 372 EO zu führen. Sie könne daher, soweit § 291c Abs 1 EO nicht anzuwenden sei, zugleich mit der nach ihrem Vorbringen bereits eingebrachten Exekution zur Hereinbringung fälliger Beträge Exekution zur Sicherung der innerhalb eines Jahres fällig werdenden Beträge begehren. Sie habe kein Vorbringen zum Nichtvorliegen der Voraussetzung des § 372 EO erstattet. Es sei ihr daher entgegenzuhalten, dass ihr mittels EV bereits einstweiliger Unterhalt zuerkannt worden sei.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rsp des Höchstgerichts zur Abgrenzung zwischen den Bestimmungen der §§ 372 und 379 EO unter Bedachtnahme auf die zeitliche Befristung der Sicherungsexekution vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei ist zulässig und teilweise berechtigt.

Mit Recht macht sie geltend, dem Sicherungsantrag lasse sich mit gerade noch hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass mit diesem nicht nur ein einstweiliger Unterhalt von 330 EUR monatlich, sondern überhaupt der mit der Klage geltend gemachte Unterhaltsanspruch von 800 EUR monatlich gesichert werden sollte. Da im Antrag zwar auch vom rückständigen Unterhalt die Rede ist, aber keine Hinweise darauf bestehen, dass auch der mit Klage geltend gemachte rückständige Unterhalt von 4.360 EUR (ungeachtet der darin wie auch noch im Revisionsrekurs im Rubrum jeweils aufscheinenden Betrags) gesichert werden sollte, bedarf es keiner weiteren Rücksichtnahme auf diesen behaupteten Rückstand.

War aber auch der bloß klageweise geltend gemachte und nicht nur der bereits mit (rechtskräftiger) EV zuerkannte monatliche Unterhalt von 330 EUR zu sichern begehrt, ist evident, dass die auf § 372 EO gestützten Erwägungen des Rekursgerichts zu kurz greifen. Nach Rsp und Lehre setzt die Bewilligung der Sicherungsexekution nach § 372 EO (notwendigerweise, weil sie nur zugleich mit der Exekution zur Hereinbringung bereits fälliger Beträge begehrt werden kann) voraus, dass ein vollstreckbarer Titel bereits vorliegt (Sailer in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 372 Rz 1 mwN; Klicka in Angst, EO, § 372 Rz 1 und 2). Soweit nun § 379 Abs 1 EO einstweilige Verfügungen zur Sicherung von Geldforderungen für unstatthaft erklärt, soweit die gefährdete Partei zur gleichen Zeit die Vornahme von Exekutionshandlungen auf das Vermögen des Gegners nach §§ 370 ff EO erwirken kann, kann dies im vorliegenden Fall nicht zur Abweisung des Sicherungsantrags führen, soweit dieser auch zur Sicherung der noch nicht titulierten Unterhaltsforderung (über die mit der EV ON 14 bereits zugesprochenen 330 EUR monatlich hinaus) begehrt wurde.

In diesem Umfang entbehrt aber der Sicherungsantrag der Klägerin jedweder Behauptung oder Bescheinigung des Unterhaltsanspruchs. Nach § 389 Abs 1 EO hat die gefährdete Partei u.a. die diesen Antrag begründenden Tatsachen im Einzelnen wahrheitsgemäß darzulegen. Im Zusammenhang mit § 390 Abs 1 EO ergibt sich daraus, dass die Voraussetzungen des zu sichernden Anspruchs behauptet (und bescheinigt) werden müssen. Nach stRsp sind unschlüssige Sicherungsanträge abzuweisen, ohne dass der gefährdeten Partei ein weiteres Vorbringen zu ermöglichen wäre (Nachweise bei G. Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 389 Rz 19). Während nunmehr G. Kodek (aaO Rz 21 iVm Rz 20) den Standpunkt eines Teils der neueren Lehre billigt, wonach Unschlüssigkeit zu einem Verbesserungsverfahren führen könne, setzt er die Voraussetzungen für die Erlassung einstweiliger Verfügungen als dem Kernbereich des Zivilverfahrensrechts zuzuordnend bei jedem Rechtsanwalt als bekannt voraus, weshalb er einen Inhaltsmangel in von solchen verfassten Sicherungsanträgen nicht als Ausdruck eines verbesserbaren Versehens, sondern als des Nichtvorliegens der materiellen und formellen Voraussetzungen ansieht (aaO Rz 22). Ein solcher Fall liegt hier zweifellos, was den über den Provisorialunterhalt hinausgehenden Unterhaltsbetrag angeht, vor. Dessen Berechtigung ist ja gerade Gegenstand des noch nichts abgeschlossenen Hauptverfahrens, weshalb die mangelnde Anspruchsbehauptung und das fehlende Anbieten von Bescheinigungsmittel hier nicht als verbesserbares Versehen beurteilt werden kann. Es bedarf daher keiner weiteren Auseinandersetzung mit der zitierten Lehrmeinung. Vielmehr führt die Unschlüssigkeit in diesem Umfang zur Bestätigung der Entscheidung zweiter Instanz, soweit diese die Sicherung eines 330 EUR monatlich übersteigenden Unterhaltsbetrags ablehnt.

Berechtigt ist der Revisionsrekurs lediglich, soweit darin darauf hingewiesen wird, dass die Sicherstellungsexekution nach § 372 EO lediglich für nicht fällige Unterhaltsansprüche für die Dauer eines Jahres bewilligt werden kann. Was nämlich den Anspruch auf laufenden Unterhalt auf Grund der EV ON 14 für die Dauer eines Jahres ab Antragstellung angeht, lässt die Klägerin die Argumentation des Gerichts zweiter Instanz völlig unbekämpft. Auf deren Richtigkeit ist somit nicht weiter einzugehen. Dass allerdings diese Erwägungen wegen der zeitlichen Begrenzung der möglichen Sicherungsexekution nach § 372 EO die gänzliche Abweisung des Sicherheitsantrags nicht tragen können, deutete das Rekursgericht selbst in der Begründung seinen Zulässigkeitsausspruch an.

Es kann nicht gesagt werden, der mit der rechtzeitigen Beendigung des vorliegenden Unterhaltsverfahrens bzw. des bereits zwischen den Streitteilen anhängigen Scheidungsverfahrens befristete Provisorialunterhalt werde keinesfalls für eine ein Jahr ab Antragstellung überdauernde Zeitspanne aufrecht bleiben. Die Verfahrensdauer ist nämlich nicht ohne weiteres abschätzbar, weshalb der Grundsatz der Subsidarität der EV nach § 379 EO (vgl dazu Sailer aaO § 379 Rz 2 und E. Kodek in Angst, EO, § 379 Rz 1, je mwN) die Abweisung des Sicherungsantrags für die Zeit ab 1. Juli 2006 nicht zu tragen vermag. Für diese Zeit sind die Voraussetzungen für die Erlassung der beantragten EV auch tatsächlich gegeben, auch wenn das Erstgericht kein Bescheinigungsverfahren durchführte. Dieses nahm allein auf Grund des Antrags als bescheinigt an, dass der Beklagte bei seinem Dienstgeber einen Karenzierungsantrag gestellt habe. Damit ist aber eine subjektive Gefährdung iSd § 379 Abs 2 Z 1 ZPO bescheinigt, weil die (offenbar mit einem Entfall der Bezüge verbundene) Karenzierung die Möglichkeit der Klägerin zunichte macht, auf dem Weg der Gehaltsexekution einfach, rasch, vor allem aber auch laufend den ihr zuerkannten einstweiligen Unterhalt hereinzubringen. Die besondere Zweckmäßigkeit der Gehaltsexekution ergibt sich auch aus den 1991 angefügten Bestimmungen des § 14 Abs 2 und 3 EO. Auf die Motive des Beklagten für seinen Karenzierungsantrag kommt es nicht an, weil die Annahme einer subjektiven Gefährdung nicht voraussetzt, dass der Gegner der gefährdeten Partei auch nur vorsätzlich die Befriedigung des Gläubigers vereiteln oder erschweren will (Sailer aaO Rz 11 mwN; ebenso wohl E. Kodek aaO Rz 8 mwN).

Das begehrte Veräußerungs- und Belastungsverbot ist seit der EO-Nov 2000 auch ein zur Sicherung von Geldforderungen wie des Provisorialunterhaltsanspruchs der Klägerin zulässiges Sicherungsmittel.

Dem Revisionsrekurs ist daher teilweise Folge zu geben. Darauf, dass im Grundbuch bei der vom Verbot betroffenen Liegenschaft des Beklagten eine Plombe gesetzt wurde, wie sich aus der schon dem Antrag beiliegenden Grundbuchsabschrift ergibt, kommt es nicht an. Abgesehen davon, dass das Vorbringen, es sei bereits am 4. Juli 2005 ein Antrag auf die Anmerkung der Rangordnung der beabsichtigten Veräußerung gestellt worden, gegen das Neuerungsverbot verstößt, könnte nach der Rsp selbst die schon vollzogene Ranganmerkung die Anmerkung des Verbots (nach § 384 Abs 2 EO) nicht hindern (Sailer aaO § 384 Rz 7 mwN), demnach auch nicht die Anordnung eines Veräußerungs- und Belastungsverbots.

Bei der Angabe der Nummer dieses Grundbuchs im Antrag unterlief der Klägerin ein offener Schreibfehler, der ohne weiteres richtig zu stellen ist.

Während die Klägerin in erster Instanz keine Kosten verzeichnete, richtet sich die Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren nach §§ 393 Abs 1 erster Satz EO einerseits und § 402 Abs 4 EO, § 393 Abs 1 dritter Satz EO iVm §§ 50, 41 und § 43 Abs 1 ZPO andererseits. Da die EV nur zur Sicherung eines Anspruchs von monatlich 330 EUR (statt wie beantragt 800 EUR) bewilligt wurde, ist unter Vernachlässigung der Abweisung für die Dauer eines Jahres, die Klägerin mit etwa 40 % ihres Antrags durchgedrungen, weshalb sie 60 % ihrer Kosten selbst zu tragen hat und im Übrigen die Kostenentscheidung der Entscheidung im Hauptverfahren vorzubehalten ist. Dagegen hat sie dem Beklagten 60 % der Kosten seines Rekurses sowie seiner Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

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