Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird dahin Folge gegeben, dass die verhängten Freiheitsstrafen bei Stefan F***** auf zweieinhalb Jahre und bei Veronika F***** auf zwei Jahre herabgesetzt werden. Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Vladimir V*****, Stefan F***** und Veronika F***** wurden zunächst mit Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 30. Juni 2004, GZ 611 Hv 12/04-87, wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt, weil sie in Schwechat den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, dessen Menge zumindest das 25-fache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) ausmachte, nämlich Kokain, das sie in Form von mit Kokain getränkten Kleidern in Koffern und Taschen transportierten, nach Österreich eingeführt hatten, und zwar
1. Vladimir V***** am 12. März 2004 Kokain mit einer Reinsubstanz von mindestens 3.900 Gramm
2. Stefan F***** und Veronika F***** am 9. April 2004 Kokain mit einer Reinsubstanz von zumindest 6.300 Gramm.
Den dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Stefan F***** und Veronika F***** gab der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 16. November 2004, GZ 14 Os 120/04-7, teilweise Folge, hob das angefochtene Urteil hinsichtlich dieser Angeklagten sowie gemäß § 290 Abs 1 StPO auch hinsichtlich des Angeklagten Vladimir V***** in der rechtlichen Unterstellung der festgestellten Tatsachen (auch) unter § 28 Abs 4 Z 3 SMG, demzufolge auch im Strafausspruch auf und verwies die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht.
Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil wurde über die Angeklagten - unter unnötiger Wiederholung der bereits rechtskräftigen Schuldsprüche (vgl Ratz, WK-StPO § 293 Rz 6) - wegen der mehrfach begangenen Verbrechen nach § 28 Abs 2 (zu ergänzen:) zweiter und dritter Fall SMG nach § 28 Abs 2 SMG Freiheitsstrafen verhängt, und zwar über Vladimir V***** von zweieinhalb Jahren, über Stefan F***** von dreieinhalb Jahren und über Veronika F***** von zweieinhalb Jahren.
Während Vladimir V***** das Urteil in Rechtskraft erwachsen ließ, bekämpfen es Stefan F***** und Veronika F***** mit Nichtigkeitsbeschwerden, jener gestützt auf § 281 Abs 1 Z 4 und 11 StPO, diese auf § 281 Abs 1 Z 4, 9 lit b, 10 und 11 StPO. Den Strafausspruch fechten beide auch mit Berufung an.
Rechtliche Beurteilung
Den Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu.
Ihrer Erledigung ist voranzustellen:
Beim Verbrechen nach § 28 Abs 2 SMG ist nach ständiger Judikatur (EvBl 2001/54, JBl 2001, 802; 11 Os 123, 124/00; 13 Os 74/02; 13 Os 156/02; 15 Os 101/03 uva) nach Erreichen der Grenzmenge iSd § 28 Abs 6 SMG jeweils gedanklich „abzutrennen" und demzufolge die große Menge (§ 28 Abs 2 SMG) der Grenzmenge gleichzusetzen. Wenn daher ein Täter auch nur durch einen Angriff eine die Grenzmenge mehrfach übersteigende Menge an Suchtstoffen aus einem fremden Land aus- und nach Österreich einführt, verwirklicht er das Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall SMG mehrfach. Überschreitet das vom Vorsatz umfasste Quantum das 25-fache der Grenzmenge, so ist die Tat nach § 28 Abs 4 Z 3 SMG qualifiziert. Diese Bestimmung stellt eine besondere Art eines Zusammenrechnungsgrundsatzes für gleichartige Verbrechen mit jeweils „großen Mengen" dar. Daher begründet § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall SMG, wenn nach § 28 Abs 4 Z 3 SMG qualifiziert, nur ein einziges Verbrechen.
Vom Obersten Gerichtshof wurde seinerzeit lediglich die Unterstellung der im Schuldspruch festgestellten Tatsachen auch unter die Qualifikation des § 28 Abs 4 Z 3 SMG aufgehoben. Im Übrigen ist der Schuldspruch wegen des mehrfach begangenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 SMG in Rechtskraft erwachsen. Ein auf den Transport eines das 25-fache der Grenzmenge überschreitenden Suchtgiftquantums gerichteter Vorsatz wurde im zweiten Rechtsgang nicht mehr angenommen.
Die Nichtigkeitsbeschwerden sind insoweit unzulässig, als sie sich aus Z 4, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gegen die bereits in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche richten (§ 293 Abs 4 StPO). Nicht zielführend sind die Strafzumessungsrügen (Z 11) beider Rechtsmittelwerber. Obwohl das Erstgericht im vorliegenden Urteil höhere Freiheitsstrafen ausgesprochen hat als im ersten Rechtsgang, liegt eine Verletzung des Verschlimmerungsverbotes nicht vor, weil gegen den Strafausspruch des ursprünglichen Urteils auch die Staatsanwaltschaft eine Berufung erhoben hatte, mit welcher sie vom Obersten Gerichtshof auf die Kassation des Strafausspruches verwiesen wurde. Die übrigen, lediglich Vergleiche zwischen den verschiedenen Strafrahmen und den ausgesprochenen Freiheitsstrafen anstellenden Argumente bezeichnen keine Nichtigkeit, sondern ausschließlich Berufungsgründe.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen. Das Erstgericht verhängte nach § 28 Abs 2 SMG über Stefan F***** eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren, über Veronika F***** eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren. Bei der Strafzumessung wertete es als erschwerend die mehrfache Begehung des Verbrechens nach § 28 SMG; als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel und bei Veronika F***** zusätzlich die untergeordnete Beteiligung. In ihren Berufungen beantragen beide Rechtsmittelwerber die Herabsetzung der Freiheitsstrafen und deren bedingte oder teilbedingte Nachsicht.
Diesen Begehren kommt nur teilweise Berechtigung zu. Die Angeklagten Stefan F***** und Veronika F***** haben im Verfahren lediglich zugestanden, für eine kostenlose Reise nach Ecuador und für einen nicht von ihnen zu bezahlenden Urlaubsaufenthalt nasse Kleidungsstücke nach Europa transportiert zu haben. Diese Verantwortung stellt weder ein reumütiges Geständnis noch einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung dar.
Da Stefan F***** als unmittelbarer Täter das Suchtgift transportiert hat, kann bei ihm von einer untergeordneten Rolle (§ 34 Abs 1 Z 6 StGB) fuglich nicht gesprochen werden. Die Tat wurde zwar durch eine verlockende Gelegenheit initiiert, doch wurde sie dann mit bereits im Heimatland vorgefasstem Vorsatz begangen, sodass der besondere Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 9 StGB nicht vorliegt. Soweit er in seinem Rechtsmittel behauptet, er habe vom Suchtmitteltransport keine Kenntnis gehabt, geht er nicht von den diesbezüglichen (gegenteiligen) Feststellungen aus.
Zutreffend ist allerdings, dass beide Berufungswerber nach Anwerben unter Einwirkung eines Dritten (vermutlich mit dem Namen Milan B*****) gehandelt haben (§ 34 Abs 1 Z 4 StGB).
Ausgehend von diesen so ergänzten Strafzumessungsgründen, dem nunmehr anzuwendenden Strafsatz von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe und insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass beide Rechtsmittelwerber bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt haben und erst nach Anwerben durch einen Dritten sich zur Tat entschlossen haben, sind die vom Schöffensenat ausgesprochenen Freiheitsstrafen zu hoch bemessen. Sie waren daher auf das im Spruch angeführte tatschuldgerechte Ausmaß herabzusetzen.
Eine gänzliche bedingte oder teilbedingte Nachsicht der Strafen kommt indes nicht in Frage. Die vom Vorsatz umfasste (wenn auch „nur") große Menge des transportierten Suchtgiftes zeigt von einem intensiven und gefährlichen Täterwillen, dem in spezialpräventiver Hinsicht allein durch den gänzlichen Vollzug einer nicht unbeträchtlichen Freiheitsstrafe begegnet werden kann. Aber auch generalpräventive Gründe sprechen gegen die bedingte Nachsicht nur eines Teiles der Strafen, weil dadurch groß angelegte Suchtgiftschmuggeltransporte bagatellisiert werden und die ausgesprochenen Sanktionen nicht mehr die auf andere Täter abhaltende Wirkung erzeugen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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