OGH 3Ob163/05z

OGH3Ob163/05z24.8.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Dr. Peter Rudeck und Dr. Georg Schlager, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Emil B*****, vertreten durch Dr. Michael Cermak, Rechtsanwalt in Wien, als Rechtsanwalt zur Verfahrenshilfe, wegen 916,11 EUR s.A., infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 5. April 2005, GZ 40 R 398/04g-39, womit die Berufung der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Bezirksgerichts Meidling vom 20. Jänner 2004, GZ 8 C 1427/03f-30, und die Berufungsbeantwortung zurückgewiesen wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Berufungsgerichts wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die neuerliche Entscheidung über die Berufung aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrte die Zahlung teilweise ausständiger Mietzinse (einschließlich Betriebskosten und USt.) für den Zeitraum Mai 1998 bis März 2004. Für die Monate Jänner 2003 bis September 2003 begehrte sie dabei 101,79 EUR pro Monat, in Summe also 916,11 EUR.

Zwischen den Parteien sind für die Jahre 1998 bis 2002 Verfahren zur Überprüfung der Betriebskostenabrechnung - teils vor Gericht, teils vor der Schlichtungsstelle - anhängig.

Das Erstgericht fasste in der Verhandlung vom 10. November 2003 folgenden Beschluss:

„Das Verfahren wird bezüglich des Zeitraumes Mai 1998 bis einschließlich Dezember 2001 (7.116,69 EUR) unterbrochen."

Dieser Unterbrechungsbeschluss wurde vom Erstgericht in der Streitverhandlung vom 23. März 2004 dahingehend „ergänzt bzw. berichtigt", dass das Verfahren „bezüglich der Betriebskosten betreffend den Zeitraum Mai 1998 bis einschließlich 2001 bis zur rechtskräftigen Erledigung der Anträge auf Überprüfung der Betriebskosten betreffend die Jahre 2000 sowie 2001" und (weiter konkretisiert) „bezüglich der Betriebskosten betreffend den Zeitraum April 1998 bis einschließlich Dezember 1999 bis zur rechtskräftigen Erledigung des Antrages des Beklagten vom 2. 6. 2000 (hg. 6 Msch 100049/02g) unterbrochen" wurde.

Die Parteien verzichteten auf Beschlussausfertigung.

In der Verhandlung vom 20. Jänner 2004 fasste das Erstgericht folgenden Beschluss:

„Das gegenständliche Gesamtmietzinsverfahren wird hinsichtlich der Betriebskosten des Jahres 2002 bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens über den Antrag des Beklagten vom 17. 11. 2003 (Schli 12/8016/2003 und Schli 12/8070/2003) unterbrochen."

Die Parteien verzichteten auf Beschlussausfertigung.

In derselben Verhandlung vom 20. Jänner 2004 erging weiters das Teilurteil im klagsstattgebenden Sinn hinsichtlich der Mietzinsforderungen aus den Monaten Jänner 2003 bis September 2003.

Am 29. September 2004 fasste das Erstgericht folgenden Beschluss:

„Das Verfahren vor dem BG Meidling zur AZ 8 C 1427/03f wird hinsichtlich der Mietzinse für die Monate 5/1998 bis 12/2003 im Umfang von 7.916,65 EUR bis zur rechtskräftigen Erledigung der Anträge des Beklagten 1) vom 2. 6. 2000 auf Überprüfung der Betriebskostenabrechnung für die Jahre 1998 und 1999, 2) vom 18. 8. 2002 auf Überprüfung der Betriebskostenabrechnung für die Jahre 2000 bis 2001 und 3) vom 17. 11. 2003 auf Überprüfung der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2002 unterbrochen."

Zur Begründung dieses Beschlusses führte das Erstgericht aus, der Beklagte habe bei der Schlichtungsstelle unter anderem die Überprüfung der Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 1998 bis 2002 beantragt. Das Mietzinsverfahren sei bis zur rechtskräftigen Erledigung der Überprüfungsanträge hinsichtlich jenes Zeitraumes unterbrochen worden, welcher einem Betriebskostenüberprüfungsverfahren zu unterziehen sei. Auf eine Ausfertigung der Unterbrechungsbeschlüsse sei zwar von den Parteien verzichtet worden, die vorliegende Beschlussfassung sei jedoch zur Verdeutlichung des Umfanges der Unterbrechung sowie zur Angabe erforderlich, bis zur Erledigung welcher Überprüfungsanträge die Unterbrechung erfolgt sei.

Das Berufungsgericht wies die Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil vom 20. Jänner 2001 sowie die Berufungsbeantwortung zurück. Rechtlich führte die zweite Instanz dazu aus, das Verfahren sei mit rechtskräftigem Beschluss vom 29. September 2004 „hinsichtlich der Mietzinse für die Monate 5/1998 bis 12/2003 im Umfang von 7.916,65 EUR" unterbrochen. Die Berufung und die Berufungsbeantwortung seien nach Eintritt der Unterbrechung eingebracht worden. Das Teilurteil umfasse Mietzinsperioden von Jänner 2003 bis Dezember 2003. Die Unterbrechung sei somit auch für die dem Teilurteil zugrundeliegenden Perioden erfolgt. Über ein nach Eintritt der Unterbrechung eingebrachtes Rechtsmittel könne, solange das Verfahren nicht wieder aufgenommen worden sei, nicht mehr meritorisch entschieden werden. Die Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens könne nur durch Gerichtsbeschluss erfolgen. Die Berufung und die Berufungsbeantwortung seien daher zurückzuweisen gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der klagenden Partei ist zulässig und berechtigt.

Das Erstgericht hat im Teilurteil - anders als im Kopf sowohl des Teilurteils als auch des Beschlusses des Berufungsgerichts angegeben - über Mietzinsforderungen im Umfang von 916,11 EUR entschieden.

Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen, weshalb gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO der Rekurs ohne Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage und ohne Rücksicht auf die Höhe des Streitwertes zulässig ist. Die klagende Partei erwirkte im Verfahren erster Instanz eine Sachentscheidung zu ihren Gunsten. Wegen ihres Interesses an einer meritorischen, der Klage stattgebenden Entscheidung des Berufungsgerichts ist sie durch die Zurückweisung der Berufung des Beklagten beschwert (vgl 1 Ob 68/04p = RdW 2004, 670; 6 Ob 2141/96p).

Gemäß § 41 MRG in der im Zeitpunkt der erstgerichtlichen Entscheidung anzuwendenden Fassung BGBl 1981/520 ist das Verfahren über einen Rechtsstreit von Amts wegen zu unterbrechen, wenn die Entscheidung von einer Vorfrage abhängt, über die ein Verfahren nach § 37 MRG beim Gericht oder der Gemeinde bereits anhängig ist. Zu diesen Verfahren nach § 37 MRG gehören gemäß Z 12 leg cit auch die (gegenständlich für die Jahre 1998 bis 2002 anhängigen) Verfahren zur Überprüfung der Betriebskostenabrechnung.

Das Erstgericht hat das Verfahren bereits mit den in den Verhandlungen vom 10. November 2003 (präzisiert am 23. März 2004) und vom 20. Jänner 2004 gefassten Beschlüssen hinsichtlich jener Forderungen rechtskräftig unterbrochen, mit denen ausständige Mietzinse aus den Monaten Mai 1998 bis einschließlich Dezember 2002 eingeklagt wurden. Folgerichtig hat das Erstgericht in der Verhandlung vom 20. Jänner 2004 im Anschluss an den Unterbrechungsbeschluss mit Teilurteil über jene Teilforderungen erkannt, hinsichtlich derer es keine Verfahrensunterbrechung angeordnet hatte; das waren zum damaligen Zeitpunkt die Mietzinsforderungen für die Monate Jänner 2003 bis September 2003.

Wie sich aus dem Zusammenhalt des Spruches und der Begründung des schriftlichen Beschlusses vom 29. September 2004 ergibt, sollte damit kein die ursprünglichen Beschlüsse erweiternder Unterbrechungsbeschluss gefasst werden. Der Beschluss sollte vielmehr der Klarstellung dienen, hinsichtlich welcher Teilforderungen das Mietzinsverfahren bis zum Abschluss welcher einzelner Außerstreit- beziehungsweise Schlichtungsstellenverfahren unterbrochen worden war. Das Erstgericht hat in der Begründung des Beschlusses ausdrücklich dargelegt, dass das Verfahren hinsichtlich der Mietzinsforderungen jener Jahre unterbrochen werden sollte, für die Verfahren zur Überprüfung der Betriebskostenabrechnung anhängig sind. Dabei handelt es sich - wie sowohl im Spruch als auch in der Begründung angeführt - um die Jahre 1998 bis 2002, nicht jedoch um das Jahr 2003. Der Beschluss bringt daher keinen von den ursprünglich mündlich verkündeten Unterbrechungsbeschlüssen abweichenden Entscheidungswillen zum Ausdruck, sondern stellt inhaltlich lediglich eine (fehlerhafte) Ausfertigung jener Beschlüsse dar.

Die Verfahrensunterbrechung bezieht sich somit nicht auf jene Teilforderungen aus dem Jahr 2003, über die das Teilurteil vom 20. Jänner 2004 ergangen ist.

Der Beschluss des Berufungsgerichts war daher aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung aufzutragen.

Infolge des amtswegigen Vorgehens des Berufungsgerichts liegt ein Zwischenstreit nicht vor (vgl M. Bydlinski in Fasching² § 48 ZPO Rz 14), weshalb die Kostenentscheidung gemäß § 52 Abs 1 ZPO vorzubehalten ist.

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