OGH 9ObA140/05m

OGH9ObA140/05m30.9.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei * AG, *, vertreten durch CMS Reich‑Rohrwig Hainz, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. Helga N*, Angestellte, *, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner, Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen Einwilligung in die vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Bedingungen einer Teilzeitbeschäftigung (§ 15k MSchG), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. Juni 2005, GZ 7 Ra 89/05t‑11, womit die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 3. Dezember 2004, GZ 34 Cga 199/04i‑4, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2005:E78707

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurswerberin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Die Rekursbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

 

 

Begründung:

 

Mit ihrer auf § 15k Abs 5 zweiter Satz MSchG gestützten Klage begehrt die Klägerin, die Beklagte dazu zu verurteilen, dass diese die von der Klägerin vorgeschlagenen Bedingungen einer Teilzeitbeschäftigung, das heißt eine Arbeitszeit im Ausmaß von 32 Wochenstunden, verteilt auf Montag bis Donnerstag von 8.00 bis 16.00 Uhr, zu akzeptieren habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, dass die Interessen der beklagten Arbeitnehmerin gegenüber den Interessen der Arbeitgeberin überwiegen.

Das Berufungsgericht wies die dagegen von der Klägerin erhobene Berufung mit der Begründung zurück, dass gemäß § 15k Abs 6 zweiter Satz MSchG gegen das Urteil des Gerichtes erster Instanz eine Berufung nicht zulässig sei.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückzuweisen. Der Rekurs beschränkt sich darauf, verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Rechtsmittelausschluss des § 15k Abs 6 MSchG aufzuzeigen. Die Rekurswerberin verbindet damit die Anregung, einen Antrag auf Aufhebung des § 15k Abs 6 MSchG beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 89 Abs 2 B‑VG zu stellen.

 

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin nicht. Wie der Oberste Gerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat, besteht nach der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art 6 Abs 1 EMRK) kein Recht auf einen Instanzenzug im Zivilverfahren, vielmehr bleiben die näheren Umstände, unter denen der Zugang zu einer höheren Instanz gewährt wird, dem Ermessen der Staaten überlassen (1 Ob 502/96 uva).

Auch der in Art 7 B‑VG verankerte Gleichheitsgrundsatz gebietet nicht, in allen Rechtssachen gleiche Instanzenzüge vorzusehen, weil sachlich gerechtfertigte Differenzierungen zulässig sind (RIS‑Justiz RS0053509). Zieht man in Betracht, dass einer Klage nach § 15k Abs 5 MSchG ein umfangreiches innerbetriebliches Verfahren voranzugehen hat, ist es nicht unsachlich, aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung (ErlBem RV 399 BlgNR XXII. GP ) den Rechtsweg auf eine Instanz zu beschränken.

Die Klägerin schließt insbesondere deshalb auf ein Rechtsschutzdefizit, weil die Gerichte zweiter Instanz und der Oberste Gerichtshof gemäß Art 89 B‑VG einen Gesetzesprüfungsantrag stellen könnten, dem Erstgericht als im vorliegenden Verfahren einziger Sachprüfungsinstanz dieser Weg aber nicht offenstehe.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die Rekurswerberin die Verfassungskonformität der materiellen Regelungen des Abschnittes 6 des Mutterschutzgesetzes über die Teilzeitbeschäftigung und Änderung der Lage der Arbeitszeit nicht in Frage stellt. Bedarf es aber diesbezüglich keiner Gesetzesprüfung, ist nicht einzusehen, warum die Ausschaltung einer Rechtsmittelinstanz, die einen solchen Antrag stellen könnte, zu einer unzulässigen Rechtsschutzbeschränkung führen soll.

Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, die Aufhebung des § 15k Abs 6 MSchG beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen.

Der Rekurs gegen einen Beschluss des Berufungsgerichtes, mit welchem dieses die Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat, ist - anders als jener gegen die Zurückweisung der Klage - einseitig (RIS‑Justiz RS0098745). Die Rekursbeantwortung der Klägerin ist daher als unzulässig zurückzuweisen (7 Ob 146/98s uva).

 

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