OGH 11Os38/05f

OGH11Os38/05f26.7.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juli 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wagner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Silvia Z***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB idF vor BGBl I 2004/136 sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Silvia Z***** sowie die Berufung der Privatbeteiligten E***** und H***** AG gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 15. November 2004, GZ 28 Hv 16/04f-124, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten Silvia Z***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Schuldsprüche zweier weiterer Angeklagter enthaltenden Urteil wurde Silvia Z***** des (zu ergänzen:) als leitende Angestellte iSd § 161 Abs 1 StGB begangenen Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB aF (1) sowie des - ebenfalls als leitende Angestellte (§ 161 Abs 1 StGB) begangenen - Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 2 und Abs 4 (zu ergänzen:) Z 2 StGB (2 a) schuldig erkannt.

Danach hat sie als Vorstandsmitglied und Leiterin der Buchhaltungsabteilung der H***** AG

(1) nicht bestehende Verbindlichkeiten vorgeschützt und sonst das Vermögen der Gesellschaft verringert und dadurch die Befriedigung deren Gläubiger zumindest geschmälert, wobei sie durch die Tat einen 40.000 EUR übersteigenden Schaden herbeiführte, indem sie im Jahr 1998

(1 a) von der H***** AG für sich (persönlich) ein Einfamilienhaus im Wert von 4,9 Mio S (ds 356.096,88 EUR) errichten ließ und hiefür keine Zahlungen leistete, sowie

(1 b) durch die vorübergehende Auflösung ihres Dienstverhältnisses zur H***** AG (für die Monate Oktober bis Dezember 1998) für sich (persönlich) eine Gehalts- und Abfindungsforderung von 1,762.625 S (ds richtig: 128.094,95 EUR) - die sodann mit der in ähnlicher Höhe festgesetzten Forderung der H***** AG für die Errichtung des Einfamilienhauses (1 a) gegenverrechnet wurde - sowie einen zusätzlichen Aufwand von 1,1 Mio S (ds 79.940,12 EUR) erwirkte, wobei sie während dieses dreimonatigen Zeitraums das Vorstandsmandat der H***** AG behielt und (bei gleichbleibenden Gehaltszahlungen) ein Dienstverhältnis mit der - in engem wirtschaftlichen Konnex mit der H***** AG stehenden - A*****gembH einging;

(2 a) in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der H***** AG grob fahrlässig die Befriedigung wenigstens eines deren Gläubiger dadurch zumindest geschmälert, dass sie übermäßigen, mit den Vermögensverhältnissen des Unternehmens und dessen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand trieb, Geschäftsbücher sowie geschäftliche Aufzeichnungen so führte und Jahresabschlüsse auf eine solche Weise erstellte, dass ein zeitnaher Überblick über die wahre Vermögens-, Finanz- sowie Ertragslage erheblich erschwert wurde, und Kontrollmaßnahmen, die ihr einen solchen Überblick verschafft hätten, unterließ, wobei sie einen 800.000 EUR übersteigenden zusätzlichen Befriedigungsausfall wenigstens eines Unternehmensgläubigers bewirkte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Silvia Z***** geht fehl. Der Einwand der Mängelrüge (Z 5), die angefochtene Entscheidung führe im Urteilstenor zum Schuldspruch 1 zwar die Begehensweisen des Vorschützens nicht bestehender Verbindlichkeiten und der sonstigen Vermögensverringerung (§ 156 Abs 1 StGB) an, ordne diese aber in der Folge nicht den einzelnen (ebenfalls im Tenor beschriebenen) Tathandlungen zu, geht schon im Ansatz fehl, weil die urteilsmäßige Differenzierung zwischen den in § 156 Abs 1 StGB genannten Tathandlungen aufgrund deren rechtlicher Gleichwertigkeit nicht erforderlich ist (vgl Rainer in SbgK § 156 Rz 23).

Es sei daher nur der Vollständigkeit halber festgehalten, dass aus dem Wortlaut des Urteilstenors zum Schuldspruch 1 b (US 2) ebenso wie aus den - nötigenfalls zur Verdeutlichung heranzuziehenden (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 271, 278) - Feststellungen (US 20) zweifelsfrei erhellt, dass sich das Vorschützen von Verbindlichkeiten auf diesen Schuldspruchpunkt bezieht.

In Behauptung eines Widerspruchs zwischen der Urteilsannahme, die (kurzzeitige) Auflösung des Dienstverhältnisses der Angeklagten zur H***** AG (1 b) sei nur zum Schein erfolgt, und der Formulierung, hiedurch seien eine Gehalts- und eine Abfindungsforderung geschaffen worden (US 2), ergänzt die Beschwerde den festgestellten Sachverhalt prozessordnungswidrig um die urteilsfremde - sowie der Aktenlage widersprechende (S 121/IV) - Prämisse, diese Forderungen seien „rechtswirksam" zustande gekommen. Dies ist im Übrigen auch nicht Tatbestandsvoraussetzung, weil die Gläubigerbenachteiligung bei der betrügerischen Krida nicht endgültig zu sein braucht und demnach der Umstand, dass allenfalls die Transaktion des Täters im Rechtsweg zu verhindern gewesen wäre oder rückgängig gemacht werden könnte, der Annahme der Schmälerung der Befriedigung (wenigstens) eines Gläubigers nicht entgegensteht (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 156 Rz 20).

Indem die Rüge zum Schuldspruch 1 a den Umstand als widersprüchlich bezeichnet, dass das Erstgericht für das von der H***** AG errichtete Einfamilienhaus einerseits einen vereinbarten Kaufpreis von 3,66 Mio S (ds 265.982,57 EUR) abzüglich eines 12 %igen Personalrabattes und andererseits einen Wert von 4,9 Mio S (ds 356.096,88 EUR) festgestellt hat (US 19), bezieht sie sich nicht auf entscheidende Tatsachen, weil die Wertgrenze des § 156 Abs 2 StGB aF (40.000 EUR) hievon in keiner Weise berührt ist. Vollständigkeitshalber sei darauf hingewiesen, dass die angefochtene Entscheidung die Wertberechnung detailliert darlegt (US 19) und hiebei - entgegen der Rüge - auch die Kosten für Mängelbehebungen in Abzug bringt (US 20). Begründend bezieht sich das Erstgericht - aktenkonform (S 117, 123/IV iVm S 207 bis 255/V) - auf die Gutachten der Ha***** GmbH (US 29). Auch mit dem (zumindest) bedingten Vorsatz der Angeklagten hinsichtlich der Schadenshöhe setzten sich die Tatrichter hinreichend auseinander, indem sie darlegten, aus welchen Gründen sie die Verantwortung der Angeklagten als widerlegt ansahen (US 27 bis 29), und im Übrigen auf die Konstatierungen zum festgestellten objektiven Tatgeschehen verwiesen (US 29), wonach die Angeklagte nicht nur Begünstigte des Hausbaus, sondern auch Vorstandsmitglied und Leiterin der Buchhaltung der H***** AG mit Zuständigkeit (ua) für Debitorendispositionen, die Überwachung des gesamten Rechnungswesens sowie die Disposition der zur Verfügung stehenden Finanzmittel gewesen war (US 7, 17).

Aus welchem Grund der aus dieser Position der Angeklagten innerhalb der H***** AG abgeleitete Schluss auf die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens (US 13 bis 16) der Feststellung widersprechen soll, der Vorstandsvorsitzende Alexander T***** hätte die H***** AG weitgehend autoritär geführt und es seien bei den - nur sporadisch abgehaltenen - Vorstands- sowie Aufsichtsratssitzungen wesentliche Unternehmensentscheidungen kaum erörtert worden (US 17), vermag die Rüge - insbesonders auch mit Blick auf die Konstatierung, die Angeklagte sei „rechte Hand" und Vertrauensperson des Alexander T***** gewesen (US 18) - nicht darzulegen.

Mit der Verantwortung der Angeklagten, sie habe die den Schuldsprüchen 1 a und 1 b zugrunde liegenden Zuwendungen als rechtmäßig erachtet, setzt sich die angefochtene Entscheidung - der Beschwerde zuwider - hinreichend auseinander (US 27 f, 29 dritter Absatz).

Soweit die Rüge anhand eigener Beweiswerterwägungen aus dem - vom Erstgericht mängelfrei gewürdigten (US 29) - Umstand, dass das zum Schuldspruch 1 a gegenständliche Objekt ein sog Musterhaus gewesen ist, den urteilsfremden Schluss der wirtschaftlichen Korrektheit der diesbezüglichen Transaktion abzuleiten trachtet, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) beschränkt sich darauf, aus der Verantwortung der Angeklagten sowie einzelnen, isoliert herausgegriffenen Zeugenaussagen für die Angeklagte günstigere Schlüsse als das Erstgericht abzuleiten, und vermag solcherart keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) negiert zunächst zum Schuldspruch 1 b mit der Prämisse, das Dienstverhältnis zwischen der Angeklagten und der H***** AG sei nicht nur scheinbar aufgelöst worden, die gegenteiligen Urteilskonstatierungen (US 20). Sodann übergeht sie mit dem - auf der Basis dieser urteilsdifformen Prämisse entwickelten - Ansatz, die Angeklagte habe als Dienstnehmerin mit der H***** AG kontrahiert und könne demnach in Bezug auf das genannte Unternehmen nicht unmittelbare Täterin des Verbrechens nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB (iVm § 161 Abs 1 StGB) sein, die Urteilsannahme, dass die Angeklagte (gleichzeitig) als Verfügungsberechtigte der H***** AG auftrat (US 20), und bestreitet solcherart (auch) den Umstand des Selbstkontrahierens urteilsfremd. Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass selbst bei Unterstellung der Hypothese, die Angeklagte habe nicht für die H***** AG gehandelt, für deren Prozessstandpunkt nichts gewonnen wäre, weil (ausgehend von den Urteilskonstatierungen zur subjektiven Tatseite) ihre Tathandlungen diesfalls - im Hinblick auf das Einheitstätersystem des StGB rechtlich gleichwertig (Fabrizy in WK2 § 12 Rz 12) - Bestimmungs- oder Beitragshandlungen darstellen würden.

Zum Schuldspruch 1 a entfernt sich die Rüge mit der Behauptung, der H***** AG wäre aus dem Titel der Errichtung des Einfamilienhauses eine entsprechende Kaufpreisforderung entstanden, von der Feststellung, dass der Kaufpreis (dolos) nur mit einem Bruchteil des wahren Wertes (US 19) festgesetzt worden ist (US 20). Der - unsubtantiierte - Einwand hinwieder, im Umfang der Gegenverrechnung mit dem Gehalts- und Abfindungsanspruch (1 b) sei eine Forderung der Angeklagten befriedigt worden, setzt sich über die Konstatierung hinweg, dass diese Forderung der Angeklagten in Wahrheit nicht zustand (US 20).

Zum Beschwerdeargument, die Angeklagte habe nicht als Vertretungsbefugte, sondern (nur) als Vertragspartnerin der H***** AG gehandelt, sei zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zur Rechtsrüge hinsichtlich des Schuldspruchs 1 b verwiesen.

Aus welchem Grund der Umstand, dass der Angeklagten im Falle rechtmäßiger Auflösung ihres Dienstverhältnisses ein Abfertigungsanspruch zugestanden wäre, der Annahme gläubigerschädigender Wirkung des rechtswidrigen Lukrierens eines solchen Anspruchs entgegenstehen soll, vermag die Rüge ebensowenig darzulegen, wie den Ansatz, durch die Feststellung, der wahre Wert des Einfamilienhauses (1 a) - und damit recte auch die Kaufpreisforderung der H*****OWE AG - habe 4,9 Mio S (ds 356.096,88 EUR) betragen (US 19), sei der Gläubigerschaden nicht hinreichend determiniert.

Die Beschwerdebehauptung, das Erstgericht habe zum Schuldspruch 1 a die nicht in der Ingerenz der Angeklagten gelegenen Kosten der Errichtung des Einfamilienhauses nicht schadensmindernd berücksichtigt, entfernt sich vom festgestellten Sachverhalt (US 19 f). Demgemäß gehen auch die auf diese Prämisse gegründeten Beschwerdeerwägungen zu einem allenfalls gerechtfertigten Verzicht auf einen Teil der Kaufpreisforderung ins Leere.

Der Einwand schließlich, die Angeklagte habe anlässlich der Auftragserteilung (1 a) die weiteren Kosten noch nicht absehen können und deswegen subjektiv äußerstenfalls den vereinbarten Kaufpreis zu verantworten, verkennt einerseits erneut die mangelnde Subsumtionsrelevanz der diesbezüglichen Preisdifferenz und negiert andererseits die Feststellung, dass auch die Folgekosten (im konstatierten Umfang) aufgrund entsprechender Aufträge der Angeklagten entstanden sind (US 19).

Das Vorbringen zum Schuldspruch 2 a, das Treiben übermäßigen, mit den Vermögensverhältnissen oder der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Schuldners in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwandes, sei nur im Falle „privater Aufwendungen" tatbestandsmäßig iSd § 159 Abs 5 Z 3 StGB, behauptet diese Konsequenz ohne argumentatives Substrat und lässt solcherart die gebotene logische Ableitung aus dem Gesetz vermissen.

Mit dem Einwand mangelnder Konstatierungen zur Kausalität der kridaträchtigen Handlungen für den Befriedigungsausfall der Gläubiger übergeht die Beschwerde abermals die diesbezüglichen Feststellungen (US 19).

Soweit in dem Vorbringen „ein solcher Beweis ist in Wahrheit auch nicht gelungen" der Einwand mangelnder Urteilsbegründung zu erblicken ist (inhaltlich Z 5), sei auf die - aktenkonforme (S 107 f/IV) - beweiswürdigende Bezugnahme auf das Gutachten der Ha***** GmbH (US 27, 30 f) verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte