OGH 6Ob114/05s

OGH6Ob114/05s23.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Gudrun P*****, vertreten durch Dr. Josef Peißl, Rechtsanwalt in Köflach, gegen die beklagte Partei Anton F*****, vertreten durch Mag. Klaus Rieger, Rechtsanwalt in Bärnbach, wegen Unterlassung (Streitwert 5.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 22. Dezember 2004, GZ 5 R 230/04m-15, womit das Urteil des Bezirksgerichts Voitsberg vom 5. Juli 2004, GZ 2 C 200/04w-7, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 333,12 EUR (darin 55,32 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig:

Auf Inhalt und Umfang der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht im Verhältnis zu § 1330 Abs 2 dritter Satz ABGB kommt es im vorliegenden Fall nicht an. Die beanstandeten Äußerungen (soweit sie noch Gegenstand des Revisionsverfahrens sind) fielen nur gegenüber dem Rechtsanwalt der Klägerin. Unabhängig davon, ob auch diese Äußerungen von der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht in Bezug auf das Vertretungsverhältnis zur Klägerin umfasst sind, durfte der Beklagte nach den hier vorliegenden Umständen jedenfalls annehmen, dass der Mitteilungsempfänger diese Äußerungen schon deshalb vertraulich behandeln werde, weil sie geeignet sein können, ein schiefes Licht auf seine Mandantin zu werfen. Er konnte daher nach den Umständen damit rechnen, dass seine Äußerungen vertraulich behandelt werden. Der Rechtfertigungsgrund des § 1330 Abs 2 dritter Satz ABGB setzt ein berechtigtes Interesses des Mitteilenden oder des Erklärungsempfängers voraus. Ob dieses vorliegt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, denen - vom hier nicht vorliegenden Fall grober Fehlbeurteilung abgesehen - keine über den Anlassfall hinausgehende erhebliche Bedeutung zukommt.

Im Übrigen beinhaltet der Vorwurf, jemand sei an einem Ereignis (einer Entwicklung) „schuld", keineswegs immer eine (wahre oder unwahre) Tatsachenbehauptung. Der Vorwurf ist dann (kritisierendes) Werturteil, wenn er - wie hier - erst aufgrund einer Denktätigkeit gewonnen wird und die rein subjektive Meinung des Erklärenden wiedergibt (SZ 68/97 uva). Bei wertenden Äußerungen kann auch eine (sogar massiv) in die Ehre eines anderen eingreifende Kritik - so sie sich an konkreten Fällen orientiert - zulässig sein (MR 2000, 17). Ob dies der Fall ist, richtet sich gleichfalls nach den Umständen des zu beurteilenden Sachverhalts und hat im Allgemeinen keine über den Anlassfall hinausgehende Bedeutung.

Mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.

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