OGH 8Ob80/04d

OGH8Ob80/04d21.7.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl R*****, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Republik Österreich (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen eingeschränkt EUR 15.511,02 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 13. Mai 2004, GZ 3 R 59/04b-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 29. Jänner 2004, GZ 23 Cg 224/02v-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.459,44 (darin EUR 243,44 an USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit EUR 1.936,34 (darin EUR 1.061,-- an Barauslagen und EUR 145,89 an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der klagende Biolandwirt steht seit Mai 1998 in einem Förderungsvertragsverhältnis zur Beklagten auf Grundlage von deren Sonderrichtlinie zur Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft (ÖPUL 1998). Im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses verpflichtete sich der Kläger unter anderem zur „biologischen Wirtschaftsweise" für fünf Jahre und war insoweit auch zahlreichen Kontrollbefugnissen der Beklagten unterworfen. Bei Erfüllen der Förderungsvoraussetzungen hat er den vertraglichen Anspruch auf Auszahlung der Beihilfe auf Grund eines jährlichen fristgerechten Antrages. Im Einzelnen hat die Beklagte mit der Durchführung verschiedene andere Institutionen betraut. Die jährlichen Ansuchen auf Auszahlung haben mit einem mehrseitigen, vorgedruckten und schon mit dem Namen und der Betriebsnummer versehenen von der Beklagten verfassten Formular zu erfolgen. Dabei waren bis zum Jahr 2000 auf der Seite 2 des Formulars verschiedene Maßnahmen aufgelistet, die der Förderungswerber ankreuzen musste. Im Jahr 2001 als ein neues Programm (ÖPUL 2000) umgesetzt wurde, wurde das dahin geändert, dass ein Ankreuzen nicht mehr notwendig war, sondern dies bereits in den von der Förderungsstelle zur Verfügung gestellten Ausdrucken des Antragsformulars für den jeweiligen Förderungswerber vorgedruckt war.

Allerdings findet sich in dem Formular für 2001 auch der Hinweis, dass eventuell nicht vorgedruckte Maßnahmen oder übernommene Maßnahmen zu ergänzen sind Darauf wurde auch in verschiedenen Verlautbarungsblättern hingewiesen.

In dem vom Kläger von der Förderungsstelle übermittelten Formular für 2001 war entgegen den bisherigen Förderungsanträgen des Klägers jedoch die Maßnahme „biologische Wirtschaftsweise" nicht vorgedruckt. Der Kläger hat dies übersehen und hat das Formular im Übrigen ausgefüllt und eingereicht, weil es für ihn selbstverständlich war, dass er biologisch arbeitet und er sich ja auch für fünf Jahre dazu verpflichtet hatte. Änderungen hat er in dem Antrag nur hinsichtlich einzelner Flächenbezeichnungen oder Tierbezeichnungen vorgenommen.

Der Umstieg auf das neue Antragssystem, bei dem eben nicht mehr ein jährliches Ankreuzen der Maßnahmen erforderlich ist und diese im Wesentlichen bereits vorgedruckt werden, wurde gegenüber den Landwirten als besondere Vereinfachung dargestellt.

Überprüfungen dahin, ob auch Beihilfe für Maßnahmen beantragt werden, zu denen sich der Förderungswerber verpflichtet hat, erfolgten durch die Förderungsstellen nicht.

Wie sich aus einem Erlass der Beklagten ergibt, kam es nach dem alten System bis zum Förderungsjahr 2000 nur bei einem ganz geringen Prozentsatz der Biobetriebe, und zwar etwa bei 0,25 %, zu Problemen, weil diese die entsprechende Maßnahme nicht angekreuzt hatten. Nach dem neuen System, bei dem bei einigen Landwirten, darunter dem Kläger, durch Druckfehler in dem Formular die Maßnahmen „biologische Wirtschaftsweise" nicht vorgedruckt war, kam es zu einem drastischen Ansteigen dieses Problems auf etwa 6 % der Biobetriebe. Dementsprechend hat die Beklagte in diesem Erlass unter Hinweis auf den „unsystematischen Vordruckfehler" diesen Betrieben auch die Möglichkeit eingeräumt, eine Korrektur vorzunehmen, allerdings unter der Voraussetzung, dass ein positiver Prüfbericht der Biokontrollstelle vorliegt und der Landwirt bei dem nächsten Antrag, den Herbstantrag 2001 auf das neue Förderungsprogramm (ÖPUL 2000) umsteigt.

Der Kläger hat zuerst einen Umstieg auf das neue Programm ÖPUL 2000 erklärt und auch sonst die Voraussetzungen für die Korrektur erfüllt. Dementsprechend wurde ihm von der Förderungsstelle auch mitgeteilt, dass ihm die Förderung gewährt wird. Als er jedoch dann Ende 2001 den Herbstantrag 2001 mit dem Umstieg auf das neue Programm stornierte, weil ihm aus gesundheitlichen Gründen eine neue Verpflichtung für weitere fünf Jahre nicht möglich war, war die Beklagte nicht bereit, ihm die alte Förderung für 2001 auszuzahlen.

Der Kläger begehrt die Zuerkennung der der Höhe nach nicht weiter bestrittenen Förderung für die „biologische Wirtschaftsweise" für 2001. Es sei von den Förderungsstellen in keiner Weise darauf hingewiesen worden, dass eine Ergänzung des Antrages erforderlich sei. Dies widerspreche nicht nur dem ÖPUL-Programm 1998, sondern auch den vertraglichen Sorgfaltspflichten, da den Förderungsstellen ja bekannt sein musste, dass der Kläger den aufrechten Förderungsvertrag dafür gehabt habe. Obwohl die Beklagte schließlich den offensichtlichen Fehler anerkannt habe, habe sie die Zuerkennung vom Umstieg auf das neue Förderungsprogramm (ÖPUL 2000) abhängig gemacht und unberechtigt die Auszahlung verweigert. Es sei sittenwidrig, den Kläger indirekt zum Eingehen neuer Verpflichtungen zu zwingen. Sein Ausstieg aus dem ÖPUL 2000 sei ja auch aus gesundheitlichen Gründen erfolgt.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, dass die Auszahlung auch entsprechend der Verordnung 746/1996 nur auf Grund entsprechender Anträge erfolgen könne. Die Vordrucke hätten auch den Vermerk enthalten, dass nicht erfasste Maßnahmen noch zu ergänzen seien. Eine Verletzung von vertraglichen Sorgfaltspflichten liege nicht vor. Nach Art 5b der VO 3887/1992 könne eine Anpassung des Antrages nur dann erfolgen, wenn die zuständige Behörde offensichtliche Fehler anerkenne. Dies habe der Erlass auch ermöglicht. Der Umstieg auf das neue Programm ÖPUL 2000 habe den Zweck gehabt, eine für den Landwirt günstigere Situation herbeizuführen. Es sehe teilweise sogar höhere Prämien vor.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es folgerte im Wesentlich rechtlich, dass das Vorgehen der Beklagten nach ihrem Erlass als Anerkennung eines offensichtlichen Fehlers im Sinne des Art 5a der VO 3887/92 zu werten sei. Die in diesem Zusammenhang auch aufgestellte Forderung nach einem Umstieg auf das neue Programm ÖPUL 2000 stehe in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem offenkundigen Fehler und finde auch keine Deckung in der Verordnung. Die einseitige vorgegebene Bedingung sei als rechtsunwirksam zu beurteilen.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Beklagten Folge und änderte das Urteil im klagsabweisenden Sinne ab. Es übernahm ausdrücklich die Feststellungen des Erstgerichtes, folgerte aber rechtlich, dass es nach Art 5 der VO 3887/92 nicht auf die offensichtlichen Fehler der Behörde, sondern des Antragstellers ankomme. Da der Kläger es aber unterlassen habe, die Förderung für das Programm „biologische Wirtschaftsweise" zu beanspruchen, könne seinem Antrag insoweit auch keine offensichtliche Unrichtigkeit entnommen werden. Die Informationspflichten der Förderungsstelle dürften nicht überspannt werden. Die Weigerung der Beklagten sei auch nicht als willkürlich zu beurteilen, sondern sei es schon wegen der Änderungen in der Verordnung durchaus sachlich, nunmehr auf die neue Richtlinie (ÖPUL 2000) umzusteigen.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da eine Anzahl gleichgearteter Fälle anhängig seien und eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den hier maßgeblichen Fragen der Prüfpflicht bzw des Art 5a der VO 3887/92 nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision des Klägers ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und auch berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung stellen Förderungsmaßnahmen im Sinne von vermögenswerten Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln, die Verwaltungsträger oder andere mit der Vergabe solcher Mittel betraute Rechtsträger einem Privatsubjekt zukommen lassen, damit sich dieses zu einem im öffentlichen Interesse gelegenen subventionsgerechten Verhalten verpflichtet, keine „Zuwendungen ohne Gegenleistung" dar (vgl ausführlich OGH 26. 1. 2000, 7 Ob 187/99x mit zahlreichen weiteren Nachweisen etwa SZ 65/166 oder Adamovich/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 188; ebenso OGH 9. 5. 2001, 9 Ob 95/01p, ebenfalls mit zahlreichen weiteren Nachweisen, etwa Wenger in Wenger, Förderungsverwaltung, 42). Soweit nichts anderes angeordnet ist, erfolgt die Subventionsgewährung im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung etwa durch Vertrag oder Auslobung (vgl ebenfalls OGH 7 Ob 187/99x ebenso OGH 9 Ob 95/01p; allgemein dazu, dass im Zweifel von Privatwirtschaftsverwaltung auszugehen ist; vgl auch RIS-Justiz RS0049755 oder RIS-Justiz RS0049747).

Gemeinschaftsrechtliche Grundlage für das hier maßgebliche Förderungsverhältnis war die Verordnung des Rates vom 30. 6. 1992 für umweltgerechte und den natürlichen Lebensraum schützende landwirtschaftliche Produktionsverfahrens Nr 2078/92 (ABl Nr 215 vom 30. 7. 1992, S 85 f). Die Mitgliedstaaten konnten auf Grund dieser Verordnung gebietsspezifische Mehrjahresprogramme zur Verwirklichung der in Art 1 der Verordnung genannten Ziele (ua umweltfreundliche Extensivierung, Verringerung umweltschädigender Auswirkungen etc) erlassen. Die Beklagte hat ua die hier dem Förderungsverhältnis zugrundeliegende Sonderrichtlinie des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft für das österreichische Programm zur Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft (ÖPUL 1998) erlassen. Dabei hat sie auch noch auf andere gemeinschaftsrechtliche Grundlagen, das Landwirtschaftsgesetz 1992 sowie die allgemeinen Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundesmittel Bezug genommen. In diesem Programm wird als Verpflichtungszeitraum ein solcher von fünf Jahren bzw länger vorgesehen (vgl Punkt 1.4.5 der Sonderrichtlinie Blg./A). Es finden sich auch detaillierte Regelungen für Änderungen der Flächen oder Verpflichtungen während des Verpflichtungszeitraumes (vgl Punkt 1.4.11 ff der Sonderrichtlinie, die auch die Ausnahmen von der Rückzahlungsverpflichtung regeln).

Die Verordnung 2078/92 des Rates wurde zwar mit der Verordnung des Rates vom 17. 5. 1999 Nr 1297/99 aufgehoben, jedoch gelten die Bestimmungen weiterhin für Aktionen, die von der Kommission vor dem 1. 1. 2000 auf Grundlage der Verordnung 2078/92 genehmigt wurden (vgl dazu Art 55 Abs 3 der VO Nr 1257/1999). Im Rahmen der gemeinschaftsrechtlichen Durchführungsregeln zur Verordnung 2078/92 hat die Kommission in der Verordnung Nr 3887/92, die später mehrfach modifiziert wurde (insbesondere durch die Verordnungen Nr 229/95 und 1648/95), auch Regelungen festgelegt, die dahin gehen, dass verspätete Antragstellungen nur unter bestimmten Gründen berücksichtigt werden können. Als einen solchen Grund sieht Art 5a der VO (idF der Verordnung Nr 229/95 vor), dass ein Beihilfeantrag jederzeit angepasst werden kann, „wenn die zuständige Behörde offensichtliche Fehler anerkennt." Dazu hat das Berufungsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass es sich dabei um offensichtliche Fehler des Antragstellers handeln muss. Genau das Vorliegen eines solchen offensichtlichen Fehlers hat aber die Beklagte als zuständige Behörde anerkannt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes war dabei auch nicht nur der jeweilige Förderungsantrag für das betreffende Jahr, sondern das gesamte Förderungsverhältnis heranzuziehen. Der Beklagte selbst ist es zuzurechnen, dass im Rahmen dieses Förderungsverhältnisses, entgegen den Ankündigungen die bisher im Rahmen des Förderungsverhältnisses beantragten und übernommenen Verpflichtungen entsprechenden Förderungen nicht bereits auf dem für den jeweiligen Landwirt ausgedruckten Antrag enthalten waren. Umso eher musste für sie aber der Fehler im Antrag offensichtlich sein.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie das Anerkenntnis des offensichtlichen Fehlers des Klägers bei der Antragstellung deshalb widerrufe, weil dieser nunmehr auch nicht bereit sei, auf das neue Förderungsprogramm überzuwechseln. Ist doch davon auszugehen, dass im Rahmen des Förderungsverhältnisses die Parteien die als Vertragsschablone wirkenden Förderungsrichtlinie zugrundelegen (vgl dazu etwa OGH 7 Ob 187/99x mwN). In dieser Sonderrichtlinie wird aber ua auch auf die Verordnung 3887/92 verwiesen (vgl auch Art 4 Abs 2 lit a der VO, der ebenfalls auf „anerkannte offensichtliche Fehler" abstellte). Damit haben aber die Vertragsparteien schon selbst zugrundegelegt, dass „offensichtliche Fehler" bei der Antragstellung die Antragsberechtigung aufrecht lassen. Eine einseitige Erweiterung der Voraussetzungen für eine spätere Antragstellung bei „ offensichtlichen Fehlern" im Antrag dahin, dass zusätzlich auch noch ein Umstieg auf ein neues Förderungsprogramm erforderlich wäre, ist damit nicht vereinbar. Es bedarf daher auch gar keines Rückgriffes darauf, inwieweit nicht aus der Verordnung selbst auch eine dahingehende Verpflichtung abzuleiten wäre (vgl dazu auch OGH 7 Ob 187/99x) oder die zusätzliche Bedingung des „Umstiegs" wegen des die Gestaltungsbefugnisses der Beklagten im Rahmen der Förderungsverwaltung eingrenzenden Gleichbehandlungsgrundsatzes unzulässig wäre (vgl dazu etwa OGH 9. 5. 2001, 9 Ob 95/01p mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Insgesamt war daher der Revision des Klägers Folge zu geben und das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.

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