Spruch:
Das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 22. April 2004, GZ 28 U 1/04g-13, verletzt
1) § 29 StGB durch die Annahme mehrerer Vergehen des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB;
2) § 38 Abs 1 StGB durch die Anrechnung der vom 12. Dezember 2003, 17.35 Uhr, bis 15. Dezember 2003, 15.00 Uhr, erlittenen Schubhaft auf die Freiheitsstrafe;
3) § 43a Abs 3 StGB durch die bedingte Nachsicht eines Teiles der verhängten Freiheitsstrafe von acht Wochen.
Text
Gründe:
Mit dem - in gekürzter Form ausgefertigten - Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 22. April 2004, GZ 28 U 1/04g-13, wurde Sasa B***** jeweils des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er - zusammengefasst wiedergegeben - in Salzburg mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz versucht, nachfolgenden Berechtigten fremde bewegliche Sachen wegzunehmen, nämlich
(1) am 6. November 2003 der Fa. S***** fünf Stück Batterien im Gesamtwert von 20 Euro;
(2) am 12. Dezember 2003 der Fa. H***** eine schwarze Herrenlederjacke im Wert von 99,99 Euro;
(3) am 22. Jänner 2004 der Fa. B***** neun Stück Kosmetikartikel im Gesamtwert von 59,91 Euro;
(4) am 12. Februar 2004 der Fa. Intersport E***** eine Trägerhose im Wert von 394 Euro.
Dieser Sachverhalt wurde im Urteil als „jeweils das Vergehen des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB" beurteilt (S 95).
Sasa B***** wurde hiefür nach §§ 15, 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Wochen verurteilt, wovon „gemäß § 43a Abs 1 StGB" ein Strafteil von sechs Wochen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Gemäß § 38 StGB wurde die verbüßte „Schubhaft" vom 12. Dezember 2003, 17.35 Uhr, bis 15. Dezember 2003, 15.00 Uhr, und vom 12. Februar 2004, 13.40 Uhr, bis 12. Februar 2004, 15.00 Uhr, auf die Strafe angerechnet.
Rechtliche Beurteilung
Wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, verletzt das Urteil in mehrfacher Hinsicht das Gesetz:
zu 1) Nach dem Zusammenrechnungsprinzip des § 29 StGB bilden alle in einem Verfahren demselben Täter angelasteten Diebstähle, mögen sie weder örtlich noch zeitlich zusammenhängen und jeder für sich rechtlich verschiedener Art sein, bei der rechtlichen Beurteilung eine Subsumtionseinheit (RIS-Justiz RS0114927). Die (getrennte) Annahme mehrerer Vergehen ist daher unzulässig; vielmehr liegt nur eine strafbare Handlung vor (vgl Fabrizy StGB8 § 29 Rz 2).
zu 2) Der vom Bezirksgericht Salzburg angewendete § 43a Abs 1 StGB regelt die bedingte Nachsicht eines Teiles einer Geldstrafe. Die Voraussetzungen für die bedingte Nachsicht eines Teiles einer Freiheitsstrafe sind hingegen in § 43a Abs 3 und 4 StGB festgelegt, wobei Abs 3 erster Satz als Mindestmaß der im Urteil ausgesprochenen Freiheitsstrafe sechs Monate fordert.
Das Bezirksgericht Salzburg, das die Voraussetzungen für die bedingte Nachsicht der gesamten Strafe nach § 43 Abs 1 StGB nicht für gegeben fand, hätte daher - bei richtiger Gesetzesanwendung - nicht einen Teil der Freiheitsstrafe bedingt nachsehen dürfen.
zu 3) Nach § 38 Abs 1 StGB sind - unter den weiteren im Gesetz genannten Voraussetzungen - die verwaltungsbehördliche und die gerichtliche Verwahrungshaft und die Untersuchungshaft auf Freiheitsstrafen und Geldstrafen anzurechnen. Unter einer verwaltungsbehördlichen Verwahrungshaft im Sinne dieser Gesetzesstelle ist jeder Freiheitsentzug durch eine Verwaltungsbehörde oder deren Organe im Zusammenhang mit einer gerichtlich zu ahndenden Straftat zu verstehen. Eine Schubhaft wird hingegen wegen der im Fremdengesetz genannten Zwecke verhängt und darf nicht angerechnet werden, auch wenn die Haftnahme aus Anlass der verfahrensgegenständlichen (gerichtlich strafbaren) Handlung erfolgt ist (Flora in WK² § 38 Rz 4 und 5 mwN).
Da Sasa B***** am 12. Dezember 2003 gemäß § 110 Abs 1 Z 3 FrG 1997 (gemeint wohl: § 110 Abs 3 FrG 1997) festgenommen (S 13) und am 15. Dezember 2003 aus der Schubhaft entlassen worden war (S 19), hätte diese Haft nicht gemäß § 38 StGB auf die Strafe angerechnet werden dürfen. Anders verhält es sich mit der Zeit der am 12. Februar 2004 erfolgten sicherheitsbehördlichen Anhaltung, die gemäß § 177 StPO iVm § 175 Abs 1 Z 1 StPO - sohin im Dienste der Strafjustiz - erfolgt war (S 83) und vom Gericht unrichtig als Schubhaft bezeichnet wurde.
Da das Erstgericht lediglich die „Begehung in vier Fällen" (und die einschlägige Vorstrafe) als erschwerend gewertet hat, haben sich die aufgezeigten Gesetzesverletzungen nicht zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt, sodass es mit ihrer Feststellung das Bewenden haben muss.
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