OGH 15Os58/05a

OGH15Os58/05a28.7.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Juli 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lang als Schriftführer, in der Strafsache gegen Hans-Jürgen N***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Hans-Jürgen N***** und Dr. Franz Heribert P***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 20. Dezember 2004, GZ 37 Hv 46/04f-70, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Hans-Jürgen N***** und Dr. Franz P***** wurden des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt, weil sie im Mai 2001 in Innsbruck im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) mit dem Vorsatz, sich oder Dritte durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der B***** AG durch Täuschung über Tatsachen, nämlich Auftreten als rückzahlungsfähige und -willige Bankkunden, insbesondere Hans-Jürgen N***** durch Übernehmen einer Bürgschaft und Dr. Franz P***** durch Vortäuschen einer grundbücherlichen Sicherstellung des Kredites, zu einer Handlung, nämlich Gewährung eines Kredites in der Höhe von 42.150,24 Euro verleitet haben, welche die B***** an Vermögen schädigte, wobei der Schaden 42.150,24 Euro betrug.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von den Angeklagten getrennt ausgeführten, je auf Z 3, 5, 9 lit a und 10, vom Angeklagten Dr. P***** zusätzlich auch auf Z 4 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden verfehlen ihr Ziel.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten N*****

Die Kritik der Verfahrensrüge (Z 3), infolge Fehlens der Unterschrift des Vorsitzenden auf dem Hauptverhandlungsprotokoll könne dessen Richtigkeit nicht nachvollzogen werden, verkennt, dass nur die Nichtaufnahme eines Protokolls, nicht aber dessen Inhalt unter Nichtigkeitssanktion steht (§ 271 Abs 1 erster Satz StPO, § 281 Abs 1 Z 3 StPO; vl RIS-Justiz RS0113211).

Im Übrigen ist das im Akt erliegende, allein maßgebliche Original ohnedies vom Vorsitzenden unterfertigt.

Entgegen den Scheinbegründung und „substanzlosen Gebrauch der verba legalia" behauptenden Einwänden der Mängelrüge (Z 5) haben die Tatrichter die Konstatierungen (US 6, 8 und 9) zur betrügerischen Vorgangsweise des Angeklagten zur Erlangung der Kreditmittel und weiteren Kreditabwicklung nicht nur auf die „wechselnden Verantwortungen" gestützt, sondern in den Urteilsgründen S 12 bis 20 aus den dargestellten Ergebnissen des Beweisverfahrens - im Einklang mit den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen - umfänglich begründet erschlossen. Dass diese Gründe dem Beschwerdeführer nicht überzeugend genug erscheinen und aus den angeführten Beweismitteln auch andere Schlussfolgerungen möglich gewesen wären, vermag den behauptenden Begründungsmangel nicht darzustellen.

Gleiches gilt für den Einwand unzureichender Begründung der subjektiven Tatseite, hat doch das Tatgericht diese nicht nur auf das Verhalten des Zweitangeklagten, sondern auf die in US 12, 16 ff näher dargelegten Begleitumstände der Tat und das akkordierte Vorgehen (beider Angeklagter) gestützt. Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen wurde sowohl auf die Verantwortung des Angeklagten eingegangen (US 11 und 12) als auch ebenfalls begründet dargelegt, warum die Tatrichter vom „koordinierten betrügerischen Vorgehen" beider Angeklagter ausgegangen sind. Die Kritik, „bei vollständiger Berücksichtigung der aufgezeigten Verfahrensergebnisse" wäre eine andere Würdigung der für die rechtliche Beurteilung der Vorkommnisse entscheidenden Tatsachenfeststellungen, ob beim Erstangeklagten ein Bereicherungsvorsatz vorgelegen sei, erfolgt, lässt die deutliche und bestimmte Bezeichnung eines Sachverhaltes vermissen, der den Prüfungskriterien eines ebenso bezeichneten Nichtigkeitsgrundes entspricht (Ratz, in WK-StPO § 285d Rz 10), und wendet sich in Wahrheit unzulässig gegen die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer in kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Gegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge ist ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt. Unerheblich ist für den Bereich solcher Rügen, ob die mit dem Gesetz zu vergleichenden Feststellungen einwandfrei zustandegekommen oder dargestellt sind oder erheblichen Bedenken begegnen (WK-StPO § 281 Rz 581 ff).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet Mängel an Feststellungen wegen des substanzlosen Gebrauchs der verba legalia zur subjektiven Tatseite und begehrt „eingehendere" Tatsachenfeststellungen, insbesondere zum Bereicherungsvorsatz, legt aber nicht dar, welche über die vom Erstgericht auf US 8 angeführten Konstatierungen hinaus erforderlich sein sollten und erweist sich ihrerseits in diesem Umfang als nicht deutlich und bestimmt bezeichnet (WK-StPO § 285d Rz 10 und 14). Das weitere Vorbringen zieht auf urteilsfremder Basis und im Rahmen der Rechtsrüge ebenfalls unzulässig die Beweiswürdigung der Tatrichter in Zweifel.

Aufgrund welcher vom Erstgericht getroffenen Feststellungen sich ergäbe, dass der Angeklagte die B***** nicht hätte schädigen können, legt die Beschwerde ebenfalls nicht substanziiert dar und ist insofern nicht erwiderungsfähig.

Das Vorbringen der Subsumtionsrüge (Z 10) negiert - im Gegensatz zu den angeführten einleitenden Voraussetzungen zur prozessordnungsgemäßen Darstellung einer Rechts- und Subsumtionsrüge - die Urteilsannahmen S 8, wonach sich die subjektive Tatseite auf einen Schaden in Höhe der ausbezahlten Kreditmittel (nämlich 42.150,24 Euro) erstreckte, und lässt somit bei Behauptung eines Mangels an Feststellungen die Orientierung am Urteilssachverhalt und damit die Ausrichtungen an den Prozessvorschriften ebenso vermissen wie die auf beweiswürdigend veränderter Basis und darauf beruhend lediglich behauptete rechtliche Konsequenz (WK-StPO § 281 Rz 588 und 593).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dr. P*****

Die (inhaltsgleiche) Kritik der aus Z 3 erhobenen Rüge erweist sich aus denselben Erwägungen wie aus denjenigen zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten N***** als nicht zielführend. Zu Unrecht reklamiert die Verfahrensrüge (Z 4) die Ablehnung des in der Hauptverhandlung vom 8. November 2004 (S 237/II) gestellten und in derjenigen vom 20. Dezember 2004 wiederholten Antrages (S 9/III) auf Einholung eines „buchhalterischen Sachverständigengutachtens" zum Beweis dafür, „dass die Auszahlung von 290.000 S an den N***** nicht erfolgt ist und dessen Sohn Markus N***** über den entsprechenden Betrag von 175.000 S auch nicht verfügen konnte" (wobei nach Aufforderung der Antrag dahingehend präzisiert wurde, „dass die Verteidigung davon ausgehe, dass die 290.000 S nicht geflossen sind", wenn sie in keiner Buchhaltung aufscheinen. Durch ein derartiges Gutachten soll auch bewiesen werden „dass die 175.000 S nicht vorhanden waren").

Wie das Erstgericht in seinem abweisenden Zwischenerkenntnis (S 231, 233/II, 9/III, ergänzt durch die diesbezüglichen Ausführungen im Urteil S 20) im Ergebnis zutreffend darlegt, konnte die Einholung eines derartigen Gutachtens ohne Verletzung von Verteidigungsrechten unterbleiben, weil anlässlich der Antragstellung gar nicht behauptet worden ist, dass sämtliche Geldflüsse in eine (ebenfalls nicht bezeichnete) Buchhaltung Eingang gefunden hätten. Damit lässt die begehrte Beweisaufnahme nicht erkennen, inwiefern aus dem Umstand des Nichtaufscheinens dieser Beträge in der Buchhaltung eine Erweiterung der Beweisgrundlage zu erwarten wäre. Warum sich aufgrund eines Gutachtens eines Sachverständigen erweisen ließe, dass „die 175.000 S nicht vorhanden waren", bleibt völlig unsubstanziiert, weshalb auch diesbezüglich nicht dargetan wurde, aus welchen Gründen die Durchführung des begehrten Beweises das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erbringen könnte, sodass der Beweisantrag im Ergebnis auf einen nicht zulässigen Erkundungsbeweis zielt und zu Recht abgewiesen wurde.

Die in der Beschwerde dazu nachgetragenen Erwägungen haben dabei außer Betracht zu bleiben, weil bei Prüfung der Berechtigung eines Antrags stets von der Verfahrenslage zum Zeitpunkt der Entscheidung darüber und den dazu vorgebrachten Gründen auszugehen ist (Mayerhofer/Hollaender StPO5 § 281 Z 4 E 40 und 41). Warum die Urteilskonstatierung S 6, dem Sohn des Erstangeklagten wäre es aufgrund seines Einkommens gar nicht möglich gewesen, die Kreditraten zurückzuzahlen, was allen bewusst gewesen sei, mit derjenigen US 10, es könne nicht festgestellt werden, dass der Zweitangeklagte den Verkauf der Liegenschaft an die Firma Py*****gesmbH tätigte, um sein Vermögen zu schützen, im Widerspruch sei, legt die Mängelrüge (Z 5) ebensowenig substanziiert dar, wie die Behauptung US 10, wonach „nicht festgestellt werden kann, dass dem Erst- oder Zweitangeklagten eine Löschungsquittung ausgehändigt wurde", widerspreche US 15, wonach „dem Erstangeklagten keine Löschungsquittung ausgehändigt worden sei."

Entgegen der Undeutlichkeit der Ausführungen zur subjektiven Tatseite behauptenden Mängelrüge (Z 5) lässt sich deren Feststellung hinreichend deutlich (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 419) aus dem Gesamtkontext von Spruch und Entscheidungsgründen (vgl US 2, 3, 8, 9, 14) entnehmen. In welcher Form die Vereitelung der Möglichkeit der kreditgewährenden Bank, eine liquidierbare Gegenleistung zur Verfügung zu haben, bei Vertragsabschluss geplant war, stellt keine für den Ausspruch über die Schuld des Beschwerdeführers oder auf diesen anzuwendenden Strafsatz entscheidende Tatsache dar (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 399), und bedurfte daher keiner besonderen Feststellung oder weiteren Begründung. Soweit die Beschwerde die nähere Erörterung der Umstände der Einkommensverhältnisse des Sohnes des Erstangeklagten in Bezug auf die Rückzahlungsmöglichkeiten des von ihm über Aufforderung des Vaters aufgenommenen Kredites vermisst und moniert, das Erstgericht habe sich „zu Ungunsten des Zweitangeklagten" „nicht ausreichend" mit der Verantwortung des Erstangeklagten betreffend dessen Kenntnis von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen seines Sohnes auseinandergesetzt, gesteht sie deren Erörterung ohnedies zu und bekämpft im Ergebnis die - dem Gebot der gedrängten Darstellung der Urteilsgründe nach § 270 Abs 2 Z 5 StPO Rechnung tragende - begründete Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer in kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung, ohne damit einen formalen Begründungsmangel geltend zu machen.

Die Kritik der Rechtsrüge (Z 9 lit a) negiert mit dem Einwand mangelnder Feststellungen zur subjektiven Tatseite die diesbezüglichen Konstatierungen US 8 und erweist sich mit dem generell gehaltenen Vorbringen, das Urteil enthalte diesbezüglich keine rechtsrelevanten Tatsachen und beschränke sich auf die verba legalia, als ihrerseits nicht deutlich und bestimmt bezeichnet. Im Übrigen ist der Beschwerde auch nicht zu entnehmen, welche über die vom Erstgericht zur subjektiven Tatsache angeführten (im Übrigen auf Aktengrundlage indizierten) Konstatierungen noch zu treffen gewesen wären. Soweit sie eine (eingehendere) Auseinandersetzung mit der Verantwortung des Zweitangeklagten und den Möglichkeiten einer Kreditrückzahlung durch den Kreditnehmer Markus N***** und der Lastenfreistellung vermisst (inhaltlich Z 5), argumentiert sie - auch im Rahmen der Rechtsrüge unzulässig - selbst beweiswürdigend auf urteilsfremder Grundlage, anstatt die vom Schöffengericht getroffenen Konstatierungen den Rechtsausführungen zugrunde zu legen. Die auf Z 9 lit b gestützte Rechtsrüge begehrt wiederum spekulativ auf urteilsfremder Basis die Beurteilung des Verhaltens des Zweitangeklagten unter Berücksichtigung eines „Rechtfertigungs-, Schuldausschließungs- bzw Entschuldigungsgrundes" und stellt Erwägungen allgemeiner Art über die rechtlichen Möglichkeiten der Bewertung seines Verhaltens, beruhend auf der Annahme der Glaubwürdigkeit seiner Verantwortung, an und beruft sich damit gar nicht auf in der Hauptverhandlung vorgekommene Indizien (WK-StPO § 281 Rz 600).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) macht - wie diejenige des Angeklagten N***** - geltend, dass mangelnde Feststellungen zur subjektiven Tatseite bezüglich der Schadenshöhe vorlägen. Diesbezüglich kann auf die Argumentation in Erwiderung der Nichtigkeitsbeschwerde des Erstangeklagten verwiesen werden.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der in den gemäß § 35 Abs 2 StPO von der Verteidigung erstatteten Äußerungen vertretenen Ansicht - teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO, zum Teil iVm § 285a Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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