Spruch:
Der Revisionsrekurs der Betroffenen wird gemäß § 67 AußStrG mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung
Für die im 85. Lebensjahr stehende Pensionistin Paula D***** wurde mit rechtskräftigem Beschluss des Erstgerichtes vom 19. 7. 2002 deren Tochter Irmgard J***** zur Sachwalterin zur Regelung sämtlicher Angelegenheiten bestellt.
Die Betroffene verfügt über monatliche Pensions- und Pflegegeldeinkünfte. Sie ist Eigentümerin einer Wohnhausliegenschaft in Krumpendorf, die an das SOS-Kinderdorf Kärnten vermietet ist. Darüber hinaus ist sie Eigentümerin einer weiteren Wohnhausliegenschaft im Ausmaß von 1.428 m² in Knappenberg.
Die Sachwalterin sucht seit 2004 Kaufinteressenten für dieses Haus, zumal es laufend Kosten verursacht, nur zur Hälfte fertiggestellt und auch renovierungsbedürftig ist.
Die Sachwalterin teilte am 11. 1. 2005 dem Erstgericht mit, sie habe einen Kaufinteressenten für dieses Haus gefunden, der EUR 95.000 an Kaufpreis bezahle. Ein besserer Kaufpreis sei ihrer Ansicht nicht erzielbar.
Ein vom Erstgericht mit der Ermittlung des Verkehrswertes des Hauses beauftragter Sachverständiger gelangte in seinem Gutachten zu einem Verkehrswert von EUR 99.150. Bei diesem Wert war ein rückgestauter Reparaturbedarf von EUR 10.770 bereits berücksichtigt.
Die Sachwalterin beantragte, den Verkauf dieses Hauses um EUR 95.000 zu bewilligen. Das Objekt sei nicht vermietbar, ein Wasserschaden müsse repariert werden. Das Rechtsgeschäft diene dem offenbaren Vorteil der Betroffenen, weil ansonsten mit dem Objekt nur Kosten verbunden seien. Durch die Nichtbenützung des Hauses werde die Substanz auch nicht besser.
Das Erstgericht versagte dem ins Auge gefassten Liegenschaftsverkauf die Genehmigung. Die gesetzliche Regelung des § 282 ABGB verweise hinsichtlich der Angelegenheiten der Vermögensverwaltung auf § 232 ABGB. Danach könne ein unbewegliches Gut nur im Notfall oder zum offensichtlichen Vorteil des Pflegebefohlenen mit gerichtlicher Genehmigung veräußert werden. Da hier weder ein Notfall, noch ein offensichtlich vorteilhaftes Geschäft vorliege, sei der geplante Verkauf nicht zu bewilligen.
Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Rekursgericht diese Entscheidung auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht erachtete die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen aus dem Bauwesen für erforderlich. Es entspreche einer allgemeinen Lebenserfahrungstatsache, dass bei nicht bewohnten, ständig geschlossen gehaltenen, nicht gelüfteten und in der kalten Jahreszeit nicht beheizten Häusern die evidente Gefahr einer möglicherweise beträchtlichen Substanzschädigung und eines dadurch bedingten Wertverfalles bestehe. Ob in diesem Umstand ein Notfall iSd § 232 ABGB gesehen werden könne, lasse sich auf der derzeitigen Sachverhaltsgrundlage noch nicht verlässlich beurteilen. Erst nach der Feststellung, ob eine mehrjährige Nichtbenützung des Hauses eine Wertminderung desselben erwarten lasse, könne beurteilt werden, ob nicht ein Verkauf dieser Liegenschaft in Anbetracht der konkreten Umstände dem offenbaren Vorteil der Betroffenen gereichen würde oder zur Abwendung eines Notfalles erforderlich wäre.
Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob sich die gerichtliche Genehmigung des Verkaufes einer Liegenschaft der betroffenen Person exakt an die Kriterien des § 232 zu orientieren habe, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege. Das Rekursgericht verwies noch darauf, dass in einem Verfahren, in dem es um die Zulässigkeit der Veräußerung unbeweglichen Vermögens gehe, die Interessenlage eines minderjährigen Kindes und jene eines unter Sachwalterschaft stehenden alten Menschens grundverschieden sein.
Die Sachwalterin beantragt in ihrem bei Gericht zu Protokoll gegebenen Revisionsrekurs die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahingehend, dass der Verkauf des Hauses der Betroffenen genehmigt werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 62 AußStrG) entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes unzulässig.
Die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Veräußerung von Grundbesitz setzt den offenbaren Vorteil des Betroffenen voraus (RIS-Justiz RS0081749; 1 Ob 127/05s; 8 Ob 44/04k). Diese Frage muss das Gericht nach seinem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilen. Den Willen des Gesetzgebers entsprechend muss dabei zwar ein äußerst strenger Maßstab angelegt werden, um das unbewegliche Vermögen des Betroffenen zu erhalten (RIS-Justiz RS0081749), doch ist eine Entscheidung, ob die Veräußerung einer Liegenschaft in diesem Sinne dem Wohl des Betroffenen dient, nur dann einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof zugänglich, wenn den Vorinstanzen ein grober Fehler unterlaufen wäre (RIS-Justiz RS0007104).
Das Rekursgericht hat einer Erweiterung der Tatsachengrundlage zur Frage, ob im konkreten Fall durch die Nichtbenützung des Hauses eine Wertminderung desselben eintreten könnte, für erforderlich erachtet.
Dem kann zunächst der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten.
Ob letztlich unter Berücksichtigung aller weiterer Umstände (sonstige Vermögenslage und Einkünfte der Betroffenen im Vergleich mit den weiterlaufenden Kosten der Erhaltung des zum Verkauf anstehenden Hauses bzw mit einer zu erwartenden Wertminderung) ein Verkauf der Liegenschaft genehmigt werden kann, ist unter Berücksichtigung der wohlverstandenen Interessen der Betroffenen zu entscheiden.
Da eine erhebliche Rechtsfrage nicht vorliegt, war der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.
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