OGH 6Nc29/05z

OGH6Nc29/05z15.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Eva T*****, vertreten durch Dr. Gernot Pettauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei L*****, vertreten durch MMag. Johannes Pfeifer, Rechtsanwalt in Liezen, wegen 3.960 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung in dieser Rechtssache wird anstelle des Bezirksgerichts Knittelfeld das Bezirksgericht für Handelssachen Wien bestimmt.

Text

Begründung

Die Klägerin nimmt die beklagte GmbH an deren allgemeinem Gerichtsstand in Knittelfeld in Anspruch. Sie begehrt Schadenersatz wegen mangelhafter Dienstleistung. Die Beklagte hatte für sie ein Datensicherungsprogramm entwickelt, das in der Kanzlei der Klägerin in Wien Verwendung findet. Die Parteienvernehmung beider Streitteile wie auch die Einvernahme sämtlicher Zeugen wird in Wien zu erfolgen haben.

Unter Hinweis auf die für eine Delegierung nach § 31 JN sprechenden Zweckmäßigkeitsgründe führte die Klägerin in ihrem Schriftsatz ON 10 aus, sie „rege an", das Verfahren nicht vor dem Bezirksgericht Knittelfeld, sondern vor dem Bezirksgericht für Handelssachen Wien zu führen.

Das Erstgericht erörterte eine allfällige Delegierung in der Tagsatzung vom 14. 9. 2005 (ON 11), wobei sich der Klagevertreter dafür aussprach, während der Beklagtenvertreter einer Delegierung entgegentrat.

Das Bezirksgericht Knittelfeld beurteilte daraufhin das Vorbringen der Klägerin als einen entsprechenden Antrag im Sinn des § 31 JN und legte den Akt zur Entscheidung über diesen Delegierungsantrag dem Obersten Gerichtshof vor. Es sprach sich unter Hinweis auf die hier gegebenen Zweckmäßigkeitsgründe (Wohnsitz von Zeugen und Parteien in Wien, Vornahme der Auftragsabwicklung durch die Filiale der Beklagten in Wien) für die Delegierung aus.

Rechtliche Beurteilung

Die Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen im Sinn des § 31 JN setzt einen Parteiantrag voraus (§ 31 Abs 1 JN). Eine entsprechende Antragstellung kann dem Schriftsatz der Klägerin ON 10 entnommen werden, wenngleich die Klägerin diesen Antrag als „Anregung" bezeichnet. Aus den zugleich angeführten Zweckmäßigkeitsgründen für eine entsprechende Delegierung wird deutlich, dass sie in Wahrheit eine solche anstrebt und beantragen will. Maßgeblich ist daher nicht die im Schriftsatz vorgenommene (unklare) Formulierung, sondern der aus dem Schriftsatz in seiner Gesamtheit zu erschließende Parteiwille (vgl § 84 Abs 2 Satz 2 ZPO).

Im vorliegenden Fall erscheint eine Delegierung nach § 31 JN zweckmäßig. Sowohl der Wohnort der für die Parteienvernehmung in Frage kommenden Personen als auch jener der zu vernehmenden Zeugen und die Lage des Augenscheinsgegenstands befinden sich in Wien. Die Zielsetzungen der Delegierung, nämlich eine wesentliche Verkürzung bzw Verbilligung des Verfahrens herbeizuführen und den Gerichtszugang oder die Amtstätigkeit zu erleichtern (Mayr in Rechberger² § 31 JN Rz 4 mwN, EFSlg 82.065; 6 Nd 1/00 uva), werden durch eine Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht für Handelssachen Wien erreicht. Der Kanzleisitz des Beklagtenvertreters ist für die Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer Delegierung ohne Bedeutung (4 Nd 1/95; 6 Nd 1/00).

Es sprechen somit überwiegende Gründe für eine Delegierung an das Bezirksgericht für Handelssachen Wien.

Stichworte