OGH 6Ob252/05k

OGH6Ob252/05k3.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Markus K*****, aus Anlass des Revisionsrekurses des Einschreiters Dr. Nikolaus A*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. Juli 2005, GZ 48 R 199/05b-56, womit über den Rekurs des Antragstellers der Beschluss des Bezirksgerichts Meidling vom 21. April 2005, GZ 23 P 20/02z-46, ersatzlos aufgehoben und der Antrag des Einschreiters gemäß § 40a JN an das Erstgericht zur Einleitung des streitigen Verfahrens über den als Klage zu beurteilenden verfahrenseinleitenden Antrag zurückverwiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Rekursgericht mit dem Auftrag übermittelt, seine Entscheidung durch den Ausspruch zu ergänzen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteigt oder nicht.

Text

Begründung

Der Vater des Minderjährigen verstarb bei einem Verkehrsunfall. Der antragstellende Rechtsanwalt war von der Mutter des Minderjährigen zur Durchsetzung ihrer Ansprüche sowie derjenigen des Kindes gegen den Unfallsgegner bevollmächtigt worden. Der vom Antragsteller dem Pflegschaftsgericht vorgelegte Klageentwurf wurde mit Beschluss vom 28. 7. 2004 pflegschaftsgerichtlich genehmigt. Für die Prozessführung besteht die Deckung einer Rechtsschutzversicherung. In dem über die Klage geführten Verfahren 11 Cg 170/04g des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien kam es zu einem Vollmachtswechsel.

Am 28. 10. 2004 stellte der Einschreiter beim Pflegschaftsgericht den Antrag, „zu bewilligen, dass Markus K***** (anteilig...) die nicht von der Rechtsschutzversicherung gedeckten Kosten, die durch die überraschende Auflösung des Vollmachtsverhältnisses entstehen, anteilig trägt". Der Antrag wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der neu bevollmächtigte Rechtsanwalt dem Einschreiter den Vollmachtswechsel nicht rechtzeitig, sondern erst im Gerichtsgebäude und unmittelbar vor Verhandlungsbeginn der Tagsatzung am 4. 10. 2004 bekannt gegeben habe. Der Antragsteller habe eine ebenfalls am 4. 10. 2004 anberaumte andere Verhandlung substituiert (gemeint: wegen der Einschreitungspflicht für den Minderjährigen im Schadenersatzprozess). Die Rechtsschutzversicherung des Minderjährigen decke zwar die Prozessführung, nicht aber die durch eine plötzliche und unvorhergesehene Vollmachtsauflösung verursachten Mehrkosten.

Das Erstgericht wies den Antrag des Einschreiters ab. Nach dem Akteninhalt, der Einsicht in den Prozessakt 11 Cg 170/04g sowie nach einer Anfrage an den Rechtsschutzversicherer stehe fest, dass die Rechtsschutzversicherung auch einen Vollmachtswechsel in der Vertretung des Minderjährigen abdecke. Mehrkosten müsste die Versicherungsnehmerin (die Mutter des Minderjährigen) tragen. Aus dem Verhandlungsprotokoll der Tagsatzung vom 4. 10. 2004 ergebe sich, dass in der Verhandlung ein Rechtsanwalt für den Einschreiter unter Hinweis auf erteilte Vollmacht und Subvollmacht eingeschritten sei. Erst in der Verhandlung vom 22. 11. 2004 sei der Vollmachtswechsel aktenkundig geworden. Ein noch dazu von der Rechtsschutzversicherung gedeckter Vollmachtswechsel gehöre nicht zum außerordentlichen Wirtschaftsbetrieb und sei nicht genehmigungspflichtig. Der Antragsteller werde sich für allfällige Mehrkosten an seinen Substituten bzw die Personen halten müssen, die das Verschulden an der Entstehung der Mehrkosten treffe.

Das Rekursgericht hob über Rekurs des Antragstellers den erstinstanzlichen Beschluss ersatzlos auf und überwies den Antrag gemäß § 40a JN an das Erstgericht zur Einleitung des streitigen Verfahrens über den als Klage zu behandelnden Antrag. Der Einschreiter mache mit seinem gegen den Minderjährigen gerichteten Begehren einen Schadenersatzanspruch unter der Behauptung der Verletzung von Verpflichtungen aus dem Auftragsverhältnis geltend. Für den vorliegenden Antrag auf anteiligen Kostenersatz aus dem Titel des Schadenersatzes sei die Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs zu verneinen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Dagegen richtet sich der Revisionrekurs des Antragstellers mit dem Abänderungsantrag, dass die beantragte Genehmigung erteilt werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Vor Behandlung des Rechtsmittels wird das Rekursgericht seine Entscheidung um den Ausspruch zu ergänzen haben, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteigt oder nicht:

Bei Entscheidungen nach § 40a JN richtet sich die Anfechtbarkeit nach der vom Verfahrenseinleitenden gewählten Verfahrensart (RIS-Justiz RS0046245), hier also nach den Bestimmungen des AußStrG. Gemäß dem hier schon anzuwendenden § 59 Abs 2 AußStrG (inhaltsgleich mit § 13 Abs 2 AußStrG alt) hat das Rekursgericht, wenn es ausspricht, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, bei einem Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur, der nicht in Geld besteht, auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteigt oder nicht. Die Frage nach der vermögensrechtlichen Natur ist nach dem materiellrechtlichen Inhalt des Anspruchs zu prüfen. Die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung einer Klageführung oder von Kaufverträgen wurde in ständiger Rechtsprechung als Entscheidung rein vermögensrechtlicher Natur qualifiziert (RS0109789; 1 Ob 113/98v; 1 Ob 15/00p; 2 Ob 361/98x). Selbst bei rein verfahrensrechtlichen Fragen entscheidet die vermögensrechtliche Natur der Hauptsache (6 Ob 250/98b). Eine solche Natur ist hier, weil es um einen vom Antragsteller allerdings noch nicht bezifferten Geldanspruch geht, nicht zu bezweifeln. Das Rekursgericht wird daher den notwendigen Bewertungsausspruch nachzuholen haben. Bei einer Bewertung unter 20.000 EUR wird vor der neuerlichen Aktenvorlage an den Obersten Gerichtshof § 63 AußStrG zu beachten sein.

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