OGH 6Ob2141/96p

OGH6Ob2141/96p11.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Graf, Dr.Schiemer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Ingeborg L*****, wider die beklagte Partei Hans-Dieter R*****, vertreten durch Dr.Franz Eckert ua Rechtsanwälte in Baden, wegen 12.730,90 S, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 6.März 1996, GZ 36 R 36/96b-16, womit aus Anlaß der Berufung der Klägerin das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 16.November 1995, GZ 34 C 199/95h-12, und das diesem Urteil vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges zurückgewiesen wurden, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Gegen den Beklagten war zu 12 f Vr 14.473/92, 12 f Hv 2.795/93 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ein Strafverfahren anhängig. Er hatte zunächst einen Wahlverteidiger, der am 2.3.1994 die Vollmacht kündigte. Das Strafgericht bestellte daraufhin für den Beklagten einen Amtsverteidiger gemäß § 41 Abs 3 StPO. Mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer Wien vom 21.3.1994 wurde die Klägerin mit zwei weiteren Rechtsanwälten zur Amtsverteidigerin des Beklagten bestellt.

Bereits am 11.3.1994 hatte der Beklagte die Bevollmächtigung der Beklagtenvertreter als neue Wahlverteidiger angezeigt. Mit einem am 21.3.1994 beim Landesgericht für Strafsachen Wien eingelangten Schriftsatz beantragte der Beklagte den Widerruf der verfügten Bestellung eines Amtsverteidigers. Das Landesgericht für Strafsachen Wien wies (diesen Antrag) mit Beschluß vom 21.3.1994 ab. Der dagegen erhobenen Beschwerde des Beklagten wurde vom Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 26.4.1994 Folge gegeben, weil gemäß § 41 Abs 6 StPO die Bestellung eines Verfahrenshilfe- oder Amtsverteidigers mit dem Einschreiten eines gewählten Verteidigers ex lege erlösche.

Die Klägerin hat Leistungen für den Beklagten erst nach dem 21.3.1994 erbracht. Sie wurde mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer Wien vom 5.5.1994 von ihrer Enthebung als Amtsverteidigerin verständigt.

Die Klägerin begehrte mit ihrer Mahnklage vom 31.1.1995 ein Honorar für die Amtsverteidigung im angeführten Strafverfahren.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es beurteilte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, daß die Bestellung eines Amtsverteidigers für den Beklagten zunächst zu Recht erfolgt sei, weil der ursprüngliche Wahlverteidiger seine Vollmacht gekündigt habe. Mit dem Einschreiten des vom Beklagten neu bestellten Wahlverteidigers am 21.3.1993 sei die Bestellung der Amtsverteidigerin gemäß § 41 Abs 6 StPO ex lege erloschen. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin aber noch keine Leistungen für den Beklagten erbracht gehabt. Zum Zeitpunkt der Leistungserbringung sei sie nicht mehr Amtsverteidigerin gewesen.

Das Berufungsgericht hob aus Anlaß der Berufung der Klägerin das Ersturteil und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges zurück. Es vertrat die Auffassung, daß die Klägerin ihren Honoraranspruch ausschließlich für Leistungen als Amtsverteidigerin des Beklagten begehre. Gemäß § 395 Abs 5 StPO seien die Kosten des Amtsverteidigers durch das Strafgericht zu bestimmen. Die Bestimmung und Auferlegung der Kosten der Amtsverteidigung sei den Strafgerichten zugewiesen, weswegen eine Geltendmachung vor den Zivilgerichten ausscheide. Es entspreche der ständigen Judikatur, daß Verteidigungskosten, die im Zuge eines aufgrund einer mutwillen Anzeige geführten Strafverfahrens entstünden, nicht im Zivilrechtsweg, sondern lediglich vor den Strafgerichten eingefordert werden könnten. Dies gelte nur dann nicht, wenn die Verteidigungskosten aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes geltend gemacht werden. Da die Klägerin keinen anderen Rechtsgrund als die Erbringung der Leistungen im Zuge der Amtsverteidigung geltend gemacht habe, sei der streitige Rechtsweg unzulässig.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag auf Behebung. Dem Berufungsgericht möge eine (meritorische) Entscheidung über die Berufung der Klägerin aufgetragen werden.

Die Klägerin hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig.

Gegen einen Beschluß, mit welchem ein Berufungsgericht die Klage aus formellen Gründen zurückgewiesen hat, ist der Vollrekurs an den Obersten Gerichtshof ohne Rücksicht auf das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage und ohne Rücksicht auf die Höhe des Streitwertes zulässig (RZ 1992/1 und 26; 2 Ob 519/95 mwN). Auch dem Beklagten steht gegen eine Zurückweisung der Klage durch das Berufungsgericht die Rekurslegitimation zu. Seine Beschwer ist wegen des Interesses an einer meritorischen, die Klage abweisenden Sachentscheidung zu bejahen.

Der Rekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Als einzigen Rekursgrund macht der Beklagte geltend, daß im vorliegenden Fall wegen der Enthebung der Amtsverteidigerin ihre Kosten nicht durch das Strafgericht gemäß § 395 Abs 5 StPO zu bestimmen gewesen wären. Es sei daher von einem zivilrechtlichen Rechtsverhältnis auszugehen. Dieses Rekursvorbringen trifft zwar nach den erstinstanzlichen Feststellungen grundsätzlich zu. Der Rekurswerber übersieht aber, daß die Klägerin ihren Honoraranspruch - worauf das Berufungsgericht zutreffend verwies - ausschließlich auf Leistungen gestützt hat, die sie als Amtsverteidigerin erbracht habe. Auf einen anderen Sachverhalt und andere Rechtsgründe (etwa auf Bereicherungsrecht, Schadenersatzrecht oder eine Geschäftsführung ohne Auftrag) hat sie sich nicht gestützt. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsweges ist jedoch auf den geltend gemachten Klagegrund, nicht aber auf bloß hypothetische, nicht erhobene Rechtsgründe abzustellen. Für die allein geltend gemachten Anspruchsgrundlagen, nämlich die Erbringung von Leistungen als Amtsverteidigerin in einem Strafverfahren, ist der Rechtsweg aber aus den vom Berufungsgericht zutreffend erkannten Gründen nicht zulässig, was vom Rekurswerber auch nicht bezweifelt wird. Dem Rekurs ist daher nicht Folge zu geben.

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